Amazonastour II
19 11 201006./07.11.2010
Um 2.00 Uhr weckt mich ein Hupton, der bei Ankunft und Verlassen jedes Hafens ertönt. Ich höre André sich auf Englisch unterhalten und als ich unter meinem Moskitonetz hervorluke sehe ich Jeremy mit dem wir die Grenze pasiert haben. Er kommt frisch aus dem Dschungel und will auch nach Iquitos. Knapp 4 Stunden später klopft es zum Frühstück. Als Spät-Frühstücker verzichte ich und döse weiter bis mich die unerträgliche Hitze auftaut. Dank dem Tipp von Steve die Matte relative wagerecht zu hängen und mich dann schräg reinzulegen, habe ich bestens geschlafen, einer Seemanns-Karriere würde also auch nichts im Wege stehen 😉 Als ich im Heck an den Waschbecken mit Ausblick auf den Fluss stehe, brennt mir die Sonne fast die Beine weg. So vergeht der Tag und ausser rumhängen (im wahrsten Sinne des Wortes…), viel trinken und zur Toilette schleichen passiert bei 38 Grad im Schatten nichts spannendes. Eine Peruanerin hat einen kleinen Ameisenbär mitgebracht und ihn in der Mitte unseres Decks angebunden, wo er nun durch das zerlegen sämtlicher Gegenstände die man ihm hinlegt, zur allgemeinen Belustigung beiträgt. Allerdings sind die Tiere nicht ohne, angeblich können sie sogar einen Hund töten.
Ab und an laufen wir kleine Dörfer an um Waren mitzunehmen. Jedes mal scheint das ganze Dorf auf den Beinen zu sein, schleppt Säcke und ganze Äste mit Bananen die Böschung herunter auf das Boot, während Frauen und Kinder über das Schiff gehen und Getränke, Eis und Chips verkaufen. Eine kalte Cola ist an diesem Nachmittag ein wahrer Segen! Zwischen den Stopps signalisieren uns Fischerboote, dass sie ebenfalls Ware an Bord bringen wollen. Der Steuermann reduziert daraufhin das Tempo und die Kanus machen längsseits fest, wo die Waren umgeladen werden. Ein System, mit dem unter anderem festgehalten wird wem welche Waren gehören kann ich über die gesamte Reise nicht erkennen. Als wir uns schon auf dem Rio Marañon befinden peitscht plötzlich eine Sturmböe über Deck und fegt alles was nicht fest ist über Deck. Der Bootsmart hat alle Hände voll zu tun die Planen rundherum zu verzurren, während man ein paar Kilometer flussabwärts schon den Regen niedergehen sieht. Damit sinkt dann aber auch endlich die Temperatur.
Bereits um fünf gibt es Abendessen und ab sieben herrscht Stille an Bord, wo es mittlerweile etwas voller geworden ist. Gegen zehn erreichen wir ein weiteres Dorf. Ich gehe in den Bug und beobachte wie die Träger wie immer voll beladen die Böschung herunterrutschen. Sowas wie einen Anleger oder einen einfachen Steg gab es selbst in Yurimaguas nicht. Nach einer Weile will der Kapitän weiter und stellt den Motor an, worauf helle Aufregung entbrennt. Statt der bisher ca. 20 Trägfer sind plötzlich doppelt so viele im Einsatz, die nochmal jeweils das doppelte schleppen. Als die gestapelten Säcke von der Böschung verschwunden sind rennen die Männer hoch ins Dorf und schleppen weitere Säcke herbei. Man hat den Eindruck das Dorf würde gerade evakuiert werden. Der Kapitän und die Mannschaft machen sich einen Spass daraus zu hupen, kurz rückwärts abzulegen um dann wieder an Land zu fahren, was jedesmal die Hektik noch anheizt. Ein Schwein wird mit einem Seil am Hinterbein die Böschung hinuntergezerrt, als nächstes wird ein alter, scheinbar kranker oder verlezter Mann in einem zur Trage umfunktionierten aufgeschnittenen Sack an Bord gebracht. Oben wird als nächstes ein Motorrad an einem Seil durch den mittlerweile tiefen Schlamm heruntergelassen. Keine Ahnung was man hier im Urwald mit so einer Rennmaschine macht, wo sie herkommt oder bin soll. Der Kapitän hat allerdings genug, da die Laderampe komplett zugestellt ist und bevor das Motorrad unten ist legt er ab. Die Träger die gerade noch an Bord waren werden mit dem Beiboot zurückgebracht.
Am nächsten morgen erreichen wir Nauta, von wo aus man über eine neu gebaute Verbindungsstrasse in 1 Std. in Iquitos sein kann. Da wir aber die komplette Fahrt bezahlt haben und es uns auf dem Schiff eigentlich ganz gut gefällt, nehmen wir weitere 10 Std. Fahrt in Kauf. Um 10.30 Uhr erreichen wir den Punkt, wo sich aus Rio Maranon und Rio Uyuacali der Amazonas bildet. Erkennen würde man es wahrscheinlich nicht, da der die Fluss sich unterwegs unzählige male geteilt und wieder vereinigt hat und man nie weiss, ob es nun ein anderer Fluss ist. Aber meine Nachfrage auf der Brücke bestätigt es: Wir fahren auf dem Amazonas! Eines der grossen Ziele dieser Reise ist erreicht.
Wir geniessen den Nachmittag auf Deck, wo es nach dem Regen von gestern „nur“ noch 30 Grad sind. An Bord hat sich eine kleine Gemeinschaft gebildet und es herrscht absolute Entspannung, fast schon schade, dass wir in wenigen Stunden da sind. Ich lese noch meine Reiselektüre „Ohne Geld bis ans Ende der Welt“, die ich gestern begonnen habe, zu Ende und habe nun angeregt von einer Reise von Berlin über den amerikanischen Kontinent in die Antarktis neue Ideen. Leider erst bei Dunkelheit erreichen wir den Hafen von Iqutios, der trotz der Entfernung von ca. 3500 km zum Atlantik von Hochseeschiffen angefahren wird. Nach einem Stopp beim Zoll verlassen wir über eine Holzbohle die „Eduardo III“ und klettern die vermüllte Böschung hinauf. Nach den entspannten Tagen scheint es uns an Aktion zu mangeln und zu heizen wir die Fahrer unserer beiden Motorradtaxis zu einem spontanen Rennen an. Der erste Eindruck ist entgegen der Ankündigungen im Reiseführer wie jede andere Grossstadt, mal abwarten was Iquitos bei Tag zu bieten hat.
Grüße an den Amazonas und DANKE für die wieder super Berichte!
Grüß aus der Heimat
bei uns sind einfach mal 30°C weniger -.-
aber schön braun bist du schon geworden, wenn man von den T-shirt-Abdrücken absieht xD
und ein sehr schönes Bild mit der perfekt aufgehängten Hängematte und natürlich Deutschlandkissen ;D
Wir hatten noch nicht allzu viele Strandtage an denen man sich streifenfrei hätte bräunen können und man muss ja auch einen Vergleich haben 😛
so gefährlich sieht der ameisenbär gar nicht aus