Buenos Aires

28 02 2011

Palermo – La Boca – Bombonera

08. /09.02.2011, Tag 126/127

Die Landung in Buenos Aires ist hart und gleicht einer Fahrt mit einem peruanischen Taxi… Ausser mir sitzen in dem Flieger fast ausschliesslich solche Touristen für die man kilometerlange Gitterroste durch die Wälder bauen muss. Als sich dann so ein unrasierter Backpacker (seit 4 Wochen, mein persönlicher Rekord) mit staubigen Schuhen und verfleckten Klamotten neben sie setzt herrscht fast schon Entsetzen. Daher habe ich auch keine Angst das jemand meinen Rucksack vom Gepäckband klaut und warte bis der erste Trubel vorbei ist, denn meine (Rucksack- ) Hülle ist so dreckig, dass ihn sicher niemand freiwillig mitnimmt. Meine erste Anlaufstelle ist der Infoschalter um mir einen Stadtplan zu besorgen. Nachdem ich jetzt schon äusserlich von dem normalen Touristen unterscheide, vielleicht bekomme ich es auch hier hin, dass die Dame nicht direkt auf Englisch umswitcht wenn ich anfange Spanisch zu reden. Und es funktioniert, 1:0 in meinem Kampf gegen den Tourirismus, den ich hier in Argentinien begonnen habe 😉

Daher nehme ich auch kein Shuttle oder Taxi, sondern den lokalen Bus, der direkt vor dem Flughafen abfährt. Gegenüber der Haltestelle erstreckt sich der Rio de la Plata, was eine Drecksbrühe! Es ist heiss, jedenfalls für jemand, der gerade 4 Wochen in Patagonien war und das ich im Bus stehen muss macht das ganze nicht erträglicher. Die drittgrösste Stadt weltweit (nach Mexiko City und Sao Paulo) verfügt angeblich über den schlimmsten Verkehr weltweit. Daher sind die meisten Strassen auch mindestens 8-spurig – innerhalb der Stadt! Das ist sicher viel, aber der Verkehr den ich in Bangkok erlebt habe ist deutlich schlimmer. Als ich aus dem Bus steige muss ich zwar rennen, um in der Grünphase über eine dieser Monsterstrassen zu kommen, aber die Autos halten hier wenigsten an und man bekommt eine Chance… Das Hostel im Stadtteil Palermo hat keine Betten in meiner Preisklasse, erstmal. Denn als ich gerade gehen will murmelt er etwas vom 3. Stock. Der befindet sich zwar noch im Ausbau, aber der Schlafraum ist schon fertig und da er normalerweise nicht vermietet wird, habe ich das 8er-Dorm erstmal für mich. Ich mache noch einen Rundgang durch das sympathische Viertel. Die meisten Strassen sind mit Bäumen überwachsen und die grossen Alleen werden von alten Stadthäusern gesäumt. Dazwischen befinden sich etliche Parks, der Zoo, der botanische und der japanische Garten. Doch, Buenos Aires gefällt mir!

Aber nächsten Morgen frage ich nach der Busverbindung nach La Boca, denn dort befindet sich das Stadion des Fussballclubs Boca-Juniors, was ich mir anschauen möchte. Es raten mir zwar alle davon ab dort alleine hinzufahren, aber wer durch halb Südamerika gereist ist, den kann auch ein noch so verufener Stadtteil nicht abschrecken. Wenn ich mich in solchen Gegenden bewege habe ich in der Regel nichts dabei, nur soviel Bargeld wie ich brauche und maximal meine kleine Kamera. So steige ich nach knapp 40 Minuten am anderen Ende der Stadt unter einer Autobahnbrücke aus dem Bus. Noch so eine Regel von mir ist, sich möglichst gut auszukennen, oder zumindest so zu tun. Denn ein Ausländer der mit Stadtplan an der Strasse steht ist ein leichtes Opfer, daher hole ich diesen nur im Notfall raus und lese ihn im Laufen. Apropos laufen, das sollte möglichst zügig sein, also so als wäre ich schon x-mal hier gewesen und hätte es nun ziemlich eilig. Zu meinem Glück hat es gerade geregnet und es sind wenige Leute auf der Strasse. Den Weg habe ich mir eingeprägt: 6 Blocks geradeaus, dann über die grosse Kreuzung und weiter bis die Strasse nach links biegt. La Boca ist keine südamerikanische Favela, eher sowas wie die Bronx, wo an jeder Ecke jemand stehen kann und auf dich schiesst weil ihm deine Schuhe gefallen (meine sind aber gerade sehr dreckig…). Ich habe ehrlich gesagt ein ungutes Gefühl und wenn mich die Leute die vor den Häusern sitzen skeptisch mustern wird das nicht besser. Dann komme ich an einem riesigen schäbigen Wohnblock vorbei und wenn ich sage riesig, dann ist das hier so, als könne man halb Bürgel darin unterbringen… Ich gehe nochmal schneller und endlich erhebt sich vor mir das Estadio Alberto J. Armado.

„La Bombonera“ ( Die Pralinenschachtel) wie das Stadion aufgrund seiner Bauweise im Volksmund genannnt wird, wurde 1940 erbaut und bietet 57.395 Zuschauern Platz. Der dort beheimatete Fussballklub Boca Juniors ist DER Club Argentiniens und einer der grössten und bekanntesten weltweit. Ich würde sagen das südamerikanische Gegenstück zu Real Madrid (für die nicht ganz grossen Fussballfans unter meinen Lesern^^) und fast jeder grosse argentinische Fussballstar hat hier irgendwann mal gespielt. Allen voran Diego Armando Maradona, dem hier unzähige Denkmäler gesetzt sind und der eine eigene Loge besitzt in denen er den Spielen beiwohnt. Zuerst passiere ich die „Kassenstrasse“, die tatsächlich so lang ist, und dann das Trainingsgelände ehe der Fussballtempel in voller Höhe vor mir liegt. In den angrenzenden Strassen sind die Häuser in den Vereinsfarben gestrichen und beherbergen Fanshops, Bars und alles was ein Fussballfan braucht. Obwohl heute kein Spiel ist hat alles geöffnet und über der Strasse werden gerade Transparente für den Saisonauftakt am Sonntag angebracht. Wenn hier Fussball mal keinen hohen Stellenwert hat!

Mein Ziel ist „El Mueso de la Pasion Boquense“, in dem es alles über den Club zu erfahren gibt und für umgerechnet 2 Euro buche ich auch gleich noch eine Stadiontour dazu. Auf meine Frage nach Tickets für das Spiel wird mir erklärt das der Verein deutlich mehr Mitglieder als Plätze im Stadion hat und es für mich nur die Möglichkeit gebe über eine Agentur, die sich „auf Stadionbesuche mit Touristen spezialisiert hat“ an ein Ticket zu kommen. Oh ja, das ist genau mein Ding, jemand der mich am Hostel abholt, an die Hand nimmt und zu meinem (Sitz-)Platz und anschliessend wieder nach Hause bringt, um nicht den wilden Horden zum Opfer zu fallen, die heute Europäer lynchen wollen… Dieses „gefährlich“ in Zusammenhang mit Stadion-Besuchen hat man mir als Jugendlicher bei unzähligen Auswärtsfahrten gesagt, was vielleicht dazu beiträgt das nicht wirklich ernst zu nehmen. Aber wenn ich mich recht erinnere fanden die grössten Fankrawalle der letzten Jahre am 13.05.1999 in Offenbach statt, und da war ich in voller Fanmontour sicher auch gefährdet. Na ja, aber dazu später nochmal mehr. Erst sehe ich mir das Museum an, in dem es von Fotos von ehemaligen Spielern, Listen von Offiziellen und einer Auswahl an alten Trikots alles gibt. In einem überdimensionalen Fussball werden in 3D Spiele und die Geschichte des Vereins gezeigt, nebenan kann man auf Bildschirmen die Highlights der verschiedenen Jahrzehnte verfolgen. Es gibt einen Raum der aktuellen Spieler, sowie einen Saal der Idole und im oberen Stockwerk gibt es Bildschirme mit allen Toren der letzten Jahre und den Treppenaufgang ziert ein riesiges Bild von Maradonna. In einer Vitrine mit Pokalen liegt ein Wimpel von Borussia Mönchengladbach, der einzige deutsche unter wenigen ausländischen Wimpeln. Aber ich bin ein wenig enttäuscht, denn als ich das Museum des F.C. Barcelona besucht habe hing dort über dem Schreibtisch des ersten Präsidenten ein Wimpel von Kickers Offenbach. Sollte ich der erste OFC-Fan sein, der es hierher geschafft hat und wenn ja warum bin ich so schlecht ausgerüstet…wäre mir früher nicht passiert höre ich schon meine Kritiker sagen^^

Die Stadiontour beginnt auf der Gästeseite von der man direkt auf den Fanblock schaut, den eine 12 ziehrt, was den zwölften Mann darstellen soll. Auf den drei Seiten mit den Tribünen sind die Sitze und Stufen in Vereinsfarben gehalten. Auf der Haupttribüne befinden sich die Logen und wir erfahren genau wo Maradonna sitzt. Bei der Umfrage welchem Fussballverein wir angehören reicht es schon das ich „Alemania “ sage, denn die Ergebnisse der letzten Weltmeisterschaften stecken den Argentiniern noch in den Knochen^^ Während bei uns die Zäune in den Stadien langsam verschwinden werden die hiesigen, knapp 5 Meter hohen Varianten mit Stacheldraht und Metalldornen versehen, da bei jedem Tor die Massen nach vorne stürmen und die Zäune quasi hochrennen. Es geht in den Presseraum und ich lasse mich auf dem Podest als neuen Spieler der Boca Juniors vorstellen 😉 Anschliessend dürfen wir noch kurz auf das Spielfeld und lernen dann im Fanblock den Schlachtgesang „Dale Boca“.

Anschliessend mache ich noch einen Rundgang durch die Fanshops, in denen es wirklich alles zu kaufen gibt und lege mir auch ein Shirt zu. An das Stadion grenzt das historische Hafenviertel, zu dem Touristen mit Bussen gekarrt werden um nicht den selben Weg wie ich nehmen zu müssen. Die dortigen bunten Wellblechhäuser sind aus den Resten alter Schiffe gebaut. Ich mache noch einen Rundgang durch den Caminito, wie die aufgehübschte Gasse heisst und gehe dann durch zum Pier wo man die alte Ladungsbrücke sieht. Ein Stück weiter beginnt das „echte Hafenviertel“, aber mehrere Einheimische machen mich darauf aufmerksam hier besser nicht weiter zu gehen, also lasse ich das dann auch und laufe den mir schon bekannten Weg zurück. Den Fussballtag schliesst das Länderspiel Deutschland – Italien ab, von dem ich im Hostel die 2. Hälfte sehen kann und froh bin nicht dort im Stadion zu sein…



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