Buenos Aires II

2 03 2011

Centro – Puerto Madero – Recoleta – San Telmo

10. – 13.02.2011, Tag 128 – 131

B.A., so die Abkürzung für Buenos Aires ist eine Metropole wie sie im Buche steht. 12 Millionen Einwohner verteilt auf unzählige Stadtteile, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Im folgenden weiche ich mal etwas von meinem üblichen Stil mit den Tagesberichten ab, denn im Grossen und Ganzen ähneln sich die Tage. Aufgrund der knappen Kasse habe ich mich entschlossen in B.A. möglichst nur kostenlose Orte zu besichtigen. Das ist nicht weiter schwer, da die Stadtteile allesamt sehenswert sind und das Zentrum wahrscheinlich mehr fotogene Häuser, Plätze und Denkmäler aufzuweisen hat als halb Südamerika. Daher laufen die meisten Tage so ab, dass ich mir einen halben Tag die Stadt anschaue, dann „Mittagspause“ mache und die andere hälfte meine organisatorischen Dinge erledige oder andersherum. Aufgrund der Hitze und des ermüdenden Smogs fällt diese Pause auch gerne mal länger aus. Ich lerne im Hostel ein paar Leute kennen, hänge mit ihnen rum und Abends schaue ich mir ab und zu an was auf den Strassen und Plätzen so abgeht. Ich hatte gedacht nachdem die Reise bisher die Schwerpunkte „Kultur & Natur“ hatte, das jetzt „Strand & Party“ in den nächsten Wochen im Vordergrund stehen. Allerdings gibt es hier keinen Strand und das Thema Nachtleben muss ebenfalls vertagt werden, denn das ist hier nicht bezahlbar…ausser ich buche meinen Rückflug auf nächste Woche um 😉

Donnerstag nehme ich mir das Zentrum vor, da ich dort meine Fährverbindung nach Uruguay buchen muss. Dorthin komme ich mit der Metro, in welcher die Hitze nur so steht und was der Grund ist warum ich die nächsten Tage auf den Bus umsteige. Das luxuriöse Büro der Fährgesellschaft “Buquebus” lässt Rückschlüsse auf die Preise zu… Danach widme ich mich der Stadt und beginne am Teatro Colon, was eines der schönsten Gebäude sein soll und tatsächlich auch ist. Gegenüber befindet sich der Justizpalast, getrennt durch die Plaza Lavalle. In der Einkaufsstrasse erhöht sich die Anzahl der sowieso schon extrem vielen Fastfood-Filialen nochmal deutlich, ich glaube ich habe noch nie so viele McDonalds oder Burger-Kings in einer Strasse gesehen. Gut für mich, denn diese Läden sind immer meine Anlaufstelle wenn ich unterwegs mal ein WC brauche und nichts bezahlen möchte. Das Einkaufzentrum in dem es wahrscheinlich keinen Artikel gibt, den ich bezahlen könnte, hat tolle Deckenmalereien, die alleine einen Besuch wert sind. Als ich dann zur Plaza de Mayo komme, sowas wie das politische Zentrum (was man an den angebrachten Demo-Transparenten erkennt) erblicke ich schon von weitem die auffälligen Farben der Casa Rosada, der Präsidentenpalast. Daneben steht das klotzige Gebäude der Banco de la Nacion. Man liest immer wieder Buenos Aires wäre nach europäischen Vorbild erbaut, dem kann ich so aber nicht zustimmen, denn die riesigen Gebäude rufen in mir eher das Bild amerikanischer Metropolen hervor. Spätestens das Kongressgebäude, ein Nachbau des Capitols in Washington, zeigt was hier als Massstab genommen wurde. Es ist unheimlich zeitintensiv sich hier fortzubewegen, denn alle paar Meter wartet ein neues Fotomotiv. Die meisten Plätze und/oder Statuen sind mit einem Schild versehen, auf welchen der Link zur entsprechenden Facebook-Seite steht. Dieses Medium ist in Südamerika nochmal deutlich populärer als bei uns. Geht man in ein Internet-Café und lässt den Blick über die Bildschirme schweifen, sieht man auf mindestens 7 von 10 das blaue Logo. Hier kann man z.B. sogar Fan der “Buslinie 130” werden…

Bei meinem zweiten Rundgang durch das Zentrum am Freitag, steuere ich das Wahrzeichen Buenos Aires, den Obelisken, an. Dieses in seiner Erscheinung etwas umstrittene Bauwerk steht mitten auf der Avenida 9 de Julio, von der man behauptet mit 140 Metern die breiteste Strasse der Welt zu sein. Mit ihren meist 20 Spuren ist sie sicher auch nicht klein, aber wiederholt muss ich auf Bangkok verweisen wo solche Strassen ohne lästige Fussgängerinseln gebaut werden. Der Obelisk ist im Grunde genommen einfach nur ein Betonpfeiler, wie er auch unter jeder Brücke stehen könnte. Eigentlich sollte er kurz nach seiner Einweihung auch schon wieder abgerissen werden, aber mittlerweile schmückt er Postkarten und Reiseführer der Stadt. Was denken sich die Leute, die so ein Bauwerk planen oder in Auftrag geben… ich stelle mir einen Dialog vor dem Bau dieses “Kunstwerks” zwischen Stadtplaner und dem ausführeden Architekten vor: “Wir wollen auf der Avenida 9 de Julio ein Denkmal anlässlich des 400-jährigen Stadtjubiläums errichten und wuerden diesen Auftrag gerne an sie vergeben” – “Die Avenida 9 de Julio, ist das nicht die grösste Strasse des Landes?!” – “Ganz richtig, daher muss es etwas sein was wirklich aufällt, etwas grosses, das ins Auge sticht und von weitem bereits zu sehen ist.” – “Lassen Sie mich überlegen…was halten Sie von einem Betonpfeiler?” – “Ein Betonpfeiler?!” – “Ja, gerade, gross und in wunderschönem natürlichen Grau gehalten. Ein Symbol des in unserem Land verbreiteten Machochismus.” – “Das klingt vielversprechend, aber meinen Sie das die Bürger sich nicht daran stören wenn an solch exponierter Stelle plötzlich ein, mit Verlaub, einfacher Betonpfeiler steht…?” – “Das ist ja der Hintergedanke, die Öffentlichkeit wird den Sinn dieses Kunstwerks nicht verstehen, sich daran reiben und unsere Namen werden die Titelseiten schmücken!” – “Sie haben recht, das könnte meinen Bekanntheitsgrad deutlich erhöhen und eine Beförderung wäre mich sicher! Abgemacht, stellen wir einen Betonpfeiler mitten in Buenos Aires auf!”

Nachdem ich mir dieses “skandalöse” Wahrzeichen angesehen habe, vor welchem gerade ein Rettungsschwimmerhochsitz aufgbaut ist, werde ich von einem Althippie angesprochen. Was er genau will verstehe ich nicht, bin aufgrund seiner Alkoholfahne aber auch nicht darauf aus das Gespräch zu vertiefen. Er sieht das allerdings anders und schwafelt mich voll. Irgendwann verstehe ich dann, dass ich ihn nicht fotografieren soll. Was ich auch gar nicht habe, obwohl er in jedem Kuriositäten-Kabinett eine gute Nummer abgegeben hätte^^ Als ich ihn gerade abgeschüttelt zu haben scheine, dreht er sich nochmal rum und will Geld weil ich die argentinische Flagge fotografiert habe…wusste ich doch, dass ich iiiirgendwas falsch gemacht habe 😉 Weil wir gerade dabei sind möchte ich noch ein Wort über die Einwohner Buenos Aires, die sogenannten Portenos verlieren. Was zuerst auffällt sind die vielen Raucher, fast jeder Zweite hat eine Kippe im Mund. Allerdings kostet hier das Päckchen auch nur in etwa die Hälfte wie bei uns. Auf der anderen Seite habe ich noch in keiner anderen südamerikanischen Stadt soviele Leute Sport treiben sehen, fast an jeder Ecke kommt einem ein Jogger entgegen. Dann gibt es hier die höchste Anzahl an Psychotherapeuten weltweit, quasi eine Modeerscheinung. So wie den Beruf des Hundeausführers. Die laufen dann mit einem Rudel von 5 – 10 Hunden aus reichen Familien an der Leine durch die Gegend und lassen diese ihr Geschäft auf den Bürgersteigen erledigen, weshalb es in der ganzen Stadt von Tretminen nur so wimmelt. Also der Glanz und Glamour auf der einen Seite und das schmuddelige Verhalten auf der anderen. Dazu kommen noch die vielen Obdachlosen, die sich meist an den öffentlich Plätzen tummeln (wie mein Freund eben…) und dort ihren gesamten Hausstand zusammengetragen haben. Es kann auch schon mal vorkommen, dass einfach jemand auf der Bordsteinkante neben einer riesigen Strasse liegt und schläft. So gerne B.A. mit den europäischen oder amerikanischen Vorbildern mithalten möchte, hier kommt meiner Meinung nach doch das südamerikanische Bild durch, was auch Armut heist. Auch ist es immer wieder interessant manche Gäste im Hostel zu beobachten, den es scheint tatsächlich Menschen zu geben, die ihren Urlaub in Buenos Aires verbringen (meist Argentinier aus anderen Städten), ausser ihrem Zimmer und dem Aufenthaltsraum nichts gesehen haben. Davon haben wir zwei, die beide egal zu welcher Tageszeit ich zurück komme dort sitzen. Einer der beiden scheint auf die Nachtwächterin zu warten, die allerdings kein grosses Interesse an ihm zu haben scheint, sondern lieber chattet während er Nacht füur Nacht unsicher im Türrahmen steht.

Zurück in die Stadt, die ich mit der alten Metro nochmal durchkreuze um zum Puerto Madeiro zu kommen. Der Eingang zum ehemaligen Hafengelände ist schwer zu finden, dann eröffnet sich jedoch eine schöner Stadtteil in dem alte Backsteinbauten auf der einen, mit den modernen Hochhäusern auf der anderen Seite harmonieren. Die beiden Seiten verbindet eine hochmoderne Schwingbrücke, die Punte de la Mujer (Die Brücke der Frau) unter der gerade ein Gig-Einer durchgesteuert wird. Auf dem Rückweg komme ich noch am englischen Turm nahe des Parks San Martin vorbei und als ich die Strasse kreuzen will werde ich aus einem Bus heraus mit einem Apfel beworfen! Der trifft mich zwar nur an der Hand, aber ich bin mir nicht sicher, ob das auf mein äusseres Erscheinungsbild oder auf die leicht ablehnende Haltung der Argentinier gegenüber Touristen zurückzuführen ist… An der Touristen-Info im Park habe ich gesagt bekommen, dass bereits heute (am Freitag) ein Kartenschalter am Boca-Stadion geöffnet sei. Also gehe ich zur Bushaltestelle, wo mich erstmal eine Frau nach dem Weg fragt. Na, wer sieht hier aus wie ein Touri 😉 Gut getarnt also begebe ich mich also in das bereits bekannte Viertel, aber der Tipp stellt sich als Fehlinfo heraus. Ich nutze die Gelegenheit um herum zu fragen, wann am Sonntag der Kartenverkauf beginnt und wann das Stadion öffnet. Von 8 Personen, die im näheren Umfeld arbeiten bekomme ich 10 Antworten, welche alle unterschiedlich sind…

Samstags besuche ich den Stadtteil Recoleta mit seinem bekannten Friedhof, der mit dem in Punta Arenas um die Bezeichnung des schönsten Südamerikas konkurriert. Die Bauwerke hier sind noch grösser und imposanter und manche gleichen echten Denkmälern. Allerdings hat mir die Begrünung in Punta Arenas besser gefallen. Im Reiseführer steht, dass wenn man das Grab von Evita Peron sehen möchte einfach den Menschenmassen folgen soll. Und das funktioniert tatsächlich! Ich finde die Gruppe des Kreuzfahrtsschiffs “Hanseatic” vor, die sich zum fotografieren angestellt hat. Hinter mir meint eine Argentinierin “Die Deutsche-Invasion!” Bitte, wir fallen hier doch nicht ein, wenn dann tragen wir das lieber beim Fussball aus^^ Auf dem Rückweg mache ich noch einen kurzen Halt an der Floralis Generica, einer Art grosser Metallblume, neben der ein findiger Geschäftsmann Liegestühle vermietet, während ein Mädel aus einer Kühlbox Cola verkauft. Auf dem Weg zum Hostel komme ich an der “Plaza Aleman” vorbei, wo eine deutsche Fahne weht. Es gibt viele Plazas mit den Namen anderer Länder hier und dort steht dann immer eine Statue des jeweiligen Nationalhelden. Vielleicht ist ihnen kein passender Deutscher eingefallen, aber wie wäre es mit Andreas Brehme, der im WM-Finale 1990 das entscheidende Tor geschossen und damit die Karriere des berühmtesten Fussballers des Landes, Diego Maradonna, mehr oder weniger beendet hat?! Sein direkter Gegenspieler Guido Buchwald wäre natürlich auch eine gute Wahl. Oder aktuell Thomas Müller mit seinen 2 Toren im letzten Juli. Also, die Auswahl ist gross, vielleicht schreibe ich mal an den Bürgermeister^^ Am frühen Abend drehe ich nochmal eine Runde durch das fast schon überfüllte Palermo und esse noch ein Eis. Das ist etwas was die Argentinier wirklich gut können, denn in eine Mini-Waffel wird solange Eis rein- und obendrauf gestopft bis wirklich nichts mehr geht.

Sonntags wäre dann die Möglichkeit ins Stadion zu gehen, nur wie an Karten kommen…? Ich mache mich zum dritten mal auf in das berüchtigte La Boca und finde eine Schlange an der Mitgliederkasse vor, die allerdings noch nicht geöffnet ist. Vor dem Stadion finden sich unzählige Schwarzmarkthändler, die sind mein Ziel. Der Preis von ca. 25 Euro pro Ticket (ohne zu handeln) wäre o.k., nur weiss ich nicht ob es sich um Original-Karten handelt und ich dann vielleicht später an der elekronischen Einlasskontrolle hängen bleibe. Daher vergleiche ich mit “Expertenblick” die verschiedenen Angebote, deren Verkäufer mir allerdings alle exakt die gleichen Merkmale zeigen, womit sie beweisen wollen, dass es sich um ein Original-Ticket handelt. Eine schwere Entscheidung, aber irgendwie scheint mir keiner auch nur annähernd vertrauenswürdig. Daher verzichte ich auf das Spiel, was sich am Ende als richtige Entscheidung herausstellt, denn Boca verliert Abends den Saisonauftakt 1:4! Da wäre nichts mit unvergleichbarer Stimmung gewesen… Ich schaue mir auf dem Rückweg noch den Stadtteil San Telmo an, wo es auf dem Sonntagsmarkt so ziemlich alles zu kaufen gibt was irgendwie alt und antik wirkt. Das war dann Buenos Aires in “Kurzfassung”, eine sehenswerte Stadt, aber nach 6 Tagen bin ich aber froh morgen den Rio de la Plata zu überqueren und nach Uruguay zu reisen.



Buenos Aires

28 02 2011

Palermo – La Boca – Bombonera

08. /09.02.2011, Tag 126/127

Die Landung in Buenos Aires ist hart und gleicht einer Fahrt mit einem peruanischen Taxi… Ausser mir sitzen in dem Flieger fast ausschliesslich solche Touristen für die man kilometerlange Gitterroste durch die Wälder bauen muss. Als sich dann so ein unrasierter Backpacker (seit 4 Wochen, mein persönlicher Rekord) mit staubigen Schuhen und verfleckten Klamotten neben sie setzt herrscht fast schon Entsetzen. Daher habe ich auch keine Angst das jemand meinen Rucksack vom Gepäckband klaut und warte bis der erste Trubel vorbei ist, denn meine (Rucksack- ) Hülle ist so dreckig, dass ihn sicher niemand freiwillig mitnimmt. Meine erste Anlaufstelle ist der Infoschalter um mir einen Stadtplan zu besorgen. Nachdem ich jetzt schon äusserlich von dem normalen Touristen unterscheide, vielleicht bekomme ich es auch hier hin, dass die Dame nicht direkt auf Englisch umswitcht wenn ich anfange Spanisch zu reden. Und es funktioniert, 1:0 in meinem Kampf gegen den Tourirismus, den ich hier in Argentinien begonnen habe 😉

Daher nehme ich auch kein Shuttle oder Taxi, sondern den lokalen Bus, der direkt vor dem Flughafen abfährt. Gegenüber der Haltestelle erstreckt sich der Rio de la Plata, was eine Drecksbrühe! Es ist heiss, jedenfalls für jemand, der gerade 4 Wochen in Patagonien war und das ich im Bus stehen muss macht das ganze nicht erträglicher. Die drittgrösste Stadt weltweit (nach Mexiko City und Sao Paulo) verfügt angeblich über den schlimmsten Verkehr weltweit. Daher sind die meisten Strassen auch mindestens 8-spurig – innerhalb der Stadt! Das ist sicher viel, aber der Verkehr den ich in Bangkok erlebt habe ist deutlich schlimmer. Als ich aus dem Bus steige muss ich zwar rennen, um in der Grünphase über eine dieser Monsterstrassen zu kommen, aber die Autos halten hier wenigsten an und man bekommt eine Chance… Das Hostel im Stadtteil Palermo hat keine Betten in meiner Preisklasse, erstmal. Denn als ich gerade gehen will murmelt er etwas vom 3. Stock. Der befindet sich zwar noch im Ausbau, aber der Schlafraum ist schon fertig und da er normalerweise nicht vermietet wird, habe ich das 8er-Dorm erstmal für mich. Ich mache noch einen Rundgang durch das sympathische Viertel. Die meisten Strassen sind mit Bäumen überwachsen und die grossen Alleen werden von alten Stadthäusern gesäumt. Dazwischen befinden sich etliche Parks, der Zoo, der botanische und der japanische Garten. Doch, Buenos Aires gefällt mir!

Aber nächsten Morgen frage ich nach der Busverbindung nach La Boca, denn dort befindet sich das Stadion des Fussballclubs Boca-Juniors, was ich mir anschauen möchte. Es raten mir zwar alle davon ab dort alleine hinzufahren, aber wer durch halb Südamerika gereist ist, den kann auch ein noch so verufener Stadtteil nicht abschrecken. Wenn ich mich in solchen Gegenden bewege habe ich in der Regel nichts dabei, nur soviel Bargeld wie ich brauche und maximal meine kleine Kamera. So steige ich nach knapp 40 Minuten am anderen Ende der Stadt unter einer Autobahnbrücke aus dem Bus. Noch so eine Regel von mir ist, sich möglichst gut auszukennen, oder zumindest so zu tun. Denn ein Ausländer der mit Stadtplan an der Strasse steht ist ein leichtes Opfer, daher hole ich diesen nur im Notfall raus und lese ihn im Laufen. Apropos laufen, das sollte möglichst zügig sein, also so als wäre ich schon x-mal hier gewesen und hätte es nun ziemlich eilig. Zu meinem Glück hat es gerade geregnet und es sind wenige Leute auf der Strasse. Den Weg habe ich mir eingeprägt: 6 Blocks geradeaus, dann über die grosse Kreuzung und weiter bis die Strasse nach links biegt. La Boca ist keine südamerikanische Favela, eher sowas wie die Bronx, wo an jeder Ecke jemand stehen kann und auf dich schiesst weil ihm deine Schuhe gefallen (meine sind aber gerade sehr dreckig…). Ich habe ehrlich gesagt ein ungutes Gefühl und wenn mich die Leute die vor den Häusern sitzen skeptisch mustern wird das nicht besser. Dann komme ich an einem riesigen schäbigen Wohnblock vorbei und wenn ich sage riesig, dann ist das hier so, als könne man halb Bürgel darin unterbringen… Ich gehe nochmal schneller und endlich erhebt sich vor mir das Estadio Alberto J. Armado.

„La Bombonera“ ( Die Pralinenschachtel) wie das Stadion aufgrund seiner Bauweise im Volksmund genannnt wird, wurde 1940 erbaut und bietet 57.395 Zuschauern Platz. Der dort beheimatete Fussballklub Boca Juniors ist DER Club Argentiniens und einer der grössten und bekanntesten weltweit. Ich würde sagen das südamerikanische Gegenstück zu Real Madrid (für die nicht ganz grossen Fussballfans unter meinen Lesern^^) und fast jeder grosse argentinische Fussballstar hat hier irgendwann mal gespielt. Allen voran Diego Armando Maradona, dem hier unzähige Denkmäler gesetzt sind und der eine eigene Loge besitzt in denen er den Spielen beiwohnt. Zuerst passiere ich die „Kassenstrasse“, die tatsächlich so lang ist, und dann das Trainingsgelände ehe der Fussballtempel in voller Höhe vor mir liegt. In den angrenzenden Strassen sind die Häuser in den Vereinsfarben gestrichen und beherbergen Fanshops, Bars und alles was ein Fussballfan braucht. Obwohl heute kein Spiel ist hat alles geöffnet und über der Strasse werden gerade Transparente für den Saisonauftakt am Sonntag angebracht. Wenn hier Fussball mal keinen hohen Stellenwert hat!

Mein Ziel ist „El Mueso de la Pasion Boquense“, in dem es alles über den Club zu erfahren gibt und für umgerechnet 2 Euro buche ich auch gleich noch eine Stadiontour dazu. Auf meine Frage nach Tickets für das Spiel wird mir erklärt das der Verein deutlich mehr Mitglieder als Plätze im Stadion hat und es für mich nur die Möglichkeit gebe über eine Agentur, die sich „auf Stadionbesuche mit Touristen spezialisiert hat“ an ein Ticket zu kommen. Oh ja, das ist genau mein Ding, jemand der mich am Hostel abholt, an die Hand nimmt und zu meinem (Sitz-)Platz und anschliessend wieder nach Hause bringt, um nicht den wilden Horden zum Opfer zu fallen, die heute Europäer lynchen wollen… Dieses „gefährlich“ in Zusammenhang mit Stadion-Besuchen hat man mir als Jugendlicher bei unzähligen Auswärtsfahrten gesagt, was vielleicht dazu beiträgt das nicht wirklich ernst zu nehmen. Aber wenn ich mich recht erinnere fanden die grössten Fankrawalle der letzten Jahre am 13.05.1999 in Offenbach statt, und da war ich in voller Fanmontour sicher auch gefährdet. Na ja, aber dazu später nochmal mehr. Erst sehe ich mir das Museum an, in dem es von Fotos von ehemaligen Spielern, Listen von Offiziellen und einer Auswahl an alten Trikots alles gibt. In einem überdimensionalen Fussball werden in 3D Spiele und die Geschichte des Vereins gezeigt, nebenan kann man auf Bildschirmen die Highlights der verschiedenen Jahrzehnte verfolgen. Es gibt einen Raum der aktuellen Spieler, sowie einen Saal der Idole und im oberen Stockwerk gibt es Bildschirme mit allen Toren der letzten Jahre und den Treppenaufgang ziert ein riesiges Bild von Maradonna. In einer Vitrine mit Pokalen liegt ein Wimpel von Borussia Mönchengladbach, der einzige deutsche unter wenigen ausländischen Wimpeln. Aber ich bin ein wenig enttäuscht, denn als ich das Museum des F.C. Barcelona besucht habe hing dort über dem Schreibtisch des ersten Präsidenten ein Wimpel von Kickers Offenbach. Sollte ich der erste OFC-Fan sein, der es hierher geschafft hat und wenn ja warum bin ich so schlecht ausgerüstet…wäre mir früher nicht passiert höre ich schon meine Kritiker sagen^^

Die Stadiontour beginnt auf der Gästeseite von der man direkt auf den Fanblock schaut, den eine 12 ziehrt, was den zwölften Mann darstellen soll. Auf den drei Seiten mit den Tribünen sind die Sitze und Stufen in Vereinsfarben gehalten. Auf der Haupttribüne befinden sich die Logen und wir erfahren genau wo Maradonna sitzt. Bei der Umfrage welchem Fussballverein wir angehören reicht es schon das ich „Alemania “ sage, denn die Ergebnisse der letzten Weltmeisterschaften stecken den Argentiniern noch in den Knochen^^ Während bei uns die Zäune in den Stadien langsam verschwinden werden die hiesigen, knapp 5 Meter hohen Varianten mit Stacheldraht und Metalldornen versehen, da bei jedem Tor die Massen nach vorne stürmen und die Zäune quasi hochrennen. Es geht in den Presseraum und ich lasse mich auf dem Podest als neuen Spieler der Boca Juniors vorstellen 😉 Anschliessend dürfen wir noch kurz auf das Spielfeld und lernen dann im Fanblock den Schlachtgesang „Dale Boca“.

Anschliessend mache ich noch einen Rundgang durch die Fanshops, in denen es wirklich alles zu kaufen gibt und lege mir auch ein Shirt zu. An das Stadion grenzt das historische Hafenviertel, zu dem Touristen mit Bussen gekarrt werden um nicht den selben Weg wie ich nehmen zu müssen. Die dortigen bunten Wellblechhäuser sind aus den Resten alter Schiffe gebaut. Ich mache noch einen Rundgang durch den Caminito, wie die aufgehübschte Gasse heisst und gehe dann durch zum Pier wo man die alte Ladungsbrücke sieht. Ein Stück weiter beginnt das „echte Hafenviertel“, aber mehrere Einheimische machen mich darauf aufmerksam hier besser nicht weiter zu gehen, also lasse ich das dann auch und laufe den mir schon bekannten Weg zurück. Den Fussballtag schliesst das Länderspiel Deutschland – Italien ab, von dem ich im Hostel die 2. Hälfte sehen kann und froh bin nicht dort im Stadion zu sein…



El Calafate – Perito Moreno

28 02 2011

07./08.02.2011, Tag 125/126

Da wir unsere Gletscher-Tour erst um 14.00 Uhr beginnen, verbringen wir noch ein paar Stunden in der Stadt was sich allerdings als ein teurer Spass erweist. Deshalb scheinen wohl auch alle Geldautomaten leer zu sein, denn ich muss mich an drei verschiedenen anstellen bis ich endlich an Geld komme. Dann gibt es kein Wasser zu kaufen, was mir auch noch nirgends passiert ist. Mit dem Bus fahren wir dann am Lago Argentino entlang zum Nationalpark Los Glacieres, in dem sich der Perito Moreno Gletscher befindet. Der Perito Moreno ist einer der weltweit wenigen Gletscher, die nicht zürückgehen, sondern stabil sind. Jeden Tag wandert er 2 Meter in Richtung des Lago Argentino und wenn er dessen Insel erreicht hat verstopft er den Durchgang. Alle paar Jahre bricht dann unter dem Druck der vordere Teil des Gletschers ab, was ein Riesenspektakel ist. Aber auch bei dem täglichen Bewegungsvorgang fallen riesige Eisblöcke ab, das sogenannte Kalben, und das ist das warum wir hier sind. Durch die Wärme des Tages ist dies besser am späten Nachmittag zu beobachten, weshalb wir uns nicht unter die Touristenhorden am Vormittag gemischt haben. Als wir auf der Isla ankommen, von wo aus man die beste Sicht auf den Gletscher hat, entdecken wir sofort warum die Eintrittpreise so unverschämt hoch sind: Es exisitieren hier keine einfachen Wege oder Wanderpfade, sondern das ganze Gelände ist mit Laufstegen überzogen! Ein Anblick, der mich mit dem Kopf schütteln lässt. Klar kann man eine Aussichtsplattform oder sowas bauen, aber warum durchzieht man eine Landschaft kilometerlang (schätze ca. 20 km) mit diesen Alugittern?! Hier sind wir definitv in einer Touristenhochburg.

Der Perito Moreno ist mit seinen 60 Metern Höhe, mit denen er aus dem Lago ragt wirklich beeindruckend. Allerdings ist es für mich nach den beiden anderen Gletschern auch nichts mehr neues und meine Erwartungshaltung ist hoch, habe ich doch wegen diesen Eisklotz meinen Abflug nach Buenos Aires extra von Ushuaia hierher verlegt und mich nochmal 16 Stunden in den Bus gesetzt. Ab und zu fallen dann Eisbrocken ins Wasser und es platscht auch laut, aber es ist nicht das „ohrenbetäubende Getöse“ mit dem man hier angelockt wird. Ein Boot fährt heran und man sieht die wahre Grösse (angeblich 5 km breit und 60 km lang), vielleicht wäre solch eine Tour von unten an den Gletscher heran doch nochmal lohnenswert gewesen, aber der Spass ist nicht ganz billig. Daher laufe Eva und ich die verschiedenen vorgegebenen Wege ab und begutachten den Eisberg aus den allen Perspektiven. Leider verlässt mich heute mein Glück was den strahlenden Sonnenschein angeht, den ich sonst meist bei solchen Anlässen habe, aber es regnet auch nicht.

Nach einiger Zeit lassen wir uns an einem der Aussichtspunkte nieder, essen und lesen in den Büchern die wir dabei haben. Ab und an löst sich ein Eisstück und fällt laut klatschend ins Wasser. Leider hört man es erst immer platschen und wenn man dann aufblickt sieht man nur noch etwas im Wasser verschwinden und eine Welle verursachen. Später treibt dann ein Stück Eis auf dem Wasser. Eine zeitlang beobachte ich dann einfach auch nur, in der Hoffnung das gerade jetzt etwas abfällt, leider ohne Erfolg. Dabei habe ich einen extrem nach vorne geneigten Eisblock im Blick, der bei genauerem Hinsehen aussieht als hätte jemand einen Smily in das Eis gehauen. Vielleicht habe ich auch zu lange auf das Eis gestarrt…aber wie auch immer, er fällt leider nicht, dafür ein paar andere und wir stellen fest das der Gletscher jeden Tag anders aussieht. Mit dem letzten Bus fahren wir dann zurück nach El Calafate und wissen beide nicht so richtig was wir von diesem „Must-See“ halten sollen.

Als der Bus ins Terminal einfährt entdecke ich aus dem Fenster Kerstin und Bernie, mit denen wir den Salzsee in Bolivien überquert haben. Und daneben steht Theresa, was ein Zufall. Wir begrüssen uns und recherchieren erstmal wie es zu diesem Zusammentreffen kam. Die beiden waren auch recht lange in Chile und reisen nun über Argentinien in den Süden. Aber das wir uns gerade in diesem kurzen Augenblick treffen, als drei verschiedene Buss hier ankommen ist schon wieder so ein geiler Zufall und ich freue mich jedes mal bekannte Gesichter zu sehen. Dieses Wiedersehen und der damit verbundene Plausch führt dazu, dass der Supermarkt geschlossen hat als wir dort ankommen und so gibt ein nur eine Portion Reis zum Abendessen, die ich noch aus dem Torres del Paine übrig hatte.

Am nächsten Morgen verabschiede ich mich von Eva, die langsam Richtung Norden reist, während ich in den Flieger nach Buenos Aires steige um wieder ein bisschen Zeit reinzuholen. In Argentinien hält es mich bisher sowieso nicht wirklich und daher ist es das beste nun mal einen Teil zu überspringen und in das nächste Land zu reisen. Vielleicht ist es auch meine gestiegene Erwartungshaltung, nach all den tollen Dingen, die ich in den letzten Monaten gesehen habe. Ich fühle mich fast ein wenig schlecht, dass ich solche Dinge wie diesen Gletscher, für den andere ihren kompletten Jahresurlaub investieren würden, gar nicht mehr richtig wahrnehmen kann. Ich denke es wird Zeit für eine kleine Pause und/oder etwas Abwechslung. Der „Flughafen“ ist eher ein „Flugplatz“ aber wirklich schön am Lago Argentino gelegen. Da wir noch ziemlich viel Zeit vor dem boarden haben rechne ich endlich meine Reisekasse nach und stelle fest, dass die letzte Zeit doch etwas teuer war. Aber gut, wann ist man schon mal in Patagonien! Aber jetzt ist sparen angesagt, und das ausgerechnet in Buenos Aires…



Patagonia

27 02 2011

06.02.2011, Tag 124

Meinen Wecker, der seit 4.00 Uhr klingelt, höre ich erst 20 Minuten später…jetzt heisst es beeilen , denn eigentlich soll ich in 10 Minuten bereits an der Abfahrtsstelle im Hafen sein. Daher kann ich leider keine Rücksicht auf die Schlafenden im Raum nehmen und mache mir an diesem Tag keine neuen Freunde…aber so ist das halt in Schlafsälen. Und auch wenn ich bisher immer versucht habe leise zu sein, wenn andere im Raum schlafen, so bin ich doch schon selbst oft genug Opfer von Rücksichtsloseren Bettnachbarn geworden. Um 4.45 Uhr sind wir an der Haltestelle und stellen fest, dass Evas Bus zwar die gleiche Abfahrtszeit hat, aber ich mit einer anderen Busgesellschaft fahre, die noch nicht da oder schon weg ist…?! Ich frage eine Holländerin, die ebenfalls dort wartet und zwar schon seit halb. O.K., weg sein wird der Bus dann noch nicht und um 5.10 Uhr fährt er dann auch endlich vor. Dann verlasse ich Ushuaia, eines der Hauptreiseziele meiner Reise, und fahre Richtung Norden nach genau 4 Monaten in denen ich immer weiter in den Süden gereist bin!

In Tollhuin, das sich wegen seiner zentralen Lage das „Herz Feuerlands“ nennt machen wir eine Frühstückspause und in Rio Grande müssen wir wieder umsteigen, diesmal in einen Doppeldecker. Im Bordfernseher läuft „Karate Kid“, zum dritten oder vielleicht auch fünften mal in der letzten Zeit… Wir füllen die Formulare für die Grenze aus, während draussen Felder mit Schaafherden vorbeiziehen. Da die Stelle wo wir mit der Fähre die Magellanstrasse zurück aufs Festland überqueren auf chilenischen Staatsgebiet liegt, müssen wir aus Argentinien aus und nach Chile einreisen und drüben dann das gleiche nochmal umgekehrt. Bedeutet für mich aber auch 4 zusätzliche Stempel im Pass und nach Chile reise ich ja immer wieder gerne 🙂 Allerdings ist die Einreise nach Chile wie in diesem Blog bereits beschrieben nicht ganz einfach und diesmal missfällt dem Grenzbeamten mein Salami-Brötchen, womit ich möglicherweise den Rinderwahnsinn nach Chile einschleppen könnte… Er fordert mich auf es wegzuschmeissen, aber obwohl ich gerade gut gefrühstückt habe, stelle ich mich in den Abfertigungsraum und drücke mir es vor Ort rein. Mein Käsebrötchen darf ich behalten…

Wir fahren weiter nach Punta Delgado, wo die Fähre ablegt. Diese Überfahrt ist auch wieder der Grund warum ich mir eine 14-stündige Odysee bei Tag antue, denn Nachts kommt man hier nicht rüber. Wir müssen aus dem Bus aussteigen und zu Fuss auf die Fähre gehen. Vom Land aus sehe ich schon den ersten Delfin und nun beginnt das letzte Kapitel „Chile“. Wir haben kaum abgelegt da kommen schon die ersten „Mini-Orcas“ angeschossen und schwimmen neben dem Boot her. Durch das kristallklare Wasser kann man sie schon von weitem deutlich erkennen und so bekomme ich nach dem ersten Delfin-Bild auf der Hinfahrt nun eine ganze Serie an Schnappschüssen und habe sogar Zeit ein Video zu drehen. Wie oft ich das versucht habe,habe ich ja schon erwähnt und nun weiss ich gar nicht welchen ich zuerst fotografieren soll. Es muss eine ganze Gruppe sein, die uns da begleitet und sie zeigen ihre schönsten Sprünge, einfach Wahnsinn! Es ist so stürmisch das mir  die Ohren schmerzen, aber was macht das schon in so einem Moment. Chile scheint seinen letzten Trumpf auszuspielen, nach dem Motto: „Hey, was willst du in einem anderen Land, bleib doch hier, wir hatten doch so eine tolle Zeit zusammen!“ Ich kann dem nichts hinzufügen, Chile war einfach nur ein Traum!

Drüben angekommen durchqueren wir den Nationalpark Pali Aike und ich meine zu der Holländerin, das ich nun alle für Patagonien typischen Tiere gesehen habe bis auf den Vogelstrauss. Und in Chile bleibt mir scheinbar kein Wunsch unerfüllt, kurz vor der Grenze steht dann tatsächlich ein solcher Vogel, und weil es noch nicht genug ist bekomme ich noch ein paar Guanakos dazu. Was ein geiles Land! Und dann, um 16.15 Uhr muss ich das Kapitel schliessen, doch jetzt ist dieser Part der Reise wirklich perfekt! Nach Argentinien reisen wir wieder ein ohne den Bus zu verlassen. Mein Anschlussbus nach El Calafate geht um 20.30 Uhr, es gibt aber noch einen früheren um 18.00 Uhr, den ich allerdings nicht direkt gebucht habe, da mir klar war, das man die angegebene Ankunftszeit um 17.30 Uhr mit 4 Grenzposten und der Fähre schlecht kalkulieren kann. Als wir Rio Gallegos, der Ort in dem ich umsteigen muss, erreichen ist es kurz vor sechs. Ich renne ins Terminal und suche den Schalter um vielleicht das Ticket in eines für den früheren Bus zu tauschen. Das wird zu einem echten Härtetest, denn während der Bus draussen am losfahren zu sein scheint, werde ich zu drei verschiedenen Schaltern meiner Busgesellschaft geschickt… Als es dann doch noch klappt und mein Rucksack eingeladen ist entdecke ich Eva im Warteraum, die dann ebenfalls noch schnell ihr Ticket tauscht. Im Bus sitze ich neben einem Schweizer, der gestern ein Foto von mir im Nationalpark gemacht hat, man trifft immer wieder die gleichen Leute!

Wir fahren durch die patagonische Steppe und es passiert wenig. Plötzlich wird der Bus langsamer und ich sehe vor uns ein Auto, das auf dem Dach liegt. Eine Person liegt auf dem Boden, in Decken eingehüllt, auf der Strasse erkennt man eine lange Bremsspur. Das Auto ist ziemlich platt, das Dach fast bis auf die Türen eingedrückt. Ein Wunder, das dort überhaupt jemand rausgekommen ist. Warum dieser Unfall passiert ist, und wie es den Insassen geht erfahren wir nicht, aber es rüttelt einen zumindest wieder ein bisschen wach, das wir uns doch noch in der Realität befinden. Soviel Spass wir auch meistens haben, neben uns leben Menschen ihr Leben, ihren Alltag, mit Freud und Leid…

Patagonien schenkt uns dann nochmal einen tollen Sonnenuntergang während wir ein weites Tal durchqueren. Auf der einen Seite sieht man die Sonne am Horizont verschwinden, auf der anderen färbt sich der Himmel lila. Als wir El Calafate erreichen wirkt es bereits auf den ersten Blick wie einer dieser argentinischen Touristenorte. Ich weiss nicht was man sich hier denkt oder warum man sämtliche Attraktionen mit einem gleichen Muster überzieht, für mich einfach nur langweilig. Gerade mit dem argentinischen Patagonien verbindet man doch Gauchos auf Pferden, die Rinder jagen, aber nichts… Eigentlich würde unser Hostel uns abholen, doch die rechnen mit unserer Ankunft mit dem späteren Bus, also laufen wir. Im Hostel buchen wir noch einen Bus, denn morgen wollen wir zum Perito Moreno Gletscher.



Parque Nacional Tierra del Fuego

26 02 2011

05.02.2011, Tag 123

Nach langem überlegen, da ich das Thema Wandern eigentlich mit dem Torres del Paine für diese Reise abgehakt hatte, bestelle ich mir doch für 14.00 Uhr ein Shuttle, das mich in den Nationalpark Tierra del Fuego bringt. Eva hatte den Park vorgestern abgelaufen und meint man kann es in 5 Stunden schaffen. O.K.,  5 Stunden gebe ich mir dann noch, aber dann ist es mit dem Trekking vorbei 😉 Viel kann man sonst auch nicht in Ushuaia machen und ich will auch noch was typisches von der Landschaft Feuerlands sehen. Vorher gehe ich noch kurz in die Stadt um Souvenirs zu kaufen, eine der Hauptaktivitäten fuer Touristen in Ushuaia. Dabei treffe ich André, der nun aufgrund des Preises doch keinen Helikopterundflug macht… Mit dem Fahrer des Mini-Busses, in dem ausser mir nur ein argentinisches Pärchen sitzt, ist die Verständigung recht schwierig, da ich mich mit dem argentinischen Dialekt noch schwer tue und er aber darauf keine Rücksicht nehmen will oder vielleicht auch nicht kann. Das ist sowas was mich in diesem Land schon beim ersten Abstecher ereilt hat und auch noch ein paar mal passieren wird. Ich vergleiche das dann gerne damit, dass jemand nur ein paar Brocken deutsch spricht und ich ihm dann etwas in echtem Offenbacher-Platt hinwerfe, und wenn er nachfragt sag ich das ganze nochmal etwas schneller, um die Chance das er es nicht versteht zu erhöhen…

Aus diesem Grund lande ich nicht am Parkeingang, von welchem aus ich ans Ende laufen wollte, sondern an diesem und laufe nun rückwärts. Das stellt sich aber als gar nicht so ungeschickt heraus, denn so habe ich eine halbe Stunde mehr Zeit das letzte Shuttle zu erwischen, das zuletzt den Eingang erreicht. Hier am Ende des Parks wo man über die Bahaia Lapataia bis zum Beagle-Kanal blicken kann, endet offiziell die „Ruta 3“, sowas wie der argentinische Gegenentwurf zur Panamericana, daher auch die Kilometer-Angabe von 17.848 nach Alaska. Irgendwie hat hier jedes Land seine berühmte Strasse, wie eben diese „Ruta 3“, oder z.B. die Carreterra Austral in Chile. Dabei stelle ich mir immer die Frage was denn DIE Strasse in Deutschland ist? Haben wir so eine Art „Panalemania“, die deutsche Route 66?! Wer eine Antwort darauf hat darf es mir gerne mitteilen! Ich vote für die A3, die u.a. die Rhein-Metropole Köln mit der Main-Metropole Offenbach verbindet 🙂 Da mir das Thema aber irgendwie keine Ruhe gelassen hat (so oft wie ich hier auf der Strasse unterwegs bin…) habe ich mal recherchiert und unsere längste Autobahn ist die A7 mit 938 km (vor der A3 mit 778 km). Dabei fälle ich den Entschluss irgendwann „demnächst“ einmal durch Deutschland von Nord nach Süd zu trampen und die deutsche Gastfreundschaft auf die Probe zu stellen. In Chile habe ich solche Strecken an einem Tag geschafft! Mit solchen Gedanken im Kopf erreiche ich den Aussichtspunkt über die Bahia und die auf der anderen Seite liegende Laguna Verde.

An vielen Stellen ist die Landschaft mit der im Torres del Paine vergleichbar, aber alles ein wenig kleiner, dafür aber auch nicht so überlaufen. Plötzlich entdecke ich einen Adler, der sich bereit zum Fotoshooting in kurzer Entfernung auf einem Ast niederlaesst. Das ganze erinnert mich an die Begegnung mit einem seiner Artgenossen auf dem Pinchincha in Quito/Ecuador, zu Beginn meiner Reise. Knapp 4 Monate sind seitdem vergangen und ich habe den südamerikanischen Kontinent ab der Äquator-Linie bis hierher an den südlichsten Zipfel bereist. Auf einem Schild in Ushuaia stehen 6.300 km bis Quito, aber dadurch das ich nicht einfach nur gerade heruntergereist bin wird es wohl um einiges mehr gewesen sein. Ein unvergleichlicher Teil meines Lebens und ein gutes Drittel habe ich nun ja auch noch vor mir, mit dem Unterschied das es ab jetzt Richtung Norden ins warme geht. Eigentlich hatte ich mir für heute schon überlegt nur eine kleine Runde zu laufen, mich an einem netten Platz hinzusetzen und die Landschaft zu geniessen und später zurückzufahren. Aber irgendwie siegt dann doch die Neugier, wie der „Sendero Costa“, der Weg entlang der Küste zum Beagle-Kanal wohl so aussieht. Erst überquere ich eine Brücke, neben der die Reste des Vorgängermodels noch im Wasser stehen. Etwas typisches für Südamerika, das man etwas neues baut und das alte einfach stehen lässt und wartet was passiert… Weiter geht es durch den Wald, dann querfeldein, ehe ich das Ufer mit dem klaren, blau schimmernden Wasser erreiche. Ich will mich erstmal ein bisschen beeilen, da ich nicht sicher bin wie realistisch die Zeiten auf der Wanderkarte sind. Die bisher zurück gelegte Strecke wurde mit 2-3 Stunden angegeben und ich bin sie in einer gelaufen, aber man weiss nie ob es beim nächsten Abschnitt nicht andersrum ist, deswegen verzichte ich auf grössere Pausen. Unterwegs begegnet mir dann wieder mein gefierderter Freund und setzt sich diesmal direkt vor mir auf den Weg. Nachdem ich mehrere Hügel überwunden habe, erblicke ich die Bucht wo die Ensenada da Zaratiegui liegt. Gegenüber befindet sich die Isla Redonda auf der eine Nationalflagge weht. Man muss ja sicher gehen, nicht das die Chilenen irgendwann diesen „strategisch wichtigen“ Punkt einzunehmen versuchen 😉

Von der Anlegestelle sind es noch 1,4 km an der staubigen Strasse entlang bis zur Stelle, wo ich mich einsammeln lassen will. Es ist 18.30 Uhr, also fährt der Bus nun gerade hinten im Park los. Nach 15 Minuten komme ich dort an und um kurz vor sieben werde ich eingesammelt. Glück gehabt sonst hätte ich jetzt hier 1,5 Std. rumsitzen dürfen. Im Wagen sitzt auch das Pärchen von der Hinfahrt, die mich etwas ungläubig ansehen, wie ich wohl hierher gekommen bin, nach nur knapp 4 Stunden. Zurück in Ushuaia kaufe ich noch ein für die morgige Fahrt und versuche nicht allzu spät ins Bett zu kommen, denn mein Bus nach El Calafate fährt um 5.00 Uhr.



Ushuaia – „Fin del Mundo“

25 02 2011

04.02.2011, Tag 122

Eva und ich haben die Idee vielleicht noch einen südlicheren Punkt, die Isla Navarino welche wieder auf chilenischen Staatsgebiet liegt, von Ushuaia aus zu besuchen. Daher gehen wir zur Touristeninformation und fragen wo man eine entsprechende Tour buchen kann. Dort bekommt man auch einen “Einreisestempel” für Ushuaia und so lasse ich neben meinem Pass und auch meinen (mittlerweile etwas mitgenommenen) Lonely Planet abstempeln. Dabei treffe ich einen Deutschen, der gerade nach einer Überfahrt in die Antarktis sucht, wofür die Stadt ebenfalls der Haupt-Ausgangspunkt ist. Den Last-Minute-Preis von 3.500 US-$ könne er gerade noch so akzeptieren, aber momentan gebe es nur Touren für 4.000 US-$. Vielleicht mache er es aber trotzdem, da er sein Monatsbudget von 2.500 € bisher nie ausgereizt hat. Die Idee mit der Isla Navarino erweist sich durch den Preis von 125 US-$ für die einfache Überfahrt als nicht umsetzbar und so planen wir um und machen noch eine Tour zum Leuchtturm im Beagle-Kanal. Das mal zum Vergleich zu den unterschiedlichen Möglichkeiten die man als Traveller haben kann. Als wir das Büro verlassen sehe ich André auf der anderen Strassenseite, wie klein doch Südamerika ist. Wir tauschen uns kurz aus und er erzählt von der Rally Dakar, die er nach 20 Stunden Busfahrt knapp verpasst hat, seiner etwas aussergewöhnlichen Route in den Süden, das er jetzt statt Argentinien, Uruguay oder Brasilien zu bereisen nochmal nach Kolumbien fliegt und plant in Buenos Aires (5 Wochen vor dem Heimflug) nun auch einen Spanisch-Kurs machen…und im Moment schaut er sich nach den Preisen für einen Helikopterrundflug um, aaaha…danach trennen sich unsere Wege wieder.

In Ushuaia finden sich unzählige Schilder, die darauf aufmerksam machen, dass man sich gerade am “Ende der Welt” befindet und wie weit es wohin ist. Nach ein paar Fotos verabrede ich mich mit Eva für die Tour um kurz vor drei und mache noch einen Spaziergang am Hafen entlang, wo sich ein Marinestützpunkt befindet. Vor der Uferpromenade liegt noch ein gegen einen Felsen gelehntes Schiff im Wasser und man sieht das protzige Casino, welches durch die hier ankommenden Kreuzfahrttouristen genutzt wird. Daher auch das entsprechende Preisniveau in der Stadt. Ansonsten war es das dann auch schon mit den Highlights. Hätte Ushuaia nicht diese besondere Lage, ich weiss nicht ob sich Touristen hierher verirren würden… Im Hafen bestaunen wir erstmal die “Europa”, ein Grosssegler, der hier vor Anker liegt, ehe wir unser Boot besteigen. Die “Barracuda”, ein liebevoll renoviertes Schiff aus dem Jahre 1950, entpuppt sich als echter Glücksgriff, denn nicht nur das es billiger ist wie die modernen Katamarane, man hat die Möglichkeit nach aussen zu gehen und nicht nur durch die Glasscheibe sehen zu können. Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir raus auf den Kanal und lassen uns dabei den Wind um die Nase wehen. Der Beagle Kanal ist neben der Magellanstrasse die einzige Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, wurde allerdings erst 1831 durch das Forschungsschiff HMS Beagle entdeckt, der er auch seinen Namen verdankt. Die dritte Stelle an der die beiden Ozeane sich treffen (und welche mir in meiner “Sammlung” noch fehlt) ist Kap Hoorn. Dort wollte ich eigentlich auch hin, zumindest auf den dortigen Leuchtturm. Dies ist aber den Kreuzfahrttouristen vorbehalten, das mache in dann wenn ich ein reicher Rentner bin und in die Antarktis fahre 😉

Wir blicken auf Ushuaia und die Andenausläufer im Hintergrund, dann erreichen wir eine Insel mit Komoranen. Ich nenne sie gerne “fliegende Pinguine”, da ich sie anfangs im Wasser schwimmend nicht unterscheiden konnte. Von ihren Verhalten sind sie aber ebenso amüsant und das Fliegen scheint nicht ihre ganz grosse Stärke zu sein, denn sowohl beim Anfliegen als auch beim Landen sieht es etwas ungeschickt aus. Das Wasser hier ist super klar, so dass man die Pflanzen sehen kann, die vom Grund in die Höhe wachsen. Die nächste Insel ist verwaist. Dort leben eigentlich die Seelöwen, die nun aber “umgezogen” sind auf eine andere Insel in der Nähe des Leuchtturm. Bei solchen Normadengenen sollte ich vielleicht versuchen sie zum Umzug an den Main zu bewegen. So ein paar Seelöwen neben  meinem Turm könnten das Geschäft nochmal kräftig ankurbeln 😉 Als wir aber an der Insel ankommen liegen sie wie immer faul in der Sonne und machen auf mich Eindruck als würden sie diesen Ort nie verlassen…die Gruppe besteht aus zwei Männern und dem Rest Weibchen, scheint ganz angenehm zu sein so ein Seelöwen-Leben. Ab und zu bekommen sich aber auch mal zwei oder mehrere in die Haare (oder soll ich lieber sagen Flosse^^), wenn es um so entscheidende Dinge wie einen Liegeplatz geht. Bei den Seelöwen geht es mir wie mit den Pinguinen, man kann sich an ihrem Verhalten einfach nicht satt sehen. Der Kapitän fährt das Schiff auch extrem nah an die Insel ran, so dass wir vom Bug aus einen super Blick haben.

Dann geht es weiter zum Faro “Les Eclaireurs”, dem Leuchtturm der südlichsten Stadt der Welt. Dort starten wir eine kleine Fotosession, wobei ich mein 10.000 Bild schiesse. Falls jemand anhand dieses Blogs denken sollte, der macht ja viele Fotos… Zum Abschluss zeigt sich nochmal ein Regenbogen, ehe wir zurück nach nach Ushuaia fahren. Dort treffe ich mich mit Theresa um Fotos aus dem Nationalpark zu tauschen und anschliessend folgt das schon fast traditionelle Feierabend-Bier mit Eva. Morgen ist dann auch schon mein letzter Tag „am Ende der Welt“ und ich bin mir noch unschlüssig was ich hier „aussergewöhnliches“ machen soll…



Feuerland

25 02 2011

03.02.2011, Tag 121

Als Vorletzter unserer Torres del Paine Gruppe verlasse ich morgens das Hostel in Punta Arenas. Den Schluss macht Hannes, der in seinen Flieger nach Puerto Montt steigt. Auf mich warten nun 12 Stunden Busfahrt nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Eigentllich versuche ich immer alle Fahrten, die länger als 6 Stunden dauern als Nachtfahrt hinter mich zu bringen. Dies ist hier nun aber nicht umsetzbar, da die Überfahrt mit der Fähre nach Feuerland nur tagsüber möglich ist. Im Bus habe ich den einzigen Einzelplatz, so dass es wenigstens halbwegs bequem ist. Die erste Strecke von Punta Arenas nach Punta Delgado, der schmalen Stelle wo die Magellanstrasse überqueren, gibt nochmal einen Eindruck von Patagonien. Hier sieht man auch nochmal viele Estancias und noch mehr Schafe auf den Wiesen. Die Fähre legt dann direkt vor unserer Nase ab, so dass wir noch 40 Minuten Zeit haben uns die Beine zu vertreten und ich mache daher noch einen kurzen Spaziergang zum nahe gelegenen Leuchtturm. Als die Fähre anlegen will kann man erkennen was mit dem starken Wellengang in der Magellanstrasse gemeint ist, denn das Schiff hat dabei echte Probleme.

Dann ist es endlich soweit und ich gehe an Bord und es geht rüber nach Tierra del fuego, Feuerland! Den Namen hat die Insel von Fernando de Magallanes erhalten, dem die Leuchtfeuer der indigenen Bevölkerung beim Entdecken dieser Passage aufgefallen war. Ich mache draussen noch ein paar Bilder, dann ist es mir zu stürmisch und ich gehe in den Aufenthlatsraum. Dort klebt alles am Fenster und neugierig stelle ich mich dazu und sehe, Delfine! Und nicht etwa die “normalen” grau-silbernen, sondern schwarz-weisse, deren Existenz mir ehrlich gesagt gar nicht bekannt war und ich sie erstmal für kleine Orcas gehalten habe (was fast noch besser gewesen wäre ;)). Ich halte durch die Scheibe einfach mal drauf und mir gelingt noch so vielen vergeblichen Versuchen endlich das erste Delfin-Foto, Danke! Wir werden noch ein ganzes Stück begleitet, doch als wir dem Ufer näher kommen drehen sie ab. Nun betrete ich aber Feuerland! Man stellt sich unter dem Namen sicher etwas ganz aussergewöhliches vor, so ging es mir zumindest bevor ich mich informiert habe. Schlussendlich ist die Insel aber so gross, dass man gar nicht merkt auf einer Insel zu sein und die Landschaft unterscheidet sich erstmal nur unwesentlich von der Landschaft Patagoniens.

Kurze Zeit später erreichen wir den Grenzposten San Sebastian und nun ist das tolle Kapitel Chile auf dieser Reise beendet, so denke ich zumindest… 14 km weiter gibt es den Einreisestempel für Argentinien, am Grenzposten mit dem gleichen Namen, San Sebastian. Da war jemand wirklich einfallsreich gewesen was die Namensgebung angeht. Aussteigen müssen wir allerdings nicht, da die Einreiseformalitäten durch den Busfahrer erledigt werden, der die Pässe einsammelt. Auch interessant, das es den  Argentinier scheinbar egal ist, ob die Person zu dem entsprechenden Pass auch wirklich im Bus sitzt, oder ob da vielleicht noch jemand ohne Pass drin ist… Das Land hier auf der Insel ist weitläufig und stürmisch, überall sieht man verbogene Bäume, die mit der Windrichtung wachsen. Rinderherden wechseln sich mit Schafsherden ab, welche man beide nicht zählen kann, sondern nur riesige “gepunktete” Flächen bis zum Horizont sieht. Ab und zu sieht man zudem ein paar Guanakos, aus der Familie der Lamas. So anstregend das Busfahren auch manchmal sein kann, es ist die beste Art etwas vom Land zu sehen, anstatt einfach darüber weg zu fliegen. Dazu kommt die erhöhte Sitzposition im Vergleich zum Auto und das man nicht fahren, sondern einfach nur aus dem Fenster sehen kann. Dort erblicke ich Flächen mit roten Gräsern, das passt doch mal zu Feuerland!

In Rio Grande wird dann der Bus gewechselt und es geht mit einem älteren Model weiter, obwohl die Strassen nun besser sind. Die Wälder und die hügelige Landschaft ist der Patagoniens zwar immer noch ähnlich hat aber jetzt nochmal einen etwas anderen Stil. Dann erreichen wir ein Tal an dessen Seite sich die Strasse entlang zieht bis zu einem Pass. Die steile Strecke erinnert mich ein bisschen an Ecuador oder Bolivien, mit dem Unterschied, dass die Strassen hier besser und dazu gesichert sind. Von oben hat man nochmal einen schönen Ausblick auf den sich im Tal ausbreitenden See und die dahinter liegenden Berge, die ich in dieser Höhe hier gar nicht vermutet hätte. Um 21.00 Uhr habe ich das Ziel erreicht: Ushuaia,“Fin del Mundo”, das “Ende der Welt”.

Was hat man für eine Vorstellung von so einem Ort?! Ich mein, mir war klar, dass es eine Stadt ist, die an vielen anderen Stellen liegen könnte und man ihr ihre aussgewöhnliche Stellung nicht ansieht. Aber das hört sich vielleicht irgendwie abgedreht an, aber man fühlt doch in einer gewissen Art und Weise, dass man jetzt ganz ganz weit unten ist. Merkt man aber auch daran, dass es bis 23.00 Uhr hell ist. Weiter südlich gibt es dann (neben ein paar kleineren Inseln) nur noch die Antarktis. Damit habe ich den “Lösel-Familienrekord” für den südlichsten Punkt, den bisher meine Eltern mit Punta Arenas gehalten haben, nicht nur eingestellt sondern überboten. Da keiner meiner Vorfahren ein grosser Seefahrer oder ähnliches war, ist es mir nun vergönnt auf dem Erdball am weitesten in den Süden, Westen (Ecuador) und Osten (Thailand) gereist zu sein. Fehlt jetzt nur noch eine Himmelsrichtung und eine Weltumrundung 😉 Mit solchen Gedanken im Kopf, laufe ich vom Hafen hoch in die Einkaufsstrasse, welche den typischen Stil von argentinischen Touristenhochburgen hat. Eva hat mir in dem Hostel in dem sie wohnt ein Bett reserviert und ich treffe sie direkt beim einchecken und wir trinken noch ein Bier zusammen. Mal sehen was uns morgen die südlichste Stadt der Welt zu bieten hat.



Bariloche

3 02 2011

13. – 16.01.2011, Tag 100 – 103

Der 100. Reisetag ist ein absolut typischer Tag für einen Traveller: Im Bus sitzen und ein Hostel suchen. Dazu ein Grenzübertritt, unvorhergesehene Zwischenfälle und nette Überraschungen… Und er hält eine grundlegende Veränderung für mich bereit, denn ab hier reise ich erstmal alleine. Wäre dies ein Buch würde es aber hier nun heissen “Solo al fin del Mundo – Alleine ans Ende der Welt”. Ich hatte mich bei meiner Abreise aus Santiago dazu entschieden, das zentrale Chile zu überspringen und über die Seenplatte einen Abstecher ins argentinische Bariloche zu machen um anschliessend etwas weiter südlich wieder zurück nach Chile zu reisen, wo ich in 8 Tagen die Fähre nach Patagonien nehmen werde. Da ich einige Orte südlich von Santiago bereits bei meiner Chile-Reise 2009 kennengelernt hatte verpasse ich so relativ wenig und kann dafür noch ein bisschen mehr von Argentinien mitnehmen, wovon ich sonst nur Buenos Aires und einen kleinen Teil des Südens sehen werde. Also fahre ich nun über Nacht nach Osorno und steige nach 3 Stunden in den Bus rüber nach Bariloche. Unterwegs haben wir in der Dunkelheit all die Orte passiert, die mich an diese tolle Reise im Oktober 2009 erinnern: Concepcion, Temuco (Conguillo Nationalpark), Pucon und Villarica sind mir noch gut im Gedächtnis und hier wäre ich wahrscheinlich auch nur enttäuscht wenn ich nun alleine dorthin zurückkehren würde, da das Erlebte einfach nicht zu toppen ist.

In Osorno erwartet mich ein veregneter Morgen. So teste ich erstmal meine neue Regenhülle die ich mir habe aus Deutschland mitbringen lassen. Die Dinger sind unheimlich praktisch, da sie neben Regen vorallem vor Dreck schützen und sich so mein Rucksack nach über 3 Monaten noch in einem erstaunlich guten Zustand befindet. Dies nur als Anmerkung, wenn es jemand auffallen sollte, dass ich nun einen schwarzen statt dem leuchtgelben Überzug habe. Pünktlich um zehn geht es los nach Argentinien. Neben uns erstreckt sich der Lago Puyehue und ich ärgere mich ein wenig, dass ich keinen Fensterplatz genommen habe, da die Bilder etwa denen gleichen wie man sie bei uns aus der Krombacher-Werbung kennt: Eine Seenlandschaft umgeben von grünen Wäldern und Inseln mittendrin. Auf einen schmalen Strasse, die uns durch die Anden führt, erreichen wir den Grenzposten, der zum ersten mal auf dieser Reise auch auf beiden Seiten diesen Namen verdient hat. Scherzhaft meint der argentinische Grenzwärter zu mir, dass ich nur ein Visum für 30 statt der üblichen 90 Tage bekomme, sozusagen als Revanche für das Viertelfinale bei der WM 2010… Würde mir natürlich auch ausreichen, aber dann ist er doch nochmal gnädig und erteilt mir die volle Frist. Die Fahrt geht weiter vorbei am Lago Espejo und durch eine tolle Landschaft. Dann höre ich plötzlich ein lautes knallendes Geräusch unter dem Bus. Aus eigener Erfahrung sage ich Radlager defekt! Tatsächlich stoppen wir wenige Meter weiter, mitten im Nichts. Der Fahrer weist uns an im Bus zu bleiben und so lerne ich in der nächsten halben Stunde meine Sitznachbarn etwas besser kennen, zwei Chilenen die mit dem Fahrrad unterwegs sind, das sich aber aktuell unten im Bus befindet. Dann hält hinter uns ein anderer Bus und wir bekommen die Anweisung umzusteigen mit dem wir die Fahrt dann zu Ende bringen. Unterwegs verändert sich die Landschaft und ich bekomme einen ersten Eindruck von der patagonischen Steppe.

Mit 3 Stunden Verspätung erreichen wir Bariloche. Ich frage am Infoschalter nach einem Geldautomaten, da ich natürlich noch keine Banknoten in der Landeswährung habe. Der nächste befindet sich jeodch in der Stadt wo ich am besten mit dem Lokalbus hinfahre, was ohne Geld allerdings schwer werden könnte. Eine Frau hinter mir bekommt das Gespräch mit, drückt mir 10 argentinische Dollar in die Hand und meint das sei ein Begrüssungsgeschenk in Argentinien. Alles klar, wenn das so weiter geht nehme ich mehr Geld mit nach Hause als ich mitgebracht habe 😉 So fahre ich ins Zentrum und lande erstmal an der Plaza. Ich war bereits vorher darauf eingestellt, dass Bariloche so rein gar nichts von dem hat was man sich unter Argentinien vorstellt. Die Stadt am Lago Nahuapi könnte genausogut irgendwo im Süden Deutschlands oder der Schweiz stehen. Sinnbildlich dafür sind die Bernhardiner mit denen man sich auf der Plaza fotografieren lassen kann. Das Hostel das ich mir rausgesucht habe liegt etwas ausserhalb und ist ausgebucht, allerdings ist man so nett und ruft bei einem anderen Hostel an und so fahre ich zurück ins Zentrum. Alles was ich unterwegs sehe erinnert mich irgendwie an Deutschland. Schon verrückt in einem so weit entfernten Land, das für Tango, Cowboys und Rinder bekannt ist. Aber hier ist eine deutsche Hochburg und meine Landsleute geizen nicht damit vieles aus dem deutschen hier einzubringen. Nachdem ich eingecheckt und mich mit meinen argentinischen Zimmerkameraden bekannt gemacht habe wird der Abend recht kurz, da ich durch die Nachtfahrt ziemlich platt bin.

Am nächsten Tag gehe ich erstmal runter zum See. Vor der Kirche erblicke ich bunte Blumenbeete, die mich endgültig davon überzeugen in einer “deutschen Kolonie” zu sein. Der Himmel strahlt blau und im Hintergrund erheben sich die Berge. Ein netter Ort um einfach mal ein wenig rumzuhängen und das mache ich dann heute auch und dabei plane ich meine weitere Reiseroute, wo es zwei Möglichkeiten gibt: Die Route “Cruce de Lagos” welche über die Gebirgsseen führt und die schon Che Guevara (gesehen in “Die Reise des jungen Che”) genommen hat, oder ein Stück weiter südlich zu reisen, nach Chile zurückzukehren und mit der Fähre auf die Insel Chiloe überzusetzen, deren Besuch ich sowieso geplant hatte. Überquere ich dann die Insel Richtung Norden komme ich nach Puerto Montt, wo meine Fähre in den Süden ablegt. Soweit die Theorie, aber nach eingehenden Recherchen stelle ich fest das die “Chiloe-Variante” nicht durchführbar ist, da der Ort Chaiten, von dem die Fähre ablegt, 2008 einen Vulkanausbruch zum Opfer gefallen ist und es nun keine verlässlichen Informationen über die Fahrpläne gibt. Sollte ich dort keine Überfahrt bekommen, bräuchte ich mindestens 3 Tage zurück und dann könnte es relativ eng werden mit der Abfahrt in einer Woche, die ich allein aufgrund des Preises nicht verpassen darf. Also erkundige ich mich nach der “Cruce de Lagos-Route” und stelle fest, dass ein Touranbieter ein Monopol auf diese Überfahrt hat und diese Tagestour ca. 180 Euro kostet, ohne Verpflegung. Etwas was absolut mein Budget sprengt, trotzdem denke ich noch darüber nach und besuche erstmal de Museo Patagonia. Nach langem Überlegen komme ich zu dem Entschluss, dass es am besten ist wenn ich (natürlich ungern) wieder die gleiche Route zurück nehmen und lieber in Chile das Seengebiet erkunde. Das gestaltet sich allerdings auch nicht einfach, da der nächste Bus über die Grenze am Dienstag, also in 4 Tagen frei wäre. So nehme ich einen Zwischenstopp für eine Nacht in Villa de la Angostura in Kauf, ein hübsches Dorf, zwischen mehreren Seen gelegen, dass mir auf der Hinfahrt schon gut gefallen hat und so komme ich bereits am Sonntag zurück nach Chile.

Am nächsten Tag geniesse ich auf der Fahrt einen schönen Blick auf die Landschaft, nun von einem Fensterplatz. In der Touristeninfo lasse ich mir die Adresse eines der wenigen freien Hostels geben, da wie bereits in Bariloche, durch die Urlaubszeit ziemlich viel Betrieb herrscht. Das Haus liegt etwas ausserhalb an einem Hang, perfekt für die Ausflüge zu den verschiedenen Aussichtspunkten, die ich geplant habe. Gerade als ich meinen Sachen abgestellt habe und losziehen will fängt es an in Strömen zu regnen und so verbringe ich den restlichen Tag und den darauffolgenden Morgen mit lesen, Blog schreiben und mich mit den anderen Hostelbewohnern auszutauschen, die ausschliesslich Argentinier sind. Generell kann man sagen, dass sowohl die Frauen als auch die Männer sehr kontaktfreudig sind. Überall wird man sofort dazugebeten und so komme ich zum ersten mal in den Genuss “Mate” zu probieren. Dabei wird heisses Wasser auf eine Art Kräutermischung geschüttet und die Flüssigkeit durch so etwas was ich als “Metallstrohhalm” beschreiben würde rausgezogen. Über den Geschmack (und die Tatsache das meist eine ganze Runde den gleichen Trinkstab benutzt…) lässt sich streiten, aber die Wirkung soll wohl ähnlich der Coca-Blätter in Bolivien sein. Von meinen Bettnachbarn erfahre ich dann noch, dass argentinische Fussballer die besten der Welt sind und daher eigentlich immer Weltmeister werden müssten. Doch da sie nur auf das Geld schauen sieht die Realität leider anders aus. Den winzigen Haken, dass die deutsche Mannschaft dann nicht teilnehmen dürfte wenn die “Gauchos” mal wieder einen Titel holen wollen behalte ich aufgrund meiner zahlenmässigen Unterlegenheit im Raum dann für mich 😉 Ich komme zu dem Schluss, dass die Argentinier sowas wie die Italiener Südamerikas sind. Damit möchte ich aber nun keine Völker verunglimpfen, aber man vergleicht z.B. die Chilenen auch gerne mit den Deutschen. Der Ruf der den Argentiniern vorauseilt ist ihre extrovertierte und impulsive Art und das etwas arrogante Auftreten, was man nicht ganz von der Hand weisen kann. Zudem würde ich die meisten als extrem modebewusst beschreiben und man sieht kaum einen, der nicht den Anschein macht täglich mehrere Stunden vor dem Spiegel zu verbringen. Aber mir gegenüber sind alle wikrlich sehr sympathisch, was darüber hinwegtröstet, dass ihr spanisch mit dem bisher gehörten und gelernten absolut überhaupt nichts zu tun hat.

Am “Terminal” erfahre ich das der Bus 1 Stunde Verspätung hat und so gehe ich im Nieselregen nochmal durch das Dorf und belustige mich an den Holzfiguren, die hier scheinbar für Touristen besonders ansprechend sein sollen. Nach einer Stunde hat der Bus noch eine Stunde Verspätung und das ganze wiederholt sich nach einer Stunde nochmal, so dass ich Zeit habe nochmal Essen zu gehen und im Internet rumzudrücken. Um 19.20 Uhr ist es dann endlich soweit und wir brechen mit fast 3,5 Std Verspätung auf nach Chile. An der Grenze wird der komplette Bus gründlichst untersucht, wozu das gesamte Gepäck herausgeholt werden und für den Drogenhund ausgebreitet werden muss. Durch die Verspätung ist mein Plan heute Abend noch nach Puerto Octay weiterzufahren geplatzt. Mein Sitznachbar Juan, mit dem ich auf der Fahrt ein angeregtes Gespräch über die Unterschiede deutscher und chilenischer Verwaltungen führe, da er in einer solchen arbeitet, rät mir ein einfaches Hostel direkt am Busbahnhof zu nehmen und morgen früh weiter zu fahren. Dabei entschuldigt er sich, dass er mich nicht bei sich zu Hause unterbingen kann. Die Beschreibung “einfach” trifft es tatsächlich, den das Kellerzimmer mit Fenster auf Bodenhöhe der Küche ist eines der schlechtesten auf dieser Reise. Wenigstens ist es billig und in ein paar Stunden geht es soweiso weiter…