Adios Ecuador

1 11 2010

27.10.2010

Um 4.00 Uhr erreichen wir eine Stunde zu früh den Busbahnhof von Loja. Von dort wollten wir eigentlich weiter nach Vilcabamba, eine Stadt die für ihr Wasser bekannt ist, das denen die es trinken ein verlängertes Leben verspricht. Aber wie meistens planen wir um und nehmen direkt um fünf den Bus nach Zumba, südlichste Stadt Ecuadors, von wo aus man zum Grenzpunkt La Balsa kommt. Dieser gilt unter den Grenzübergängen von Ecuador und Peru als der unkomplizierte und am wenigsten frequentierte, da die meisten Traveller die beschwerliche Anreise scheuen. Da wir aber zunächst in den Osten Perus wollen, bietet sich dieser Weg für uns an und einen Grenzposten an dem angeblich der Grenzbeamte gleichzeitg das Café betreibt, muss man auch mal gesehen haben.

Neben unseren Rucksäcken landet auch eine Kiste mit lebenden Hühnern im Gepäckfach, ein letzter Eindruck zum Thema Tierhaltung in Ecuador. Keiner von uns hat mehr als 3 Stunden geschlafen und als es langsam hell wird und der Bus sich mit Schulkindern füllt, ändert sich an diesem Zustand wenig. Als wir unseren Weg, der uns wieder ins Hochland führt, fortsetzen döse ich dennoch weg und als ich wieder aufwache suche ich die Strasse bzw. den Strassenrand, den ich aus dem Fenster heraus nicht erkennen kann. Die Antwort ist einfach, neben uns fällt der Hang gut und gerne 1000 m steil bergab – ohne Leitplanke! Ich blicke hoch und entdecke ein fantastisches Panorama über das südliche Hochland Ecuadors. Wir steigen immer höher, durch die Wolken, die sich wie Nebel auf die Strasse legen.

Der Busfahrer nimmt zu meiner Verwunderung etwas Tempo raus. So schleichen wir uns den Hang entlang, an jeder Kurve mit einem Hupton ankündigend, dass wir kommen. Als wir wieder freie Sicht haben, bin ich froh, dass der Fahrer scheinbar vollkommen nüchtern und ausgeschlafen ist – da sehe ich im Spiegel sein Handy am Ohr…hier muss man Kerngesund sein!

Nachdem die Schulkinder ausgeladen sind, befinden sich ausschliesslich ältere Bauern im Bus, die meist irgendwo am Hang aussteigen, einen kaum erkennbaren Feldweg entlanggehen an dessen Ende wir mit etwas Glück ab und an ein Holzhaus oder eine Lehmhütte entdecken. Was die Menschen wohl irgendwann in diese Gegend verschlagen hat?! Unterwegs sehen wir noch einen Jungen der vor einem, wahrscheinlich selbst gegrabenen, Stollen sitzt und, so nehme ich an, nach Bodenschätzen sucht. Als wir unsere für 10 Min. angesetzte Frühstückspause nach ca 45 min. beenden und der Bus sich in Bewegung setzt, sitzen Anja und André noch im Café. Wild fuchtelnd und mit allerlei spanischen Wörtern um mich werfend, von denen ich hoffe das der Fahrer versteht was ich meine, halten wir zwei Blocks weiter an und ich sprinte zurück. Püntklichkeit ist hier wenn der Fahrer los fährt und dann gibt es keine Gnade… Als wir gegen mittag in Zumba ankommen stellen wir uns darauf ein hier die Nacht zu verbringen. Laut Lonely Planet fährt nur morgens um 8.00 Uhr ein LKW zur Grenze, auf welchem man mitfahren kann. Dieser LKW ist mit Schulkindern besetzt, die auf der teils geöffneten Ladefläche warten bis sich das Fahrzeug ohne Sitzplätze in Bewegung setzt. Wahrscheinlich fährt er gegen 14.00 Uhr bekommen wir gesagt. Insgesamt sind wir nun 12 Std. unterwegs, was machen da weitere 3 – 4 Std. schon aus, wenn wir heute schon nach Peru einreisen könnten. Unser Plan war spätestens am Freitag die Grenze zu passieren, da Montag und Dienstag Feiertage sind und wir befürchten, dass am langen Wochenende die Öffnungszeiten variieren werden und/oder der Grenzübertritt teurer wird. Eigentlich will ich unbedingt auf diesem Transporter mitfahren, aber da wir den Fahrer nicht ausmachen können und daher weder Zeit noch Ziel wissen, suchen wir nach Alternativen. Jeremy, ein Amerikaner, der neben uns der einzige Ausländer im Bus war, schliesst sich uns an. Ein Pick-Up Fahrer bietet an für 20 $ uns in 1,5 Std. zur Grenze zu bringen. Wir überlegen nicht lange und schon lasse ich mich wieder auf meinem Lieblingsplatz, der Ladefläche, nieder und wir machen uns auf den Weg durch das letzte Stück ecuadorianischen Nebelwaldes.

Als wir einen Hang hinauffahren stoppen wir vor einer Absperrung, die so etwas wie ein Schlagbaum darstellen soll. Die zwei ecuadorianischen Soldaten, die diesen abgelegenen Militärposten besetzen, wollen unsere Pässe sehen und tragen unsere Namen, als erste des heutigen Tages, in ihre Liste ein. Eine Ärztin, deren Helferin eine Kühlbox mit sich trägt, kommt auf uns zu und möchte uns eine Gelbfieber-Impfung verpassen, da in Peru gerade eine Epidemie herrscht. Wir zücken jedoch unsere gelben Impfpässe, so dass sie unverichteter Dinge wieder unter dem Sonnendach Platz nehmen muss. So lange man in Südamerika nur ein Land bereist, kommt man ohne diese Impfung aus. Überquert man jedoch die Grenze, hat jedes Land die Befürchtung, dass man das Gelbfieber aus dem Nachbarland einschleppt und so finden an den Grenzübergängen und Flughäfen regelmässig Zwangsimpfungen statt. Um das zu vermeiden habe ich bereits in Deutschland das Tropeninstitut in der Flughafenklinik aufgesucht und mir dort die Spritze abgeholt.

Nach weiteren 15 Min. erreichen wir den Grenzfluss, der Peru von Ecuador trennt. Auf beiden Seiten befinden sich nur ein paar einzelne Häuser, eins davon ist der Grenzposten. Dort füllen wir wieder einen Fragebogen aus und uniformierter Grenzwärter erteilt uns den Ausreisestempel. Das wäre geschafft! Wir wechseln noch die restlichen Dollar in peruanische Soles, gehen gebückt unter der Schranke durch, da der Beamte nun Mittag macht, und vollziehen den ersten Länderwechsel auf dieser Reise – auf geht´s nach Peru!

Auf den Tag genau sind es nun 3 Wochen seit Beginn meiner Reise. Morgen werde ich so lange aus Deutschland weg gewesen sein wie nie zuvor! Kommt mir gar nicht so lange vor und von Heimweh keine Spur. Aber das kann man sicher erst mit Bestimmtheit sagen wenn der Zeitraum den eine “normale” lange Urlaubsreise eingenommen hätte, ich denke da an 5-6 Wochen, vorbei ist. Dann beginnt der “Fluss” wie es bei den Travellern so schön heisst. Auf jeden Fall verlassen wir ein Land, dass mich durchweg positiv überrascht hat. Ecuador stand eigentlich gar nicht auf meiner Reiseliste und erst durch meine Reisebegleitungen habe ich es quasi noch ergänzt. Auf jeden Fall die richtige Entscheidung! Ich erinnere mich daran, als ich im Reisebüro sass und wir darüber gescherzt haben, dass ich mir bei einer möglichen Nacht-Ankunft in Quito erstmal den Weg “freischiessen” muss… Davon kann keine Rede sein. Klar gibt es seine hohe Kriminalitätsrate, aber davon blieben wir zum Glück verschont. Dazu kommt eine Bevölkerung, die uns immer freundlich entgegen getreten ist und (sofern die Verständigung möglich war), sich für unsere Reise und unsere Heimat interessiert hat und natürlich die traumhafte Landschaft. Alles in allem hat uns Ecuador einen top Start für diese Reise ermöglicht und bereits jetzt in vielerlei Hinsicht geprägt.

Als wir auf der Mitte der Brücke die Grenzmarkierung erreichen, signalisiert uns Jeffrey, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Ivan Drago aus Rocky IV nicht verleugnen kann, dass im peruanischen Grenzbüro niemand da ist. Ist halt auch Mittagszeit… Eine Frau schickt uns die Strasse runter an den Fluss zum “Regierungsgebäude”, das gerade renoviert wird. Die Maler grinsen uns an und meinen der Grenzbeamte sei in seinem Büro. Theoretisch könnten wir einfach losfahren und keiner würde uns aufhalten, aber ohne Einreisestempel kommen wir aus Peru später nicht mehr raus. Zurück beim Büro ist auch der Grenzwächter in Jeans und T-Shirt wieder da und rutscht seine Italia-Basecap zurecht. Wir füllen wieder einen Fragebogen aus, während er unsere Daten in den PC tippt. Spektakulärer hätte ich es gefunden wenn er die verstaubte Schreibmaschine daneben benutzt hätte^^ Nachdem wir brav alles ausgefüllt haben, müssen wir zur Registrierung und zum abstempeln der Visa zur Polizei. Die befindet sich in einer weiteren Holzbaracke unten am Fluss. Der uniformierte Polizist, bei dessen Anblick ich überlege, ob er schon volljährig ist, tippt ebenfalls unsere Daten ein und stempelt dann die Visa, wobei sein Stempel immer wieder auseinander fällt. Zurück bei unserem lockeren Grenzwärter erhalten wir nun nach gut und gerne 1 Std. den Einreisstempel.

Die angekündigten „Sammelbusse“ erweisen sich als normale Kombis, daher muss Theresa im Kofferraum Platz nehmen, während die Rucksäcke auf´s Dach kommen. Die 1,5 Std. nach San Ignacio wirken wie eine Ewigkeit. Mein erster Eindruck von Peru ist staubig. Wir warten vor der Taxizentrale während Anja und Jeffrey das Hostel suchen. Wir ergattern ein Zimmer mit Blick auf den Flur und nach einer kalten Dusche essen wir beim Asiaten zu Abend. Die Stadt wirkt lebendig und als ich Abends noch alleine eine Runde drehe fühle ich mich halbwegs sicher. Aber Peru eilt der Ruf voraus gefährlicher als die anderen Länder des Kontinents zu sein, als aufgepasst, denn hier beginnt der „Wilde Westen“



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