Rio – „El viaje va a final“

18 03 2011

17./18.03.2011, Tag 163/164

Wie bereits beschrieben verzichte ich auf die wenigen Stunden Schlaf, welche in einem Hostel möglich gewesen wären und erreiche gegen 0.30 Uhr den Flughafen, der wie ausgestorben wirkt. Gegner von Flughafen-Schläfern haben hier Sitze mit Armlehnen aufgestellt, so dass hinlegen nicht möglich ist. Auch im Sitzen schlafen ist mangels Kopfstützen Fehlanzeige und so beschäftige ich mich mit diversen Dingen bis ich um 4.00 Uhr zum Check-In kann. Dummerweise hat der Flug einen Zwischenstopp in Curitiba und so gibt es nur je knapp 1 Stunde Schlaf. Am Flughafen setze ich mich in das Shuttle das nach Ipanema fährt, von wo aus ich den Lokalbus zu Maryams Appartement in Jardim Botanico nehmen kann. Die Fahrt dauert dann nochmal gut 2,5 Stunden, wobei ich immer wieder einnicke und mich beim aufwachen orientieren muss wo wie gerade sein könnten. 31 Stunden nachdem ich in Asuncion aufgebrochen bin erreiche ich mein Ziel und obwohl es der vorletzte Tag ist und ich noch einiges an Programm auf dem Zettel habe brauch ich nun erstmal eine Mütze Schlaf. Als ich wieder aufwache ist später Nachmittag und nicht mehr viel möglich. Abends habe ich Maryam und ihre Eltern zum Essen eingeladen. Was habe ich nicht überlegt wie der letzte Abend in Südamerika sein könnte, was für eine große Party oder welche Aktion ich mir wohl einfallen lassen könnte. Aber die aktuellen Geschehnisse wecken keinerlei Partygedanken bei mir und wie wir so im Restaurant sitzen wird mir bewusst, das dieser Abend genau typisch für Südamerika und diese Reise ist. Ein nettes Beisammensein mit interessanten Gesprächen und viel gutem Essen 😉

Freitag, 18. März 2011: Der letzte Tag auf diesem Kontinent. Abschließen möchte ich die Reise mit einem echten Highlight, dem Besuch der Christus-Statue, welche auf dem 710 Meter hohen Cocorvado über der Stadt thront. Ich sehe durch die Fensterläden ein paar Sonnenstrahlen. Bereits gestern war es nur leicht bewölkt und heute Nacht war die Sicht klar. Ich öffne das Fenster und sehe einen blauen wolkenlosen Himmel, Bingo! Mit dem Bus geht es zur Station der Zahnradbahn, mittlerweile ist es kurz vor zwölf. Gegen drei sollte ich zurück sein, da ich noch packen muss und um fünf zum Flughafen aufbrechen will. Ich kaufe ein Ticket und blicke entsetzt auf die Fahrtzeit: 14.00 Uhr. Bei 20 Minuten Fahrt würde dies bedeuten, dass ich mich oben gerade mal 20 Minuten aufhalten kann. Eine andere Lösung muss her, also versuche ich die Dame am Einlass zu überzeugen, ohne Erfolg…aber aufgeben ist ja nicht mein Ding. Wenn die Bahn unten ankommt steigen zunächst die Passagiere aus, dann fährt sie etwa 30 Meter weiter hoch wo die neuen Passagiere warten. Der Ausstiegsbereich ist frei zugänglich und um in den Einstiegsbereich zu gelangen braucht man nur an einer kleinen Mauer vorbei. Zwei englische Mädels haben die gleiche Idee und während gerade eine Ladung Passagiere einsteigt beraten wird ob es möglich ist. In der Bahn gibt es nur Sitzplätze, also würde es auffallen wenn plötzlich mehr Leute drin wären, daher wollen wir die nächste Bahn abwarten und versuchen reinzuschlüpfen während die ersten Passagiere den Kontrolleuren die Sicht versperren. Einer dieser Kontrolleuer entdeckt uns und fragt was wir dort machen, Fotos natürlich, wozu habe ich sonst die Kamera um den Hals^^

Der Junge ist nett und die englischen Mädels verstehen es ihn einzuwickeln. Ihr Charme gemischt mit meiner Abflugsstory scheint ihn weichzukochen und er will es irgendwie „organisieren“. Als die nächste Bahn ankommt stehen wir hoffnungsvoll am Eingangsbereich, aber erstmal nichts. Alle Passagiere sind bereits drinnen und von unserem Helfer keine Spur. Wir sind nervös, dann plötzlich taucht er auf und zeigt der Dame am Tor an, dass sie uns durchlassen soll. Geschafft! Das ist zum Abschluss nochmal echtes Südamerika: Jeder ist ein bisschen korrupt und geht nicht gibt’s nicht! Oben (auf der überfüllten Plattform) angekommen strahlt die Sonne und vor mir breitet sich diese herrliche Stadt aus. Im Süden die Lagoa mit dem Botanischen Garten, getrennt vom Meer durch die Stadtteile Leblon und Ipanema mit ihren Stränden. Dann der langgezogene Sandstreifen der Copacabana und dahinter der Zuckerhut. Auf der anderen Seite sieht man die lange Brücke nach Niteroi, die Bucht von Botafogo, das Stadtzentrum und Richtung Norden das große Rund des Maracana. Man erkennt die vielen Hügel und Berge die sich mitten in der Stadt erheben und ihr ein grünes Gesicht verleihen. Vor der Küste liegen zahlreiche Inseln, einfach eine wunderschöne Stadt auf die „Cristo Redentor“ (Christus der Erlöser)  hinabblickt. Die 38 Meter hohe Statue, welche zum 100 jährigen Unabhängigkeitstag gebaut, allerdings erst zehn Jahre später 1931 fertiggestellt wurde ist eins der neuen 7 Weltwunder. Im 8 Meter hohen Sockel ist eine Kapelle für 150 Personen beherbergt. Die Spannweite der Arme beträgt 28 Meter, das Gesamtgewicht der Statue 1145 Tonnen. Somit ist sie die drittgrößte Christus-Statue weltweit, sicher aber die bekannteste. Das ist nun das Ende dieser Reise. Ich sehe hinunter auf Rio und der Anblick begeistert mich auf’s neue. Ein schöner Abschluss mit einem Wetter wie man sich es toller nicht hätte wünschen können. Brasilien reißt den bisher durchwachsenen Eindruck nochmal raus und verabschiedet sich mit einem Ausrufezeichen von mir 🙂

Zurück nehme ich ein Taxi, da es mit dem Bus zu lange dauern würde. Maryam meint zu mir wir sollten früher los, da durch den Besuch von US-Präsident Obama am morgigen Tag einige Straßen gesperrt sein könnten. Leichter gesagt als getan, denn ich habe noch nichts gepackt. Mit so wenig System wie nie verstaue ich alles im Rucksack, worin ich erstaunlich viel Platz habe. Das liegt aber auch möglicherweise daran, dass ich einige Dinge wie meine alten Turnschuhe nun hier entsorgt habe. Wir fahren mit dem Auto durch den stockenden Verkehr raus auf die Stadtautobahn. Dann rote Bremsleuchten vor uns, Stau! Das ist wieder so etwas was man nicht mit denen bei uns vergleichen kann, denn es geht einfach nichts mehr. Die Uhr tickt runter während wir uns alle paar Minuten um wenige Meter fortbewegen. Mein Flieger geht um 20.00 Uhr. Bis 18.15 Uhr bin ich noch locker, eine Viertelstunde später steigt die Anspannung und ich behaupte ohne es zu Wissen, dass der Check-In bis eine Stunden vor Abflug geöffnet ist. Nochmal 10 Minuten stehen, dann löst sich der Stau auf, ohne das man eine Ursache erkennen kann. Wir geben Gas und um kurz vor sieben erreichen wir den Flughafen. Der Check-In endet tatsächlich 60 Minuten vor Abflug, das wäre ein Spaß gewesen… Mein Gepäck hat „nur“ 23 kg obwohl 32 erlaubt gewesen wären. Das war mir nicht bewusst und deshalb schleppe ich nochmal 10 kg im Handgepäck rum. Um 19.20 Uhr erhalte ich meinen Ausreisestempel und als der Flieger um 20.40 Uhr in die Luft geht ist mein Aufenthalt in Südamerika beendet. Ich bin ein wenig fassungslos darüber wie schnell es vorbei ging, denn fast alle Erlebnisse, auch die der ersten Tagen sind einfach noch so präsent. Doch nun geht der Blick nach vorne und während ich einschlafe nimmt der Flieger Kurs auf Europa.



Iguaçu

16 03 2011

11./12.03.2011, Tag 157/158

Da ich die Strecke nach Iguaçu nicht mit dem Bus (24 Stunden) zurücklegen möchte, habe ich einen Flug gebucht, der sogar noch billiger war als die Busreise. Ursula fährt mich gegen mittag zum Flughafen von Rio und erzählt mir dabei, dass der ehemalige Fussballstar Romario nun Abgeordneter ist. Wir sehen auch einige rote Flecken an den Hügeln jenseits der Strasse, die von den Erdrutschen vor knapp 2 Monaten zeugen, bei denen es etwa 200 Tote gab. Der Billigflieger “Gol“ hebt für Südamerikanische Verhältnisse untypisch sogar zu früh ab. Ich habe einen Fensterplatz und kann, nachdem wir die Wolken die immer noch über Rio hängen hinter uns gelassen haben, den Ausblick auf die Strände und später den Regenwald geniessen. Eine nicht enden wollende grüne Fläche, die ab und an von Flüssen durchzogen ist. Vom Flughafen fahre ich mit dem Bus nach Foz de Iguaçu, der Stadt die Ausgangspunkt für die Touren zu den berümten Wasserfällen ist. Busfahren ist in Brasilien immer so eine Sache, denn hier kassiert nicht der Fahrer sondern ein Schaffner, der neben einem für Rucksackreisende nahezu unüberwindbaren Drehkreuz sitzt und kein Erbarmen zeigt wenn man dieses nicht passieren, sondern auf einem der davor befindlichen Plätze sitzen möchte, für wen die auch immer bereit gehalten werden… Nachdem ich ein Hostel gefunden habe gehe ich durch die Stadt, wobei mir der hohe Anteil arabischer Läden auffällt. Sogar Döner gibt es hier. Ansonsten hat Foz aber rein gar nichts zu bieten, es gibt noch nicht mal eine Plaza.

Als ich am Abend zum Schreiben ins Internet-Café gehe lese ich dann die Nachricht vom Tod meiner Oma, was erstmal alle Pläne für die letzten 2 Wochen zu Staub werden lässt, denn in dem Moment ist klar, ich fliege so schnell es geht nach Hause. Am nächsten Morgen buchen wir meinen Rückflug um eine Woche nach vor, so dass die Reise nun am 19. März beendet sein wird. Die Umbuchung des Flugs von Iguaçu nach Rio, die ich anschliessend am Flughafen vornehme kostet dann nochmal fast genauso viel wie der eigentliche Flug. Das ist aber nur sekundär und eigentlich ist mir der Zeitpunkt in einer Woche auch zu spät, da die Motivation der Reise nun weg ist. Aber was soll man mit so einer Situation machen?! Hier bleibt mir nicht viel mehr als Ablenkung und deswegen beschliesse ich nach einigen Tagen auch diesen Blog fortzusetzen, da es in den letzten Monaten immer eine gute Sache war hier das rauszulassen was einem so auf der Seele liegt.

Die “Cataratas do Iguaçu“ liegen ca. 30 km ausserhalb der Stadt, die am Dreiländereck mit Argentinien und Paraguay liegt. Man kann die Wasserfälle sowohl von der brasilianischen als auch von der argentinischen Seite besuchen und da ich gerade in Brasilien bin und mich eine Einreise ins ungeliebte Argentinien nicht wirklich reizt schaue ich mir diese Seite an. Vom Eingang in der Nationalpark, in welchem sich die Fälle befinden, geht es mit einem Doppeldeckerbus nach englischem Vorbild (warum auch immer) zu den Aussichtspunkten . Beim Aussteigen hört man schon das Rauschen der 278 Wasserfälle, die aus 80 Metern in die Tiefe stürzen. Noch ein paar Stufen durch den Wald und dann eröffnet sich vor mir der erste Panorama-Blick, ein echter “Wow-Effekt“, dieses Wunderwerk der Natur. Ein Japaner bittet mich Fotos von ihm zu schiessen und drängt mich dann anschliessend fast dazu auch mich zu fotografieren. Das wiederholt sich dann an den verschiedenen Aussichtspunkten, die entlang des „Trilha de Cataratas“, dem malerischen Wanderweg zu den Wasserfällen liegen, immer wieder. Ich versuche dabei den Touristenhorden aus dem Weg zu gehen, die in Busladungen herangekarrt werden. Gegenüber liegt die argentinische Seite, wo, ich bin geneigt zu sagen typischerweise, ein Betonklotz mitten in den Urwald gestellt wurde. Immer wieder entdecke ich Tiere im Gebüsch oder bunte Schmetterlinge landen auf meiner Hand. Auf einmal entdecke ich etwas zwischen den Beinen der anderen Besucher durchhuschen: Ein Ameisenbär! Dieser scheint sich an den Menschenmassen wenig zu stören, im Gegenteil, denn er ist auf Nachrungssuche. Plötzlich merke ich ein ziehen an meiner Tasche und entdecke ein kleineres Familienmitglied, das versucht meine Essensvorräte zu plündern. Da füttern von Wildtieren verboten ist, muss ich es leider vereiteln und entferne mich mitsamt der Tasche. Meine halbvolle Dose lasse ich stehen, woraufhin er sich daran zu schaffen macht und sie umkippt, Danke! Irgendwann hat sich das ganze Rudel versammelt und ist auf Futtersuche. Dabei wird sogar “Männchen“ gemacht um sich etwas zu erbetteln, aber ich muss leider hart bleiben.

Etwas weiter hinten entdecke ich dann die Metallplattformen, über die man hinein zur „Garganta do Diablo (“Teufelsrachen“) gehen kann, wo sich der Rio Iguaçu in 12 Fällen am breitesten in die Tiefe stürzt. An deren Beginn kommen mir etliche klatschnasse Leute entgegen, weshalb ich den Regenponcho, welchen ich noch vom Carnaval habe, um die Tasche und die Kamera wickele. Als erstes erblicke ich einen Regenbogen, quasi ein Synomym für tolle Erlebnisse auf dieser Reise. Und nach ein paar Metern bin ich komplett nass und das ohrenbetäubende Rauschen des Wassers lässt keinerlei Kommunikation mit potentiellen Fotografen zu. Riesiges Wassermassen, die wie Nebelschwaden wirken, steigen auf und man kann nur erahnen wo sich das Ende dieses Naturwunders befindet. Nachdem ich nass genug bin gehe ich zurück und trockne meine Kamera, die es zum Glück gut überstanden hat. Von hier aus kann man mit einem Aufzug auf eine Aussichtsplattform fahren, um das Spektakel von oben zu bewundern, was ich dann auch mache. Nach einer kleinen Pause kehre ich in der Abenddämmerung dann nochmal an diese Stelle zurück um die veränderten Lichtverhältnisse zu bewundern. Dann geht es zurück. Ein trotz der augenblicklichen Umstände toller Tag an einem der grössten Naturwunder dieser Welt. Morgen geht es dann weiter auf einen kurzen Abstecher nach Paraguay.




Rio – Centro & Maracana

16 03 2011

10.03.2011, Tag 156

Der voerst letzte Tag in Rio beginnt mit einem Rundgang durch das Zentrum, genauer gesagt den Stadtteil “Saara“, abgeleitet von dem Wort Sahara, da hier vormals viele arabische Einwanderer lebten und arbeiteten. Auf der Busfahrt erfahre ich von Ursula verschiedene Geschichten über die Stadt. Zum Beispiel müssen die Anwohner der früheren Hafenpromenade in Botafogo eine “Piratensteuer“ zahlen. Dies betrifft etwa 4.000 Personen, was zu wenig ist um das Gesetz, dass diese Steuer festsetzt durch eine Volksabstimmung ausser Kraft zu setzen. Wizigerweise liegen diese Gebäude nun gar nicht mehr am Wasser, sondern teilweise bis zu 1 km davon entfernt. Dies ist dadurch begründet, dass man im Zentrum Rios einen Berg abgetragen hat um einen Frischluftkanal zu schaffen, da das Klima in den Sommermonaten dort unerträglich war und die reiche Bevölkerung regelmässig aufs Land geflüchtet ist. Das dort entfernte Material wurde in der Bucht von Botafogo zur Landgewinnung aufgeschüttet. Dort sieht man nun noch die ehemalige Kaimauer, sowie das Ende des Wasserkanals, der im Stadtteil Santa Teresa beginnt unter über ein Viadukt im Stadtteil Lapa Frischwasser zum betanken der Schiffe in den Hafen gebracht hat.

In den von alten Gebäuden gesäumten Gassen von Saara gibt es so ziemlich alles zu kaufen, was man braucht. Über der Strasse weht noch die Karnevalsdeko, die von der grossen Partys der letzten Tage zeugt. Zunächst führt uns der Weg in die Bibliothek, in deren fast ausschliesslich aus Original-Teilen bestehenden Lesesaal es tausende historischer Bücher zu bewundern gibt. Nach einer kurzen Pause im ebenfalls historischen “Café Colon“ besuchen wir noch eine Ausstellung im Gebäude der Banco de Brasil. Dort sind die Werke des niederländischen Künstlers Maurits Cornelis Escher zu sehen, der für seine Perspektivzeichnungen bekannt ist.

Danach verabschiede ich mich, denn ich habe noch einen anderen Programmpunkt und der heisst Maracana. Das Fussballstadion liegt im Nordteil der Stadt, in den man als Tourist sonst eigentlich nicht kommt, da sich alle Highlights Rios im südlichen Teil befinden. Nachdem ich mich aller Wertsachen entledigt habe nehme ich die Metro und begebe mich in den nicht ganz ungefährlichen Teil der Stadt. In der Gegend rund um das Stadion befinden sich zahlreiche Favelas, die Armenviertel Rios. Neben seiner sportlichen Bedeutung gibt es noch einen weiteren Grund warum das Maracana bei mir so deutlich im Gedächtnis ist und dazu möchte ich die Lieblingsgeschichte meines Vaters erzählen: Auf der Südamerika-Reise meiner Eltern 1980/81 wurde auch in Rio Station gemacht. Für einen echten Fussballfan natürlich ein Muss eins der grössten und bekanntesten Stadien der Welt zu besichtigen. Das Erlebnis einer Stadionbesichtigung war an diesem Tag doch leider nicht zu realisieren, dafür geschah etwas anderes. Ein Jogger nähert sich und zückt in unmittelbarer Entfernung eine Waffe und fordert meine Eltern auf ihm alle Wertsachen auszuhändigen. Meine Mutter hält ihm die Tasche entgegen, in der sich neben Bargeld, Pässe, Flugtickets und der Schlüssel zum Apartement befindet. Der Ganove greift zu, doch mein Vater ebenso und reisst im die Tasche wieder aus der Hand. Wie er ihm in diesem Moment ohne ein Wort portugiesisch oder spanisch klar gemacht hat, dass er ihm nur das Geld aushändigen will weiss ich nicht, aber er gibt ihm lediglich das Bargeld und der Jogger packt die Waffe wieder ein und zieht von dannen. So, nah war ich also davon entfernt als Halbwaise aufzuwachsen… Zum Glück ist diese Geschichte gut ausgegangen und kann nun immer wieder zum besten gegeben werden.

Das Stadion befindet sich gerade im Umbau für die Fussballweltmeisterschaft 2014, sowie die Olympischen Spiele 2016. Um zum Eingangsbereich zu kommen muss ich das Stadion einmal umrunden und ich muss sagen, obwohl ich viele zwielichtige Gegenden auf dieser Reise gesehen habe, ist es hier wirklich ungemütlich. Vom Museum aus kann man durch eine Glasscheibe einen letzten Blick in das Stadion werfen in dem ehemals 220.000 Menschen Platz gefunden haben. Zuletzt war die Kapazität jedoch auf 100.000 Zuschauer beschränkt und nach den Umbauarbeiten wird es ein Fassungsvermögen von “nur noch“ 80.000 Personen haben. Trotz dessen, dass ich quasi nur noch die Ruine vorfinde ist es toll nochmal an solch einer historischen Stätte gewesen zu sein. Und damit war ich in (bzw. einmal nur an) jedem Stadion dieses Kontinents auf dem ein WM-Enspiel ausgetragen wurde: Santiago de Chile (1962), Buenos Aires (1978), Montevideo (1930) und nun Rio de Janeiro (1950). Dem fussballerischen Auftrag auf dieser Reise ist damit nun auch genüge getan. Im Museum finden sich Fussabdrücke brasilianischer Ballzauberer, aber auch anderer internationaler Fussballgrössen, u.a. Franz Beckenbauer. Das Mädel, dass hier eine Art Guide spielt hat allerdings noch nie von ihm gehört, so dass ich ihr Fussballfachwissen erweitere, damit sie bei dem nächsten Besucher damit protzen kann. Ich probiere dann auch mal ein paar Füsse aus und stelle fest, dass mir dabei die von Pelé am besten passen…war aber auch nicht anders zu erwarten 😉 Im Ausgang kann man dann noch Fotos mit einer Nachbildung des WM-Pokals machen und ich möchte hiermit schon mal zeigen wie ich Philipp Lahm (oder wer immer dann Kapitän sein wird) im Sommer 2014 sehen möchte.

Abends packe ich dann nach langem mal wieder meinen Rucksack, da ich morgen weiter zu den Wasserfällen von Iguazu fliege um von dort weiter nach Paraguay zu reise. Endlich wieder ein leichter Rucksack! Trotz des mässigen Wetters bleibt die Erinnerung an eine tolle Zeit in Rio, was meinen durchwachsenen Gesamteindruck von Brasilien doch herausgerissen hat. Die Stadt hat wirklich etwas bezauberndes und es gibt so viele Dinge zu sehen und zu erleben, dass die Zeit dafür viel zu knapp war. Vielen Dank auf diesem Weg auch an meine Gastgeber, die mich herzlich aufgenommen haben und alles getan haben um mir eine tolle Zeit zu bereiten, was auch funktioniert hat. Doch jetzt geht es zur letzten Etappe dieser Reise, auf zu den grössten Wasserfällen der Welt.





Rio – Copacabana & Zuckerhut

16 03 2011

08./09.03.2011, Tag 154/155

Der eigentliche Plan war es heute mit der Seilbahn auf den Zuckerhut zu fahren, aber es regnet mal wieder…also fahren wir ins Zentrum, was allerdings einer Geisterstadt gleicht, da irgendwo in Rio natürlich immer noch Carnaval gefeiert wird. Wir kommen an die Kathedrale , wo vor 15 Jahren eine Gruppe von Strassenkindern erschossen wurden, weil sie in der nahegelegenen Ladengalerie gehaust und regelmässige Diebstähle in den Läden verübt haben. Erst verstehe ich 50 Jahre und bin schon entsetzt, aber das war das Jahr 1996, also 15 Jahre, in dem hier eine öffentliche Hinrichtung stattgefunden hat! Das ist auch Brasilien…

Wir fahren zu einem Markt, der in einer Art Kolloseum untergebracht ist wofür man wiederum Eintritt zahlen muss…Rio ist auch leider kein Shopping-Paradies und selbst die dort angebotenen gefälschten Waren sind unheimlich teuer. Nachdem ich mal wieder das Problem der Geldbeschaffung hatte, gehen wir da sich das Wetter etwas gebessert hat an den wahrscheinlich bekanntesten Strand der Welt: Die Copacabana! Dazu hat man jetzt wahrscheinlich allerlei Bilder im Kopf, aber auch hier muss ich gerade für meine männlichen Leser einige Träume platzen lassen, denn nur mit minimalen Stoff bekleidete Strandschönheiten muss man hier wirklich suchen. Ansonsten versprüht der Ort aber trotzdem eine gewisse Schönheit, trotz der Hochhausfront im Rücken. Abends treffe ich mich nochmal mit Theresa, Steffi und einem Brasilianer (dessen Name ich mal wieder vergessen habe…). Unser Ziel ist einer der Clubs, was aber an den Eintrittspreisen scheitert, die zwischen 60 und 100 US-$ schwanken. Wir landen in einem Irish-Pub und selbst da müssen wir noch Eintritt zahlen! Vielleicht für die Klimaanlage, denn die läuft hier wieder auf Hochtouren… Auf dem Rückweg entdecke ich dann das in den besseren Vierteln die Strassenschilder beleuchtet sind. Als ich kurz später ein paar Obdachlose am Strassenrand liegen sehe stelle ich mir dann die Frage, ob man für die Kosten jedes einzelne Strassenschild auszutauschen und eine Stromleitung dorthin zu legen in dieser Stadt nicht besser hätte investieren können. Ich will jetzt nicht alles schlecht reden, denn grundsätzlich ist Rio eine wunderschöne Stadt, aber diese Gegensätze machen mich wie so oft nachdenklich.

Am nächsten Tag steht dann das nächste Highlight auf dem Plan, der “Pao de Azucar“, auf deutsch “Zuckerhut“. Da laut Lonely Planet die Aussicht am späten Nachmittag am besten ist steige ich erst gegen fünf in die Seilbahn, die man aus dem James Bond Film “Moonraker“ kennt. Die erste Seilbahn wurde 1912 eingeweiht und konnte 16 Personen befördern. Das aktuelle Nachfolgermodell fasst bis zu 65 Personen und fährt alle 3 Minuten. Der erste Stopp ist auf dem “Morco de Urca“, dem kleinen Berg der zwischen der Stadt und dem Zuckerhut liegt. Dort nimmt man eine zweite Gondel hinauf zum 395 m hohen Monolit. Diese Strecke wurde auch schon von einem Seiltänzer und einem Motorradfahrer (aus Deutschland) überwunden. Oben angekommen ist es gerade bewölkt und es wird langsam dunkel. Ich bin doch etwas spät dran und als mich dann noch ein Peruaner in ein längeres Gespräch über sein Land verwickelt ist es fast dunkel bis ich die ersten Fotos schiesse. Das ist das verhängnisvolle wenn ich meine Tasche mit den Länderaufnähern dabei habe, man kann sicher sein, dass mich irgendjemand darauf anspricht, denn die Südamerikaner sind begeistert vom Reisen, wenn selbst sie es nur meist in ihrem eigenen oder dem Nachbarland tun. Aber ich finde solche Unterhaltungen auch interessant und kann so auch mal wieder ein bisschen Spanisch üben, denn ich habe doch etwas Angst es langsam wieder zu vergessen.

Aber auch oder gerade bei Nacht ist der Blick auf die beleuchtete Copacabana und den Rest der Stadt beeindruckend. Leider zieht immer wieder einen Wolke durch und macht das Sichfenster zu. Aber es reicht um die traumhafte Lage dieser Stadt zwischen den zahlreichen Bergen zu erfassen. Der Mond wird sichtbar und plötzlich färbt sich eine der Wolken lila und man erkennt eine Form. Nach kurzem überlegen wird mir klar, dass es die Christus-Statue auf dem Cocorvado ist, die mit ausgebreiteten Armen aus dem Nebel zu kommen scheint. Ein Bild das mir tagelang im Kopf bleiben wird… Es beginnt zu regnen, besser gesagt zu schütten und ich dränge mich in die Seilbahn, wo man während der Fahrt einfach nichts sieht. In der Zwischenstation sitzt alles fest, da der Weg auf die andere Seite des Berges nicht ohne Schirm zu meistern ist. Ich gehe derweil in das dort befindliche Museum und bestaune die Geschichte vom Bau dieser Anlage. Irgendwann lässt der Regen nach und ich fahre runter. Mit den Bus komme ich zu einer riesigen Mall, wo ich Maryam und Haleh treffe und wir mit einem befreundeten Pärchen Pizza essen gehen. Morgen ist mein vorerst letzter Tag in Rio und da steht ein weiteres Highlight an, das Stadion Maracana.




Rio – “Carnaval“

16 03 2011

06./07.03.2011, Tag 152/153

Der Grund warum ich meine Reiseroute geändert habe und jetzt schon 3 Wochen vor Ende der Reise an meinem Abflugsziel bin heisst Carnaval! Da dieser 2011 ziemlich spät stattfindet will ich die Chance nutzen und mir das grösste Fest weltweit ansehen. Dazu muss ich vielleicht vorher erklären, dass der Carnaval hier sich nicht nur in der Grösse sondern auch im Ablauf von der deutschen Variante deutlich unterscheidet. Das was bei uns meist im Fernsehen gezeigt wird mit grossen Umzugswagen und leicht bekleideten Sambatänzerinnen findet nicht auf der Strasse, sondern im Sambadromo, einer Art länglichen Stadion statt. Dann gibt es noch den Strassenkarneval aber dazu später. Samba ist hier neben dem Fussball sowas wie die Volkssportart. Es gibt unzählige Sambaschulen, die direkt in der Woche nach dem Carnaval mit der Vorbereitung für die nächste Saison beginnen. Dabei werden Tänze und Choreografieren einstudiert und die Festwagen gebaut. Dabei kam es vor ein paar Wochen zu einem tragischen Zwischenfall bei welchem die Wagen von mehreren Gruppen niedergebrannt sind und man schon in Erwägung gezogen hat das ganze Fest abzusagen. Die Carnavals-Verrückten Brasilianer haben es aber geschafft innerhalb kürzester Zeit etwas neues auf die Beine zu stellen. Denn es geht hier nicht einfach nur um eine nette Show, sondern das ganze funktioniert wie in einem Ligensystem. Die 1. Liga tritt in der Nacht von Sonntag auf Montag auf und ermittelt einen Sieger, sowie einen Absteiger in die 2. Liga, die heute auftritt. Da die Karten ausverkauft sein sollen und wahrscheinlich auch deutlich teurer sind haben wir uns entschieden unser Glück heute bei den Schwarzmarkthändlern zu versuchen. Schwer zu finden sind diese nicht, denn aufgrund des anhaltenden Regens ist die Nachfrage nicht so gross wie normal. Für knapp 13 Euro bekommen wir dann 3 Karten für die letzte Tribüne, quasi das Finale des Festzugs. Das Sambadromo ist 700 m lang, so dass es knapp 30 Minuten dauert bis die Spitze einer Gruppe vom Start bis ins Ziel marschiert ist. Erst wenn dann die komplette Gruppe mit ihren 3000 – 4000 Personen durch ist, was bis zu 90 Minuten (!) dauern kann, zieht vorne die nächste los. Das erklärt auch warum die Show bis in die Morgenstunden dauert. Insgesamt passen 88.500 Zuschauer in das Sambadromo, die auf 13 Tribünen verteilt sind. Überwacht wird das ganze von Jesus höchstpersönlich, der von dem Cocorvado herabblickt. Warum die Karten so billig waren sehen wir schon von aussen. Aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen ist die letzte Tribüne ein Stück nach hinten versetzt, so dass man nur nach vorne Sicht hat und nicht die komplette Länge der Strecke überblicken kann. Mit unseren Regenponchos suchen wir uns einen Platz auf dem Oberrang und stellen fest, dass es heute bei weitem nicht ausverkauft ist… Aufgrund der schlechten Sicht kann man die Kostüme nur über den Bildschirm beobachten. Von oben erkennt man nur die spektakulären Wagen und kleine Menschen die darauf herumtanzen. Jede Gruppe hat ihre Geschichte, die sie erzählt und dazu gibt es einen eigenen Samba-Song, der in Endlosschleife läuft und das wie gesagt bis zu 90 Minuten… Die Spitze des Zuges bildet immer ein Paar, dann kommen mehrere Tanzgruppen und Wagen (die trotz ihrer Grösse von Hand geschoben werden!) und relativ zum Schluss die Trommlergruppen. Ein sensationelles Spektakel, dem auch einige Prominente beiwohnen. So wird Ronaldinho, der wie gesagt für Flamengo spielt, auf der Leinwand gezeigt und wenig später entdecke ich ihn gegenüber in einer Loge. Die Leinwand ist sehr praktisch, da wir wenigstens so die Tänzerinnen aus der Nähe zu sehen bekommen. Die Brasilianer haben für diejenigen deren Attraktivität erst unterhalb des Kopfs beginnt die Beschreibung “Mulhea Camaran“, “Shrimp Frauen“, da man den Kopf wegwerfen und nur den Rest nehmen soll. Oder sie geben den Spitznamen “Raimundo, feia de cara, bonita de bunda“, was soviel heisst wie hässliches Gesicht aber schöner Hintern. Soviel zum Basiswissen 😉

Die Show ist wirklich der Wahnsinn, aber nach gerade mal vier Gruppen haben wir um 3.00 Uhr dann genug gesehen und machen uns auf den Heimweg. An der Strasse entdecken wir Berge von Kostümen, die von den Teilnehmern einfach weggeworfen wurden. Ich würde behaupten, dass man mit der Masse die alleine heute dort liegt, den kompletten Bürgeler Fastnachtsumzug ausstatten könnte. Wenn ich mehr Platz hätte würde ich einen Satz für meine Berjeler Fans Fastnachtsgruppe mitnehmen, aber leider sind die Kostüme so gross und aufwendig, das schon der Heimtransport hier schwierig wird. Denn da Haleh und ich beide kein Kostüm für den Strassenkarneval haben, decken wir uns nun erstmal ein. Dabei finde ich ein Wikingerkostüm was gut zu meinen äusseren als “Nordmensch“ passt. Draussen auf der Strasse stehen immer noch die Gruppen aufgestellt, die später noch ihren Auftritt haben. Ein paar Meter weiter an der Metrostation liegen neben den Feiernden die Obdachlosen auf der Strasse zugedeckt mit löchrigen Decken und Pappkartons. Einer liegt zusammengekauert mitten auf der Halteplattform für die Busse, das zerissene T-Shirt über Kopf und Knie gezogen. So eng liegen die Unterschiede beieinander in Brasilien. Da werden Kostüme weggeworfen deren Herstellungskosten wahrscheinlich ein ganzes Armenviertel für ein Jahr hätte ernähren können…

Sonntags wollen wir uns den Strassenkarneval ansehen, der zu verschiedenen Uhrzeiten in den jeweiligen Stadtteilen stattfindet. Die ersten beiden Veranstaltungen für den heutigen Tag haben wir leider verschlafen, daher geht es erst gegen Mittag nach Ipanema. Dabei treffe ich mich mit Theresa, die auch gerade in Rio ist und bei der Familie ihrer Freundin Steffi wohnt, die ebenfalls mit von der Partie ist. Eigentlich war geplant, dass sich hier die komplette Reisegruppe nochmal trifft, aber da André nach Kolumbien geflogen und Anja noch in Argentinien ist, ist nun nur die Hälfte vertreten. Den Carnaval da Rua gibt es erst seit ein paar Jahren wieder. Zuvor sind die Einwohner Rios während der Karnevals-Ferien meist verreist um den Touristenhorden aus dem Weg zu gehen. Dann fing man an in einigen Nachbarschaften, was hier der Begriff für Stadtteil ist, Fussmärsche zu veranstalten, die sogenannten Blocos. Bei einem Bloco gibt es ein paar Trommler, oder manchmal auch einen Wagen mit Musik, die das Publikum anheizen, während man durch die Strassen des Viertels zieht. Dabei wird gefeiert, getanzt und vor allem getrunken. Geworfen wird nichts, daher würde ich es vom Ablauf her eher mit der Loveparade als mit einem Umzug in den deutschen Rheinmetropolen vergleichen. Die meisten sind dabei auch verkleidet, aufgrund der Temperaturen aber deutlich dünner als bei uns. Das ist auch so ein Problem, warum ich eigentlich gar nicht in Faschingsstimmung bin, das Wetter passt einfach nicht. Wie schon an Weihnachten und Silvester ist es einfach zu ungewohnt, dass es nicht kalt ist… Vom Bloco in Ipanema bekommen wir leider auch nur noch das Ende mit, also gehen wir an den Strand, wo die Leute noch kräftig am Feiern sind. Abends sehen wir dann das ausverkaufte Sambadromo im Fernsehen, diesmal auch ohne Regen. Doppeltes Pech gehabt…

Am Rosenmontag geht es früh raus, denn heute soll es endlich klappen mit einem richtigen Bloco. Maryams Freundinnen Fernanda und Elena holen uns gegen 9.00 Uhr ab, ich werfe meinen Wikinger über und dann geht es los. Da ich noch kein Frühstück hatte brauche ich erstmal einen Hot-Dog bevor ich mit dem Biertrinken anfange, ich werde alt… Das Primärziel der Stadtverwaltung Rios scheint auf dem Einschränken des “Wildpinkelns“ zu liegen, denn überall weisen Schilder darauf hin und selbst gestern im TV kamen Werbespots dazu. Wir laufen erst am hinteren Teil des Blocos, entscheiden uns dann abzukürzen damit uns der Wagen entgegen kommt. Ich merke den Nachteil meines Kostüms, denn in der Menschenmenge ist es extrem schwer damit durchzukommen. Als wir einen guten Platz gefunden haben dauert es noch eine gute Stunde bis sich der Wagen nähert, dessen Betreiber ein Bierhersteller ist, der eine Dose in Megaformat durch die Strassen schickt. In der Kurve vor uns bleibt der Wagen dann stecken und so spielt die Musik nun direkt vor uns, während aus den oberen Stockwerken der Häuser eine kostenlose Duschen für die schwitzende Menge gibt. Auffällig ist, das Brasilianer dazu neigen sich als Frauen zu verkleiden, ich würde behaupten gut die Hälfte trägt ein Kostüm des anderen Geschlechts und bei der anderen Hälfte ist es ein Renner sich als “Deutscher“ zu verkleiden! Davon kommt mir eine ganze Gruppe entgegen, mit Bayern-Outfit unter blonder Perücke. Ob ich nächstes Jahr als Brasilianer gehen soll 😉

Als wir die Location wechseln wollen, merke ich beim Laufen wie irgendwas an der Knietasche meiner Hose zieht, ich greife nach unten und merke, dass die Tasche geöffnet ist. So schnell es mit meinem voluminösen Kostüm geht drehe ich mich um und sehe einen Typ sich seitlich von mir wegbegeben, Erwischt! Mein Portemonaie, in dem sich aber sowieso nur Kleingeld befindet ist noch da. Nachdem wir etwas gegessen haben geht es nach Botafogo zum nächsten Bloco. Hier gibt es neben dem Festwagen noch eine Bühne auf der Beatles-Songs gespielt werden, ein echter Renner. Unter unseren Begleitern wird heute hauptsächlich portugiesisch gesprochen und ich bin froh, das Haleh dabei ist. Wenn wir mal wieder länger nichts verstanden haben sagt dann einer von uns zum anderen: “Hey, they make this funny voices again“ um dezent darauf aufmerksam zu machen, dass wir die Sprache nicht verstehen. Die Tour endet am frühen Abend, auch bedingt dadurch, dass das recht dünne brasilianische Bier auf mich irgendwie eine einschläfernde Wirkung hat und ich gegen sieben kaum noch die Augen offen halten kann… Damit endet dann das Kapitel “Karneval in Rio“. Ein Riesenspektakel und absolut sehenswert, aber man muss eine Leidenschaft für Samba haben und ordentlich trinken um wirklich mitziehen zu können.

Wir widmen uns dann ab morgen wieder den anderen Highlights die Rio des Janeiro zu bieten hat und das sind nicht wenige




Rio de Janeiro

16 03 2011

03. – 05.03.2010, Tag 149 – 151

Um 13.00 Uhr starte ich mit dem Bus Richtung Rio de Janeiro. Wirklich schade, dass ich von dieser hübschen Stadt und den Stränden wegen des Wetters so gut wie nichts gesehen habe. Während der Fahrt kann man auch nur erahnen wie schön die Landschaft ist, da das meiste von Nebel eingehüllt ist. Ab und an erblickt man einen Strandabschnitt und eine der vielen grünen Inseln, die kurz vor der Küste liegen. Gegen sechs erreichen wir den äusseren Stadtrand von Rio. Eigentlich sollten wir jetzt schon da sein, aber es herrscht Stau, den unzählige Strassenhändler nutzen um ihre Waren direkt am Wagen feil zu bieten. Neben der Stadtautobahn wechseln sich Industriebauten mit Armenviertel ab. Daneben dann plötzlich ein riesige Mall, da sind die Unterschiede in Brasilien… Wir brauchen fast 1,5 Stunden bis wir das Terminal erreichen. Dort warte ich dann nochmal 30 Minuten auf ein Taxi, mit dem ich dann zu meinen Gastgebern in den Stadtteil Jardim Botanico fahre.

In Rio habe ich nämlich wieder eine Privatunterkunft, was gerade wegen der ins unbezahlbare steigenden Preise während des Carnavals sehr praktisch ist. Meine Gastgeberin ist Maryam, die Cousine väterlicherseits von Amanda und Valentin. Deren Vater Pit hatte für mich den Kontakt zu seiner Schwester Ursula hergestellt, die bereits meine Eltern bei ihrer Südamerika-Reise vor 30 Jahren beherbergt hatte. Der Taxifahrer kennt den Weg nicht, also ruft er kurz an und lässt es sich erklären… Danach bekomme ich eine kurze Unterweisung über die Highlights von Rio in einem Spanisch/Portugiesisch-Mix (wobei das letztere überwiegt), während wir den Tunnel unterhalb des Cocorvados passieren. Im dem schicken Apartement von Maryam begrüsst mich Ursula, da meine Gastgeberin noch nicht da ist, und zeigt mir meinen Schlafplatz: Ein eigenes Zimmer mit eigenem Bad. So einen Luxus hatte ich seit 5 Monaten nicht mehr! Als Maryam, dann eintrifft gehen wir zusammen Abendessen in ein Restaurant in dwm man pro Kilo zahlt. Dabei erzählt ihre Mutter, dass sie gerade in der Woche geboren wurde als meine Eltern hier zu Besuch waren und sie ein paar Jahre später auf einem meiner Kindergeburtstage im Garten meiner Oma waren. Witzig wie eng das doch alles irgendwie immer zusammenhängt. Auf dem Heimweg erblicke ich dann vor dem Apartement die beleuchtete Christus-Statue auf dem Cocorvado, wenn das mal kein Anblick ist!

Am nächsten Morgen trifft Maryams Cousine Haleh aus den USA ein. Das ist wiederum auch ein glücklicher Zufall, denn so stehen sowieso einige touristische Highlights und Carnaval auf dem Programm, so dass ich mir nicht selbst irgendwas organisieren muss, sondern einfach mit den beiden unterwegs sein kann. Heute ist allerdings erstmal Familientag und so mache ich einen ersten Rundgang in Richtung Strand. Der Stadtteil Jardim Botanico, der nach dem angrenzenden Botanischen Garten benannt ist, ist ein schickes Wohnviertel. Davor erstreckt sich die Lagoa Rodrigo de Freitas, eine Süsswasserlagune mit einem Umfang von 7,5 km. Ich laufe entlang und entdecke einige Ruderboote. Hier befindet sich nämlich unter anderem das Trainingsgelände von Flamengo, den einige vielleicht als erfolgreichen Fussballclub kennen, der aktuell Ronaldinho unter Vertrag hat. Ursprünglich handelt es sich beim Club Regattas Flamengo Rio de Janeiro allerdings um einen Ruderverein. Ich entdecke das moderne Vereinsgebäude in dem sich neben einem Museum ein riesiger Shop befindet in dem man von Ruderbekleidung bis zum Fussballtrikot alles in den Vereinsfarben kaufen kann. Die Lagoa wird umrahmt von einem breiten Grünstreifen, der von Joggern und anderen Sportlern genutzt wird. Heute ist es bewölkt und nicht so heiss wie normalerweise in Rio, ein guter Tag für einen Rundgang. Die Gegend, an die sich die ebenfalls schicken Strandorte Leblon und Ipanema anschliessen hat eine beeindruckende Schönheit. Die Lage am Wasser, eingerahmt von grünen Bergen, die mich ein wenig an die Gegend um Machu Picchu erinnern. Ich entdecke einige Enten mit roten Schnabel und gelben Füssen und bin begeistert, dass hier selbst solch kleine Dinge auffallen. Mein Weg führt mich durch Ipanema zum Strand, der quasi die Konkurrenz zur Copacabana ist. Danach kaufe ich im Havainas-Shop ein paar neue Flip-Flops, da meine alten sich bereits in Patagonien verabschiedet haben. Für den Rückweg nehme ich die andere (deutlich längere) Seite um die Lagoa und entdecke die Startanlage für die Ruderboote. Oberhalb sind in einen Berg Zementpfeiler eingesetzt, um diesen vom herabstürzen zu schützen. Direkt davor stehen einige Hochhäuser, sicher keine ganz angenehme Wohnsituation mit dem Berg im Rücken, der sich einiger Teile entledigen will…

Zum Abendessen sind wir in Penthouse von Ursula und ihrem Mann Khosrow, der aus dem Iran stammt und acht Sprachen spricht. Ihre erste Tochter Suzan ist in London geboren, während Maryam wie erwähnt in Rio geboren wurde und somit die brasilianische Staatsangehörigkeit besitzt. Die Kommunkikation erfolgt aus einem Mix von Portugiesisch und Englisch. Man fragt in der einen Sprache und der andere antwortet in der anderen Sprache, beeindruckend. Die Wohnung im 10. Stock erstreckt sich über zwei Stockwerke, über denen sich die Dachterasse befindet, von wo aus man einen tollen Blick über die Lagoa und die angrenzenden Wohnviertel auf der einen und den Nationalpark, sowie den Cocorvado auf der anderen Seite hat. Aber nicht nur das ist beeindruckend, sondern die gesamte Wohnung, die mit Souvenirs aus allen Teilen der Welt gespickt ist, ein Paradies für einen Traveller.

Der 05.03.2011 ist der 90. Geburtstag meiner Oma. Ich fühle mich schon ein wenig schlecht, das ich nicht zu Hause bin, da dieser Termin bei meiner Reiseplanung doch irgendwie durchgerutscht ist. Also ich hatte den Geburtstag nicht vergessen, sondern einfach nicht ausgerechnet der wievielte es ist… Ein Fehler, der mir selten unterläuft und was auch ein bisschen an mir nagt. Zudem ist ihre gesundheitlich Situation derzeit so, das keine Feier möglich ist, was mir auch ziemlich auf die Stimmung schlägt.

Wir fahren mit dem Auto in den Nationalpark Tijuca, der sich direkt hinter dem Stadtteil erstreckt. Es ist überhaupt beeindruckend wie grün hier alles ist, ich habe noch nie eine Stadt gesehen in der es soviel Natur gibt. Rio beginnt trotz des immer noch trüben Wetters meinen Eindruck von Brasilien herauszureissen. Vom Vista Chinesa, einem Aussichtspunkt, hat man einen tollen Blick über die Stadt bis hinaus auf den Atlantik und den Zuckerhut. Anschliessend fahren wir über eine kilometerlange Brücke rüber nach Niteroi, einen Stadtteil der sich damit rühmen kann den besten Blick auf Rio zu haben. Das Museum welches in einem Gebäude untergebracht ist, dass wie ein Raumschiff wirkt, ist wegen des Karnevals leider geschlossen. Daher begeben wir uns direkt in ein nahe liegendes All you can eatRestaurant. Dort lasse ich mich dann dazu überreden eine brasilianische Spezialität zu probieren: Hühnerherz! Kaut sich etwa wie Gummi, aber vom Geschmack her o.k. Das Buffet bietet allerdings so viele andere Köstlichkeiten, dass ich mich erstmal dort durchesse. Ein Traum für einen Low-Budget Reisenden. Ich bin danach so vollgestopft, dass ich am Abend, am nächsten Morgen und Mittag nichts essen werde…

Abends bzw. Nachts beginnt dann das eigentliche Highlight Rios, der Carnaval…





Paraty

16 03 2011

02.03.2011, Tag 148

Paraty ist sowas wie das brasilianische Gegenstück zu dem uruguayischen Colonia del Sacramento. Ein hübsche alte Kolonialstadt, mit malerischen Sandständen. So sagt man zumindest, denn von letzteren sehe ich wenig da es mal wieder regnet und zwar den ganzen Tag… Da die Stadt ehemals so konstruiert war, dass die Strassen als Abwasserleitungen funktionierten ist das sich fortbewegen alles andere als einfach. Zudem besteht das “Kopfsteinpflaster“ aus grossen Steinen unterschiedlichster Form, die einfach irgendwie aneinander gepasst wurden. Sehr schön anzusehen, aber wir hatten bereits gestern Probleme darauf vernünftig zu laufen und nun ist der Untergrund auch noch extrem glitschig. Also passiert an dem Tag nicht viel, ausser das ich mal wieder das Problem zu lösen habe wie ich in Brasilien an Geld komme…es ist mir ein Rätsel wie das Land, das bisher die beste Infrastruktur aufweist, mit solch einfachen Dingen Besuchern solche Probleme bereiten kann, aber dies haben mir andere Traveller bereits auch so bestätigt. Das eigentlich ganz nette Hostel bietet mit dem 9-Personen Dormitorio auf engstem Raum nicht gerade viel Platz um irgendwo abzuhängen, also versuche ich den Tage sinnvoll rumzubekommen und schreibe an dem Blog 🙂 Abends treffe ich mich nochmal mit Astrid und das war es dann auch schon mit dem Paraty-Aufenthalt. Die letzte Woche, die quasi mein Strandurlaub“ auf dieser Reise sein sollte, ist komplett ins Wasser gefallen. Mal sehen was Brasilien ab morgen zu bieten hat, auf geht’s nach Rio de Janeiro.




São Paulo

16 03 2011

01.03.2011, Tag 147

Zum letzten Monatwechsel erreiche ich mit zwei Stunden Verspätung um halb neun morgens Sao Paulo, mit 19 Millionen Einwohnern, die grösste Stadt Brasiliens, Südamerikas und der Südhalbkugel. Vor der Stadt sieht man schon etliche Slums und auch auf dem weiteren Weg folgt nichts was mich zum bleiben bewegen könnte. Daher geht es auch direkt zum Ticketschalter, der einzigen Busgesellschaft, die das historische Strandörtchen Paraty anfährt was mein letzter Stopp auf dem Weg nach Rio sein soll. Da wir so spät dran sind ist der erste Bus schon weg, der nächste um 12.00 Uhr ausgebucht und so besteht nur noch die Möglichkeit um 16.00 Uhr zu fahren. Na toll denke ich, denn das heisst das ich insgesamt rund 30 Stunden unterwegs bin und eigentlich will ich nun nur ein Bett… Aber ich schlucke die bittere Pille, schliesse meinen Rucksack ein und fahre in die Stadt, nachdem die Dame an der Touristeninfo nicht gewillt war mir etwas von der berühmten brasilianischen Gastfreundschaft zu zeigen.

Die Plaza Sé bildet das Zentrum und wird von der sehenswerten Kathedrale überragt. Mal etwas anderes ist auch der Fussgängerüberweg in Form eines Viadukts und die vielen alten VW-Busse, die hier sogar von der Polizei gefahren werden. Das ist dann aber auch fast schon alles was mir in diesem Grossstadtmoloch zusagt. Besonders auffallend und in meinem Fall auch nervig sind die vielen Obdachlosen, die überall in der Stadt herumlungern und wenn sie einen Touristen erblicken auf diesen zustürmen und mit irgendetwas zutexten wollen. Ich setze einen bösen Blick“ auf und mache eine abwehrende Geste mit der Hand sobald wieder einer zielgerichtet auf mich zuläuft. Doch das scheint die Jungs nichts abzuschrecken und der Stadtrundgang wird zu einem echten Spiessroutenlauf. Ich überlege schon, ob ich nicht aus der flach ausgestreckten Hand eine Faust machen und den nächsten “dagegen laufen“ lassen soll, so gestresst bin ich nach ein paar Stunden irgendwannn. Und das nachdem mich sämtliche Händler und Taxifahrer Südamerikas nicht aus der Ruhe bringen konnten… Aufgrund der zahlenmässigen Unterlegenheit verwerfe ich dieses Vorhaben doch dann wieder. Ich wundere mich aber trotzdem, dass ich gerade hier so stark aufzufallen scheine, denn 55 % der Brasilianer sind hellhäutig. Damit muss ich dann leider auch mal den im Fussball gern benutzen Ausdruck “weisser Brasilianer“ in Frage stellen, denn davon gibt es mehr als von allen anderen Rassen. Auf jeden Fall bin ich doch etwas genervt und daher mache ich etwas, was ich immer mache, wenn meine Laune zu schwanken beginnt, ich gehe zu McDonalds. Das wirkt wie bei anderen Leuten Schokolade essen 😉

Nach 8 Stunden habe ich dann deutlich genug von der Stadt und bin froh in den Bus zu steigen. Dort lerne ich Astrid kennen und so werden die letzten 6,5 Stunden dieses Mammut-Trips recht kurzweilig. Da ich kein Hostel reserviert habe versuchen wir in ihrem noch ein Bett zu bekommen, aber ohne Erfolg. Nach langem Suchen werde ich dann gegen 1.00 Uhr Nachts fündig, 32 Stunden nachdem ich vom Hostel in Floripa aufgebrochen bin. Ich hoffe Paraty ist diese Reisestrapazen wert…





Florianopolis & Isla St. Catarina

16 03 2011

26. – 28.02.2011, Tag 144 – 146

Die Nacht ist kalt und zwar richtig. Als ich mich morgens umsehe, sehe ich meine Bettnachbarn in warme Klamotten gehüllt oder mit Handtüchern zugedeckt. Dummerweise kann man die Klimaanlage auch nicht ausstellen. Draussen läuft erstmal eine Kuh vorbei, das sieht hier doch schon deutlich netter aus als in einer Grossstadt. Da ich für die weitere Reise noch ein paar Dinge zu organisieren habe beschliesse ich erst nach der Mittagshitze an den Strand zu gehen, da es mich als Mitteleuropäer sonst wahrscheinlich sowieso umhauen würde. Eine fatale Entscheidung… Um an die “Praia de Mole“ zu kommen, einen Strandabschnitt, den mir Robin gestern als traumhaft beschrieben hat, muss ich über einen Hügel, von dem man aus einen schönen Blick auf die Lagoa Conceicao hat, welche die Isla St. Catarina vom Festland trennt. Der Strand liegt hinter einem breiten Grünstreifen und ist durchaus schön, aber traumhaft…?! Ich glaube ich bin ein wenig verwöhnt, denn seit meiner Thailand-Reise konnte mich bisher kein Strand wirklich beeindrucken, da ich einfach immer diese Bilder von weissen Stränden, klaren türkisblauen Wasser und Schatten spendenden Palmen die bis ans Wasser reichen im Kopf habe. Nach einer halben Stunde verschwindet dann auch noch die Sonne und das war es dann mit meinem Strandtag…

Im Hostel repariere ich erstmal den Wasserhahn, der gegen die Wand gedreht ist und befestige mit meinem Panzertape den Spiegel. Zum Glück haben die Deutschen immer alles dabei meinen meine Zimmergenossen aus Schottland. Das Publikum in dem Hostel besteht vorwiegend aus Englischsprachigen. Das kann man in fast jedem Hostel beobachten, dass sich diese als Gruppe zusammentun und in ihrer Muttersprache kommunizieren, während sich auf der anderen Seite die Einheimischen mit denen unterhalten, die ihre Sprache sprechen und dazu gehören meist erstaunlich viele Deutsche und mir fällt auf, dass ich mich in der letzten Zeit eigentlich nur mit dieser Gruppe abgegeben habe. Eine Gruppe Englischer Mädels ordert einen Cocktail nach dem anderen und irgendwann gesellen sich ein paar Brasilianer dazu, die “leichte Beute“ wittern. Ich weiss nicht genau warum, aber irgendwann schiebt eines der Mädels ihren Verehrer von sich weg, woraufhin er sich veranlasst fühlt ihr eine zu klatschen…ein echter “Latin-Lover“, aber wenigstens ist nun was los, während es draussen aus Eimern regnet.

Am nächsten Morgen ist das Wetter nicht viel besser. Da bin ich in Brasilien, das Land das quasi für die Sonne steht und es regnet… Eigentlich wollte ich den touristisch noch recht unerschlossenen Teil im Süden der Insel erkunden, aber das kann ich mir sparen. Also laufe ich an der Lagoa entlang, die von grossen Sanddünnen gesäumt wird zur Busstation und fahre in die Stadt um am Terminal ein Ticket nach Sao Paulo zu buchen, von wo aus ich weiter nach Paraty will. An einem Sonntag ist das gar nicht so einfach, denn neben der wie augestorbenen Stadt sind im Busbahnhof nicht nur die Toiletten geschlossen, sondern die Bankautomaten machen auch Pause… Nachdem das dann irgendwann doch geklappt hat schaue ich mich noch ein wenig im recht schönen Floripa um, wo noch die Festdeko von der Party am Freitag über der Strasse hängt.

Beim Auschecken am Montag verrechnet sich der Kerl an der Rezeption, so dass ich ca. 10 Euro einspare. Ich überlege erst ob ich was sage, bin aber ehrlich gesagt gerade etwas sauer, da ich auf dem Hostel-PC meine USB-Sticks mit der Sicherung meiner Fotos mit einem Virus infiziert habe und sie nun formatieren muss. Zum Glück habe ich mir in Montevideo Zeit genommen alles auf DVD zu brennen. Allerdings verbringe ich trotzdem danach mehrere Stunden im Internet-Café um wieder alles von den Karten zu holen was ich noch habe und zu sortieren. Der Bus in den ich um 19.00 Uhr steige ist ziemlich leer, was wohl der Grund ist, warum kein Film gezeigt wird. Nicht das ich heiss auf portugiesische Filme bin, aber da es bereits stockdunkel ist kann man sonst wenig machen. Zum Glück ist Santiago, ein Australier, auch gelangweilt und so können wir etwas “Traveller-Smalltalk“ halten um die Nacht herumzukrieren, die wieder richtig kalt ist. Gegen Mitternacht erreichen wir Curitiba und der Bus füllt sich langsam. Zum Glück bleibt der Platz neben mir jedoch frei und so kann ich den Umständen entsprechend bequem schlafen.





Porto Alegre

16 03 2011

24./25.02.2011, Tag 142/143

Als wir gegen acht Porto Alegre erreichen und ich aus dem Bus steige laufe ich quasi gegen eine Wand, so schwül und heiss ist es. Die nächste “Wand“ gegen die ich dann laufe ist die portugiesische Sprache. Es heist ja allgemein, wenn man Spanisch spricht versteht man auch Portugiesisch, weil sich die Sprachen so ähnlich sind, ich würde das aber nicht so unterschreiben, denn dieser “Singsang“ den die Brasilianer von sich geben erinnert mich eher an eine asiatische Sprache. Dazu entpuppt es sich als ernstes Problem jemanden zu finden, der Spanisch oder Englisch spricht, selbst im Hostel bekommen sie nur ein paar Brocken heraus. Eine Situation die mich erstmal ein wenig frustriert, denn so überhaupt nicht kommunizieren zu können ist auf die Dauer sehr anstrengend. Daraufhin beschliesse ich nur noch in Länder zu reisen deren Sprache ich spreche oder wenigstens die Grundzüge vorher zu lernen.

Da die Nacht kurz war lege ich mich erstmal ins Bett während das Thermometer schon auf über 30 Grad steht. Bei 10 Personen im Raum mit nur einem Ventilator nicht ganz angenehm, aber alles andere ist nicht bezahlbar, denn Brasilien ist teuer. Hatte ich mich über die Preise in Argentinien schon geärgert so toppt das Land hier doch alles. Vom Preis her ein Traveller-Albtraum. Nachmittags laufe ich durch die wuselige Stadt, die die Brasilianer als “schön“ beschreiben, Geschmäcker sind verschieden… Porto Alegre ist eine typische Hafenstadt, hat zwar ein paar nette Häuser, aber irgendwie nichts prickelndes und dazu herrscht eine unbarmherzige Hitze. Hinter dem Marktgebäude beobachte ich dann einen Typen wie er einen Gullydeckel anhebt und ein Päckchen herausholt, vielleicht sein Briefkasten?! Eher nicht 😉 Das waren dann eigentlich auch schon die “spannenden“ Erlebnisse aus dieser Stadt. Eigentlich wollte ich bis morgen Abend bleiben und dann mit dem Nachtbus weiterfahren, um eine Übernachtung einzusparen. Diese Taktik hatte sich ja bisher bewährt, allerdings erzählt mir dann ein Amerikaner, dass er in Brasilien immer tagsüber fährt um der Hitze zu entgehen, da die Busse klimatisiert sind. Das Argument kann ich teilen, ausserdem will ich so schnell es geht an den Strand und buche daher mein Ticket auf den nächsten Mittag um.

Auf dem Weg zum Terminal am nächsten Tag stelle ich mir die Aufgabe möglichst wenig zu schwitzen, unmöglich. Angekommen entdecke ich dann die brasilianische Küche. Besonders die mit Käse gefüllten Teigtaschen und eine Art Hackfleischrolle haben es mir angetan. Als wir Porto Alegre verlassen sehe ich dann die ersten Favelas, die sich doch nochmal deutlich von den Armenvierteln unterscheiden, die ich bisher gesehehen habe. Der Film im Board-TV ist nur auf Portugiesisch…nicht das ich was anderes erwartet hätte, aber im Spanischsprachigen Raum hatte man meist Englische Untertitel und konnte das Programm nutzen um etwas von der Sprache aufzuschnappen, hier Fehlanzeige. Die Klimaanlage ist voll aufgedreht, so dass ich tatsächlich anfange zu frieren und das in Brasilien. Derweil beginnt es draussen zu regnen. Während einer Pause steige ich dann aus um mich aufzuwärmen…dieses Phänomen wird mir noch öfters begegnen, denn die Brasilianer sind geradezu davon besessen ihre Klimaanlagen möglichst auszureizen!

Als ich Floripa, so der Spitzname von Florianopolis, ankomme findet gerade eine Karnevals-Party statt. Zu Dumm, dass ich mein volles Gepäck dabei und noch keinen Schlafplatz für die Nacht habe… Eigentlich ist die Stadt auch nur Zwischenstopp, denn ich will weiter auf die Isla St. Catarina, die sich in unmittelbarer Nähe erstreckt und wo sich sehr schöne Strände befinden sollen. Mit dem Lokalbus fahre ich nach Centro de Lagoa, wo mir Robin, ein Engländer der in Sao Paulo lebt den Weg an der Lagune entlang zu der Strasse mit den Hostels zeigt. Das erste ist das “Che-Lagarto“, für das ich aus Montevideo noch eine Karte mit 20 % Rabatt besitze, also checke ich ein und bekomme ein Bett direkt unter der Klimaanlage zugewiesen…