Amazonastour I

18 11 2010

05.11.2010

Die Spannung steigt, um 10.00 Uhr sollen wir an unserem Boot, der „Eduardo III“ im Hafen von Yurimaguas sein. Die Fahrt den Rio Guallaga hinunter, der in den Rio Marañon mündet, der wiederum mit dem Rio Uyacalli kurz vor Iquitos den Amazonas bildet, der (so würde ich mal behaupten) eines der Symbole dieses Kontinents darstellt. Da ich wahrscheinlich in Brasilien nicht die Möglichkeit haben werde nochmal ins Amazonasgebiet zu reisen, habe ich diesen Abschnitt eingeplant, auch wenn der Fluss hier noch nicht seine unfassbare Grösse -an der breitesten Stelle braucht man mit dem Kanu drei Tage um an das andere Ufer zu gelangen- hat. Unser Ziel, die Dschungelmetroploe Iquitos ist die weltweit grösste Stadt, die nicht auf dem Landweg erreichbar ist. So muss alles was nicht vor Ort vorhanden ist mit dem Flugzeug oder Schiff herbeigeschafft werden. Und auf einem der letzteren haben wir uns nun eingebucht.

Morgens decken wir uns noch schnell mit frischem Obst ein, so dass wir mit unseren bereis gestern erstandenen Vorräten gut gerüstet sind. Der Verpflegung an Bord eilt wie allen anderen Reiseumständen kein besonders guter Ruf voraus. Pünktlich um zehn sind wir am Ableger, wo wildes Treiben herrscht. Am Eingang zum Hafen springt jemand hinten auf unser Motoradtaxi auf, der Amigo der uns gestern die Kajüte vermietet hat. Den Platz für unsere Hängematten hat er uns ebenfalls noch reserviert, Glück gehabt. Wir hatten schon befürchtet im stikigen Unterdeck, wo seltsamerweise alle Einheimmischen sich ihre Plätze gesichert haben, schlafen zu müssen und die ganze Nacht den Motorenlärm im Ohr zu haben. Nun hängen wir direkt an erster Position wo es raus zu den Kabinen und zur Brücke geht. Die Rucksäcke verstauen wir in der Kabine, da auf den Schiffen nichts sicher sein soll. So kostet uns die Passage unabhängig von der Dauer 110 Soles (ca. 30 Euro) für Schlafplatz, Transport und 3 Mahlzeiten am Tag. Als wir alles verstaut haben, erfahren wir, dass das Schiff erst um 14.00 Uhr ausläuft, also fahren wir nochmal in die Stadt, gehen über den wuseligen Markt und ich kaufe mir ein Moskitonetz.

Zurück auf der Eduardo ist das Chaos in vollem Gange. Nebenan hat die grosse Schwester angelegt und irgendwie muss ein LKW, der vorne auf der Ladefläche steht an Land gebracht werden. Auf dem schlammigen Untergrund werden zwei Holzbolen als Steg angelegt und mit Paletten und zusammengeschnürrten Bambusrohren unterbaut. Nachdem der erste Versuch erwartungsgemäss scheitert ist der ganze Hafen in heller Aufruhr und die Anzahl derer, die zu wissen meinen wie man das Problem am besten löst steigt minütlich. Von der Baukunst der Inka scheinen die Anwesenden wenig in den Genen zu haben… Nach etwa 20 Min. startet der nächste Versuch, dabei rutscht das Vorderrad von der Holzplanke und der LKW setzt mit dem Tank auf. Währenddessen hat sich eins der Rinder losgerissen und scheucht die ohnehin schon nervöse Meute weiter auf. Eine weitere Holzbohle wird herbeigeholt und ein paar Wagemutige kriechen unter den Wagen um den perfekten Platz zu finden. Diesmal scheint es zu funktionieren, doch der Fahrer lenkt aus undefinierbaren Gründen ein, so dass der Laster kurz vor dem Ziel wieder abrutscht und nun in Schräglage mit einem Rad in der Luft hängt. Aber unsere peruanischen Freunde sind so leicht nicht einzuschüchtern und nach weiteren Unterbaumanövern gelingt es das Fahrzeug tatsächlich an Land zu bringen. Zwischenzeitlich hat ein kleiner Jung mit einem Lasso auch das Rind wieder eingefangen und zieht es nun zurück zu den anderen. Bei einer Portion Reis, die ich in einem Palmenblatt serviert bekomme, beobachten wir die Träger beim Beladen des Nachbarschiff. Dabei trägt jeder je einem Sack á 50 kg auf dem Rücken und einen auf dem Kopf, kein schlechtes Training!

Mit einer Stunde Verspätung legen wir ab. Am Ruder steht zu meiner Verwunderung nicht der uniformierte Kapitän, sondern unser Taxifahrer von gestern…war dann wohl nu rein Nebenjob^^Das Oberdeck ist nahezu leer. Wo sonst bis zu 100 Hängematten aufgeknüpft sind, hängen nun gerade mal zehn. Neben uns noch Simon, ein Deutsch-Peruaner, den wir aus dem Hostel kennen, und Sarah und Steve, ein englisches Pärchen mit denen ich mich die nächsten Stunden über Reiseerlebnisse und Pläne austausche. Wenn mein Spanisch schon so wäre wie mein Englisch mittlerweile wieder ist wäre ich hoch zufrieden. Am Ufer des Rio Guallaga, der obwohl nur ein kleinster Zufluss des Amazonas, wohl gut die Breite des Rheins hat, zeigen sich kleine Dörfer mit Holzhütten und wir beobachten die Fischer in ihren Einbäumen. Auf dem Fluss treibt allerlei Holz und wahrscheinlich noch viel mehr was dort nicht hingehört. Nach wie vor werden Flüsse als Mülltonne betrachtet, daran ändern auch die Schilder an Bord wenig, die darauf aufmerksam machen, dass die Kompostierung einer Plastikflasche 200 Jahre dauert.

Um die Atmosphäre einer solchen Fahrt richtig zu spüren hatte ich mir ein volles Schiff gewünscht, aber im Hinblick auf Sicherheit und den Zustand der sanitären Anlagen ist es so auf jeden Fall besser. Um 18.30 Uhr hören wir ein Klopfen auf Metall – Abendessen! Nach vorzeigen unseres Fahrscheins erhalten wir eine gar nicht so schlechte Portion Hühnchen mit Reis und Kartoffeln. Zum Glück habe ich mir gestern noch einen Teller gekauft, sonst müsste ich wie andere aus einer längs aufgeschnittenen Wasserflasche essen. Anschliessend beginnen wir die Moskitonetze über den Hängematten aufzuspannen. Steve nimmt dazu mein Panzertape, ich versuche ohne klar zu kommen, um das Netz weiter zu verwenden. Mit meiner “Drachenschnurr”, die ich ebenfalls eingepackt habe befestige ich das Netz an allen vier Enden etwa mittig über der Hängematte und lege die unteren Enden hinein, so dass es einen geschlossen Käfig bildet sobald ich mich hineinlege – fertig! Der Engländer betrachtet es anerkennend und wie so oft höre ich auf dieser Reise, dass wir Deutschen perfekt sind und ausserdem die besten Autos bauen 😉 Währendessen kämpft André nebenan wie so oft mit seinem Hightech-Moskitionetz, welches laut Anleitung in 5 Sek. aufgestellt sein soll. Dabei steht er symbolisch für eine ganz wichtige Lektion: Bringe nichts von zu Hause mit, was du vor Ort praxiserprobt und mit Sicherheit billiger kaufen kannst.

Zur Feier des Tages beschliesse ich gleich mal zu duschen, wer weiss wie voll das Boot unterwegs noch wird. Ich bin mir nicht sicher, ob es der Anblick des kalten klaren Wassers war, dass aus einen einfachen Rohr aus der Decke läuft, während nebendran in der offenen Toilettenschüssel das Flusswassers hin und her schwappt, oder meine Ansprüche nach 4 Wochen soweit gesunken sind, dass ich dies zum “Moment des Tages” erkläre. Nachdem ich zur Insektenabwehr helle Kleidung angelegt habe gehe ich in den Bug wo ein Matrose mit einem Handscheinwerfer für wenige Sekunden aufblendet, den Fluss nach Fischerbooten absucht und anschliessend für einige Zeit wieder Dunkelheit herrscht. Der Steuermann pfeift vor sich hin und ich finde es erstaunlich wie sie dieses Riesenschiff ohne jegliche technische Hilfsmittel bei dem niedrigen Wasserpegel navigieren. Die Ufer des Flusses sind nur dunkel erkennbar, aber als ich den Himmel einige Zeit betrachte wird es heller und heller. Ich habe noch nie so einen Sternenhimmel gesehen, ein guter Schlusspunkt um sich in die Matte zu hängen, wo es mittlerweile durch einen starken Wind gar nicht mehr allzu warm ist, und gespannt zu erwarten wie meine erste Nacht auf dem Wasser wird…




Tarapoto – Yurimaguas

5 11 2010

03./04.11.2010

Gleich nach dem Aufstehen starte ich den ersten Versuch meinen neuen Arzt zu erreichen. Auf der Handy-Nummer von gestern ist derzeit keine Verbindung möglich und die Empfangsdame in der Praxis wimmelt mich mehrmals ab. Also steige ich erstmal mit den anderen in das Taxi nach Pedro Ruiz, von wo aus wir einen Bus nach Tarapoto nehmen wollen und am nächsten Tag nach Yurimaguas zu reisen, wo unsere Amazonas-Tour startet. Nach einer Stunde kommen wir an. Statt bei dem gewünschten Busunternehmen werden wir bei einem rausgelassen, von dem der Fahrer wohl Provision bekommt. Wir spielen mit, sagen wir nehmen den Bus des Unternehmens der in einer Stunden fährt, stellen dort unsere Rucksäcke ab und nutzen die Zeit um ganz entspannt Preise und Abfahrtszeiten zu vergleichen. Ich versuche weiterhin den Arzt zu erreichen, bleibe jedoch immer wieder im Vorzimmer hängen.

Kurz vor eins holen wir unsere Rucksäcke ab und hinterlassen ein paar verdutzt dreinblickende Gesichter. Als ich unterwegs eine Ansammlung von Satelitenantennen auf einer Hütte fotografiere bitten mich zwei Jungs auch ein Bild von ihnen zu machen. Ich tue ihnen den Gefallen und als sie es auf dem Display sehen freuen sie sich wie an Weihnachten. Wahrscheinlich denken sie es wird in einer Zeitung abgedruckt. Das Gebäude von Movil-Tours unterscheidet sich deutlich vom Rest der sonst eher unscheinbaren Stadt, die von den meisten nur als Durchgangsstattion genutzt wird.

Der für 13.00 Uhr angekündigte Bus fährt dann tatsächlich um 16.00 Uhr los. Damit haben wir nun doch eine Fahrt bei Dunkelheit, was wir eigentlich vermeiden wollten. Dafür nimmt der Bus aber einen Spitzenplatz ein, was unseren bisherigen Luxus anbetrifft. Allein die Beschallung über die Bordlautsprecher beisst sich etwas mit unseren Schlafabsichten. Nach 8 statt der angekündigten 6 Stunden erreichen wir dann Tarapoto. Nun beginnt sowas wie eine Tombola für Gepäckstücke. Die Nummern werden durchgerufen und man muss schnell genug reagieren sonst bekommt es der nächste^^ Draussen vor dem Terminal entbrennt eine Schlägerei unter den Taxifahren um die letzten Fahrgäste des Tages. Wir haben zum Glück einen Fahrer des Busunternehmens und so ist alles zerren an den Rucksäcken beim Verlassen des Terminals umsonst. Im Hostel angelangt mache ich mich auf Nahrungssuche. Durch die Verspätung hat sich mein Essensplan etwas verschoben und das fehlende Mittag- und Abendessen hat ein ziemliches Loch in meinem magen hinterlassen. An einer Strassenecke, die im Reiseführer wahrscheinlich mit “Bitte diese Gegend unbedingt meiden” bezeichnet wäre, finde ich eine Art Imbiss, wo man mir um 1.00 Uhr Nachts noch einen Hamburger serviert.

Nachdem wir am nächsten Morgen noch unsere Einkäufe für die Amazonas-Tour erledigt haben, erreiche ich auch den Doktor. Er bestätigt mir, dass ich richtig behandelt wurde, aber aufgrund der schwere der Infektion und da sie in meinem Alter recht ungewöhnlich sei, soll ich mich bei unserem Aufenthalt in Lima nochmal untersuchen lassen. Immerhin erstmal beruhigend, jetzt kann es weitergehen. Wir fahren mit einem der Motoradtaxis, die mit ihrem ohrenbetäubenden Lärm das Stadtbild beherrschen, zum nächsten Transportunternehmen und es geht auf nach Yurimaguas. Die Strecke geht hinunter aus der Cordillera Oriental durch Palmenwälder und Bananenplantagen ins Quellgebiet des Amazonas. Angekommen in Yurimaguas hängen schon die ersten Taxifahrer im Beifahrerfenster bevor wir ausgestiegen sind. Wir wimmeln sie ab und lassen uns von einem ruhigeren Kollegen, der an der Strasse chillt zum Hostel bringen.

Von dort geht es direkt zum “Hafen” um auf einem der Transportschiffe eine Passage nach Iquitos zu buchen, der grössten Stadt der Welt (ca. 350.000 Einwohner), die über keine Strassenverbindung verfügt. Da für die meisten Peruaner das Flugzeug als Verkehrsmittel in die Metropole an der Amazonasmündung zu teuer ist, ist der Rio Guallaga quasi der Highway für alles was eine Grossstadt braucht. Neben den verschiedenen Waren und bis zu 300 Personen pro Boot werden auch Autos und Tiere verladen. Am Pier herrscht ein buntes treiben, Kühe werden auf die Ladeflächen gezerrt, LKWs mit Säckeweise Mais, Getreide und Reis bringen ihre Ware direkt an dem Ableger, von wo aus sie auf der Schulter über Holzplanken auf das Schiff geschleppt werden.

Wir buchen eine Kajüte, der Sicherheit unserer Sachen wegen, für zwei Personen und zwei Hängematten-Schlafplätze auf der „Eduardo II“, die morgen im Laufe des Tages nach Iquitos ausläuft. Die Fahrt dauert je nach Wasserpegel 2 – 4 Tage, auf engsten Raum bei 35 Grad im Schatten und keiner Duschmöglichkeit wahrscheinlich kein Zuckerschlecken. Abends kaufen wir auf dem Markt noch unsere hängenden „Betten“ und decken uns mit Wasser und Nahrungsmitteln ein, da der Versorgung auf dem Schiff nicht der allerbeste Ruf vorauseilt. Soweit gerüstet nehme ich eine letzte Dusche, jetzt bin ich bereit für den Amazonas – Fortsetzung folgt in 2 – 4 Tagen…




Kuelap

5 11 2010

Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg nach Kuelap, nach Machu Pichu die grösste präkolumbische Ausgrabungsstätte des Landes, die im Vergleich dazu nur von einer verschwindend geringen Anzahl an Touristen besucht wird. Die 3,5 stündige Fahrt, wieder mit einem schon etwas in die Jahre gekommenen Fahrzeug, führt uns zunächst durch einen Canyon am Fluss entlang, bei dem dem ein oder anderen Padler das Herz aufgehen würde 😉 Palmen säumen den Weg. Dann geht es wieder auf einem schmalen Pfad ins Gebirge. Wir sehen einen Mann auf seinem Esel. Dies scheint hier ein noch übliches Transportmittel zu sein, dass wir noch einige male sehen werden. Als wir unsere Eintrittsgebühr entrichtet haben und uns den Versuchen einer Einheimischen sich als Guide zu bewerben freundlich abgesagt haben, erblicken wir von weitem die Mauern von Kuelap aus den Jahren 900 – 1100 v.Chrr., die in 3000 Metern Höhe aus dem Urwald thronen.

Das Tor zur Festung ist gerade mal 2-3 Meter breit und verjüngt sich nach oben. Dadurch konnten die Chachapoyas und später die Inka eine extreme gute Position zur Verteidung einnehmen. Insgesamt ist Kuelap 600 Meter lang und 120 Meter breit und bot Platz für 3000 Einwohnern in knapp 400 Häusern. Eine dieser Hütten mit Strohdach wurde wieder aufgebaut, genauso wie die Zitadelle und ein Wachtturm am Ende des Geländes. Von den restlichen Gebäuden sieht man die Grundrisse, teils freigelegt, teils zwischen Bäumen und Pflanzen verborgen. So muss es in etwa ausgesehen haben, als die ersten Mauern hier entdeckt worden sind. Als wir uns gerade zwei Lamas als Fotomotiv ausgesucht haben bitte un seine Schulklasse, dass wir uns für den selben Zweck zur Verfügung stellen und es folgt eine Bildersession in allen Variationen. Für die Einheimischen bilden wir die Highlights des heutigen Tages J

Als wir zum Parkplatz zurück kommen ist unser Fahrzeug das Letzte. Auf der Rückfahrt fahren wir erstmal ein Pferd an, was auf der Fahrbahn steht und auf Hupen nicht reagiert. Da sind unsere Freunde hier Genadenlos… Später beginnt es zu Regnen und die Fahrbahn aus Lehm und Geröll wird zur Rutschpiste. Diesmal ist der Fahrer aber halbwegs vernünftig und bietet sogar an eine Pause zu machen bis der Regen vorbei ist. Das ist auch gut so, den wenn er den Fahrstil unseres letzten Fahrers kopieren würde wäre hier in den Bergen ohne Leitplanke ganz schnell Feierabend… Das einzige was ein bisschen zu bedenken gibt ist die Gangschaltung, die das Fahren nur bei Festhalten des Ganges ermöglicht, sowie die fehlende Belüftung, weshalb der Fahrer mit Klopapier die Fensterscheibe bearbeitet, bis selbiges in Fetzen auf dem Fenster hängt.

Zurück in Chacha müsste ich nun eigentlich ins Hospital zur Nachuntersuchung. Da unser Hotelier aber nicht da ist um als Dolmetscher zu fungieren wird wahrscheinlich wenig dabei rüber kommen. Theresa hat noch eine Telefonnummer von einem Entwicklungshelfer, den sie Samstag Abend kennengelernt haben und der seine Hilfe angeboten hat. Ich rufe ihn an und wir treffen uns kurz später an der Plaza. Jonas, Sohn eines ehemaligen deutschen Botschafters rät mir, sofern ich keine akuten Beschwerden mehr habe, von dem ansässigen Hospital ab. Er habe in den letzten Monaten mehrere Leute evakuieren müssen, da sie hier falsch behandelt worden seien. Sehr beruhigend in meiner Situation… Er ruft bei der Deutschen Botschaft in Lima an und lässt sich die Telefonnummern von zwei deutschen Ärzten, die ebenfalls beide in Lima ansässig sind, geben. Ich hatte mir für Lima bereits eine Krankenhaus mit Englischsprachigen Ärzten herausgesucht, allerdings liegt vor meiner Ankunft dort noch unser Trip nach Iquitos ins Amazonasgebiet und bei aller Unbeschwertheit bin ich mir nicht sicher, ob die Tropen nun das richtige fûr ein angeschlagenes Imunsystem sind.

Wir unterhalten uns noch einen Moment. Jonas erzählt von dem Entwicklungsprojekt in Bezug auf nachhaltige Tourimusentwicklung für das er hier bis 2012 tätig ist. Er scherzt ein wenig über die peruanische Mentalität, mit der auf der einen Seite die deutsche Arbeitsweise bewundert wird, auf der anderem sie aber nichts ändern wollen, da alles irgendwie funktioniert. Als er nach meinem Beruf fragt, erzählt er mir von ehemaligen Verwaltungsmitarbeitern, die ebenfalls in der Entwicklungshilfe tätig sind. So schnell tuen sich neue berufliche Perspektiven auf…;) Aber hier oder in einem anderen Nest auf Dauer zu bleiben kann mir dann doch nicht vorstellen. Später telefoniere ich noch mit dem Arzt. Wir vereinbaren das ich ihm die Untersuchungsunterlagen per Mail schicke und morgen wieder anrufe. Wird wahrscheinlich schwierig, da wir weiter nach Tarapoto wollen.




Chachapoyas

4 11 2010

29.10. – 01.11.2010

Freitag Morgen wache ich mit einem fiebrigen Gefühl auf. Auf dem Fieberthermometer stehen 38 Grad. Nichts wo ich mir normalerweise Gedanken machen würde, aber nach dem Frühstück fühle ich mich dermassen platt, dass ich wieder ins Bett gehe und auf den für heute angesetzten Stadtrundgang verzichte. Am Nachmittag gehe ich dann alleine mal eine kleine Runde durch Chachapoyas, kurz Chacha, was mit die sicherste Stadt des Landes sein soll. Danach fühle ich mich allerdings als hätte ich einen Marathon gelaufen und so widme ich mich den Rest des Tages dem peruanischen Fernsehprogramm, dessem 60 Sender mit Top-Filmen und Live Spielen aus Premier-League und Primera Division gespickt sind.

Samstag stehen die anderen um 4.00 Uhr auf um die Tour zum Gocta-Wasserfall, einer der höchsten der Welt zu unternehmen. Ich muss leider wieder verzichten, da ich mich keineswegs besser fühle und die ganze Nacht mit Schüttelfrost zu kämpfen hatte. Als sich am Vormittag weitere beunruhigende Symptome hinzu gesellen, beschliesse ich einen Arzt aufzusuchen. Da ich allerdings die Begriffe für die Krankheitserscheinungen nicht auf spanisch übersetzen kann, begebe ich mich ins Internet-Café und suche anschliessend zunächst unseren Englischsprachigen Hotelier auf, um mir einen Arzt sagen zu lassen. Dieser ist so nett und bietet an mich zu begleiten. Da es Samstag ist müssen wir ins Hospital, meint er. Dieses ist um die Ecke, kann mich allerdings nicht dran nehmen, weil sie angeblich voll sind. Wir steigen in ein Taxi und fahren zum zweiten Hospital. Unser Hotelier scheint den „Ausflug“ richtig zu geniessen. Er erzählt mir, dass er gerade einen Deutschkurs macht und lässt sich von mir die Aussprache der Umlaute erklären.

Am Hospital angekommen, dass sich in einem Flachbau befindet und einem Militärkrankenhaus ähnelt, beginnt für mich eine Zeitreise, sagen wir in die 50er Jahre. Mir war vor der Reise klar, dass es wahrscheinlich irgendwann zu einem Arztbesuch kommen wird, aber schon jetzt und dann gerade hier hätte es vielleicht doch nicht sein müssen… Am Empfang zahle ich erstmal 8 Soles bevor ich ins Untersuchungszimmer darf. Dort werde ich bei offener Tür erstmal durchgecheckt und ich zeige den Zettel, auf dem ich die Symptome aufgelistet habe. Ich werde in ein Krankenzimmer geführt und lege mich in ein Metallbett dessen Matratze eher einer Hängematte gleicht und bekomme Blut abgenommen. Der Hotelier, der mir übersetzt chillt sich auf das Bett nebendran. Wer sich bei uns schon mal gewagt hat im Krankenhaus auf ein frisches Bett zu setzen weiss was dann los ist, hier ist das egal. Scheinbar genauso wie die Blutspritzer an Wand und Boden. Wir unterhalten uns über Europa, er staunt über die kurzen Entfernungen zwischen den verschiedenen Städten und erzählt mir stolz, dass Chacha einen deustchen als Bürgermeister hat. Die junge Ärztin kommt zurück und er übersetzt mir, dass ich eine starke Infusion habe. Was genau bekomme ich nicht raus. Da ich körperlich aber in guter Verfassung sei, könne ich wieder gehen und müsse nicht über Nacht bleiben. Ich atme auf. Dann geht sei nochmal kurz weg und als sie wieder kommt, meint sie ich solle nun doch noch hier eine Infusion bekommen. Das verhält sich in Peru so, dass mein im Krankenhaus ein Rezept bekommt, dieses dann verlässt, zur Apotheke geht und dort Infusion, Kanüle und Zubehör kauft und es anschliessend bei der Ärztin abgibt. In meinem Fall erledigt dies mein Dolmetscher für mich. Während ich warte führt ein Polizist einen Gefangenen, der gegenüber behandelt wird, auf die scheinbar einzige Toilette, die sich in meinem Zimmer befindet.

Als das Material da ist sucht die Ärztin, bei der ich mir mittlerweile nicht mehr sicher bin, ob es sich nicht um eine Studentin im Praktikum, welche man mal an dem Touristen üben lässt, handelt, eine Vene. Als die Kanüle, die um einiges dicker als die deutsche Variante ist, ihrer Meinung nach zu sitzen scheint, kommt eine zweite Ärztin hinzu, beide zerren an meinem Arm herum, drehen die Nadel als wäre ich aus Plastik und entschliessen sich am Ende doch den anderen Arm zu nehmen… Also wird das Bett, natürlich ohne Rollen von der Wand in die Mitte des Raumes gezerrt. Damals war noch echte Muskelkraft gefragt. Die Infusion läuft langsam. Der Hotelier bekommt einen Anruf und muss weg. Nach gut zwei Stunden will ich ihn auch nicht weiter aufhalten. Als das Antibiotika durch ist, bekomme ich noch einiges erklärt von dem ich nur verstehe, dass ich Dienstag wiederkommen soll. Ich hole mir in der Apotheke drei verschiedene Tabletten und fahre zurück. Insgesamt kostet mich die komplette Behandlung inklusive Medizin 20 Euro und die übernimmt sicher meine Reisekrankenversicherung.

Abends bekommen wir wegen möglicher Ansteckungsgfahr ein zweites Zimmer zum gleichen Preis zur Verfügung gestellt. Dafür darf ich mir eine der Tütensuppen, die noch aus meinem alten Haushalt in Deutschland stammen, in der Hotelküche kochen. Diese ist, dafür das wir uns im „besten Hotel Amazoniens“ befinden, doch grenzwertig. Als ich einen Löffel suche, stosse ich in einer Schublade auf die kleinen Teller mit der Butter, die gestern so slazig geschmeckt hat…der fabrikneue Kühlschrank hingegen ist aus. Die anderen gehen Abends noch zu einer Party zu der uns Fidel, ein peruaner, der hier eine Sprachschule betreibt, eingeladen hat.

Als ich am nächsten Morgen aufstehe sind sie auch schon wieder unterwegs. Mir geht es wieder halbwegs gut und ich nutze den Tag um Reiseplanung zu betreiben und meine Reisekasse zu kontrollieren. Für Ecuador habe ich weniger gebraucht als geplant, kann gerne so weitergehen. Am Nachmittag benutze ich zum ersten mal meinen Skype-Account wozu ich im Internet-Café 2 Rechner, 3 Headsets und 2 Cams in Anspruch nehmen muss, weil der Rest nicht funktioniert.

Als ich gegen 18.30 Uhr im Hostel bin geht auf einmal das Licht aus. Ich sehe aus dem Fenster und die Stadt ist komplett dunkel – Stromausfall! Ausser den Lichern der Autos sieht man nichts. Am Himmel blitzt es, vielleicht ist einer eingeschlagen. Ich suche meine Taschenlampe raus und gehe nach unten, weil ich sowieso nachsehen wollte, ob die anderen da sind. Im Hostel werden Kerzen aufgestellt. Scheinbar keine ungewöhnliche Situation hier. Ich setze mich ans Fenster und beobachte das Treiben. Polizei-Motorräder patroullieren, vielleicht doch nicht so sicher hier, aber nach 30 Minuten ist der Strom wieder da. Ich warte auf die anderen um Abendessen zu gehen und vertreibe mir die Zeit im Internet. Gerade als ich offline gehen will, bekomme ich eine Mail von Theresa: Sie sitzen in irgendeinen Dorf fest, von wo aus kein Taxi mehr fährt und müssen über Nacht bleiben. Ich soll morgen in eine Stadt in der Nähe kommen, von wo aus wir nach Kuelap fahren, was als nächstes auf unserem Plan steht.

Um 6.30 Uhr klopft es an der Tür. Ich denke erst es sei nebenan und ignoriere es. Als im Vorraum das Licht an und aus geht stehe ich auf und gehe zur Tür. Zu meiner Überraschung stehen dort Anja und Theresa. Sie berichten, dass sie auf einen Markt wollten, André sich den Namen des Dorfes falsch aufgeschrieben hätte, dort gab es dann Abends keine Taxen und eine Familie habe sie auf dem Boden unterm Dach schlafen lassen. Jetzt gehen sie erstmal ins Bett, also noch ein Tag im Hostel, mittlerweile sind es dann doch genug.

Nachmittags fällt mir auf, dass heute der 01.11. und meine Beamtenlaufbahn nun offiziell beendet ist. 11 Jahre und 2 Monate habe ich in Diensten der Stadt Offenbach gestanden und den Grossteil der Zeit werde ich auch in guter Erinnerung behalten. Aber Leben heisst Veränderung und ich freue mich auch ein Stückweit schon darauf, dass mein Leben nach meiner Rückkehr nach Deutschland nun auch eine gewisse Spannung verspricht und ich mit dem Alltagstrott, der sich einzuschleichen drohte, komplett gebrochen habe. Also auf ein Neues – morgen aber zunächst mal hier in Peru, Ziel Kuelap.



¡Hola Peru!

2 11 2010

28.10.2010

Wir beginnen den Tag mit einem amerikanischen Frühstück, wobei sich unser US-Boy morgens um neun gleich mal ein Mittagessen reinhaut. Um 10.00 Uhr soll der Bus fahren. Wir sind natürlich spät dran und traben zum „Terminal“, das sich in einem Hinterhof befindet in dem mehrere Kleinbusse stehen, wo wir wiederum noch 45 Min. bis zur Abfahrt warten. Unser Bus hat seine besten Zeiten sichtbar hinter sich und die Frontscheibe könnte man eher als Mosaikfenster bezeichnen. Normalkapizität ware bei uns wahrscheinlich 7 – 8 Personen, aber dank Umbaus und Dachgepäckträger passen nun 16 – 20 Fahrgäste rein, die wir auf der Fahrt auch mehrmals ausreizen. Mein gefiederter Sitznachbar braucht etwas weniger Platz und ich überlege ob es am Geschlecht liegt, dass Hähne mit in den Bus dürfen und Hühner in den Gepäckraum kommen…am Abend zuvor hatten wir ein Erlbenis mit einem Wachmann vor der Bank. Anja fragte nach einem anderen Geldautomaten und als André und ich dazukommen begrüsst er uns per Handschlag und führt das Gespräch nun auch nur noch ausschliesslich mit uns. Vom ersten Eindruck her scheint die Gleichberechtigung von Mann und Frau hier noch nicht vollzogen zu sein.

Die Landschaft, die an uns vorbeifliegt ist wieder komplett anders als in Ecuador. Reisfelder neben einem Fluss prägen das Bild und im Hintergrund erhebt sich die Cordillera. In Jaen müssen wir in den nächsten Kleinbus umsteigen. Jeffrey und ich bekommen, wohl wegen unserer Körpergrösse, die Beifahrerbank zugewiesen, wobei Jeffrey sich mit dem Schaltknüppel zwischen seinen Knien anfreunden muss. Wir nutzen die Zeit uns über Sport zu unterhalten, während wir eine kleine „Golden Gate Bridge“ überqueren und Amazonien erreichen. Jefffreys Bruder ist Ruderer und er selbst spielt Fussball, wodurch sich genug Themen ergeben. Als ich ihm das deutsche Ligasystem erkläre fragt er mich, ob man in der dritten Liga viel trainieren muss. Das Vollprofitum will er mir nicht wirklich abkaufen und als ich erkläre, dass man fast bis in den untersten Klassen fürs Fussballspielen Geld bekommt ist er vollkommen entsetzt (Gruss an meine Fussballerfreunde ;)).

Gegen 15.00 Uhr erreichen wir Bagua Grande, von wo aus Abends ein Bus nach Chachapoyas, unserem Zielort gehen soll. Allerdings weiss keiner wann und wo er fährt und eine Nachtankunft versuchen wir bisher zu vermeiden. Ein weiterer Kleinbus soll 20 Soles (ca. 6 Euro) pro Person kosten. Für 3 Std. eigentlich zu teuer, da wir für die bisher deutlich längere Strecke gerade mal 15 Soles bezahlt haben. Wir handeln auf 18 runter und unser Fahrer steht mit einem normalen PKW vor uns. Für 5 Personen mit Gepäck unmöglich, da erfahrungsgemäss maximal 3 Rucksäcke in den Kofferraum gehen. Wir sollen mit zum „Terminal“ kommen, wo er einen Kombi mit Dachgepäckträger hat. Auf der Hauptstrasse stoppt die Polizei unseren Busfahrer, der uns kulanterweise dort absetzen wollte, da er die Rucksäcke auf dem Dach nicht gesichert hat. Ruck Zuck hat sich um die beiden Polizisten eine Menschentraube gebildet und es wird wild diskutiert. Unser neuer Fahrer tut sich hier besonders hervor und scheint um keine Ausrede verlegen. Irgendwie habe ich bei dem Typ kein gutes Gefühl sage ich zu den anderen… Vom Terminal brüllen werden weitere Kommentare herübergebrüllt und zwischendrin verscuht ein Eismann seine Ware an den Mann zu bringen.

Nach langem hin und her laden wir ab und gehen den Rest zu Fuss. Am „Terminal“ von Chachapoyas-Tours, das bei uns die Bezeichnung Garage mit ungeteertem Hof und offener Toilette erhalten würde, entdecken wir nun zwei der PKWs. In dem einem sitzen bereits 2 Peruanerund wir sollen uns nun aufteilen. Der Preis steigt nun aber plötzlich auf 22 Soles was die nächste Diskussion mit sich bringt. Hier geht es allerdings mehr ums Prinzip. Untereinander noch etwas uneinig laden Theresa und ich unsere Rucksäcke wieder aus, woraufhin der Preis auch prompt wieder sinkt. Dieses Spiel muss man hier leider mitmachen. Als wir gerade losfahren wollen wird das zweite Auto mit Jeffrey umbeladen und seine Tasche kommt auf die Mittelkonsole und dazu insgesamt 4 Personen auf die Rückbank, wobei die beiden aussen ihre Köpfe aus dem Fenster halten mússen – viel Spass…

Es folgt sofort eine rasante Fahrt, erst durch den Stadtverkehr dann über die Landstrasse. Das Auto entpuppt sich als völliger Schrotthaufen. Neben wildem klappern scheinbar aller Teile und einer wippenden Motorhaupe, muss der Fahrer das Lenkrad eine viertel Drehung nach rechts ziehen um gerade zu fahren. Mein Beifahrersitz geht bei jedem Bremsen mit nach vorne, und von dort kommt mir durchweg das Amaturenbrett entgegen und es funktioniert weder Geschwindigkeitsanzeige noch Drehzahlmesser – und ich komm wegen einer defekten Lichtweitenregelung nicht durch den TÜV… Unsere kleinen Differenzen von eben verucht der Fahrer mit Witzen wett zu machen. Er fragt nach meinem und Andrés Namen und erkundigt sich nach unserem Amigo im anderen Auto. Die Frauen werden ignoriert. Wir peitschen durch ein Pfütze, bei der André durch das geöffnete Fenster eine unfreiwillige Dusche erhält, und unser Freund am Steuer betätigt den ca. 20 cm langen Frontscheibenwischer. Wir erreichen eine Baustelle vor der sich eine Schlange gebildet hat, die für uns aber scheinbar keine Bedeutung hat. Wir ziehen auf der Gegenfahrbahn vorbei, ignorieren die wild pfeifende Ampeldame und als uns in der Baustelle Autos entgegen kommen weichen wir kurz in die Böschung aus, hupen und weiter geht´s mit voller Geschwindigkeit! Wehe es beschimpft jemand nochmal Max wegen seines Fahrstils 😉

Nach einer Stunde unter dem Motto „auf der Gegenspur ist der Belag immer besser“ erreichen wir eine weitere Baustelle, vor der wir diesmal gestoppt werden. Aber wir stehen nun in erster Reihe. Wir fahren los, als wir aus der Baustelle raus sind starten wir sofort das nächste Überholmanöver. Ich merke ein ruckeln auf meiner Seite, bei frisch geteerter Fahrbahn doch ungewöhnlich. Als wir anhalten bestätigt sich meine Vermutung: Reifenpanne! Der Fahrer, nun gar nicht mehr der Scherzkeks, sucht nach Werkzeug und legt Steine vor die Reifen, da die Handbremse natürlich auch nicht funktioniert. Ich halte die Stelle am Hang hinter einer Kurve mit einspuriger Verkehrsführung für ungeeignet, da jeder vorbeidonnernde LKW uns mitzureissen droht. Trotzdem finden wir die Situation noch amüsant und witzeln „das ist Südamerika“. Ich frage nach warum wir nicht den Ersatzreifen im Kofferraum aufziehen, er zeigt mir daraufhin das ebenfalls platte Rad und steigt anschliessend mit dem abmontierten Reifen in ein Motorradtaxi.

Ich schlage vor zur Ansiedlung zu gehen und wir betrachten die ärmlichen Häusern, die mit Wahlwerbeslogans bemalt sind, die den Anwohnern wohl Elektrizität versprechen. Die Landschaft in nett, an einer Flussmündung sieht man wie sich zwei Wasserläufe mit unterschiedlichen Farben paaren. Als wir nach über eine Stunde zurúck zum Wagen gehen ist von dem Fahrer keine Spur…es wird dunkel und die Situation auf der Strasse damit nicht ungefährlicher. Wir versuchen den Kofferraum, der nur mit einem Seilzug funktioniert, zu öffnen. Nachdem dies geschafft ist packen wir die Rucksäcke und gehen zurück zu den Häusern. Vorher stelle ich als ordentlicher Verkehrsteilnehmer noch ein gelbes Hütchen (anstelle eines Warndreiecks) auf, welches ich im Kofferraum gefunden habe. Jedoch bezweifel ich dessen Wikrkung. Wir fragen, ob wir uns auf die Bank vor einer der Hütten setzen dürfen und die Bewohnern bringen sofort ihre halbe Wohnungseinrichtung auf die Strasse. Es wird dunkel und das heisst hier stockdunkel, denn es gibt tatsächlich kein Licht. Wahrscheinlich auch wegen uns werden Taschenlampen und Kerzen rausgeholt und wir sehen dabei den spärlich eingerichteten Wohnraum. Scheinbar sitzen die Bewohnern jeden Abend vor der Tür, wo sie das Licht (und die Staubwolken) der vorbeirasenden Fahrzeuge abbekommen. Bei jedem Lichtstrahl werden wir von den Kindern neugierig gemustert. Wir schenken ihnen ein paar Süssigkeiten, die wir noch bei uns haben.

Das Motorradtaxi kommt zurück. André dessen Rucksack im anderen Auto und wahrscheinlich schon irgendwo in Chachapoyas ist geht zurück, um den Rest unserer bereits bezahlten Fahrt zu beanspruchen. Nach einer halben Stunde rasen die beiden vorbei und wir stellen fest, das wir auch ohne jegliche Rückbeleuchtung unterwegs sind. Unter lautem „Vamos, vamos“ steigen wir ein. Die Stimmung ist angespannt und da ich beim schliessen des Kofferraums aus Versehen das Seil nach innen habe fallen lassen und der Fahrer nun unter der Rücksitzbank in den Kofferraum kriechen musste um diesen zu öffnen macht seine Laune nicht besser.

Was nun folgt übertrifft alles was ich unter dem Motto „Amokfahrt“ je erlebt habe. Wer die Geschichte meiner Autobahnrallye in Bangkok kennt, weiss das die Messlatte hoch liegt… Der Fahrstil von vor dem Stopp wird fortgesetzt, jetzt nur ohne Brille und mit kaum Beleuchtung aber dafür mit voller Geschwindigkeit. Rechts links vorbei, immer wenn möglich Gegenfahrspur und jedes Warnschild wie „Geschwindigkeit senken“ oder „Achtung Kurve“ wird zum Anlass genommen nochmal aufs Gas zu drücken. Auf der Gegenfahrspur, überholt ein PKW einen Laster und nimmt uns beim einscheren fast mit. Als beide Fahrzeuge vorbei sind, stelle ich fest, dass wir plötzlich kein Licht anhaben, aber unser Amigo schimpft wie ein Rohrspatz. Auf der Fahrbahn liegen Fussballgrosse Felsbrocken und weiteres Geröll, egal. An einer Tankstelle halten wir um Luft nachzufüllen, wir hatten schon vermutet, dass der Reifen wohl nur geflickt wurde.

Wir beraten, ob wir aussteigen und irgendwann den Bus nehmen (ja soweit war ich ;)), aber da nirgendwo eine Stadt in der Nähe ist müssen wir uns weiter dem Wahnsinnigen anvertrauen. Wir springen über unseren Schatten und bitten langsamer zu fahren, was er ablehnt und weiter beschleunigt! Ich erstelle einen „Notfallplan“ wie ich mit meinem losen Sitz einen möglichen Frontallaufprall überleben könnte. Ich klemme meine Tasche als Polster vor das Armaturenbrett und stemme mich mit dem linken Bein dagegen. Hinter uns will ein scheinbar noch Bekloppter uns überholen, woraufhin wir in die Fahrbahnmitte wechseln und ihn trotz permanenter Lichthupe nicht vorbeilassen.

Nach einem zweiten Stopp zum Luft nachfüllen haben wir noch eine Stunde – eine Ewigkeit, denn die Uhr scheint zu stehen. Als die hälfte geschafft ist ändert sich der Fahrstil auf einmal und wir schleichen fast durch die Gegend. Das herumleuchten im Anzeigenbereich deute ich dahin, dass der Sprit zur Neige geht. Da man sich nun aber nicht mehr auf´s Fahren konzentrieren muss werden SMS geschrieben und das USB-Radio zusammengebaut und eingestellt. Um 21.00 Uhr sind wir endlich am Ziel. Wir bitten uns am Hostel rauszulassen, was aus deutscher Sicht Service wäre. Er erwartet aber scheinbar ein Trinkgeld für die verlorene Zeit sowie die Kosten für Reifenreperatur und Taxi. Das sehen wir nach der Fahrt nicht ein, steigen aus und mir fällt „zufällig“ schon wieder das Seil beim zumachen in den Kofferraum 😀

In der dunklen Gasse in der wir uns befinden steht plötzlich Jeffrey hinter uns. So erhält André sein Gepäck und Anja ihr Geld was sie ihm geliehen hatte. Keine Ahnung wie wir ihn sonst kontaktiert hätten… Der Hosteltipp fúr 6 Euro die Nacht entpuppt sich als wahrer Traum in unserer Situation und das Restaurant, dass uns der Hotelier empfiehlt lässt auch keine Wünsche offen. Grosse gute Portionen für kleines Geld. Eine kleine Entschädigung für den chaotischen Tag!



Adios Ecuador

1 11 2010

27.10.2010

Um 4.00 Uhr erreichen wir eine Stunde zu früh den Busbahnhof von Loja. Von dort wollten wir eigentlich weiter nach Vilcabamba, eine Stadt die für ihr Wasser bekannt ist, das denen die es trinken ein verlängertes Leben verspricht. Aber wie meistens planen wir um und nehmen direkt um fünf den Bus nach Zumba, südlichste Stadt Ecuadors, von wo aus man zum Grenzpunkt La Balsa kommt. Dieser gilt unter den Grenzübergängen von Ecuador und Peru als der unkomplizierte und am wenigsten frequentierte, da die meisten Traveller die beschwerliche Anreise scheuen. Da wir aber zunächst in den Osten Perus wollen, bietet sich dieser Weg für uns an und einen Grenzposten an dem angeblich der Grenzbeamte gleichzeitg das Café betreibt, muss man auch mal gesehen haben.

Neben unseren Rucksäcken landet auch eine Kiste mit lebenden Hühnern im Gepäckfach, ein letzter Eindruck zum Thema Tierhaltung in Ecuador. Keiner von uns hat mehr als 3 Stunden geschlafen und als es langsam hell wird und der Bus sich mit Schulkindern füllt, ändert sich an diesem Zustand wenig. Als wir unseren Weg, der uns wieder ins Hochland führt, fortsetzen döse ich dennoch weg und als ich wieder aufwache suche ich die Strasse bzw. den Strassenrand, den ich aus dem Fenster heraus nicht erkennen kann. Die Antwort ist einfach, neben uns fällt der Hang gut und gerne 1000 m steil bergab – ohne Leitplanke! Ich blicke hoch und entdecke ein fantastisches Panorama über das südliche Hochland Ecuadors. Wir steigen immer höher, durch die Wolken, die sich wie Nebel auf die Strasse legen.

Der Busfahrer nimmt zu meiner Verwunderung etwas Tempo raus. So schleichen wir uns den Hang entlang, an jeder Kurve mit einem Hupton ankündigend, dass wir kommen. Als wir wieder freie Sicht haben, bin ich froh, dass der Fahrer scheinbar vollkommen nüchtern und ausgeschlafen ist – da sehe ich im Spiegel sein Handy am Ohr…hier muss man Kerngesund sein!

Nachdem die Schulkinder ausgeladen sind, befinden sich ausschliesslich ältere Bauern im Bus, die meist irgendwo am Hang aussteigen, einen kaum erkennbaren Feldweg entlanggehen an dessen Ende wir mit etwas Glück ab und an ein Holzhaus oder eine Lehmhütte entdecken. Was die Menschen wohl irgendwann in diese Gegend verschlagen hat?! Unterwegs sehen wir noch einen Jungen der vor einem, wahrscheinlich selbst gegrabenen, Stollen sitzt und, so nehme ich an, nach Bodenschätzen sucht. Als wir unsere für 10 Min. angesetzte Frühstückspause nach ca 45 min. beenden und der Bus sich in Bewegung setzt, sitzen Anja und André noch im Café. Wild fuchtelnd und mit allerlei spanischen Wörtern um mich werfend, von denen ich hoffe das der Fahrer versteht was ich meine, halten wir zwei Blocks weiter an und ich sprinte zurück. Püntklichkeit ist hier wenn der Fahrer los fährt und dann gibt es keine Gnade… Als wir gegen mittag in Zumba ankommen stellen wir uns darauf ein hier die Nacht zu verbringen. Laut Lonely Planet fährt nur morgens um 8.00 Uhr ein LKW zur Grenze, auf welchem man mitfahren kann. Dieser LKW ist mit Schulkindern besetzt, die auf der teils geöffneten Ladefläche warten bis sich das Fahrzeug ohne Sitzplätze in Bewegung setzt. Wahrscheinlich fährt er gegen 14.00 Uhr bekommen wir gesagt. Insgesamt sind wir nun 12 Std. unterwegs, was machen da weitere 3 – 4 Std. schon aus, wenn wir heute schon nach Peru einreisen könnten. Unser Plan war spätestens am Freitag die Grenze zu passieren, da Montag und Dienstag Feiertage sind und wir befürchten, dass am langen Wochenende die Öffnungszeiten variieren werden und/oder der Grenzübertritt teurer wird. Eigentlich will ich unbedingt auf diesem Transporter mitfahren, aber da wir den Fahrer nicht ausmachen können und daher weder Zeit noch Ziel wissen, suchen wir nach Alternativen. Jeremy, ein Amerikaner, der neben uns der einzige Ausländer im Bus war, schliesst sich uns an. Ein Pick-Up Fahrer bietet an für 20 $ uns in 1,5 Std. zur Grenze zu bringen. Wir überlegen nicht lange und schon lasse ich mich wieder auf meinem Lieblingsplatz, der Ladefläche, nieder und wir machen uns auf den Weg durch das letzte Stück ecuadorianischen Nebelwaldes.

Als wir einen Hang hinauffahren stoppen wir vor einer Absperrung, die so etwas wie ein Schlagbaum darstellen soll. Die zwei ecuadorianischen Soldaten, die diesen abgelegenen Militärposten besetzen, wollen unsere Pässe sehen und tragen unsere Namen, als erste des heutigen Tages, in ihre Liste ein. Eine Ärztin, deren Helferin eine Kühlbox mit sich trägt, kommt auf uns zu und möchte uns eine Gelbfieber-Impfung verpassen, da in Peru gerade eine Epidemie herrscht. Wir zücken jedoch unsere gelben Impfpässe, so dass sie unverichteter Dinge wieder unter dem Sonnendach Platz nehmen muss. So lange man in Südamerika nur ein Land bereist, kommt man ohne diese Impfung aus. Überquert man jedoch die Grenze, hat jedes Land die Befürchtung, dass man das Gelbfieber aus dem Nachbarland einschleppt und so finden an den Grenzübergängen und Flughäfen regelmässig Zwangsimpfungen statt. Um das zu vermeiden habe ich bereits in Deutschland das Tropeninstitut in der Flughafenklinik aufgesucht und mir dort die Spritze abgeholt.

Nach weiteren 15 Min. erreichen wir den Grenzfluss, der Peru von Ecuador trennt. Auf beiden Seiten befinden sich nur ein paar einzelne Häuser, eins davon ist der Grenzposten. Dort füllen wir wieder einen Fragebogen aus und uniformierter Grenzwärter erteilt uns den Ausreisestempel. Das wäre geschafft! Wir wechseln noch die restlichen Dollar in peruanische Soles, gehen gebückt unter der Schranke durch, da der Beamte nun Mittag macht, und vollziehen den ersten Länderwechsel auf dieser Reise – auf geht´s nach Peru!

Auf den Tag genau sind es nun 3 Wochen seit Beginn meiner Reise. Morgen werde ich so lange aus Deutschland weg gewesen sein wie nie zuvor! Kommt mir gar nicht so lange vor und von Heimweh keine Spur. Aber das kann man sicher erst mit Bestimmtheit sagen wenn der Zeitraum den eine “normale” lange Urlaubsreise eingenommen hätte, ich denke da an 5-6 Wochen, vorbei ist. Dann beginnt der “Fluss” wie es bei den Travellern so schön heisst. Auf jeden Fall verlassen wir ein Land, dass mich durchweg positiv überrascht hat. Ecuador stand eigentlich gar nicht auf meiner Reiseliste und erst durch meine Reisebegleitungen habe ich es quasi noch ergänzt. Auf jeden Fall die richtige Entscheidung! Ich erinnere mich daran, als ich im Reisebüro sass und wir darüber gescherzt haben, dass ich mir bei einer möglichen Nacht-Ankunft in Quito erstmal den Weg “freischiessen” muss… Davon kann keine Rede sein. Klar gibt es seine hohe Kriminalitätsrate, aber davon blieben wir zum Glück verschont. Dazu kommt eine Bevölkerung, die uns immer freundlich entgegen getreten ist und (sofern die Verständigung möglich war), sich für unsere Reise und unsere Heimat interessiert hat und natürlich die traumhafte Landschaft. Alles in allem hat uns Ecuador einen top Start für diese Reise ermöglicht und bereits jetzt in vielerlei Hinsicht geprägt.

Als wir auf der Mitte der Brücke die Grenzmarkierung erreichen, signalisiert uns Jeffrey, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Ivan Drago aus Rocky IV nicht verleugnen kann, dass im peruanischen Grenzbüro niemand da ist. Ist halt auch Mittagszeit… Eine Frau schickt uns die Strasse runter an den Fluss zum “Regierungsgebäude”, das gerade renoviert wird. Die Maler grinsen uns an und meinen der Grenzbeamte sei in seinem Büro. Theoretisch könnten wir einfach losfahren und keiner würde uns aufhalten, aber ohne Einreisestempel kommen wir aus Peru später nicht mehr raus. Zurück beim Büro ist auch der Grenzwächter in Jeans und T-Shirt wieder da und rutscht seine Italia-Basecap zurecht. Wir füllen wieder einen Fragebogen aus, während er unsere Daten in den PC tippt. Spektakulärer hätte ich es gefunden wenn er die verstaubte Schreibmaschine daneben benutzt hätte^^ Nachdem wir brav alles ausgefüllt haben, müssen wir zur Registrierung und zum abstempeln der Visa zur Polizei. Die befindet sich in einer weiteren Holzbaracke unten am Fluss. Der uniformierte Polizist, bei dessen Anblick ich überlege, ob er schon volljährig ist, tippt ebenfalls unsere Daten ein und stempelt dann die Visa, wobei sein Stempel immer wieder auseinander fällt. Zurück bei unserem lockeren Grenzwärter erhalten wir nun nach gut und gerne 1 Std. den Einreisstempel.

Die angekündigten „Sammelbusse“ erweisen sich als normale Kombis, daher muss Theresa im Kofferraum Platz nehmen, während die Rucksäcke auf´s Dach kommen. Die 1,5 Std. nach San Ignacio wirken wie eine Ewigkeit. Mein erster Eindruck von Peru ist staubig. Wir warten vor der Taxizentrale während Anja und Jeffrey das Hostel suchen. Wir ergattern ein Zimmer mit Blick auf den Flur und nach einer kalten Dusche essen wir beim Asiaten zu Abend. Die Stadt wirkt lebendig und als ich Abends noch alleine eine Runde drehe fühle ich mich halbwegs sicher. Aber Peru eilt der Ruf voraus gefährlicher als die anderen Länder des Kontinents zu sein, als aufgepasst, denn hier beginnt der „Wilde Westen“