Machu Picchu II

6 12 2010

25.11.2010

Als wir wieder unten sind, ist die Stadt noch mit Besuchern überfüllt. Momentan liegt die Grenze bei 2500 am Tag. Die Unesco fordert jedoch diese auf 500 zu beschränken, um das Weiterbestehen von Machu Picchu zu sichern. Der Berg rutscht derzeit nämlich 1 cm pro Monat ab, da die Besuchermassen wie kleine, permanente Erdbeben wirken. Es scheint also nur ein Frage der Zeit bis es Machu Picchu in seiner derzeitigen Form nicht mehr gibt!

Wir verbringen den Nachmittag in den Ruinen, überqueren die zentrale Plaza und besteigen zunächst die Heilige Plaza und gehen zum Intihuatana, dem „Ort an dem die Sonnen angebunden wird“, einem behauenen Stein, der aussieht wie eine Sonnenuhr, aber mehr mit dem Ablauf der Jahreszeiten zu tun hat. Ein Stück weiter unten befindet sich der Tempel der 3 Fenster die Sakristei. Von dort geniesst man einen tollen Blick über das Urubamaba-Tal, die Zentrale Plaza und den gegenüberliegenden Handwerks- und Wohnsektor, den wir ansteuern, nachdem wir noch den Königspalast, den Tempel der Kondore, auf dessen Dach sich zwei Steine wie Flügel auftürmen und das Gefägnis besichtigt haben. Es gibt unzählige Wege durch die Ruinen und es wird nicht langweilig die Bauwerke zu bestaunen. Wie es hier wohl ausgesehen haben muss als die Stadt noch von ca. 1000 Menschen bewohnt war. Ein perfekter Ort, für Angreifer absolut unmöglich einzunehmen. Dazu komplette Eigenversorgung durch landwirtschaftliche Anlagen und eigenes Wassersystem, so das jede Belagerung sinnlos gewesen wäre.

Entdeckt wurde Machu Picchu (“alter Gipfel”), das auf 2360 m Höhe liegt, offiziell 1911 vom amerikanischen Forscher Hiram Bingham, der von einem Bauer hierhergeführt wurde, als er auf der Suche nach der Inka-Stadt Vilcabamba war. Die Einheimischen wussten jedoch auch davor von den Ruinen auf dem Berg und im Plan, der mit den Eintrittskarten verteilt wird, ist von vielen anderen (u.a. auch deutschen) die Rede die bereits vorher dort waren. Doch erst die archäologischen Ausgrabungen Binghams, wobei die meisten Fundstücke in die Yale-Universität geschafft wurden, machten Machu Picchu weltberühmt.

Nachdem wir die weiteren Bereich besichtigt haben kehren wir zurück zur Hütte auf der Anhöhe, von wo aus wir heute morgen diesen fantastischen Ausblick hatten. Das einzige was mich etwas plagt ist der Durst. Eines dieser Gerüchte, was sogar in den Reiseführern abgedruckt wird, ist das weder Flaschen noch Essen und sogar keine Rucksäcke mitgebracht werden dürfen. Daher hatten wir nur soviel eingepackt, dass es nicht so dramatisch gewesen wäre etwas wegzuschmeissen, in meinem Fall 1,5 L Wasser. Nach zwei Bergbesteigungen und einem Sonnentag definitiv zu wenig, aber was macht das jetzt schon. Wir schiessen noch unzählige Fotos, am Ende des Tages sind es allein bei mir fast 400!

Liegen auf den Terassen und blicken einfach nur hinunter auf dieses Postkartenmotiv. Das Wetter hätte nicht besser sein können. Morgens Nebel, danach Sonnenschein, wie bestellt. Ich denke an unsere Zweifel am Morgen zurück und sage: Alles richtig gemacht! Insgesamt verbringen wir 11 Stunden auf dem Berg, von der Öffnung bis zum Schliessen. Ich weiss nicht wie lange ich von diesem Ort geträumt habe, Machu Picchu einmal selbst zu sehen. Wahrscheinlich seit ich das erste Bild gesehen habe und wusste was diese Stadt ist. Vor einigen Jahren habe ich dann fest ins Auge gefasst nach Peru zu reisen. Und zu einem gewissen Teil war Machu Picchu und die Inka-Kultur auch ausschlaggeben, dass ich Südamerika für dieses Reise ausgewählt habe. Es war mein Reiseziel Nr. 1 und wenn ich jetzt überlege weiss ich nicht was an diese Stelle treten soll oder kann…aber die Welt ist gross 😉

Zum Abschluss des Tages zeigt sich neben der Stadt ein Regenbogen, ein fantastisches Bild. Als sich die Ruinen langsam leeren müssen auch wir den Weg zurück antreten. Wir gehen die Treppen runter, bleiben nochmal kurz stehen. Ein letzter Blick auf Machu Picchu, ich atme tief durch drehe mich um, blicke nochmal kurz über die Schulter und muss fast eine Träne verdrücken – was für ein Tag! Augenblicke die ewig im Gedächtnis bleiben werden, vielleicht das beeindruckenste was ich je gesehen habe. Das Highlight der Reise liegt hinter mir und es war ein perfekter Tag, wie man ihn sich besser nicht hätte wünschen können. Ein grosser Traum ist in Erfüllung gegangen und wenn ich jetzt ein paar Tage später darüber schreibe und die Bilder sehe schreibe bekomme ich immer noch Gänsehaut.

Als wir gegen halb sechs die Brücke im Tal überqueren beginnt es zu regnen. Aber mit den Erlebnissen und Bildern im Kopf ist das egal. Wir besorgen uns Tickets für den letzten Zug um 22.30 Uhr und um 3.00 Uhr, also genau 24 Stunden nachdem die Machu Picchu Tour begonnen hat liege ich im Bett in Cusco.





Machu Picchu I

4 12 2010

25.11.2010

Ich schlafe kaum, vielleicht liegt es am frühen ins Bett gehen, vielleicht ist es auch die Aufregung… Um 3.00 Uhr ist die Nacht vorbei. Wir haben verschiedene Hinweise zur Öffnungszeit der Brücke über den Rio Urubamba von der aus man zu den Treppen nach Machu Picchu gelangt. Zwischen 3.30 und 5.00 Uhr sind alle Zeiten vertreten. Der Grund des frühen Aufbruchs ist es einen Stempel für den Zugang zu Huayna Picchu, der Berg der im Hintergrund der Ruinen thront, zu bekommen, von denen täglich nur 400 an die ersten Besucher vergeben werden. Und dann ist da noch der Sonnenaufgang, was laut den meisten Reiseführern und Erzählungen zu den spektakulärsten Erlebnissen weltweit zählt.

Draussen regnet es, verdammte sch…! Gerade heute! Wir haben unzählige Wetterberichte studiert, Einheimische befragt, aber in den Anden ist das Wetter einfach unberechenbar. Um kurz vor vier brechen wir trotzdem auf und kommen an der Bushaltestelle vorbei, wo ebenfalls schon die ersten auf den Bus um 5.30 Uhr warten. Wenn alles klappt sind wir vor ihnen oben. Um 4.15 Uhr sind wir an der Brücke wo knapp zehn Leute vor uns warten, da ist o.k, allerdings nicht die Öffnungszeit von 5.00 Uhr die uns der Wärter mitteilt. Für die 3,5 km lange Strecke, die über Treppen die Serpentinen schneidet auf denen die Busse den Berg hochfahren, braucht man ca. 1 Std. Die Busse brauchen für knapp 10 km etwa eine halbe Stunde. Könnte also eng werden. Aber scheinbar hat der Brückenwärter einen guten Tag und schliesst schon um halb fünf das Tor auf und mit uns begeben sich ca. 50 Frühaufsteher ausgerüstet mit Taschenlampen auf den Weg durch den Nebelwald. Der ist rutschig und (für mich um diese Uhrzeit) doch anstrengend. Als der Weg das erste mal die Strasse schneidet entledige ich mich meines Pullovers, dabei ziehen die meisten, die eben noch hinter uns waren an uns vorbei, Mist! Zwei Absätze weiter oben haben wir sie aber fast alle wieder überholt, da die meisten nach Luft schnappen. Gar nicht so einfach mit der Höhenluft…;) Die Strecke zieht sich und wird immer steiler. Nachdem wir eine halbe Stunde unterwegs sind dämmert es und ich kann die Lampe ausmachen. Eine Schulklasse zieht quasi im Sprint an uns vorbei, ich rede mir es schön, dass sie jünger und an die dünne Luft gewöhnt sind. Nach 55 Minuten haben wir es geschafft. 19 Leute stehen vor uns, wir haben also sogar die Wahl wann wir auf den Huayna Picchu steigen (je 200 Personen um 7.00 und 10.00 Uhr). Es regnet immer noch. Als die Mädels ankommen, die wir unterwegs hinter uns lassen mussten, diskutieren wir, ob wir heute reingehen oder es auf morgen verschieben. Die Karten können ab Kaufdatum an einem der 3 folgenden Tage verwendet werden. Entwertet werden sie erst hier oben, also beratschlagen wir ob es bei Regen Sinn macht. Die Euphorie ist jedoch so gross, dass wir unbedingt heute nach Machu Picchu wollen. Der erste Bus kommt an und die Schlange steht mittlerweile bis auf die Strasse. Als die Stempel verteilt werden entscheiden wir uns die Besteigung des Huayna Picchu erst um zehn zu machen, da durch den Nebel um 7.00 Uhr wahrscheinlich keine Sicht auf die Ruinen von Machu Picchu möglich ist.

Als um 6.00 Uhr die Tore aufgehen und wir das Weltkulturerbe betreten hört es auf zu regnen, was haben wir für ein Glück! Auf geht´s zur Hütte des Verwalters des Grabfelsen von wo aus man am besten den Sonnenaufgang beobachten kann. Der Nebel liegt noch tief über der Stadt. Wir laufen über die landwirtschaftlichen Terassen, die am Berg hängen und sehen die ersten Gebäude. Nochmal 15 Minuten bergauf, dann haben wir es geschafft. Bis auf die geführten Gruppen versammelt sich alles um das Steinhaus mit Strohdach, was auf der Anhöhe thront. Noch kann man vielleicht 20 – 30 Meter sehen, der Rest der Stadt liegt im Morgennebel. Viele scheinen ihr eigenes Ritual zu haben, manche ziehe die Schuhe aus um den Ort besser zu spüren, andere kauen Coca-Blätter, rauchen was auch immer oder trinken wahrscheinlich „bewusstseinserweiternde Getränke“. Wir ergattern einen Platz auf dem Sims vor der Hütte, quasi in der ersten Reihe. Ich habe den Tipp bekommen ein frisches Shirt mitzunehmen, dafür bin ich jetzt extrem dankbar, den im Sitzen ist es doch richtig kalt und durch den Marsch nach oben ist alles ziemlich nass.

Wir warten aber es tut sich wenig. Ab und zu verzieht sich der Nebel ein Stück, gibt den Blick auf ein paar Häuser frei, zieht dann aber wieder zu. Die Leute die den Inka-Trail, eine 3 bis 8 tägige Wanderung, die über das von den Inkas angelegte Strassensystem geht, gegangen sind kommen an. Eigentlich ist diese Route Pflichtprogramm und ich hatte auch lange hin und her überlegt. Aber um die Faszination dieser Stadt wirklich hundertprozentig erleben zu können, wollte ich lieber ausgeschlafen hierher kommen und nicht nach tagelanger Wanderung und schlafen im Zelt mich hier hoch schleppen. Wir spekulieren, ob es heute überhaupt nochmal richtig freie Sicht gibt oder wir den ganzen Tag im Nebel herumwandern müssen. Nach über einer Stunde ist immer noch nichts zu sehen. Doch dann, gegen 8.00 Uhr beginnt die Vorstellung:

Langsam schiebt sich der Nebel zu Seite und gibt den Blick frei. Es herrscht Stille, dann folgen “Ahh”, “Ohh”, “Wow”, “I can´t believe it”. Erst sehen wir einzelne Häuser, den Königspalast, den Wohn- und Handwerkssektor, den Hügel mit der Tempelanlage und im Hintergrund die Haupt-Plaza. Das Tal liegt noch im Nebel, der auch immer wieder die Stadt einhüllt. Dann die ersten Sonnenstrahlen und der Blick herunter in das Urubamba-Tal wird frei. Die Sonne drängt sich durch die Wolken, die Nebendecke lichtet sich weiter und im Hintergrund sehen wir die Umrisse des Huayna Picchu. Noch ein paar Minuten und vor uns liegt das Motiv was ich bisher nur von Bildern kannte – Gänsehaut!

Das ganze dauert etwa 20 Minuten, kommt mir aber vor wie mehrere Stunden. Man kann es eigentlich nicht wirklich beschreiben, auch wenn ich mir hier grosse Mühe gebe. Die Magie dieses Ortes ist einfach unfassbar. Alles was vorher versprochen wurde, wird hier nochmal übertroffen wenn man es mit eigenen Augen sieht.

„Das Leben wird nicht gemessen an der Zahl unserer Atemzüge, sondern an den Orten und Momenten, die uns den Atem rauben!“

Dieses, eines meiner Lieblingszitate, hat wohl noch nie besser zugetroffen.

Wir sitzen noch einer Weile und beobachten einfach nur dieses fantastische Bauwerk und die Natur. Allein die Berge, die sich um die Stadt auftürmen und mit dichten Wäldern überdeckt sind, wären schon beeindruckend genug, wäre da nicht Machu Picchu. Es ist unvorstellbar wie seine Erbauer es geschafft haben alleine mit Körperkraft all diese Steine hier hoch zu schaffen, die nachweislich nicht von diesem Berg stammen. Gelöst ist dieses Rätsel bisher nicht, genauso wenig der genaue Zweck dieser Stadt und warum ihre Erbauer sie nach nur 90 Jahren (1450 – 1540), vor Ankunft der Spanier wieder verlassen haben. Generell sind die Inka ein faszinierendes Volk, obwohl ihr Hochzeit nur knapp 400 Jahre währte, sind die Bauwerke die von ihnen geschaffen wurden mit denen anderer grosser Kulturen mindestens gleichzusetzen. Ich persönlich denke sogar, dass die indigenen Kulturen des amerikanischen Kontinents in der Einstufung ihrer Leistungen sogar etwas schlechter wegkommen, da diese natürlich durch Völker aus der “alten Welt” vorgenommen wird. Allein die fugenlose Bauweise, die die Inka ausübten ohne die Steine miteinander zu verbinden und dadurch die Häuser absolut Erdbebensicher machen ist grandios.

Als wir den Aussichtspunkt verlassen, müssen wir zurück zum Eingang, wo sich die einzige Toilette befindet. Da ich nun schon 6 Stunden wach bin esse ich am Imbiss, der von seinen Preisen her auch in Deutschland stehen könnte, zu Mittag. An einem Schalter am Eingang herrscht ein ziemlicher Andrang. Wir fragen zwei Backpacker, die wir aus dem Hostel kennen was da los sei und bekommen erklärt das man sich dort seinen Pass abstempeln lassen kann. Auf geht´s, wer hat schon einen “Einreisestempel” von Machu Picchu?! Anschliessend machen wir uns auf den Weg zum Huayna Picchu oder Wayna Pikchu (“junger Gipfel”) wie er in der einheimischen Sprache Quechua heisst. Wie gesagt dürfen diesen Gipfel, von wo aus man aus 2701 Metern Höhe auf die Ruinenstadt hinunterblickt, täglich nur 400 Besucher besteigen. Pünktlich um 10.00 Uhr tragen wir uns in die Liste am Eingang ein, da die Besteigung nicht ganz ungefährlich ist. Und in der Tat, nachdem wir den kleineren Gipfel neben uns liegen gelassen haben geht es die Treppen bergauf. Umso höher wir kommen umso steiler und kürzer werden die Stufen und Nach fast einer Stunde entdecken wir die Gebäude die in dieser Höhe einfach am Berg hängen. Das ganze wirkt fast von beeindruckender als die Ruinen unten in der Stadt. Über Treppen und Wege kommt man immer höher, dann ein Tunnel der unter den Felsen durchführt. Ich muss auf allen vieren kriechen und meinen Rucksack vorausschieben um durchzukommen. Oben nochmal Treppen, dann sehe ich auf den Felsen auf dem Gipfel eine staunende Menge aus aller Herren Länder sitzen. Ich suche mir einen Platz und blicke auf die Stadt, die nun ziemlich klein wirkt. Noch so ein unbeschreibliches Erlebnis!

Den Weg nach unten treten wir auf der Rückseite des Berges an, wo man zunächst einen glatten Felsbrocken gut 15 Meter herunterlaufen muss, natürlich ohne Möglichkeit zum Festhalten. Jetzt wird mir klar warum man sich unten eintragen muss…

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