Montevideo – Playa & Casino
3 03 201116./17.02.2011, Tag 134/135
Montevideo – der Name dieser Stadt hat mir irgendwie schon immer gut gefallen, daher ein Muss auf meiner Reiseroute und heute ist es soweit. Da ich mal wieder wenig geschlafen habe, hole ich dies auf der Fahrt nach und verpasse somit die Landschaft Uruguays, die wir in den knapp 4 Stunden durchqueren. Das ist das schöne hier, endlich wieder kurze Distanzen. Ich wache auf als wir am Stadtrand von Montevideo ankommen. Am Terminal besorge ich mir einen Stadtplan und fahre mit dem Bus über die Hauptgeschäftsstrasse, Avenida 18 de Julio, ins Zentrum. Als ich aussteige fährt gerade ein Pferdewagen vorbei. Allerdings keine Kutsche, sondern das sind hier die Transportmittel der Wertstoffsammler, die sich damit in den Verkehr der Grossstadt mischen. Von der Plaza Independencia, sozusagen em Zentrum, aus ist mir die Stadt sofort sympathisch. Ich suche gerade noch nach irgendeiner Hausnummer um mein Hostel zu finden, da fragt mich eine Frau wo ich hinmöchte und bringt mich sicher ans Ziel. Das “Che Lagarto Hostel”, eine südamerikanische Kette, die sich auf Backpacker “spezialisiert” hat, befindet sich in einem schönen alten Gebäude. Allerdings ist gerade (noch) nichts frei und ich muss mich gedulden. Ich drehe eine erste Runde durch die Stadt und frühstücke. Dabei spricht mich ein junger ”Uru” an, dem meine Tasche aufgefallen ist. Fernando ist selbst schon alleine unterwegs gewesen und meint ich solle ihm mal schreiben, dann könnten wir Abends mal zusammen feiern gehen. Danach checke ich schon mal Alternativ-Hostels, aber weder Preis, noch Lage oder Ausstattung können mit dem Che mithalten, also freue ich mich umso mehr das dort ein Bett frei wird.
Als ich wenig später am PC sitze, mustert mich der auf den ersten Blick doch etwas seltsam wirkenden Typ neben mir. Dann meint er schlichtweg: “Hey Man, what´s up?!” und wir kommen ins Gespräch. Simon ist Däne, lebt aber derzeit in Rio und muss auf sein Visum warten, was er morgen bei der brasilianischen Botschaft abholen kann. Praktischerweise hat er das Bett über meinem und er fragt, ob ich mit an den Strand komme. Da ich nichts besseres zu tun habe sage ich zu, obwohl ich noch nicht recht weiss was ich vom ihm halten soll… Begleitet werden wir bei diesem Ausflug von Paula, einer knapp bekleideten Argentinierin, die Simon gestern kennengelernt hat. Er legt sich dann erstmal auf der Treppe hin, woraufhin mir klar wird woher die ganzen Verletzungen kommen, die er mir eben im Zimmer gezeigt hat. Nachdem wir nach langem herumfragen endlich die Bushaltestelle gefunden haben, beginnt Simon zu erzählen, wie er in Kolumbien geboren und aufgewachsen ist (also auch Kolumbianer ist), zwischenzeitlich in Florenz und New York gelebt hat und das er demnächst als Englisch-Lehrer nach Thailand geht. Dadurch, dass er fliessend spanisch und portugiesich spricht ist er im südamerikanischen Raum als grossgewachsener Europäer wohl ziemlich begehrt, obwohl er äusserlich gar nicht der Frauentyp ist, wie er selbst zugibt. Egal wie, in jedem Backpacker-Film, den ich gesehen habe gibt es auch Skandinavier und mein Däne könnte typischer nicht sein, als das Bild das ich von seinen Landsleuten vor Augen habe, chaotisch aber sympathisch.
Der Strand von Pocitos ist ein typischer Stadtstrand mit Hochhäusern im Hintergrund. Dies wird jedoch sekundär als ich mir die landestypische Badebekleidung der einheimischen Frauen ansehe und unsere attraktive Begleitung bildet da keine Ausnahme…Simon verspricht mir jedoch, dass Brasilien noch besser wird! Das Wasser des Rio de la Plata ist nach wie vor braun, was mich erstmal nicht wirklich anspricht. So hängen wir ein paar Stunden herum und ich trainiere mein Spanisch, da Paula kein Englisch spricht. Funktioniert mittlerweile auch ganz ordentlich. Irgendwann steht sie auf, geht zur Bar und kommt mit einer 1-Liter Flasche Bier wieder, besser hätten wir die Begleitung nicht auswählen können 😉 Simon holt den Nachschub und ich schliesse mich an, ehe wir in die zweite Runde gehen. Die Stimmung ist gut und die Sonne geht langsam unter, als Simon seine zweite Flasche kaufen geht und nicht wieder kommt. Wir warten 10 Minuten, 15, 20, eine halbe Stunde, aber keine Spur. Es ist aber sicher nicht der schlechteste Teil des Abends…und als Simon nach über einer Stunde wieder auftaucht fragt er erstmal, ob er wieder gehen soll. Mir wird in diesem Moment deutlich, warum der Kerl mir immer sympathischer wird: Er hat (wie der ein oder andere mit dem ich zu Hause unterwegs bin^^ ) ein leichtes Alkoholproblem und ist an der Bar hängengeblieben, wohin wir nun unbedingt mit ihm gehen müssen. Es ist 22.00 Uhr und ich habe ausser 2 Brötchen zum Frühstück noch nichts gegessen, als der Barkeeper mit einem “Shot”, wie sie es nennen, vorsetzt. Ein 0,33 L Glas mit einer Mischung aus Wodka und Rum, Skål! Paula bestellt irgendeine Fischspezialität, die ich unbedingt probieren muss. Bei meinem Hunger und dem steigenden Alkoholpegel hätte ich aber auch alles gegessen…Simon hat in der Zwischenzeit den Barkeeper überzeugt, dass er eigentlich hinter die Bar gehört. Nach fast einer Stunde beschliessen wir zu gehen, als wir an der Bushaltestelle sind, muss Simon aber “unbedingt” nochmal zurück. Da ich selbst in Verzögerungstaktiken unter Angetrunkenen geschult bin, mache ich mir keine Hoffnungen, dass er schnell zurück kommt. Unser Bus kommt allerdings auch nicht und als der Barkeeper ihn persönlich zur Bushaltestelle bringt, beschliessen wir ein Taxi zu nehmen. Diese sind hier durch eine Fensterscheibe zum Fahrgastraum abgetrennt, woraufhin Simon mich ein ums andere mal fragt: “Why we´re going to the Jail?” Dieser verrückte Däne! Aber ich kann euch versprechen es wird noch besser…
Das Hostel soll nur Zwischenstation sein, ehe es in irgendeinen Club geht. Dazu benötigt Simon allerdings Geld und der einzige Automat in der Gegend steht im Casino um die Ecke… Ich begleite ihn sicherheitshalber, während Paula duschen geht. Mit Unterhemd, Shorts und Flip-Flops dachte ich nicht, dass wir bis in die Lobby vordringen können, doch dann setzt Simon noch einen drauf: “Vamos a Casino!” Meine Versuche ihm zu erklären, dass es nicht die allerbeste Idee ist, sich in seinem Zustand an Glückspielen zu versuchen ignoriert er geschickt und wider erwarten werden wir in unserer Strandgarderobe zugelassen! An der Bar bestellt er erstmal zwei Remy Martin, es soll ja nicht aussehen als ob wir keinen Stil hätten. Dann bricht es aus ihm heraus: “You´ve to come to Rio Man!”. Das werde ich! Wir versuchen uns zuerst am Roulette, bis Simon an den Black-Jack-Tisch wechselt. Dabei überlässt er mir einen Stapel Chips mit denen ich was gewinnen soll. Mit dem letzten Einsatz hole ich dann in etwa das gleiche wieder rein und verantwortungsbewusst wie ich bin steige ich aus, löse das gewonnene in Bargeld ein und besorge davon ein paar Bier. Simon der mittlerweile erwartungsgemäss alles verspielt hat ist gerade dabei einen Typ an der Bar die Pommes vom Teller zu klauen, was dieser gar nicht so lustig findet.Genauso wie die Sicherheitsleute die uns bitten zu gehen als er anschliessend versucht im Springbrunnen schwimmen zu gehen…!
Als wir es ins Hostel geschafft haben ist Paula schon unterwegs in den Club. Mittlerweile sind allerdings auch schon 2 Stunden vergangen… Als ich gerade in die Dusche will werde ich von “Danish-Dynamit” überholt und muss das Bad nebenan nehmen. Als ich wieder raus komme sitzt er dann nur mit dem Handtuch um die Hüften an der Hotelbar. Vielleicht weiss jemand an welchen meiner Freunde mich das erinnert 😉 Als ich mich kurz umdrehe ist er dann verschwunden. Ich finde ihn allerdings kurz später wieder, schnarchend in meinem Bett, jetzt allerdings angezogen, was wohl ziemlich anstrengend gewesen sein muss… Ich nehme dann sein Bett, da nach den schlechten Erfahrungen in Cuenca sowieso lieber oben schlafe und so endet diese “Show”. Ich frage mich ja manchmal ob ich irgendwie solche Menschen anziehe…keine Ahnung, aber es war auf jeden Fall einen willkommene Abwechslung und einer der lustigsten Abende dieser Reise!
Der nächste Morgen beginnt erwartungsgemäss verkatert. Simon hat einen kompletten Filmriss ab dem Zeitpunkt wo er am Strand an die Bar gegangen ist und so muss ich unter zu Hilfe nahme der Fotos seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Sehr amüsant… Beim Frühstück lernen wir Jackeline, eine Brasilianerin aus Sao Paulo kennen, die ebenfalls alleine unterwegs ist. Nachdem Simon sein Visum geholt hat wollen wir nochmal zum Strand gehen. Allerdings findet er seine Badeshort nicht…wir entdecken sie wenig später zwischen den Blumen im Raucherraum neben der Dusche. Frag mich nicht wie sie da hin gekommen ist… Der heutige Strandtag wird eher unspektakulär. Nachdem ich dann doch im Wasser war, trage ich eine schöne Schmutzschicht mit mir rum und unter der Dusche wird trotz Sonnencreme ein heftiger Sonnebrand sichtbar. Simon, der keinen Sonnenschutz benutzt hat ist derweil das röteste was ich je gesehen habe. Ich lade ihm noch zu einem letzten Bier ein, um mich für den gestrigen Abend wenigstens etwas zu revanchieren. Daraus werden dann zwei, ehe er Richtung Flughafen muss. Ein lustiger Kerl, der auch in jeder JackAss-Folge mitwirken könnte…aber auch ganz gut, das ser jetzt abreist, denn noch so einen Abend hätte meine untrainierte Leber nicht verkraftet. Abends treffe ich dann noch drei chilenische Mädels im Hostel wieder, die ich bereits aus Colonia kenne. Anna ist in Aachen geboren und wir versuchen ihr deutsch auszugraben. In meinem Zimmer sind ebenfalls nur Chilenen und alle sind immer völlig begeistert, wenn ich von meiner Zeit in ihrem Land erzähle. So wird es ein ruhiger Abend, ich kuriere meinen Kater aus und starte morgen meine Tour durch die Altstadt.
Kategorien : Uruguay