Fiordos de la Patagonia I

13 02 2011

21./22.01.2011, Tag 108/109

Morgens geht es direkt zum Hafen ins Terminal von Navimag, der Fährgesellschaft, die das Monopol auf Schiffsreisen in den Süden Chiles hat und deswegen für 3 Tage in einem Schlafraum mit 42 Personen 310 Euro verlangen kann. Zum Vergleich: Für den gleichen Zeitraum habe ich auf dem Amazonas knapp 10 % bezahlt. Normalerweise also ein No-Go für meine Reisekasse, aber diesen Abschnitt, der (so hoffe ich) einer der landschaftlich schönsten dieser Reise sein soll, habe ich einkalkuliert, denn die Alternativen sind rar. Man kann entweder fliegen und gar nichts sehen, oder mit dem Bus über Argentinien in den Süden reisen. Da die Panamericana wie beschrieben auf Chiloe endet, gibt es als einzigen Verkehrsweg durch Patagonien die (unter Travellern) berühmte Carretera Austral, eine Naturpiste auf der keine öffentlichen Verkehrsmitteln verkehren und die allerdings auch irgendwann in den südlichen Anden endet, wo man dann ebenfalls nach Argentinien rüber muss. Von daher war die Wahl mit der Fähre die beste Variante und wurde mir auch von vielen an Herz gelegt.

Beim Check-In lerne ich Eva aus Frankfurt kennen, die in den nächsten Tagen meine Bettnachbarin sein wird. Nachdem ich meinen Rucksack abgegeben habe bleiben bis zum Boarding um 15.00 Uhr nun noch über 4 Stunden. Eigentlich bin ich davon ausgegangen direkt auf das Boot zu gehen, aber so bleibt noch Zeit ein paar Erledigungen zu machen. Als ich kurz vor drei zurück bin treffe ich Theresa im Wartebereich wieder. Wir hatten bereits vorher per E-Mail festgestellt, dass wir beide auf der gleichen Fähre sind und uns hier treffen würden. Die Wahrscheinlichkeit eine meiner ehemaligen Reisebegleiterinnen hier wieder zu treffen war allerdings auch recht hoch, da wie geschrieben die Alternativen rar sind und das Boot nur einmal wöchentlich fährt. Anja ist bereits vor 2 Wochen mit der Fähre gefahren. Ich wäre gerne eine Woche früher gefahren, aber da gab es in der Grossraumkabine keine freien Plätze und alles andere wäre preislich nicht drin gewesen. So hatte ich aber wenigstens die Möglichkeit das Seengebiet etwas intensiver zu erkunden (auch wenn das Wetter nicht mitgespielt hat…). Zudem treffe ich noch Abby und Owen, ein Pärchen aus London, die mit uns an Silvester im gleichen Hostel in Valparaiso waren, so klein ist die Backpacker-Welt 😉

Mit Bussen werden wir aus Sicherheitsgründen vom Terminal zur 200 Meter entfernten Ablegestelle gebracht, wo die “Evangelistas” schon vor Anker liegt. Ich hatte mir beim meinem ersten Hafenbesuch nicht wirklich vorstellen können mit so einem Riesenschiff hier in den vergleichsweise kleinen Hafen mit niedrigen Wasserpegel einfahren zu können und damit gerechnet mit kleinen Booten zur Fähre gebracht zu werden. Aber so liegt unser “zu Hause” für die nächsten Tage mit “offenen Bauch” vor uns und ist bereit zum Einsteigen. Über das Unterdeck, wo sich die Fahrzeuge befinden geht es über die Treppen hoch auf die Balkone mit den Eingängen zu den Schlafkabinen. Wir haben auf dem ersten Deck gleich die erste Kabine im Heck. Leicht wiederzufinden, denn so ein grosses Schiff in dem alles gleich aussieht kann am Anfang ziemlich verwirrend sein^^ Die Schlafkojen sind deutlich besser als ich es mir vorgestellt habe. Jeweils zwei übereinander links und rechts, mit Vorhängen und einer kleinen Lampe (erinnert mich an mein früheres Hochbett…), sowie einem Schrank in den sogar der grosse Rucksack passt. Glücklicherweise haben wir sogar ein Fenster und es damit besser getroffen als die Leute in den 4er-Kabinen. Die 42 Personen die hier zusammen in einem “Raum” schlafen sind so gezählt, dass es jeweils 2 – 4 Personen in Abteilen ohne Tür sind. Das stört aber eigentlich überhaupt nicht und ist mir persönlich lieber als mich zu viert in einer fensterlosen Kabine einzuschliessen. Mit Eva und Dunja bilden wir eine deutsche Mehrheit in unserem Kojenraum, der durch Anthony aus den USA vervollständigt wird.

Wir sehen uns um, laufen einmal ausserhalb über die Decks, wo sich zahlreiche Sitzmöglichkeiten, sowie im Heck ein Hubschrauberlandeplatz befindet, neben dem ein grosses Schachbrett aufgezeichnet ist. Von hier aus geht es in die Bar und durch das “Treppenhaus” runter in den Essenssaal wo auch gleich ein Begrüssungssnack serviert wird., während es draussen anfängt zu regnen…nicht schon wieder! Es folgt eine kurze Infoveranstaltung während sich das Schiff in Bewegung setzt. Als wir wieder draussen sind können wir bereits Puerto Montt nur noch aus der Entfernung sehen. Der Abend endet relativ früh, da die Möglichkeiten beschränkt sind. Am nächsten Morgen weckt mich um 8.00 Uhr die Lautsprecherdurchsage: “Desayuno!” Da das Schiff relativ voll ist sind die Essenszeiten aufgeteilt und wir sind glücklicherweise in der zweiten Gruppe. Wenn man aber etwas früher geht, hat man die Möglichkeit sich zwei oder mehrmals anzustellen, da die Damen bei der Essensausgabe auf der Abzeichnen der Tickets verzichten. Das Essen ist deutlich besser als ich erwartet habe, ich würde sogar sagen richtig gut, und den ganzen Tag kann man Wasser und Saft kostenlos trinken oder sogar abfüllen. Das Frühstück ist reichhaltig und jeden Tag wandern ein paar der kleinen abgepackten Marmelade-, Magarine-, Tee- und Zuckerpäckchen in meine Jackentasche. Damit spare ich mir natürlich jetzt nicht die Reisekosten zusammen, sondern diese kleinen Verpackungseinheiten bekommt man hier nicht zu kaufen, für die 5-tägige Wanderung im Torres del Paine Nationalpark, die bei der Ankunft in Puerto Natales ansteht, sind sie geradezu perfekt. Denn wer rennt schon mit einem Marmeladenglas oder einem Kilo Zucker im Rucksack durch die Gegend?!

Nach dem Frühstück starte ich ein Projekt, was genau genommen schon seit Ecuador auf die Umsetzung wartet: Ich habe mir in jedem Land die jeweilige Flagge, sowie weitere Aufnäher gekauft und damit sowohl meinen Rucksack als auch meine Umhängetasche zu schmücken. Mittlerweile ist einiges zusammen gekommen und so sitzen Theresa und ich auf dem Balkon vor unserer Kabine und spielen “fleissiges Schneiderlein”. Ab und zu wenn sich ein gutes Motiv, wie die unzähligen Wasserfälle die von den Bergen hinabrauschen, bietet wird ein Foto von der Landschaft gemacht und dann geht es weiter. Leider ist es ziemlich bewölkt, aber diese etwas mystische Atmosphäre hat auch was. Und es ist erstaunlich wie ruhig es hier ist, ausser den Wellen ist kaum etwas zu hören, eine absolut entspannte Art zu reisen. Ich brauche für die Näherei zwar meine Zeit aber, unterbrochen vom Mittagessen und einem Vortrag, ist die Tasche am selben Tag fertig. Nachmittags besichtige ich noch die Brücke, wo neben dem technischen Dingen sogar noch echte Seekarten mit Zeichenmaterial verwendet werden. Anschliessend findet eine Informationsveranstaltung zu der patagonischen Tier- und Pflanzenwelt statt. Draussen beginnt es zu regnen und in Verbindung mit dem Wind und den niedrigen Temperaturen ist es extrem ungemütlich, also lege ich mich in meine Koje und döse ein. Anthony weckt mich und fragt mich, ob ich nicht zu Abend essen will…haben wir nicht gerade erst Mittag gegessen?! Und dann erfahre ich das es über die Lautsprecher (was ich wohl nicht gehört habe…) eine Durchsage gab, dass wir Wale gesichtet haben, so ein Mist! Allerdings habe auch nur wenige die Tiere wirklich gesehen.

Während des Essens dann wieder ein Durchsage: “Wal auf Steuerbord!” Alles stürmt nach draussen in den Regen, aber auch nach langem ausharren ist nichts mehr zu sehen. Nachdem wir den Tag über die verschiedenen Kanäle passiert haben (deren Namen ich hier nicht alle aufzählen brauche denke ich), geht es vorbei an der “Bahia Anna Pink” (den fand ich lustig ;)) raus auf den pazifischen Ozean. Eigentlich ist mein Magen hochseetauglich, aber da Eva zu viele Tabletten gegen Seekrankheit dabei hat, habe ich mir sicherheitshalber auch mal eine eingeworfen. Vielleicht gar nicht so schlecht, denn der Seegang ist wirklich hart. Ich gehe nochmal nach draussen und sehe wie der Bug  sich deutlich anhebt und dann das Schiff wieder nach unten auf das Wasser klatscht. Dabei wird der Ozean sichtbar, der aber gleich wieder verschwindet als sich das Boot über die nächste Welle kämpft. Zurück in der Kabine überkommt mich nochmal die Müdigkeit und wieder weckt mich Anthony, nun als er auch schlafen geht. Ich gehe nochmal meine Wasserflasche auffüllen. Mittlerweile ist die See so rau, dass es nicht möglich ist gerade zu laufen. In den schmalen Gängen geht das noch halbwegs, weil man sich abstützen kann, aber als ich den Essenssaal erreiche und diesen einmal durchqueren muss komme ich mir vor wie ein Besoffener, der durch die Gegend taumelt. Zeit tatsächlich schlafen zu gehen…




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