Buenos Aires

28 02 2011

Palermo – La Boca – Bombonera

08. /09.02.2011, Tag 126/127

Die Landung in Buenos Aires ist hart und gleicht einer Fahrt mit einem peruanischen Taxi… Ausser mir sitzen in dem Flieger fast ausschliesslich solche Touristen für die man kilometerlange Gitterroste durch die Wälder bauen muss. Als sich dann so ein unrasierter Backpacker (seit 4 Wochen, mein persönlicher Rekord) mit staubigen Schuhen und verfleckten Klamotten neben sie setzt herrscht fast schon Entsetzen. Daher habe ich auch keine Angst das jemand meinen Rucksack vom Gepäckband klaut und warte bis der erste Trubel vorbei ist, denn meine (Rucksack- ) Hülle ist so dreckig, dass ihn sicher niemand freiwillig mitnimmt. Meine erste Anlaufstelle ist der Infoschalter um mir einen Stadtplan zu besorgen. Nachdem ich jetzt schon äusserlich von dem normalen Touristen unterscheide, vielleicht bekomme ich es auch hier hin, dass die Dame nicht direkt auf Englisch umswitcht wenn ich anfange Spanisch zu reden. Und es funktioniert, 1:0 in meinem Kampf gegen den Tourirismus, den ich hier in Argentinien begonnen habe 😉

Daher nehme ich auch kein Shuttle oder Taxi, sondern den lokalen Bus, der direkt vor dem Flughafen abfährt. Gegenüber der Haltestelle erstreckt sich der Rio de la Plata, was eine Drecksbrühe! Es ist heiss, jedenfalls für jemand, der gerade 4 Wochen in Patagonien war und das ich im Bus stehen muss macht das ganze nicht erträglicher. Die drittgrösste Stadt weltweit (nach Mexiko City und Sao Paulo) verfügt angeblich über den schlimmsten Verkehr weltweit. Daher sind die meisten Strassen auch mindestens 8-spurig – innerhalb der Stadt! Das ist sicher viel, aber der Verkehr den ich in Bangkok erlebt habe ist deutlich schlimmer. Als ich aus dem Bus steige muss ich zwar rennen, um in der Grünphase über eine dieser Monsterstrassen zu kommen, aber die Autos halten hier wenigsten an und man bekommt eine Chance… Das Hostel im Stadtteil Palermo hat keine Betten in meiner Preisklasse, erstmal. Denn als ich gerade gehen will murmelt er etwas vom 3. Stock. Der befindet sich zwar noch im Ausbau, aber der Schlafraum ist schon fertig und da er normalerweise nicht vermietet wird, habe ich das 8er-Dorm erstmal für mich. Ich mache noch einen Rundgang durch das sympathische Viertel. Die meisten Strassen sind mit Bäumen überwachsen und die grossen Alleen werden von alten Stadthäusern gesäumt. Dazwischen befinden sich etliche Parks, der Zoo, der botanische und der japanische Garten. Doch, Buenos Aires gefällt mir!

Aber nächsten Morgen frage ich nach der Busverbindung nach La Boca, denn dort befindet sich das Stadion des Fussballclubs Boca-Juniors, was ich mir anschauen möchte. Es raten mir zwar alle davon ab dort alleine hinzufahren, aber wer durch halb Südamerika gereist ist, den kann auch ein noch so verufener Stadtteil nicht abschrecken. Wenn ich mich in solchen Gegenden bewege habe ich in der Regel nichts dabei, nur soviel Bargeld wie ich brauche und maximal meine kleine Kamera. So steige ich nach knapp 40 Minuten am anderen Ende der Stadt unter einer Autobahnbrücke aus dem Bus. Noch so eine Regel von mir ist, sich möglichst gut auszukennen, oder zumindest so zu tun. Denn ein Ausländer der mit Stadtplan an der Strasse steht ist ein leichtes Opfer, daher hole ich diesen nur im Notfall raus und lese ihn im Laufen. Apropos laufen, das sollte möglichst zügig sein, also so als wäre ich schon x-mal hier gewesen und hätte es nun ziemlich eilig. Zu meinem Glück hat es gerade geregnet und es sind wenige Leute auf der Strasse. Den Weg habe ich mir eingeprägt: 6 Blocks geradeaus, dann über die grosse Kreuzung und weiter bis die Strasse nach links biegt. La Boca ist keine südamerikanische Favela, eher sowas wie die Bronx, wo an jeder Ecke jemand stehen kann und auf dich schiesst weil ihm deine Schuhe gefallen (meine sind aber gerade sehr dreckig…). Ich habe ehrlich gesagt ein ungutes Gefühl und wenn mich die Leute die vor den Häusern sitzen skeptisch mustern wird das nicht besser. Dann komme ich an einem riesigen schäbigen Wohnblock vorbei und wenn ich sage riesig, dann ist das hier so, als könne man halb Bürgel darin unterbringen… Ich gehe nochmal schneller und endlich erhebt sich vor mir das Estadio Alberto J. Armado.

„La Bombonera“ ( Die Pralinenschachtel) wie das Stadion aufgrund seiner Bauweise im Volksmund genannnt wird, wurde 1940 erbaut und bietet 57.395 Zuschauern Platz. Der dort beheimatete Fussballklub Boca Juniors ist DER Club Argentiniens und einer der grössten und bekanntesten weltweit. Ich würde sagen das südamerikanische Gegenstück zu Real Madrid (für die nicht ganz grossen Fussballfans unter meinen Lesern^^) und fast jeder grosse argentinische Fussballstar hat hier irgendwann mal gespielt. Allen voran Diego Armando Maradona, dem hier unzähige Denkmäler gesetzt sind und der eine eigene Loge besitzt in denen er den Spielen beiwohnt. Zuerst passiere ich die „Kassenstrasse“, die tatsächlich so lang ist, und dann das Trainingsgelände ehe der Fussballtempel in voller Höhe vor mir liegt. In den angrenzenden Strassen sind die Häuser in den Vereinsfarben gestrichen und beherbergen Fanshops, Bars und alles was ein Fussballfan braucht. Obwohl heute kein Spiel ist hat alles geöffnet und über der Strasse werden gerade Transparente für den Saisonauftakt am Sonntag angebracht. Wenn hier Fussball mal keinen hohen Stellenwert hat!

Mein Ziel ist „El Mueso de la Pasion Boquense“, in dem es alles über den Club zu erfahren gibt und für umgerechnet 2 Euro buche ich auch gleich noch eine Stadiontour dazu. Auf meine Frage nach Tickets für das Spiel wird mir erklärt das der Verein deutlich mehr Mitglieder als Plätze im Stadion hat und es für mich nur die Möglichkeit gebe über eine Agentur, die sich „auf Stadionbesuche mit Touristen spezialisiert hat“ an ein Ticket zu kommen. Oh ja, das ist genau mein Ding, jemand der mich am Hostel abholt, an die Hand nimmt und zu meinem (Sitz-)Platz und anschliessend wieder nach Hause bringt, um nicht den wilden Horden zum Opfer zu fallen, die heute Europäer lynchen wollen… Dieses „gefährlich“ in Zusammenhang mit Stadion-Besuchen hat man mir als Jugendlicher bei unzähligen Auswärtsfahrten gesagt, was vielleicht dazu beiträgt das nicht wirklich ernst zu nehmen. Aber wenn ich mich recht erinnere fanden die grössten Fankrawalle der letzten Jahre am 13.05.1999 in Offenbach statt, und da war ich in voller Fanmontour sicher auch gefährdet. Na ja, aber dazu später nochmal mehr. Erst sehe ich mir das Museum an, in dem es von Fotos von ehemaligen Spielern, Listen von Offiziellen und einer Auswahl an alten Trikots alles gibt. In einem überdimensionalen Fussball werden in 3D Spiele und die Geschichte des Vereins gezeigt, nebenan kann man auf Bildschirmen die Highlights der verschiedenen Jahrzehnte verfolgen. Es gibt einen Raum der aktuellen Spieler, sowie einen Saal der Idole und im oberen Stockwerk gibt es Bildschirme mit allen Toren der letzten Jahre und den Treppenaufgang ziert ein riesiges Bild von Maradonna. In einer Vitrine mit Pokalen liegt ein Wimpel von Borussia Mönchengladbach, der einzige deutsche unter wenigen ausländischen Wimpeln. Aber ich bin ein wenig enttäuscht, denn als ich das Museum des F.C. Barcelona besucht habe hing dort über dem Schreibtisch des ersten Präsidenten ein Wimpel von Kickers Offenbach. Sollte ich der erste OFC-Fan sein, der es hierher geschafft hat und wenn ja warum bin ich so schlecht ausgerüstet…wäre mir früher nicht passiert höre ich schon meine Kritiker sagen^^

Die Stadiontour beginnt auf der Gästeseite von der man direkt auf den Fanblock schaut, den eine 12 ziehrt, was den zwölften Mann darstellen soll. Auf den drei Seiten mit den Tribünen sind die Sitze und Stufen in Vereinsfarben gehalten. Auf der Haupttribüne befinden sich die Logen und wir erfahren genau wo Maradonna sitzt. Bei der Umfrage welchem Fussballverein wir angehören reicht es schon das ich „Alemania “ sage, denn die Ergebnisse der letzten Weltmeisterschaften stecken den Argentiniern noch in den Knochen^^ Während bei uns die Zäune in den Stadien langsam verschwinden werden die hiesigen, knapp 5 Meter hohen Varianten mit Stacheldraht und Metalldornen versehen, da bei jedem Tor die Massen nach vorne stürmen und die Zäune quasi hochrennen. Es geht in den Presseraum und ich lasse mich auf dem Podest als neuen Spieler der Boca Juniors vorstellen 😉 Anschliessend dürfen wir noch kurz auf das Spielfeld und lernen dann im Fanblock den Schlachtgesang „Dale Boca“.

Anschliessend mache ich noch einen Rundgang durch die Fanshops, in denen es wirklich alles zu kaufen gibt und lege mir auch ein Shirt zu. An das Stadion grenzt das historische Hafenviertel, zu dem Touristen mit Bussen gekarrt werden um nicht den selben Weg wie ich nehmen zu müssen. Die dortigen bunten Wellblechhäuser sind aus den Resten alter Schiffe gebaut. Ich mache noch einen Rundgang durch den Caminito, wie die aufgehübschte Gasse heisst und gehe dann durch zum Pier wo man die alte Ladungsbrücke sieht. Ein Stück weiter beginnt das „echte Hafenviertel“, aber mehrere Einheimische machen mich darauf aufmerksam hier besser nicht weiter zu gehen, also lasse ich das dann auch und laufe den mir schon bekannten Weg zurück. Den Fussballtag schliesst das Länderspiel Deutschland – Italien ab, von dem ich im Hostel die 2. Hälfte sehen kann und froh bin nicht dort im Stadion zu sein…



El Calafate – Perito Moreno

28 02 2011

07./08.02.2011, Tag 125/126

Da wir unsere Gletscher-Tour erst um 14.00 Uhr beginnen, verbringen wir noch ein paar Stunden in der Stadt was sich allerdings als ein teurer Spass erweist. Deshalb scheinen wohl auch alle Geldautomaten leer zu sein, denn ich muss mich an drei verschiedenen anstellen bis ich endlich an Geld komme. Dann gibt es kein Wasser zu kaufen, was mir auch noch nirgends passiert ist. Mit dem Bus fahren wir dann am Lago Argentino entlang zum Nationalpark Los Glacieres, in dem sich der Perito Moreno Gletscher befindet. Der Perito Moreno ist einer der weltweit wenigen Gletscher, die nicht zürückgehen, sondern stabil sind. Jeden Tag wandert er 2 Meter in Richtung des Lago Argentino und wenn er dessen Insel erreicht hat verstopft er den Durchgang. Alle paar Jahre bricht dann unter dem Druck der vordere Teil des Gletschers ab, was ein Riesenspektakel ist. Aber auch bei dem täglichen Bewegungsvorgang fallen riesige Eisblöcke ab, das sogenannte Kalben, und das ist das warum wir hier sind. Durch die Wärme des Tages ist dies besser am späten Nachmittag zu beobachten, weshalb wir uns nicht unter die Touristenhorden am Vormittag gemischt haben. Als wir auf der Isla ankommen, von wo aus man die beste Sicht auf den Gletscher hat, entdecken wir sofort warum die Eintrittpreise so unverschämt hoch sind: Es exisitieren hier keine einfachen Wege oder Wanderpfade, sondern das ganze Gelände ist mit Laufstegen überzogen! Ein Anblick, der mich mit dem Kopf schütteln lässt. Klar kann man eine Aussichtsplattform oder sowas bauen, aber warum durchzieht man eine Landschaft kilometerlang (schätze ca. 20 km) mit diesen Alugittern?! Hier sind wir definitv in einer Touristenhochburg.

Der Perito Moreno ist mit seinen 60 Metern Höhe, mit denen er aus dem Lago ragt wirklich beeindruckend. Allerdings ist es für mich nach den beiden anderen Gletschern auch nichts mehr neues und meine Erwartungshaltung ist hoch, habe ich doch wegen diesen Eisklotz meinen Abflug nach Buenos Aires extra von Ushuaia hierher verlegt und mich nochmal 16 Stunden in den Bus gesetzt. Ab und zu fallen dann Eisbrocken ins Wasser und es platscht auch laut, aber es ist nicht das „ohrenbetäubende Getöse“ mit dem man hier angelockt wird. Ein Boot fährt heran und man sieht die wahre Grösse (angeblich 5 km breit und 60 km lang), vielleicht wäre solch eine Tour von unten an den Gletscher heran doch nochmal lohnenswert gewesen, aber der Spass ist nicht ganz billig. Daher laufe Eva und ich die verschiedenen vorgegebenen Wege ab und begutachten den Eisberg aus den allen Perspektiven. Leider verlässt mich heute mein Glück was den strahlenden Sonnenschein angeht, den ich sonst meist bei solchen Anlässen habe, aber es regnet auch nicht.

Nach einiger Zeit lassen wir uns an einem der Aussichtspunkte nieder, essen und lesen in den Büchern die wir dabei haben. Ab und an löst sich ein Eisstück und fällt laut klatschend ins Wasser. Leider hört man es erst immer platschen und wenn man dann aufblickt sieht man nur noch etwas im Wasser verschwinden und eine Welle verursachen. Später treibt dann ein Stück Eis auf dem Wasser. Eine zeitlang beobachte ich dann einfach auch nur, in der Hoffnung das gerade jetzt etwas abfällt, leider ohne Erfolg. Dabei habe ich einen extrem nach vorne geneigten Eisblock im Blick, der bei genauerem Hinsehen aussieht als hätte jemand einen Smily in das Eis gehauen. Vielleicht habe ich auch zu lange auf das Eis gestarrt…aber wie auch immer, er fällt leider nicht, dafür ein paar andere und wir stellen fest das der Gletscher jeden Tag anders aussieht. Mit dem letzten Bus fahren wir dann zurück nach El Calafate und wissen beide nicht so richtig was wir von diesem „Must-See“ halten sollen.

Als der Bus ins Terminal einfährt entdecke ich aus dem Fenster Kerstin und Bernie, mit denen wir den Salzsee in Bolivien überquert haben. Und daneben steht Theresa, was ein Zufall. Wir begrüssen uns und recherchieren erstmal wie es zu diesem Zusammentreffen kam. Die beiden waren auch recht lange in Chile und reisen nun über Argentinien in den Süden. Aber das wir uns gerade in diesem kurzen Augenblick treffen, als drei verschiedene Buss hier ankommen ist schon wieder so ein geiler Zufall und ich freue mich jedes mal bekannte Gesichter zu sehen. Dieses Wiedersehen und der damit verbundene Plausch führt dazu, dass der Supermarkt geschlossen hat als wir dort ankommen und so gibt ein nur eine Portion Reis zum Abendessen, die ich noch aus dem Torres del Paine übrig hatte.

Am nächsten Morgen verabschiede ich mich von Eva, die langsam Richtung Norden reist, während ich in den Flieger nach Buenos Aires steige um wieder ein bisschen Zeit reinzuholen. In Argentinien hält es mich bisher sowieso nicht wirklich und daher ist es das beste nun mal einen Teil zu überspringen und in das nächste Land zu reisen. Vielleicht ist es auch meine gestiegene Erwartungshaltung, nach all den tollen Dingen, die ich in den letzten Monaten gesehen habe. Ich fühle mich fast ein wenig schlecht, dass ich solche Dinge wie diesen Gletscher, für den andere ihren kompletten Jahresurlaub investieren würden, gar nicht mehr richtig wahrnehmen kann. Ich denke es wird Zeit für eine kleine Pause und/oder etwas Abwechslung. Der „Flughafen“ ist eher ein „Flugplatz“ aber wirklich schön am Lago Argentino gelegen. Da wir noch ziemlich viel Zeit vor dem boarden haben rechne ich endlich meine Reisekasse nach und stelle fest, dass die letzte Zeit doch etwas teuer war. Aber gut, wann ist man schon mal in Patagonien! Aber jetzt ist sparen angesagt, und das ausgerechnet in Buenos Aires…



Patagonia

27 02 2011

06.02.2011, Tag 124

Meinen Wecker, der seit 4.00 Uhr klingelt, höre ich erst 20 Minuten später…jetzt heisst es beeilen , denn eigentlich soll ich in 10 Minuten bereits an der Abfahrtsstelle im Hafen sein. Daher kann ich leider keine Rücksicht auf die Schlafenden im Raum nehmen und mache mir an diesem Tag keine neuen Freunde…aber so ist das halt in Schlafsälen. Und auch wenn ich bisher immer versucht habe leise zu sein, wenn andere im Raum schlafen, so bin ich doch schon selbst oft genug Opfer von Rücksichtsloseren Bettnachbarn geworden. Um 4.45 Uhr sind wir an der Haltestelle und stellen fest, dass Evas Bus zwar die gleiche Abfahrtszeit hat, aber ich mit einer anderen Busgesellschaft fahre, die noch nicht da oder schon weg ist…?! Ich frage eine Holländerin, die ebenfalls dort wartet und zwar schon seit halb. O.K., weg sein wird der Bus dann noch nicht und um 5.10 Uhr fährt er dann auch endlich vor. Dann verlasse ich Ushuaia, eines der Hauptreiseziele meiner Reise, und fahre Richtung Norden nach genau 4 Monaten in denen ich immer weiter in den Süden gereist bin!

In Tollhuin, das sich wegen seiner zentralen Lage das „Herz Feuerlands“ nennt machen wir eine Frühstückspause und in Rio Grande müssen wir wieder umsteigen, diesmal in einen Doppeldecker. Im Bordfernseher läuft „Karate Kid“, zum dritten oder vielleicht auch fünften mal in der letzten Zeit… Wir füllen die Formulare für die Grenze aus, während draussen Felder mit Schaafherden vorbeiziehen. Da die Stelle wo wir mit der Fähre die Magellanstrasse zurück aufs Festland überqueren auf chilenischen Staatsgebiet liegt, müssen wir aus Argentinien aus und nach Chile einreisen und drüben dann das gleiche nochmal umgekehrt. Bedeutet für mich aber auch 4 zusätzliche Stempel im Pass und nach Chile reise ich ja immer wieder gerne 🙂 Allerdings ist die Einreise nach Chile wie in diesem Blog bereits beschrieben nicht ganz einfach und diesmal missfällt dem Grenzbeamten mein Salami-Brötchen, womit ich möglicherweise den Rinderwahnsinn nach Chile einschleppen könnte… Er fordert mich auf es wegzuschmeissen, aber obwohl ich gerade gut gefrühstückt habe, stelle ich mich in den Abfertigungsraum und drücke mir es vor Ort rein. Mein Käsebrötchen darf ich behalten…

Wir fahren weiter nach Punta Delgado, wo die Fähre ablegt. Diese Überfahrt ist auch wieder der Grund warum ich mir eine 14-stündige Odysee bei Tag antue, denn Nachts kommt man hier nicht rüber. Wir müssen aus dem Bus aussteigen und zu Fuss auf die Fähre gehen. Vom Land aus sehe ich schon den ersten Delfin und nun beginnt das letzte Kapitel „Chile“. Wir haben kaum abgelegt da kommen schon die ersten „Mini-Orcas“ angeschossen und schwimmen neben dem Boot her. Durch das kristallklare Wasser kann man sie schon von weitem deutlich erkennen und so bekomme ich nach dem ersten Delfin-Bild auf der Hinfahrt nun eine ganze Serie an Schnappschüssen und habe sogar Zeit ein Video zu drehen. Wie oft ich das versucht habe,habe ich ja schon erwähnt und nun weiss ich gar nicht welchen ich zuerst fotografieren soll. Es muss eine ganze Gruppe sein, die uns da begleitet und sie zeigen ihre schönsten Sprünge, einfach Wahnsinn! Es ist so stürmisch das mir  die Ohren schmerzen, aber was macht das schon in so einem Moment. Chile scheint seinen letzten Trumpf auszuspielen, nach dem Motto: „Hey, was willst du in einem anderen Land, bleib doch hier, wir hatten doch so eine tolle Zeit zusammen!“ Ich kann dem nichts hinzufügen, Chile war einfach nur ein Traum!

Drüben angekommen durchqueren wir den Nationalpark Pali Aike und ich meine zu der Holländerin, das ich nun alle für Patagonien typischen Tiere gesehen habe bis auf den Vogelstrauss. Und in Chile bleibt mir scheinbar kein Wunsch unerfüllt, kurz vor der Grenze steht dann tatsächlich ein solcher Vogel, und weil es noch nicht genug ist bekomme ich noch ein paar Guanakos dazu. Was ein geiles Land! Und dann, um 16.15 Uhr muss ich das Kapitel schliessen, doch jetzt ist dieser Part der Reise wirklich perfekt! Nach Argentinien reisen wir wieder ein ohne den Bus zu verlassen. Mein Anschlussbus nach El Calafate geht um 20.30 Uhr, es gibt aber noch einen früheren um 18.00 Uhr, den ich allerdings nicht direkt gebucht habe, da mir klar war, das man die angegebene Ankunftszeit um 17.30 Uhr mit 4 Grenzposten und der Fähre schlecht kalkulieren kann. Als wir Rio Gallegos, der Ort in dem ich umsteigen muss, erreichen ist es kurz vor sechs. Ich renne ins Terminal und suche den Schalter um vielleicht das Ticket in eines für den früheren Bus zu tauschen. Das wird zu einem echten Härtetest, denn während der Bus draussen am losfahren zu sein scheint, werde ich zu drei verschiedenen Schaltern meiner Busgesellschaft geschickt… Als es dann doch noch klappt und mein Rucksack eingeladen ist entdecke ich Eva im Warteraum, die dann ebenfalls noch schnell ihr Ticket tauscht. Im Bus sitze ich neben einem Schweizer, der gestern ein Foto von mir im Nationalpark gemacht hat, man trifft immer wieder die gleichen Leute!

Wir fahren durch die patagonische Steppe und es passiert wenig. Plötzlich wird der Bus langsamer und ich sehe vor uns ein Auto, das auf dem Dach liegt. Eine Person liegt auf dem Boden, in Decken eingehüllt, auf der Strasse erkennt man eine lange Bremsspur. Das Auto ist ziemlich platt, das Dach fast bis auf die Türen eingedrückt. Ein Wunder, das dort überhaupt jemand rausgekommen ist. Warum dieser Unfall passiert ist, und wie es den Insassen geht erfahren wir nicht, aber es rüttelt einen zumindest wieder ein bisschen wach, das wir uns doch noch in der Realität befinden. Soviel Spass wir auch meistens haben, neben uns leben Menschen ihr Leben, ihren Alltag, mit Freud und Leid…

Patagonien schenkt uns dann nochmal einen tollen Sonnenuntergang während wir ein weites Tal durchqueren. Auf der einen Seite sieht man die Sonne am Horizont verschwinden, auf der anderen färbt sich der Himmel lila. Als wir El Calafate erreichen wirkt es bereits auf den ersten Blick wie einer dieser argentinischen Touristenorte. Ich weiss nicht was man sich hier denkt oder warum man sämtliche Attraktionen mit einem gleichen Muster überzieht, für mich einfach nur langweilig. Gerade mit dem argentinischen Patagonien verbindet man doch Gauchos auf Pferden, die Rinder jagen, aber nichts… Eigentlich würde unser Hostel uns abholen, doch die rechnen mit unserer Ankunft mit dem späteren Bus, also laufen wir. Im Hostel buchen wir noch einen Bus, denn morgen wollen wir zum Perito Moreno Gletscher.



Parque Nacional Tierra del Fuego

26 02 2011

05.02.2011, Tag 123

Nach langem überlegen, da ich das Thema Wandern eigentlich mit dem Torres del Paine für diese Reise abgehakt hatte, bestelle ich mir doch für 14.00 Uhr ein Shuttle, das mich in den Nationalpark Tierra del Fuego bringt. Eva hatte den Park vorgestern abgelaufen und meint man kann es in 5 Stunden schaffen. O.K.,  5 Stunden gebe ich mir dann noch, aber dann ist es mit dem Trekking vorbei 😉 Viel kann man sonst auch nicht in Ushuaia machen und ich will auch noch was typisches von der Landschaft Feuerlands sehen. Vorher gehe ich noch kurz in die Stadt um Souvenirs zu kaufen, eine der Hauptaktivitäten fuer Touristen in Ushuaia. Dabei treffe ich André, der nun aufgrund des Preises doch keinen Helikopterundflug macht… Mit dem Fahrer des Mini-Busses, in dem ausser mir nur ein argentinisches Pärchen sitzt, ist die Verständigung recht schwierig, da ich mich mit dem argentinischen Dialekt noch schwer tue und er aber darauf keine Rücksicht nehmen will oder vielleicht auch nicht kann. Das ist sowas was mich in diesem Land schon beim ersten Abstecher ereilt hat und auch noch ein paar mal passieren wird. Ich vergleiche das dann gerne damit, dass jemand nur ein paar Brocken deutsch spricht und ich ihm dann etwas in echtem Offenbacher-Platt hinwerfe, und wenn er nachfragt sag ich das ganze nochmal etwas schneller, um die Chance das er es nicht versteht zu erhöhen…

Aus diesem Grund lande ich nicht am Parkeingang, von welchem aus ich ans Ende laufen wollte, sondern an diesem und laufe nun rückwärts. Das stellt sich aber als gar nicht so ungeschickt heraus, denn so habe ich eine halbe Stunde mehr Zeit das letzte Shuttle zu erwischen, das zuletzt den Eingang erreicht. Hier am Ende des Parks wo man über die Bahaia Lapataia bis zum Beagle-Kanal blicken kann, endet offiziell die „Ruta 3“, sowas wie der argentinische Gegenentwurf zur Panamericana, daher auch die Kilometer-Angabe von 17.848 nach Alaska. Irgendwie hat hier jedes Land seine berühmte Strasse, wie eben diese „Ruta 3“, oder z.B. die Carreterra Austral in Chile. Dabei stelle ich mir immer die Frage was denn DIE Strasse in Deutschland ist? Haben wir so eine Art „Panalemania“, die deutsche Route 66?! Wer eine Antwort darauf hat darf es mir gerne mitteilen! Ich vote für die A3, die u.a. die Rhein-Metropole Köln mit der Main-Metropole Offenbach verbindet 🙂 Da mir das Thema aber irgendwie keine Ruhe gelassen hat (so oft wie ich hier auf der Strasse unterwegs bin…) habe ich mal recherchiert und unsere längste Autobahn ist die A7 mit 938 km (vor der A3 mit 778 km). Dabei fälle ich den Entschluss irgendwann „demnächst“ einmal durch Deutschland von Nord nach Süd zu trampen und die deutsche Gastfreundschaft auf die Probe zu stellen. In Chile habe ich solche Strecken an einem Tag geschafft! Mit solchen Gedanken im Kopf erreiche ich den Aussichtspunkt über die Bahia und die auf der anderen Seite liegende Laguna Verde.

An vielen Stellen ist die Landschaft mit der im Torres del Paine vergleichbar, aber alles ein wenig kleiner, dafür aber auch nicht so überlaufen. Plötzlich entdecke ich einen Adler, der sich bereit zum Fotoshooting in kurzer Entfernung auf einem Ast niederlaesst. Das ganze erinnert mich an die Begegnung mit einem seiner Artgenossen auf dem Pinchincha in Quito/Ecuador, zu Beginn meiner Reise. Knapp 4 Monate sind seitdem vergangen und ich habe den südamerikanischen Kontinent ab der Äquator-Linie bis hierher an den südlichsten Zipfel bereist. Auf einem Schild in Ushuaia stehen 6.300 km bis Quito, aber dadurch das ich nicht einfach nur gerade heruntergereist bin wird es wohl um einiges mehr gewesen sein. Ein unvergleichlicher Teil meines Lebens und ein gutes Drittel habe ich nun ja auch noch vor mir, mit dem Unterschied das es ab jetzt Richtung Norden ins warme geht. Eigentlich hatte ich mir für heute schon überlegt nur eine kleine Runde zu laufen, mich an einem netten Platz hinzusetzen und die Landschaft zu geniessen und später zurückzufahren. Aber irgendwie siegt dann doch die Neugier, wie der „Sendero Costa“, der Weg entlang der Küste zum Beagle-Kanal wohl so aussieht. Erst überquere ich eine Brücke, neben der die Reste des Vorgängermodels noch im Wasser stehen. Etwas typisches für Südamerika, das man etwas neues baut und das alte einfach stehen lässt und wartet was passiert… Weiter geht es durch den Wald, dann querfeldein, ehe ich das Ufer mit dem klaren, blau schimmernden Wasser erreiche. Ich will mich erstmal ein bisschen beeilen, da ich nicht sicher bin wie realistisch die Zeiten auf der Wanderkarte sind. Die bisher zurück gelegte Strecke wurde mit 2-3 Stunden angegeben und ich bin sie in einer gelaufen, aber man weiss nie ob es beim nächsten Abschnitt nicht andersrum ist, deswegen verzichte ich auf grössere Pausen. Unterwegs begegnet mir dann wieder mein gefierderter Freund und setzt sich diesmal direkt vor mir auf den Weg. Nachdem ich mehrere Hügel überwunden habe, erblicke ich die Bucht wo die Ensenada da Zaratiegui liegt. Gegenüber befindet sich die Isla Redonda auf der eine Nationalflagge weht. Man muss ja sicher gehen, nicht das die Chilenen irgendwann diesen „strategisch wichtigen“ Punkt einzunehmen versuchen 😉

Von der Anlegestelle sind es noch 1,4 km an der staubigen Strasse entlang bis zur Stelle, wo ich mich einsammeln lassen will. Es ist 18.30 Uhr, also fährt der Bus nun gerade hinten im Park los. Nach 15 Minuten komme ich dort an und um kurz vor sieben werde ich eingesammelt. Glück gehabt sonst hätte ich jetzt hier 1,5 Std. rumsitzen dürfen. Im Wagen sitzt auch das Pärchen von der Hinfahrt, die mich etwas ungläubig ansehen, wie ich wohl hierher gekommen bin, nach nur knapp 4 Stunden. Zurück in Ushuaia kaufe ich noch ein für die morgige Fahrt und versuche nicht allzu spät ins Bett zu kommen, denn mein Bus nach El Calafate fährt um 5.00 Uhr.



Ushuaia – „Fin del Mundo“

25 02 2011

04.02.2011, Tag 122

Eva und ich haben die Idee vielleicht noch einen südlicheren Punkt, die Isla Navarino welche wieder auf chilenischen Staatsgebiet liegt, von Ushuaia aus zu besuchen. Daher gehen wir zur Touristeninformation und fragen wo man eine entsprechende Tour buchen kann. Dort bekommt man auch einen “Einreisestempel” für Ushuaia und so lasse ich neben meinem Pass und auch meinen (mittlerweile etwas mitgenommenen) Lonely Planet abstempeln. Dabei treffe ich einen Deutschen, der gerade nach einer Überfahrt in die Antarktis sucht, wofür die Stadt ebenfalls der Haupt-Ausgangspunkt ist. Den Last-Minute-Preis von 3.500 US-$ könne er gerade noch so akzeptieren, aber momentan gebe es nur Touren für 4.000 US-$. Vielleicht mache er es aber trotzdem, da er sein Monatsbudget von 2.500 € bisher nie ausgereizt hat. Die Idee mit der Isla Navarino erweist sich durch den Preis von 125 US-$ für die einfache Überfahrt als nicht umsetzbar und so planen wir um und machen noch eine Tour zum Leuchtturm im Beagle-Kanal. Das mal zum Vergleich zu den unterschiedlichen Möglichkeiten die man als Traveller haben kann. Als wir das Büro verlassen sehe ich André auf der anderen Strassenseite, wie klein doch Südamerika ist. Wir tauschen uns kurz aus und er erzählt von der Rally Dakar, die er nach 20 Stunden Busfahrt knapp verpasst hat, seiner etwas aussergewöhnlichen Route in den Süden, das er jetzt statt Argentinien, Uruguay oder Brasilien zu bereisen nochmal nach Kolumbien fliegt und plant in Buenos Aires (5 Wochen vor dem Heimflug) nun auch einen Spanisch-Kurs machen…und im Moment schaut er sich nach den Preisen für einen Helikopterrundflug um, aaaha…danach trennen sich unsere Wege wieder.

In Ushuaia finden sich unzählige Schilder, die darauf aufmerksam machen, dass man sich gerade am “Ende der Welt” befindet und wie weit es wohin ist. Nach ein paar Fotos verabrede ich mich mit Eva für die Tour um kurz vor drei und mache noch einen Spaziergang am Hafen entlang, wo sich ein Marinestützpunkt befindet. Vor der Uferpromenade liegt noch ein gegen einen Felsen gelehntes Schiff im Wasser und man sieht das protzige Casino, welches durch die hier ankommenden Kreuzfahrttouristen genutzt wird. Daher auch das entsprechende Preisniveau in der Stadt. Ansonsten war es das dann auch schon mit den Highlights. Hätte Ushuaia nicht diese besondere Lage, ich weiss nicht ob sich Touristen hierher verirren würden… Im Hafen bestaunen wir erstmal die “Europa”, ein Grosssegler, der hier vor Anker liegt, ehe wir unser Boot besteigen. Die “Barracuda”, ein liebevoll renoviertes Schiff aus dem Jahre 1950, entpuppt sich als echter Glücksgriff, denn nicht nur das es billiger ist wie die modernen Katamarane, man hat die Möglichkeit nach aussen zu gehen und nicht nur durch die Glasscheibe sehen zu können. Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir raus auf den Kanal und lassen uns dabei den Wind um die Nase wehen. Der Beagle Kanal ist neben der Magellanstrasse die einzige Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, wurde allerdings erst 1831 durch das Forschungsschiff HMS Beagle entdeckt, der er auch seinen Namen verdankt. Die dritte Stelle an der die beiden Ozeane sich treffen (und welche mir in meiner “Sammlung” noch fehlt) ist Kap Hoorn. Dort wollte ich eigentlich auch hin, zumindest auf den dortigen Leuchtturm. Dies ist aber den Kreuzfahrttouristen vorbehalten, das mache in dann wenn ich ein reicher Rentner bin und in die Antarktis fahre 😉

Wir blicken auf Ushuaia und die Andenausläufer im Hintergrund, dann erreichen wir eine Insel mit Komoranen. Ich nenne sie gerne “fliegende Pinguine”, da ich sie anfangs im Wasser schwimmend nicht unterscheiden konnte. Von ihren Verhalten sind sie aber ebenso amüsant und das Fliegen scheint nicht ihre ganz grosse Stärke zu sein, denn sowohl beim Anfliegen als auch beim Landen sieht es etwas ungeschickt aus. Das Wasser hier ist super klar, so dass man die Pflanzen sehen kann, die vom Grund in die Höhe wachsen. Die nächste Insel ist verwaist. Dort leben eigentlich die Seelöwen, die nun aber “umgezogen” sind auf eine andere Insel in der Nähe des Leuchtturm. Bei solchen Normadengenen sollte ich vielleicht versuchen sie zum Umzug an den Main zu bewegen. So ein paar Seelöwen neben  meinem Turm könnten das Geschäft nochmal kräftig ankurbeln 😉 Als wir aber an der Insel ankommen liegen sie wie immer faul in der Sonne und machen auf mich Eindruck als würden sie diesen Ort nie verlassen…die Gruppe besteht aus zwei Männern und dem Rest Weibchen, scheint ganz angenehm zu sein so ein Seelöwen-Leben. Ab und zu bekommen sich aber auch mal zwei oder mehrere in die Haare (oder soll ich lieber sagen Flosse^^), wenn es um so entscheidende Dinge wie einen Liegeplatz geht. Bei den Seelöwen geht es mir wie mit den Pinguinen, man kann sich an ihrem Verhalten einfach nicht satt sehen. Der Kapitän fährt das Schiff auch extrem nah an die Insel ran, so dass wir vom Bug aus einen super Blick haben.

Dann geht es weiter zum Faro “Les Eclaireurs”, dem Leuchtturm der südlichsten Stadt der Welt. Dort starten wir eine kleine Fotosession, wobei ich mein 10.000 Bild schiesse. Falls jemand anhand dieses Blogs denken sollte, der macht ja viele Fotos… Zum Abschluss zeigt sich nochmal ein Regenbogen, ehe wir zurück nach nach Ushuaia fahren. Dort treffe ich mich mit Theresa um Fotos aus dem Nationalpark zu tauschen und anschliessend folgt das schon fast traditionelle Feierabend-Bier mit Eva. Morgen ist dann auch schon mein letzter Tag „am Ende der Welt“ und ich bin mir noch unschlüssig was ich hier „aussergewöhnliches“ machen soll…



Feuerland

25 02 2011

03.02.2011, Tag 121

Als Vorletzter unserer Torres del Paine Gruppe verlasse ich morgens das Hostel in Punta Arenas. Den Schluss macht Hannes, der in seinen Flieger nach Puerto Montt steigt. Auf mich warten nun 12 Stunden Busfahrt nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Eigentllich versuche ich immer alle Fahrten, die länger als 6 Stunden dauern als Nachtfahrt hinter mich zu bringen. Dies ist hier nun aber nicht umsetzbar, da die Überfahrt mit der Fähre nach Feuerland nur tagsüber möglich ist. Im Bus habe ich den einzigen Einzelplatz, so dass es wenigstens halbwegs bequem ist. Die erste Strecke von Punta Arenas nach Punta Delgado, der schmalen Stelle wo die Magellanstrasse überqueren, gibt nochmal einen Eindruck von Patagonien. Hier sieht man auch nochmal viele Estancias und noch mehr Schafe auf den Wiesen. Die Fähre legt dann direkt vor unserer Nase ab, so dass wir noch 40 Minuten Zeit haben uns die Beine zu vertreten und ich mache daher noch einen kurzen Spaziergang zum nahe gelegenen Leuchtturm. Als die Fähre anlegen will kann man erkennen was mit dem starken Wellengang in der Magellanstrasse gemeint ist, denn das Schiff hat dabei echte Probleme.

Dann ist es endlich soweit und ich gehe an Bord und es geht rüber nach Tierra del fuego, Feuerland! Den Namen hat die Insel von Fernando de Magallanes erhalten, dem die Leuchtfeuer der indigenen Bevölkerung beim Entdecken dieser Passage aufgefallen war. Ich mache draussen noch ein paar Bilder, dann ist es mir zu stürmisch und ich gehe in den Aufenthlatsraum. Dort klebt alles am Fenster und neugierig stelle ich mich dazu und sehe, Delfine! Und nicht etwa die “normalen” grau-silbernen, sondern schwarz-weisse, deren Existenz mir ehrlich gesagt gar nicht bekannt war und ich sie erstmal für kleine Orcas gehalten habe (was fast noch besser gewesen wäre ;)). Ich halte durch die Scheibe einfach mal drauf und mir gelingt noch so vielen vergeblichen Versuchen endlich das erste Delfin-Foto, Danke! Wir werden noch ein ganzes Stück begleitet, doch als wir dem Ufer näher kommen drehen sie ab. Nun betrete ich aber Feuerland! Man stellt sich unter dem Namen sicher etwas ganz aussergewöhliches vor, so ging es mir zumindest bevor ich mich informiert habe. Schlussendlich ist die Insel aber so gross, dass man gar nicht merkt auf einer Insel zu sein und die Landschaft unterscheidet sich erstmal nur unwesentlich von der Landschaft Patagoniens.

Kurze Zeit später erreichen wir den Grenzposten San Sebastian und nun ist das tolle Kapitel Chile auf dieser Reise beendet, so denke ich zumindest… 14 km weiter gibt es den Einreisestempel für Argentinien, am Grenzposten mit dem gleichen Namen, San Sebastian. Da war jemand wirklich einfallsreich gewesen was die Namensgebung angeht. Aussteigen müssen wir allerdings nicht, da die Einreiseformalitäten durch den Busfahrer erledigt werden, der die Pässe einsammelt. Auch interessant, das es den  Argentinier scheinbar egal ist, ob die Person zu dem entsprechenden Pass auch wirklich im Bus sitzt, oder ob da vielleicht noch jemand ohne Pass drin ist… Das Land hier auf der Insel ist weitläufig und stürmisch, überall sieht man verbogene Bäume, die mit der Windrichtung wachsen. Rinderherden wechseln sich mit Schafsherden ab, welche man beide nicht zählen kann, sondern nur riesige “gepunktete” Flächen bis zum Horizont sieht. Ab und zu sieht man zudem ein paar Guanakos, aus der Familie der Lamas. So anstregend das Busfahren auch manchmal sein kann, es ist die beste Art etwas vom Land zu sehen, anstatt einfach darüber weg zu fliegen. Dazu kommt die erhöhte Sitzposition im Vergleich zum Auto und das man nicht fahren, sondern einfach nur aus dem Fenster sehen kann. Dort erblicke ich Flächen mit roten Gräsern, das passt doch mal zu Feuerland!

In Rio Grande wird dann der Bus gewechselt und es geht mit einem älteren Model weiter, obwohl die Strassen nun besser sind. Die Wälder und die hügelige Landschaft ist der Patagoniens zwar immer noch ähnlich hat aber jetzt nochmal einen etwas anderen Stil. Dann erreichen wir ein Tal an dessen Seite sich die Strasse entlang zieht bis zu einem Pass. Die steile Strecke erinnert mich ein bisschen an Ecuador oder Bolivien, mit dem Unterschied, dass die Strassen hier besser und dazu gesichert sind. Von oben hat man nochmal einen schönen Ausblick auf den sich im Tal ausbreitenden See und die dahinter liegenden Berge, die ich in dieser Höhe hier gar nicht vermutet hätte. Um 21.00 Uhr habe ich das Ziel erreicht: Ushuaia,“Fin del Mundo”, das “Ende der Welt”.

Was hat man für eine Vorstellung von so einem Ort?! Ich mein, mir war klar, dass es eine Stadt ist, die an vielen anderen Stellen liegen könnte und man ihr ihre aussgewöhnliche Stellung nicht ansieht. Aber das hört sich vielleicht irgendwie abgedreht an, aber man fühlt doch in einer gewissen Art und Weise, dass man jetzt ganz ganz weit unten ist. Merkt man aber auch daran, dass es bis 23.00 Uhr hell ist. Weiter südlich gibt es dann (neben ein paar kleineren Inseln) nur noch die Antarktis. Damit habe ich den “Lösel-Familienrekord” für den südlichsten Punkt, den bisher meine Eltern mit Punta Arenas gehalten haben, nicht nur eingestellt sondern überboten. Da keiner meiner Vorfahren ein grosser Seefahrer oder ähnliches war, ist es mir nun vergönnt auf dem Erdball am weitesten in den Süden, Westen (Ecuador) und Osten (Thailand) gereist zu sein. Fehlt jetzt nur noch eine Himmelsrichtung und eine Weltumrundung 😉 Mit solchen Gedanken im Kopf, laufe ich vom Hafen hoch in die Einkaufsstrasse, welche den typischen Stil von argentinischen Touristenhochburgen hat. Eva hat mir in dem Hostel in dem sie wohnt ein Bett reserviert und ich treffe sie direkt beim einchecken und wir trinken noch ein Bier zusammen. Mal sehen was uns morgen die südlichste Stadt der Welt zu bieten hat.



Estrecho Magallanes

24 02 2011

02.02.2011, Tag 120

Nachdem wir uns von Theresa verabschiedet haben, klingelt unser “Abholservice” und wir brechen bei strahlendem Sonnenschein auf zur Kajaktour in der Magellanstrasse. Die Estrecho Magallanes, wie es auf spanisch heisst, ist 570 km lang, an der schmalsten Stelle 3,5 km breit und trennt den südamerikanischen Kontinent von der Insel Feuerland. Die Meerenge wurde nach dem portugiesischen Seefahrer Fernando de Magallanes benannt, welcher diese Passage 1520 entdeckt hat. Bis zur Eröffnung des Panamakanals war die Magellanstrasse die wichtigste Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, doch auch heute ist sie nach wie vor eine beliebte und viel genutzte Schiffahrtsroute, da man sich so die Umrundung des unberechenbaren Kap Hoorn erspart. Allerdings ist die Magellanstrasse auch nicht ganz ungefährlich, da duch den unterschiedlich Wasserpegel der Ozeane in Kombination mit den extremen patagonischen Winden, starke Strömungen und Wellen verursacht werden können.

Wir fahren raus aus der Stadt, am Ufer entlang, wo drei Schiffe als Wellenbrecher auf Grund gesetzt wurden. Am Basiscamp erwartet uns schon unser Guide, der uns das o.k. gibt raus auf See zu fahren. Er hatte b uns bei der Buchung  darauf vorbereitet, dass wir bei schlechtem Wetter nur auf einem kleinen Fluss paddeln können, der sich am Ufer entlang zieht. Bei diesem Top-Wetter können wir aber ohne Bedenken rausfahren. Wir legen die Neopren- und darüber die wasserdichten Anzüge an. Draussen steht schon der Hänger dessen Zugfahrzeug ein VW-Käfer ist. Wir fahren noch ein Stück, ehe wir zur Ablegestelle kommen. Dort setzen wir die Boote in den “Fluss” und fahren los. Hannes und ich haben darum gebeten Einzelkajaks zu bekommen, da normalerweise nur in 2ern gefahren wird. Aber da wir beide nicht zum ersten mal in einem Boot sitzen gibt es für uns eine Ausnahme.

Der Fluss ist knapp 5 Meter breit und gerade so tief, dass man nicht aufsetzt. Das wäre eine schöne Pleite gewesen, wenn wir nur hier rumgepaddelt wären… Nach 10 Minuten kommen wir eine schmale Stelle, wo wir aussteigen und die Boote kurz übertragen müssen, und dann ist es soweit: Wir fahren raus auf die Magellanstrasse! Ich muss dazu sagen, durch den geringen Wellengang unterscheidet es sich kaum von einem grossen See, aber uns geht es mehr um dieses “da gewesen zu sein”, was hier an allen Orten im Südzipfel des Kontinents fast immer eine kleine oder sogar grosse Rolle spielt. Das Wasser ist allerdings superklar und man kann den Grund und die von dort wachsenden Pflanzen in 3 – 5 Metern Tiefe sehen. Wir fahren ein Stück am Ufer entlang, wo einsame Hütten stehen. Es hätte eine sehr reizvolle Alternativ-Tour gegeben, die einen ganzen Tag gedauert und zu einem Leuchtturm und einer Bucht mit Walknochen geführt hätte. Allerdings wäre das um das fünffache teurer gewesen als diese Halbtages-Tour und wegen dem Wetterrisiko haben wir uns für die Sparvariante entschieden.

Nach einer kleinen Pause starten wir eine Fotosession. Als ich gerade Richtung Feuerland lospaddel sehe ich plötzlich etwas auftauchen…kurzes Warten und dann nochmal: Delfine! Endlich, bin ich fast geneigt zu sagen, denn bisher gab es unzählige Möglichkeiten auf dieser Reise welche zu sehen, aber bisher hatte ich nie Glück. Dann taucht noch ein Seelöwe auf und springt vergnügt aus dem Wasser. Ich versuche ein Foto zu schiessen, aber mit der kleinen Kamera ist es auf die Entfernung nicht möglich, da sie dann meist schnell wieder abtauchen. Ein Foto das sicher in Din-A1 Grösse im Kajakshop meines Vater an der Wand landen würde, wäre, wenn einer der Delfine neben meinem Boot schwimmen würde…aber es gibt halt nur einen Flipper 😉 Wir amüsieren uns zudem darüber wie cool es wäre nun zu berichten, dass der launische Seelöwe plötzlich das Boot angreift und sich einen Kampf mit dem Paddel liefert…aber das hier ist ja ein Reisebericht und da muss man sich auch mal mit einem Semi-Abenteuer zufrieden geben. So geht es wieder zurück, mit meinem Paddel dessen Aufschrift passender nicht hätte sein können: Feel free!

Am Basiscamp, neben dem sich auch ein Rodeo-Platz befindet, bekommen wir noch einen kleinen Snack. Vor dem Haus bestaunen wir zudem den Wirbel eines Wals, den ich für ein Stück Holz gehalten hätte…würde aber sicher einen ausgefallen Couchtisch abgeben 😉 Anschliessend machen wir uns nach einem netten Vormittag auf dem Weg zurück nach Punta Arenas.




Isla Magdalena

22 02 2011

01.02.2011, Tag 119

Um kurz vor sieben geht´s nach einem schnellen Frühstück zum Büro des Tourveranstalters, wo wir schon erwartet werden. Tatsächlich ist mal jemand pünktlich in diesem Land^^ Bei leichtem Regen fahren wir raus aus der Stadt zur Ablegestelle des Schnellboots an der Magellanstrasse. Die Pinguinkolonie auf der Isla Magdalena ist mit bis zu 400.000 Magellanpinguinen einer der grössten Chiles und sogar weltweit. Wir machen zudem einen kurzen Zwischenstopp an der Isla Marta, welche von Seelöwen und Komoranen bevölkert ist. Auch wenn ich diese Tiere bereits zuvor gesehen habe, ist es immer wieder eine Freude sie zu beobachten, wie sie aus dem Wasser auftauchen, springen und wieder abtauchen oder nur einfach faul am Strand liegen. Dann kommt die Isla Magdalena in Sicht und auf ihr ein Leuchtturm.

Schon von einiger Entfernung entdecken wir die Massen an Pinguinen, die hier leben. Vom Landungssteg weg ist mit Seilen ein Pfad abgetrennt, von wo aus man bis zum Leuchtturm laufen kann. Hier haben Pinguine allerdings “Vorfahrt” und watscheln munter über den Weg hinunter zum Wasser oder hinauf zu den Brutplätzen. Man kann sich wirklich köstlich dabei amüsieren den Jungs einfach nur beim Laufen zuzusehen und wie sie sich anschliessend auf den Bauch ins Wasser platschen lassen. Wenn sie einen “Amigo” treffen begrüssen sie sich indem sie die Schnäbel aneinander reiben und einer steht einfach nur die ganze Zeit da, streckt den Schnabel in die Luft und gibt Laute von sich, die sich anhören als sei er ein Esel. Daneben steht der Nachwuchs mit seinem pflauschigen Gefieder, das langsam abfällt, und scheint zu frieren. Andere liegen in ihren Erdlöchern und einer sieht aus als hätte er sich gerade vollgesabbert^^ Es ist super lustig diese Tiere zu beobachten und wenn man von einem wahrgenommen wird, drehen sie nachdenklich den Kopf und wenn man ihn ebenfalls dreht machen sie es in die entgegengesetzte Richtung nach J

Auf dem Weg zum Leuchtturm hat sich dann ein Pärchen den Weg als Brutplatz ausgesucht und jeder der sich nähert wird von ihnen attackiert. Als ich es vorbei geschafft habe und noch Fotos von Hannes machen soll, versucht mich der Kerl plötzlich von hinten ins Bein zu beissen! Oben am Leuchtturm zeugen die ausgerissenen Flaggen von der Kraft mit der der Wind hier normalerweise durchpeitscht. Von hier oben sieht man auch die Masse der Pinguine, die hier leben, denn die ganze Insel ist mit kleinen schwarzen Punkten übersäht. Dann müssen wir, mit unzähligen Bildern im Gepäck, wieder zurück. Ich glaube man kann hier den ganzen Tag verbringen und die Tiere beobachten ohne das es langweilig wird. Am Boot gibt es noch Tee zum aufwärmen, da es wirklich sehr kalt ist, und dann geht es wieder nach Punta Arenas.




Punta Arenas

21 02 2011

31.01. – 02.02.2011, Tag 118 – 120

Nachdem es mit unserer “Torres-Gruppe” so gut funktioniert hat, nehmen wir morgens gemeinsam den Bus um nach Punta Arenas am südlichsten Ende des amerikanischen Kontinents zu fahren. Die “Stadt der Weltenbummler”, wie man sie bezeichnet, liegt an der Magellanstrasse und galt lange Zeit mit ihren 120.000 Einwohnern als die südlichste Stadt der Welt, daher ein Muss für alle Südamerikareisende. Diesen Titel beansprucht nun allerdings das auf dem argentinischen Teil Feuerlands liegende Ushuaia (64.000 Einwohner) für sich, darüber wird wegen Grösse der Städte allerdings noch diskutiert und natürlich wollen sowohl Chilenen als auch Argentinier dieses Superlativ einheimsen. Am Busbahnhof bietet uns eine Frau ein ziemlich günstiges Hostel an. Wir folgen ihr und als wir das was hier wohl das “Rotlichtmilieu” darstellt durchqueren wird mir der günstige Preis klar. Eigentlich ist es auch gar kein Hostel, sondern eine Familie vermietet eines ihrer Zimmer. Wir fragen nach einer Wäscherei, da quasi meine letzte Garnitur am Körper trage. Die Dame des Hauses nennt uns eine Adresse und werden dabei gefragt, ob Hannes und ich nicht den Wandhalter für den neuen LCD-Fernseher anbringen  können. Kurz später bietet Sie uns an für uns zu waschen, quasi als Tauschgeschäft. Sehr praktisch, denn in Chile sind die Wäschereien ziemlich teuer und ich habe einen Berg an Wäsche. Unsere Gegenleistung entpuppt sich allerdings als schwieriges Unterfangen, denn ausser Hammer und Schraubenzieher gibt es keinerlei Werkzeug. Darüber das man keinen Flatscreen an eine 2 cm dicke Holzwandwand nageln kann sind Hannes und ich uns einig. Dem ebenfalls anwesenden Handwerker, der scheinbar extra für diesen Job bestellt wurde, leuchtet das nicht ein und er muss erst seinen Chef fragen. Wir versuchen ihm dabei zu erklären, dass wir eine Bohrmaschiene oder zumindest eine Zange brauchen um die Löcher  für die Dübel zu bohren bzw. Mit den Schrauben einzudrehen. Ein Ding der Unmöglichkeit, also vertagen wir das ganze auf mañana…

Wir gehen in die Stadt um eine Tour zur Pinguinkolonie auf der Isla Magdalena für den morgigen Tag zu buchen. Dann entscheiden Hannes und ich uns zudem übermorgen eine Kajaktour auf der Magellanstrasse zu machen. Damit ist meine Zeit, die mir hier zur Verfügung steht verplant. Eva beschliesst derweil schon morgen nach Ushuaia aufzubrechen und Theresa folgt ihr am nächsten Tag. Damit löst sich dann auch diese Gruppe langsam auf, aber wir geniessen noch den sonnigen Tag in Punta Arenas. Auf der Plaza, die von schönen, teilweise herrschaftlichen Häusern eingerahmt ist, steht eine Statue von Fernando de Magallanes, auf dessen Podest wiederum eine Indianerfigur sitzt. Wenn man den Fuss des Indianer küsst, so heisst es, wird man nach Patagonien zurückkommen – auf geht´s! Richtung Hafen finden sich die typischen Häuser einer Hafenstadt und in diesem hat gerade ein Kreuzfahrtschiff festgemacht. Ich gehe anschliessend meinen Bus buchen und versuche auch die weiteren Fahrten zu organisieren, da ich morgen in einer Woche in meinem Flugzeug nach Buenos Aires sitzen muss. Eigentlich etwas was ich überhaupt nicht mag, dieses lange vorrausplanen. Bisher wusste ich eigentlich nie wie lange ich tatsächlich irgendwo bleibe und habe die Orte erstmal auf mich wirken lassen, bevor ich entschieden habe wann ich weiterreise. In diesem Fall geht es leider nicht anders und so muss ich mich damit rumärgern, dass man von hier zwar eine Verbindung in Argentinien buchen kann, aber nicht die von Ushuaia wieder hoch auf´s Festland, obwohl diese über chilenisches Gebiet führt… Die fehlende Verbindung finde ich dann online und somit ist alles organisiert, damit ich wieder voll im Zeitplan bin.

Als wir das Internet-Café verlassen, treibt mich mein Hunger in den nächstbesten “Completo-Laden” der in den nächsten Tagen unser Stammlokal werden soll. Der kleine Imbiss ist so chaotisch eingerichtet, dass es schon fast wieder Stil hat: Vor der mit Teppich bezogenen Theke und einer rustikalen Holzverkleidung in Richtung Küche, deren Fenster durch Vorhänge mit Stockenten-Bildern zugehängt sind, steht eine Bak mit grünen Schalensitzen, die wahrscheinlich aus dem ehemaligen Mobiliars eines Busbahnhof stammt. In der Ecke steht völlig schief ein museumsreifer Ofen über dem eine Kuckucksuhr hängt. Die restlichen Wänder sind entweder mit Kitsch, oder 80er-Jahre Postern behängt. Zu der Einrichtung kommen die optischen und akkustischen Reize: Ein blinkender Licherschlauch und ein Fernseher mit Schneegestöber und lautem Rauschen werden von der noch lauteren, im Radio laufenden Folklore untermalt. Soweit die wichtigsten Details… Wir setzen uns auf die antiken Barhocker und geniessen den im Preis- Leistungsverhältnis kaum zu schlagenden Completo! Auf dem Rückweg begrüssen uns dann noch ein paar (trotz der Kälte) leicht bekleidete Damen, die vor den Nachtclubs warten…

Nachdem wir am nächsten Tag von der Isla Magdalena zurück sind (Bericht folgt), machen wir uns auf zum Friedhof der Stadt, der einer der schönsten des ganzen Kontinents sein soll. Und tatsächlich sind wir beeindruckt, zunächst von den langen, exakt geschnittenen Baumreihen, dann von den grossen und pompösen Grabstätten. Zu den Glanzzeiten der Stadt, in der die Schafszucht eine entscheidene Rolle spielte, haben hier Einwanderern aus Europa ihre Familiengruft errichtet: Wir spazieren eine zeitlang herum und sehen uns um. Anschliessend gehen wir zur Pferderennbahn, die allerdings seit langem nicht mehr in Betrieb ist, und ins Fussballstadion. Das hat auch nicht viel zu bieten, ausser einem Blick auf´s Wasser von der Tribüne aus. Auf dem Heimweg kommen wir noch am Aussichtspunkt vorbei, auf welchem Schilder mit den Entfernungen zu verschiedenen Orten weltweit angebracht sind. Der zu Offenbach nächstgelegene Ort ist das fränkische Erlangen, aus dem auch ein Teil meiner Familie stammt, mit 13.625 km. Verdammt weit weg von zu Hause 😉

Der nächste Tag beginnt mit der Kajaktour auf der Magellanstrasse (Bericht folgt ebenfalls). An meinem letzten Nachmittag in Chile gehe ich nochmal runter an den Hafen. Es ist windig, aber die Sonne strahlt und ich blicke auf´s Wasser in Richtung Feuerland. Eine tolle Zeit, vielleicht mit die Beste dieser Reise liegt nun fast hinter mir. Die 6 Wochen in diesem Land haben den tollen Eindruck, den ich seit meinem Aufenthalt hier im Jahr 2009 sowieso schon hatte, nochmal fett unterstrichen. Die Vielseitigkeit der Landschaft und die Herzlichkeit der Menschen hier sind einfach unübertroffen und so werde ich doch mit ein bisschen Wehmut die Ausreise antreten…Chile, nos vemos!




Torres del Paine – Torres

19 02 2011

29./30.01.2011, Tag 116/117

Als der Wecker um 7.00 Uhr klingelt schüttet es wie aus Eimern, echtes patagonisches Wetter! Wir verschieben den Abmarsch um 2 Stunden, da wir durch die letzte Nacht sowieso nicht wirklich ausgeschlafen sind. Das Zelt hält dicht, doch es ist ein echte Herausforderung nicht an irgendeiner Stelle die Zeltwand zu berühren, wenn man sich beim schlafen umdreht. So trägt mein Schlafsack doch einige nasse Stellen davon. Als wir aufstehen hat der Regen zwar nachgelassen, aber nun ist alles nass. Wir packen das klatschnasse Aussenzelt separat in einen Müllsack, aber nun trage ich durch das Wasser und den Dreck wieder entsprechend mehr Gewicht mit mir rum… Als wir eine Viertelstunde gelaufen sind lässt der Regen nach und langsam kommt die Sonne durch. Über Holzstege durchqueren wir Sumpflandschaften und laufen in einem Balanceakt über im Wasser liegende Steine um die Bäche zu überqueren. Wir benutzen eine Abkürzung, die auf der offiziellen Karte nicht eingezeichnet ist, uns aber etwa 1 Stunde sparen soll. Dafür geht es steil bergauf und der Wind nimmt langsam zu. Von der Landschaft ist es wieder absolut unterschiedlich, von Kiesflächen über weite Graslandschaften, wo Pferde am Hang grasen. Übrigens keine Wildpferde, das erkennt man an den Sattelnarben wie Theresa uns erklärt. Ich hätte es allerdings cooler empfunden jetzt von wilden Pferden zu berichten und wie ich eins mit blossen Händen eingefangen habe um damit das letzte Stück zu reiten, aber bleiben wir bei der Wahrheit 😉

Als wir relativ weit oben angekommen sind machen wir eine Pause, bei der wir echte Probleme haben, dass uns nicht irgendetwas wegfliegt. Laut Plan kommt nun der windigste Teil, deswegen wird nun nochmal alles festgezogen und verpackt. Keine schlechte Entscheidung, denn als wir “um die Ecke” kommen und in das Tal einbiegen an dessen Ende sich die Torres befinden, habe ich das Gefühl weggeweht zu werden. Mit dem schweren Rucksack ist es kaum möglich voran zu kommen, so stürmisch ist es dort oben. Im Schneckentempo kämpfe ich mich durch den Windkanal und diese Beschreibung ist keineswegs übertrieben. Die wenigen Bäume, welche hier am Berg wachsen, zeigen eine deutliche Biegung in eine Richtung. Hier sind deutlich mehr Leute unterwegs, da die meisten Tagestouristen nur diesen Teil des Parkes besuchen und sich teilweise mit Pferden hochtragen lassen… Nach der anstrengensten halben Stunde bergab laufen, geht es wieder halbwegs mit dem Wind und nach einiger Zeit erreichen wir das am Fluss gelegene Campamento Chileno. Von hier sind es noch 1,5 Stunden bis zu unserem Nachtlager zu Fusse der Torres. Erst geht es über mehrere Holzbrücken und dann bergauf durch den Wald. Nach 15 km in 9,5 Stunden erreichen wir dann das Campamento Torres. Der Zeltplatz liegt abschüssig im Wald, weshalb es schwierig ist einen Stellplatz zu finden. Nachdem wir uns damit abgefunden haben die letzte Nacht bergab zu schlafen, beschliessen wir bereits heute Abend den einstündigen Weg hoch zu den Torres zu laufen. Da der Himmel gerade recht frei ist bietet sich es an und falls es morgen beim Sonnenaufgang bewölkt ist haben wir die Berge wenigstens einmal in voller Grösse gesehen. Also machen wir uns auf den Weg, obwohl bei mir eigentlich nichts mehr geht. Die Knie schmerzen, der Rücken sowieso und da ich nur das nötigste eingepackt hatte, habe ich für heute auch nur noch eine Mahlzeit und bisher ausser Toastkrümeln zum Früstück und ein paar Keksen nichts gegessen. Schritt für Schritt muss ich also auf die Zähne beissen um mich nach oben zu schleppen, aber es soll ja nicht alles umsonst sein. Der Höhenunterschied beträgt nochmal 400 m und führt grösstenteils über Steine und Felsen. Dann endlich ist das Ziel dieser 5-Tagestour erreicht und vor mir erheben sich über einer Lagune die Spitzen der Torres. Ein toller Moment, aber mehr am morgigen Tag. Es ist ziemlich kalt, also steigen wir ab und können im Camp endlich essen. Vorher entwickle ich noch eine neue Waschtechnik, nämlich das eiskalte Wasser einfach kurz auf dem Kocher zu erwärmen, welches sofort von meinen israelischen Freunden kopiert wird. Das englische Pärchen zeltet auch wieder neben uns und Anthony, der die Strecken meist alleine läuft ist ebenfalls eingetroffen. Da man sich jeden Abend wieder trifft kennt man sich mittlerweile und es ist immer wieder nett sich auszutauschen und einen kurzen Smalltalk zu halten.

Um 4.30 Uhr haben wir uns den Wecker gestellt. Da ich irgendwie total benebelt bin lasse ich die anderen vorlaufen. Als ich mich um kurz nach fünf auf den Weg mache bin ich allerdings schon bei den Letzten auf dem Zeltplatz. Mit Taschenlampe geht es den gleichen Weg wie gestern hinauf, was gut ist, denn ich weiss nicht, ob ich ihn sonst gefunden hätte… Heute bin ich deutlich schneller unterwegs und als ich im Tal hinter mir das erste Licht sehe, gebe ich nochmal zusätzlich Gas. Nach 40 Minuten bin ich oben, wo sich auf den Felsen mit Blick auf die Berge ca. 30 Leute versammelt haben und teilweise eingehüllt in Schlafsäcke auf den Sonnenaufgang warten. Ich setze mich zu den anderen und frühstücke meinen letzten Müsliriegel. Die Atmosphäre hat was von dem Sonnenaufgang in Machu Pichu und während dies das kulturelle Highlight Südamerikas ist, sind die Torres del Paine auf jeden Fall das landschaftliche. Und wie dort beginnt das Schauspiel in Zeitlupentempo, dafür umso beeindruckender:

Langsam beginnt sich die mittlere Bergspitze rötlich zu färben, ein Raunen geht durch die Runde, dann Stille und alles blickt gespannt nach oben, nur das Klicken der Kameras ist zu hören. Wie in einem Film färbt sich erst die mittlere Bergspitze etwas mehr, dann die rechte und beginnen zu leuchten wie ein Streichholz. Ich habe viele Fotos davon gesehen und dachte immer das sei nachbearbeitet, aber genauso findet dieses Naturspektakel statt und ist live um ein vielfaches beeindruckender. Das Wetter ist perfekt und wir haben absolut freie Sicht. Die einzelnen Wolken die ab und zu an den Bergspitzen hängenbleiben verfärben sich und untermalen das ganze nochmal extra. Der grosse Torre im Vordergrund behält dabei durch den Lichteinfall zunächst seine dunkle Färbung bei und lässt das ganze so noch etwas surrealer erscheinen. Die Lagune dient dabei als zusätzlicher Farbtupfer, einfach gigantisch was es hier zu beobachten gibt. Mit jeder Minute verändern sich die Farben und verschieben sich die Verfärbungen nach unten. Ihr denkt bei den Fotos sicher ich habe jetzt einen Faible für Berge, aber ich kann euch sagen, das sind nicht mal 5 %, von meinen Fotos, die dort entstanden sind. Trotz der eisigen Kälte harren wir weiter aus und gehen anschliessend nochmal runter zur Lagune, von wo (so behaupte ich) der Blick wahrscheinlich noch beeindruckender gewesen wäre. Auf einen Felsen im Wasser gibt es dann eine letzte Fotosession, ehe wir gegen 7.00 Uhr wieder absteigen. Das war wieder einer dieser unvergleichbaren und unvergesslichen Momente meiner Reise!

Im Camp packen wir schnell zusammen und machen uns auf den Rückweg, da wir den Bus um 14.30 Uhr erwischen wollen. Mein Rucksack ist nun ohne Essen und mit trockenem Zelt deutlich leichter. Nur da es an den kostenlosen Camps keine Mülleimer gibt, müssen wir unseren Abfall wieder abtransportieren. Und wenn wir wie heute alles zusammenwerfen, kann da schon einiges (auch an Gewicht) zusammenkommen. Aber eine verständliche Regelung. Der Weg zurück vergeht wie im Flug und wir treffen alle wieder mit denen wir die letzten Tage verbracht haben und überall herrscht Begeisterung über das fantastisches Erlebnis. Wie schon so oft auf dieser Reise hat das Wetter, was für hiesige Verhältnisse absolut ungewöhnlich ist, fast durchweg mitgespielt. Mit unserer 4er-Gruppe war es super lustig und ich bin mir sicher, dass, wenn alle zurück in Deutschland sind, wir uns auch nochmal wiedersehen. Der stürmische Pass ist heute auch erträglich, aber jetzt könnte es aus Eimern regnen und ein Sturm über uns hinwegfegen, die gute Stimmung kann nichts trüben. Dann geht es nur noch bergab und gegen zwölf erreichen wir das Park-Hotel, von wo aus die Busse zum Parkeingang fahren. Ich esse meine letzten Gummibärchen und dann habe ich wirklich nichts mehr. Als wir zum benutzen der Toilette das Hotel betreten fühlen wir uns durch all den Luxus in eine andere Welt versetzt und nach 5 Tagen sehe ich mich zum ersten mal wieder im Spiegel… Bis zum Parkeingang sind es noch 7 km und da wir noch 2 Stunden Zeit haben, beschliessen wir uns die knapp 5 Euro für das Shuttle zu sparen. Die Strecke machen wir jetzt mit links und es zeigen sich nochmal ganz unterschiedliche Landschaften. An der Rangerstation steigen wir in den Bus und nachdem ich noch ein paar Alpakas erblickt habe schlafe ich ein und wache erst wieder auf als wir um fünf in Puerto Natales ankommen.

Wir geben das Zelt zurück und verabreden uns für den Abend in einer Pizzeria. Anschliessend gehe ich in den Supermarkt und habe das Gefühl hier jeden zu kennen, da sämtlicher Park-Besucher, scheinbar auch völlig ausgehungert, gerade ihre Vorräte aufstocken. Ich räume meinen Rucksack aus und um und als ich anschliessend meine Mails checke, lese ich das mein schon als vermisst abgeschriebenes Paket aus Bolivien nach 7 Wochen endlich angekommen ist! Die Familienpizza mit dem dicksten Käsebelag, den ich je gegessen habe, krönt dann diesen tollen Tag. Und als ich im Bett zum ersten mal nach 4 Nächten wieder gerade schlafen kann ist alles perfekt!