Reserva Nacional de Fauna Andina
10 01 201120./21.12.2010, Tag 76/77
Als letzte von mehreren Jeep-Gruppen, die im Salzhotel genächtigt haben, starten wir zum zweiten Teil unserer Tour durch den tiefen Süden Boliviens mit dem Ziel Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Avaroa. Die Fahrt über die Naturstrasse ist mühsam und wir kommen nur langsam voran. Eine kleine Abwechslung bieten uns hier Vicuña-Herden, eine kleine Version des Lamas, welche neben der Strasse grasen. Wir machen Station in einer Art Mondlandschaft, wo das Highlight eigentlich der Ausblick auf den benachbarten (aktiven) Vulkan Ollagüe sein soll, der munter seine Rauchwolke ausstösst. Wir begeistern uns allerdings fast noch mehr für die bizarren Gesteinsformationen, deren rötliche Färbung an den Grand-Canyon erinnern.
Kurze Zeit später erreichen wir die Lagune Cañapas und staunen nicht schlecht: Über das flache Gewässer verteilt sehen wir hunderte Flamingos, die eingerahmt von der Bergkulisse im Hintergrund ein fantastisches Bild abgeben. Als wir aussteigen und Richtung Wasser gehen kommt eine Herde Vicuñas vorbei und fängt direkt vor unseren Objektiven, in maximal 10 Meter Entfernung, an zu grasen! Was ein Bild diese beiden Tierarten zum ersten mal in freier Natur zu sehen, so nahe und vor so einer Kulisse. Als Zugabe kommt bei unserer Abfahrt noch ein Andenfuchs in Richtung des Autos. Wir zücken hektisch die Kameras in Annahme er würde schnell wieder verschwinden, aber im Gegenteil schaut er bettelnd Richtung Auto um vielleicht die ein oder andere Futterspende zu ergattern. Zum Mittagessen machen wir an der Lagune Chiarcota Station, die das selbe Schauspiel bietet wie die erste Lagune, nur alles nochmal eine Nummer grösser. Dazu kommt die Sonne raus und die auf der Lagunen verteilten Salzkrusten beginnen sich zu spiegeln. Was ich jetzt schon weiss: Diese Tour hat sich auf jeden Fall gelohnt und zusammen mit unseren beiden neuen Reisepartnern haben wir zudem noch jede Menge Spass 🙂 Nach dem Essen machen wir noch einen kurzen Spaziergang zum Aussichtspunkt oberhalb der Lagune, von wo aus die Berge im Hintergrund wie ein „Sandbild“ wirken. Die Eindrücke sind so fantastisch, dass man sie kaum alle in so kurzer Zeit verarbeiten kann.
Die Jeeps brausen nun über die weite Ebene im Stile der „Rallye Dakar“, die in wenigen Wochen in Argentinien und Chile stattfindet. Wir stoppen an einer Felswand und entdecken eine Art Chinchillas, dort seelenruhig sitzen und die Szenerie beobachten. Das nächste Ziel ist der „Arbol de Piedra“, ein „Baum aus Stein“, der neben diversen anderen skurilen Felsformationen mitten in der Wüste steht. Wir machen an der Rangerstation halt um unseren Eintritt für den Nationalpark zu entrichten und fahren weiter zur Laguna Colorada. Ich dachte ich hätte heute schon alles gesehen, aber das toppt nochmal alles bisherige: Vom Mirador auf einer Halbinsel mitten im See breitet sich vor uns ein bunter Teppich in allen Farben aus: Verschiedene blau- und grüntöne, türkis, rot, lila, orange und pink. Dazu die weisse Salzkruste im Hintergrund und (fast schon obligatorisch) die Flamingos als zusätzliche Farbtupfer mittendrin oder im Flug darüber. Unglaubliche Bilder! Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich denken ich bin bekifft, dass ich solche Farben in einem Gewässer sehe^^ Es ist ziemlich kalt und dank meinem Optimismus am heutigen Morgen stehe ich nun in kurzer Hose, mit zwei Pullis und Mütze da, aber was macht das schon bei so einer Kulisse?!
Unseren Schlafplatz für die Nacht finden wir in einem einfachen Hostel am Rande der Lagune. Abends sitzen wir in einer fast ausschliesslich deutschen Runde zusammen und tauschen Reisetipps mit den Travellern, die gerade aus Chile kommen, aus, ehe wir uns in unsere Schlafsäcke legen. Denn heute Nacht wird es richtig kalt…
Als ich am nächsten Morgen um kurz nach fünf vor die Tür gehe ist Frost auf der Scheibe unseres Autos! Zeit für meinen neuen Poncho 🙂 Der Grund für den frühen Abfahrtszeitpunkt ist der Besuch der Geysire „Sol de Mañana“ die Morgens am aktivsten sind. Schon von weitem sehen wir eine in den Himmel schiessende Frontäne aus Dampf. Wir halten an und begutachten das beeindruckende Schauspiel, bis ich nach einer Weile feststelle, dass hier ein Rohr in den Boden geschlagen wurde, wahrscheinlich um die Gase beim Austritt zu kanalisieren und das ganze spektakulärer zu machen. So einer Nachhilfe hätte es eigentlich nicht bedurft, denn die kleinen Vulkanhügel ein stückchen weiter aus denen die grossen Wolken herausdampfen finde ich ebenso sehenswert. Teilweise lässt sich erkennen wie der Boden aufgebrochen sein muss und auf selbigen finden sich Ablagerungen von Lava und Schwefel.
Das Finale dieser Tour findet in den Thermalquellen von Chalvin statt. Während man sich draussen gerade so langsam der Jacke entledigen kann, sitzen wir in einem 35 Grad warmen Becken, welches am Rande des flachen Gewässers eingemauert wurde und geniessen das höchste Bad unseres Lebens auf knapp über 4000 Metern Höhe. Unser Fahrer kann dieses Gefühl leider nicht teilen und bläst oder besser winkt zum Aufbruch. Denkste! Denn warum auch immer springt unser Toyota nicht an und so muss der Fahrer eines anderen Fahrzeugs sich in den Motor hängen und daran rumschrauben. Nach 20 Min. ist das Unternehmen dann von Erfolg gekröhnt und wir brechen auf Richtung der Grenze nach Chile. Unterwegs geben wir unseren Ersatzreifen an einen anderen Wagen weiter, der mit einer Reifenpanne in der Wüste steht und scheinbar kein Reserverad dabei hat. So schnell gleicht es sich wieder aus!
Wir reflektieren während der Fahrt die letzten Tage und es drängt sich fast der Eindruck auf das Gesehene sei irgendwie gestellt und fangen an darüber Witze zu machen. Man fährt durchs Nichts und an jeder Ecke ist irgendetwas beeindruckendes: Eine Salzwüste mit einer Kakteeninsel, bunte Lagunen, wirre Gesteinsformationen, Geysire und wilde Tiere aus nächster Nähe, fast antike Lokomotiven, Hotels aus Salz und eine Fahrt im Stile einer Wüstenrally, Pannen inklusive! Klingt irgendwie wie in einem Outdoor-Freizeitpark, aber das ist einfach nur die unvergleichbar wilde Natur Boliviens! Das ärmste Land dieses Kontinents hat bei mir ebenfalls Eindruck hinterlassen und obwohl wir nach nur 2 Wochen wieder ausreisen bin ich froh diesen noch ziemlich „echten“ Teil Südamerikas gesehen zu haben. Die Natur dieser rauen Gegend hat, wie die letzten Tage gezeigt haben, eine unglaubliche Schönheit. Dazu natürlich noch der nette Nebeneffekt das Bolivien für Budgetreisende wie uns ein absoluter Traum ist. Alles in allem verlasse ich das Land wie schon zuvor Ecuador und Peru mit dem Gedanken gerne länger geblieben zu sein, aber wir müssen ein wenig auf unseren Zeitplan achten und der gibt momentan leider nicht mehr her. Im Gegenzug freue ich mich unheimlich auf Chile, das einzige Land, dass ich vorher schon mal bereist habe und in dem ich seit meinem Aufbruch zum ersten mal wieder Menschen treffen werde, die ich schon vor dieser Reise gekannt habe. Dazu steht Weihnachten und Silvester vor der Tür, also: „Vamos a Chile!“
So erreichen wir den „Grenzposten“, den es jedoch nur Ansatzweise auf der bolivianischen Seite gibt. Den Chilenen genügt hier in der Einöde ein einfaches Schild und das Vertrauen darauf, dass man der Strasse folgend zum Grenzposten in San Pedro de Atacama kommt. Ein bolivianischer Grenzbeamter kontrolliert nochmal, ob wir alle den Ausreisestempel haben. Dabei drängt sich natürlich die Frage auf warum er diesen nicht auch hätte verteilen können…? Wie vieles in der Bürokratie dieses Kontinents bleibt diese jedoch unbeantwortet und wir quetschen uns mit anderen Travellern in einen Kleinbus unseres Tour-Organisators, dessen Jeeps nun zurück fahren.
Nachdem wir den ersten Hügel überwunden haben erreichen wir eine frisch asphaltierte Strasse mit seitlichen Ausrollfeldern für Lastwagen mit überhöhter Geschwindigkeit. Die Lamaherde schein dies nicht zu stören und so überqueren die Tiere seelenruhig die Piste. Vor der chilenischen Einreisestelle im Wüstenort San Pedro de Atacama müssen wir mit dem kompletten Gepäck aussteigen, um zunächst den Einreisestempel inklusive Visum zu erhalten. Anschliessend gibt es die erste Zollkontrolle auf dieser Reise und dieser eilt kein guter Ruf voraus, da die gerade überquerte Grenze als Schmuglerstelle gilt… Im Nachhinein würde ich mein Verhalten als gute Taktik beschreiben, allerdings war es unbeabsichtigt. Der Zöllner mit Handschuhen ausgestattet will sich gerade daran machen mein Gepäck zu durchwühlen als ihm auffällt, das ich ein Kreuz im Fragebogen nachträglich geändert habe, da ich die Frage falsch verstanden hatte. So wird mein Rucksack erstmal sekundär und ich bekomme ein neues Formular ausgehändigt. Beim ausfüllen schreibe ich meinen meinen Namen in die falsche Zeile, ein häufig auftretendes Problem bzw. wird es nur ein Problem wenn man keinen zweiten Vornamen hat, den man in die andere Zeile schreiben könnte. Also Formular Nr. 3… Da ich mittlerweile der letzte bin laufe ich wohl Gefahr der Verursacher einer verspäteten Siesta zu sein und so wirft man nur einen Alibi-Blick in das Hauptfach meines Rucksacks und lässt mich einreisen. Nicht das ich einen kriminellen Hintergrund gehabt hätte, aber ich in mir nicht sicher, ob alle meine bolivianischen Souvenirs hier eingeführt werden dürfen, also Glück gehabt.
Nachdem wir ein Hostel gefunden und uns von den Preisen in diesem reinen Touristenort, sowie dem für uns schlechten Kurs des Pesos ein Bild verschafft haben, beschliessen wir morgen weiter zu reisen, um Weihnachten am Strand zu verbringen. Da wir uns erst noch das nötige Geld beschaffen müssen, sind bei unserer Rückkehr in das Büro des Busunternehmens alle Plätze nach La Serena, was unser Ziel sein soll, vergeben. Also buchen wir erstmal eine Verbindung Richtung Küste, wo sich die Panamericana entlang zieht, und versuchen unser Glück in Antofagasta…
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