Cotopaxi – Gletscher
26 10 201021.10.2010
Die Nacht war kalt, ich dachte der Ofen reicht aus, aber der ist mittlerweile aus. Um 7.00 Uhr ist die komplette Hütte wach und wir geniessen aus dem Fenster einen klaren Blick auf den Vulkan. Zum ersten mal auf der Reise ziehe ich die Thermo-Unterwäsche an, wird sicher kalt da oben. Ein Pick-Up bringt uns drei und Christian, einen Rumänen, der eine ähnliche Reiseroute hat wie wir und ebenfalls gestern angekommen ist, zum Park. Als wir an der Kreuzung Richtung Park ankommen, hält der Fahrer an, rennt neben einem halb fertigen Haus den Hang hinunter, kommt mit einer Regentonne, an deren unteren Ende ein Schlauch befestigt ist wieder und hängt diesen in den Tank – Tanken auf ecuadorianisch. Als wir die Ranger-Station erreichen wir die “Strasse“ besser, klar wir zahlen ja auch 10 $ Eintritt pro Tag. Ein anderer Pick-Up kommt uns entgegen, drin sitzen die anderen Backpacker und die beiden Volunteers, die zum Gipfel wollten. Der Guide meint nur “Perfecto“, beeindruckend, da die meisten ohne Bergerfahrung sind und der Cotopaxi eine Nachtbesteigung mit Eisklettern erfordert.
Wir fahren eine halbe Stunde durch ein Feld auf dem meterhohe Felsbrocke verteilt liegen, die der Vulkan beim letzten Ausbruch vor 130 Jahren herausgeschleudert hat. Sieht irgendwie unwirklich aus. Über eine Serpentinenstrasse erreichen wir den Parkplatz auf 4000 Meter. Christian sprintet voraus, André, der Fahrer und ich folgen, Theresa hängt zurück. Nach ca. 1 Std. Durch Geröll erreichen wir das Refugio auf 4810 m. Ich hatte davon und der Besteigung des Cotopaxi bereits in einer meiner Reisevorbereitungslektüren gelesen. In “Amerika der Länge“ nach hat die Schutzhütte 20 Schlafplätze, unter dem Dach zähle ich jedoch 55 Pritschen. Bergsteigen boomt in Ecuador.
Theresa hängt immer noch am unteren Teil. Der Fahrer, der gleichzeitig als Guide fungiert treibt uns an weiter aufzusteigen, da das Wetter umzuschlagen droht und so müssen wir ohne sie los. Nach weiteren 30 Minuten erreichen wir den Gletscher auf 5000 Meter! Höher als jeder Berg Europas, aber bei weitem nicht so anstregend und auch nicht so spektakulär wie wir es gedacht hatten. Ich merke die Höhenluft, für einen Aufstieg zum Gipfel benötige ich mindestens noch 5 Tage zum akklimatisieren und der Guide ist mit 190 $ auch nicht so billig, dass man es einfach mal riskieren könnte. Also verwerfe ich auch diesen Plan, ab und an siegt dann doch die Vernunft… Aber zumindest ist die Messlatte nun gelegt 😉
Wir machen Fotos und steigen ab. Kurz vor dem Refugio sammeln wir Theresa wieder ein und nach einer Pause in der Hütte rutschen wir den Rest des Berges runter und fahren zurück.
Im Hostel planen wir die weitere Reiseroute. Carolina ruft für uns in verschiedenen Hostels in Baños an, wo wir Anja vermuten. Ohne Internet und Handy ist die Kommunikation doch schwierig, aber normalerweise fehlt mir nichts. Nur in diesem Moment ist es etwas schwierig, da wir statt nach Baños weiter nach Riobamba wollen, von wo aus nur Sonntags den Zug nehmen können um die berümte “Teufelsnase“ runter zu fahren, eins der Highlights in Ecuador.
Den Nachmittag verbringen wir im Jacuzzi und reden über Gott und die Welt. Das Tal liegt im Nebel, so dass wir kaum die nächste Hütte sehen können. Nach den 40 Grad im Bad folgt eiskaltes Wasser in der Dusche, jetzt bin ich wach. Die meisten der lustigen Runde von gestern sind heute abgereist, daher erwarten wir einen ruhigen Abend, aber es folgt mal wieder anders…ACHTUNG jetzt folgt der philosophische Teil…:)
Ich setze mich auf die Couch, im Kamin brennt das Feuer, ich hole mir noch zwei Kerzen, die auf Weinflaschen gesteckt sind, stelle sie auf einen Holzblock vor mir und beginne zu schreiben. Neben mir sitzen die Franzosen und lesen. Ein älteres irisches Ehepaar, das heute angereist ist und den Alterschnitt deutlich nach oben zieht, unterhält sich mit ihren Landsleuten. André will sich von dem Iren noch ein paar Lieder auf der Gitarre zeigen lassen. Der alte schnappt sich das Instrument und spielt „House of the Rising Sun“, alles lauscht gespannt. Es folgen weitere Klassiker. Die Iren fangen an zu singen, die beiden Volunteers sitzen in Ponchos gehüllt auf dem Boden, daneben die Hunde vor dem Kamin. Die einheimische Köchin und die anderen Angestellten kommen dazu, alles ist irgendwie gelöst und völlig entspannt. Das sind denke ich die Momente warum die „Rastlosen“, die sich auf solche Reisen begeben selten Heimweh haben, denn hier kann man sich für einen Moment zu Hause fühlen. Alle treibt irgendwas an und man weiss eigentlich nicht wirklich was. Man trifft Menschen mit ähnlichen Gedanken, sinniert über den Sinn des Lebens, lässt sich von der Stimmung erfassen, einen Moment treiben und dann geht es weiter. Ich erinner mich an die Tage von Ko Tao in Thailand vor 3 Jahren und die unvergesslichen Momente, die unter anderem Antrieb für diese Reise waren. Sieben verschiedene Nationen sind anwesend, die Gitarre wird herumgereicht, wir hören deutsche, polnische und zumeist englische Songs. Als gerade „Hallelujah“ gesummt wird macht es einen dumpfem Plopp und meine Kerze stürzt ab. Zeit ins Bett zu gehen, aber der Moment ist zu genial, keiner kann sich losreissen und die letzten sitzen bis in die frühen Morgenstunden – ein überragender Abend…!
Schade, dass es morgen schon weiter geht.
Also Du solltest unbedingt ein Buch schreiben. Der letzte Absatz ist genial!