Montevideo – Playa & Casino

3 03 2011

16./17.02.2011, Tag 134/135

Montevideo – der Name dieser Stadt hat mir irgendwie schon immer gut gefallen, daher ein Muss auf meiner Reiseroute und heute ist es soweit. Da ich mal wieder wenig geschlafen habe, hole ich dies auf der Fahrt nach und verpasse somit die Landschaft Uruguays, die wir in den knapp 4 Stunden durchqueren. Das ist das schöne hier, endlich wieder kurze Distanzen. Ich wache auf als wir am Stadtrand von Montevideo ankommen. Am Terminal besorge ich mir einen Stadtplan und fahre mit dem Bus über die Hauptgeschäftsstrasse, Avenida 18 de Julio, ins Zentrum. Als ich aussteige fährt gerade ein Pferdewagen vorbei. Allerdings keine Kutsche, sondern das sind hier die Transportmittel der Wertstoffsammler, die sich damit in den Verkehr der Grossstadt mischen. Von der Plaza Independencia, sozusagen em Zentrum, aus ist mir die Stadt sofort sympathisch. Ich suche gerade noch nach irgendeiner Hausnummer um mein Hostel zu finden, da fragt mich eine Frau wo ich hinmöchte und bringt mich sicher ans Ziel. Das “Che Lagarto Hostel”, eine südamerikanische Kette, die sich auf Backpacker “spezialisiert” hat, befindet sich in einem schönen alten Gebäude. Allerdings ist gerade (noch) nichts frei und ich muss mich gedulden. Ich drehe eine erste Runde durch die Stadt und frühstücke. Dabei spricht mich ein junger ”Uru” an, dem meine Tasche aufgefallen ist. Fernando ist selbst schon alleine unterwegs gewesen und meint ich solle ihm mal schreiben, dann könnten wir Abends mal zusammen feiern gehen. Danach checke ich schon mal Alternativ-Hostels, aber weder Preis, noch Lage oder Ausstattung können mit dem Che mithalten, also freue ich mich umso mehr das dort ein Bett frei wird.

Als ich wenig später am PC sitze, mustert mich der auf den ersten Blick doch etwas seltsam wirkenden Typ neben mir. Dann meint er schlichtweg: “Hey Man, what´s up?!” und wir kommen ins Gespräch. Simon ist Däne, lebt aber derzeit in Rio und muss auf sein Visum warten, was er morgen bei der brasilianischen Botschaft abholen kann. Praktischerweise hat er das Bett über meinem und er fragt, ob ich mit an den Strand komme. Da ich nichts besseres zu tun habe sage ich zu, obwohl ich noch nicht recht weiss was ich vom ihm halten soll… Begleitet werden wir bei diesem Ausflug von Paula, einer knapp bekleideten Argentinierin, die Simon gestern kennengelernt hat. Er legt sich dann erstmal auf der Treppe hin, woraufhin mir klar wird woher die ganzen Verletzungen kommen, die er mir eben im Zimmer gezeigt hat. Nachdem wir nach langem herumfragen endlich die Bushaltestelle gefunden haben, beginnt Simon zu erzählen, wie er in Kolumbien geboren und aufgewachsen ist (also auch Kolumbianer ist), zwischenzeitlich in Florenz und New York gelebt hat und das er demnächst als Englisch-Lehrer nach Thailand geht. Dadurch, dass er fliessend spanisch und portugiesich spricht ist er im südamerikanischen Raum als grossgewachsener Europäer wohl ziemlich begehrt, obwohl er äusserlich gar nicht der Frauentyp ist, wie er selbst zugibt. Egal wie, in jedem Backpacker-Film, den ich gesehen habe gibt es auch Skandinavier und mein Däne könnte typischer nicht sein, als das Bild das ich von seinen Landsleuten vor Augen habe, chaotisch aber sympathisch.

Der Strand von Pocitos ist ein typischer Stadtstrand mit Hochhäusern im Hintergrund. Dies wird jedoch sekundär als ich mir die landestypische Badebekleidung der einheimischen Frauen ansehe und unsere attraktive Begleitung bildet da keine Ausnahme…Simon verspricht mir jedoch, dass Brasilien noch besser wird! Das Wasser des Rio de la Plata ist nach wie vor braun, was mich erstmal nicht wirklich anspricht. So hängen wir ein paar Stunden herum und ich trainiere mein Spanisch, da Paula kein Englisch spricht. Funktioniert mittlerweile auch ganz ordentlich. Irgendwann steht sie auf, geht zur Bar und kommt mit einer 1-Liter Flasche Bier wieder, besser hätten wir die Begleitung nicht auswählen können 😉 Simon holt den Nachschub und ich schliesse mich an, ehe wir in die zweite Runde gehen. Die Stimmung ist gut und die Sonne geht langsam unter, als Simon seine zweite Flasche kaufen geht und nicht wieder kommt. Wir warten 10 Minuten, 15, 20, eine halbe Stunde, aber keine Spur. Es ist aber sicher nicht der schlechteste Teil des Abends…und als Simon nach über einer Stunde wieder auftaucht fragt er erstmal, ob er wieder gehen soll. Mir wird in diesem Moment deutlich, warum der Kerl mir immer sympathischer wird: Er hat (wie der ein oder andere mit dem ich zu Hause unterwegs bin^^ ) ein leichtes Alkoholproblem und ist an der Bar hängengeblieben, wohin wir nun unbedingt mit ihm gehen müssen. Es ist 22.00 Uhr und ich habe ausser 2 Brötchen zum Frühstück noch nichts gegessen, als der Barkeeper mit einem “Shot”, wie sie es nennen, vorsetzt. Ein 0,33 L Glas mit einer Mischung aus Wodka und Rum, Skål! Paula bestellt irgendeine Fischspezialität, die ich unbedingt probieren muss. Bei meinem Hunger und dem steigenden Alkoholpegel hätte ich aber auch alles gegessen…Simon hat in der Zwischenzeit den Barkeeper überzeugt, dass er eigentlich hinter die Bar gehört. Nach fast einer Stunde beschliessen wir zu gehen, als wir an der Bushaltestelle sind, muss Simon aber “unbedingt” nochmal zurück. Da ich selbst in Verzögerungstaktiken unter Angetrunkenen geschult bin, mache ich mir keine Hoffnungen, dass er schnell zurück kommt. Unser Bus kommt allerdings auch nicht und als der Barkeeper ihn persönlich zur Bushaltestelle bringt, beschliessen wir ein Taxi zu nehmen. Diese sind hier durch eine Fensterscheibe zum Fahrgastraum abgetrennt, woraufhin Simon mich ein ums andere mal fragt: “Why we´re going to the Jail?” Dieser verrückte Däne! Aber ich kann euch versprechen es wird noch besser…

Das Hostel soll nur Zwischenstation sein, ehe es in irgendeinen Club geht. Dazu benötigt Simon allerdings Geld und der einzige Automat in der Gegend steht im Casino um die Ecke… Ich begleite ihn sicherheitshalber, während Paula duschen geht. Mit Unterhemd, Shorts und Flip-Flops dachte ich nicht, dass wir bis in die Lobby vordringen können, doch dann setzt Simon noch einen drauf: “Vamos a Casino!” Meine Versuche ihm zu erklären, dass es nicht die allerbeste Idee ist, sich in seinem Zustand an Glückspielen zu versuchen ignoriert er geschickt und wider erwarten werden wir in unserer Strandgarderobe zugelassen! An der Bar bestellt er erstmal zwei Remy Martin, es soll ja nicht aussehen als ob wir keinen Stil hätten. Dann bricht es aus ihm heraus: “You´ve to come to Rio Man!”. Das werde ich! Wir versuchen uns zuerst am Roulette, bis Simon an den Black-Jack-Tisch wechselt. Dabei überlässt er mir einen Stapel Chips mit denen ich was gewinnen soll. Mit dem letzten Einsatz hole ich dann in etwa das gleiche wieder rein und verantwortungsbewusst wie ich bin steige ich aus, löse das gewonnene in Bargeld ein und besorge davon ein paar Bier. Simon der mittlerweile erwartungsgemäss alles verspielt hat ist gerade dabei einen Typ an der Bar die Pommes vom Teller zu klauen, was dieser gar nicht so lustig findet.Genauso wie die Sicherheitsleute die uns bitten zu gehen als er anschliessend versucht im Springbrunnen schwimmen zu gehen…!

Als wir es ins Hostel geschafft haben ist Paula schon unterwegs in den Club. Mittlerweile sind allerdings auch schon 2 Stunden vergangen… Als ich gerade in die Dusche will werde ich von “Danish-Dynamit” überholt und muss das Bad nebenan nehmen. Als ich wieder raus komme sitzt er dann nur mit dem Handtuch um die Hüften an der Hotelbar. Vielleicht weiss jemand an welchen meiner Freunde mich das erinnert 😉 Als ich mich kurz umdrehe ist er dann verschwunden. Ich finde ihn allerdings kurz später wieder, schnarchend in meinem Bett, jetzt allerdings angezogen, was wohl ziemlich anstrengend gewesen sein muss… Ich nehme dann sein Bett, da nach den schlechten Erfahrungen in Cuenca sowieso lieber oben schlafe und so endet diese “Show”. Ich frage mich ja manchmal ob ich irgendwie solche Menschen anziehe…keine Ahnung, aber es war auf jeden Fall einen willkommene Abwechslung und einer der lustigsten Abende dieser Reise!

Der nächste Morgen beginnt erwartungsgemäss verkatert. Simon hat einen kompletten Filmriss ab dem Zeitpunkt wo er am Strand an die Bar gegangen ist und so muss ich unter zu Hilfe nahme der Fotos seinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Sehr amüsant… Beim Frühstück lernen wir Jackeline, eine Brasilianerin aus Sao Paulo kennen, die ebenfalls alleine unterwegs ist. Nachdem Simon sein Visum geholt hat wollen wir nochmal zum Strand gehen. Allerdings findet er seine Badeshort nicht…wir entdecken sie wenig später zwischen den Blumen im Raucherraum neben der Dusche. Frag mich nicht wie sie da hin gekommen ist… Der heutige Strandtag wird eher unspektakulär. Nachdem ich dann doch im Wasser war, trage ich eine schöne Schmutzschicht mit mir rum und unter der Dusche wird trotz Sonnencreme ein heftiger Sonnebrand sichtbar. Simon, der keinen Sonnenschutz benutzt hat ist derweil das röteste was ich je gesehen habe. Ich lade ihm noch zu einem letzten Bier ein, um mich für den gestrigen Abend wenigstens etwas zu revanchieren. Daraus werden dann zwei, ehe er Richtung Flughafen muss. Ein lustiger Kerl, der auch in jeder JackAss-Folge mitwirken könnte…aber auch ganz gut, das ser jetzt abreist, denn noch so einen Abend hätte meine untrainierte Leber nicht verkraftet. Abends treffe ich dann noch drei chilenische Mädels im Hostel wieder, die ich bereits aus Colonia kenne. Anna ist in Aachen geboren und wir versuchen ihr deutsch auszugraben. In meinem Zimmer sind ebenfalls nur Chilenen und alle sind immer völlig begeistert, wenn ich von meiner Zeit in ihrem Land erzähle. So wird es ein ruhiger Abend, ich kuriere meinen Kater aus und starte morgen meine Tour durch die Altstadt.




Colonia del Sacramento

2 03 2011

14./15.02.2011, Tag 132/133

Der Check-In im Terminal des Fährunternehmens Buquebus gleicht dem eines Flughafens. Direkt hinter dem Sicherheitscheck bekomme ich meinen Ausreisestempel für Argentinien und dahinter den Einreisestempel für Uruguay, Bienvenido! Das ich die Fähre betrete merke ich im ersten Moment gar nicht, da das Schiffsinnere so weitläufig ist. Vom grossen Eingangsbereich gelangt man im unteren Stock zum Duty-Free-Shop und den Spielautomaten. Im ersten Stock, den man über eine breite Treppe erreicht kommt man im Bug zu den Schlafsesseln der 1. Klasse, sowie den normalen Sitzen für die Touristenklasse. Oberhalb des Aussendecks auf dem sich nochmal eine Bar befindet gibt es die “Special-Class” von wo aus man einen unversperrten Blick auf dem Rio de la Plata geniessen kann. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen betrachte ich die Skyline von Buenos Aires wie sie sich erst vor uns erhebt und dann am Horizont immer kleiner wird. Zum ersten mal überquere ich eine Grenze mit dem Schiff, immer mal was neues 😉 Mehr kann ich von der Überfahrt nicht berichten, da ich mich in einer der Sessel setze und einschlafe.

Als ich wieder wach werde sieht man Uruguay schon vor uns liegen, in Form des historischen Städtchens Colonia de Sacramento, vor welchem ein Leuchtturm auf einer Insel steht. Die Stadt (mit noch einem Leuchtturm) macht auf den ersten Blick einen netten Eindruck und ich bin froh wieder an einen etwas ruhigeren Flecken zu kommen. Der alltägliche Trubel in Buenos Aires, der Verkehr und der damit verbundene Lärm und Smog machen einen auf die Dauer doch etwas mürbe… Zurückblickend muss ich sagen, dass Argentinien das erste Land war was mich auf dieser Reise enttäuscht hat. Normalerweise hatte ich bei jeder Ausreise etwas Wehmut, hier aber nicht. Dieser bis ins extremste ausgeprägte Tourismus, der keinerlei Platz für das authentische in diesem Land mehr lässt ist mir einfach zu viel. Ich habe zwar viele nette Leute kennengelernt, aber generell kann ich das was mir in den anderen Ländern über die Argentinier gesagt wurde schon teilen. Aber es war klar, dass es irgendwann auf dieser Reise auch mal eine Enttäuschung geben muss. Nun freue ich mich auf die nächste Etappe und die heisst Uruguay!

Als wir von Bord gehen und ich meinen Fuss auf uruguayischen (was ein Wort…) Boden setze und hoch in die Stadt laufe ist die Umgebung allerdings erstmal nicht soo schön wie ich sie mir erhofft habe. Das ändert sich schlagartig als ich Richtung Altstadt abbiege, wo ich direkt ein einfaches aber für hiesige Verhältnisse günstiges Hostel finde. Als ich mich in die Altstadt begebe erwartet mich auch ein stark touristisch geprägtes Bild, allerdings mit einem ganz anderen eigenen Stil. Der ehemalige “Schmugglerhafen” wurde hübsch hergerichtet und versprüht sofort eine historische Atmosphäre. Ich mache einen kleinen Rundgang, komme an etlichen alten Gebäuden vorbei, der Mauer der ehemaligen Festung und dem Stadttor. Dann gehe ich zum Leuchtturm, wo es allerdings gerade recht voll ist, weshalb ich die Besichtigung auf morgen verschiebe. Plötzlich denke ich mir: Den Kerl da drüben kennst du doch, und erkenne Christian, den Rumänen mit dem wir die tollen Tage im Cotopaxi-Nationalpark in Ecuador verbracht haben. Ich gehe rüber und es folgt eine herzliche Begrüssung als würden sich zwei Freunde nach langer Zeit wiedersehen. Aber so ist das hier, zu den wenigen Leute die man etwas besser kennenlernt baut man ziemlich schnell eine enge Bindung auf, da man meist auch irgendwas tolles zusammen erlebt hat. Und wenn man sich dann irgendwo wiedertrifft ist die Freude umso grösser. War ich vor ein paar Tagen bei meinem Wiedersehen mit Bernie und Kerstin überrascht, so war es doch möglich, da wir einander entgegen gereist sind. Christian hingegen, den ich zuvor in Lima schon einmal wiedergetroffen habe, ist quer durch Bolivien und Paraguay gereist, während ich im Süden war. Nun trifft man sich in Uruguay, ich finde diese Zufälle wirklich faszinierend, denn eine Minute später und wir wären aneinander vorbeigelaufen. So fragt er nach meinem Hostel, da er und sein russicher Reisepartner gerade auf der Suche sind und wir verabreden uns für den Abend.

Ich habe Hunger und nachdem ich in Argentinien (aufgrund des Preises) nichts typisches gegessen habe, probiere ich in Uruguay gleich die erste Spezialität: Chivitos! Das Gericht bekommt man eigentlich “auf die Hand”, aber ich habe gelesen, dass wenn man es auf dem Teller ordert der Ober diesen randvoll macht, und das stimmt. Die Pommes werden von einem grossen Fleischstück überdeckt, was mich alleine schon satt machen könnte. Aber wenn ich in Zeiten meiner Finanznot mir schon den Luxus des Essengehens leiste, dann wird der Teller auch leer gegessen. Auf dem Rückweg entdecke ich in den kleinen Gassen eine ganze Reihe von historischen Fahrzeugen, die bei uns im Museum oder zumindest in Besitz eines Liebhabers wären. Hier scheinen sie noch im täglichen Gebrauch zu sein. Ein sympathisches Plätzchen. Zurück im Hostel ist Christian mit dem Russen (der in Canada lebt und dessen Name ich vergessen habe) gerade beim Einchecken. Am Abend setzen wir uns in den Hof und tauschen allerlei Geschichten aus. Christian ist so ein Typ dem man dabei auch stundenlang zuhören kann und sein Begleiter, der ein perfektes Englisch spricht und mit einer Kolumbianerin liiert ist, hat auch einige interesante Dinge beizusteuern. Christian hatte bereits in Ecuador davon erzählt wie er in Mittelamerika von einer bewaffneten Bande überfallen wurde. Damals hatte er angekündigt das im dies nicht nochmal passiert, dass er wehrlos seine Wertsachen aushändigt. Da schlägt dann doch der Osteuropäer in ihm durch, wie ich finde. Aus diesem Grund zeigt er uns seine Taschenlampe in die ein Elektroschocker integriert ist. Gekauft in Paraguay, genauso wie seinen Teleskop-Schlagstock, den er meist hinten in der Hose trägt. Ich hoffe für ihn das es keine Gelegenheit gibt in der er eines der beiden verwenden muss, denn ich bin mir nicht sicher, ob das dann gut für ihn ausgeht. Aber ansonsten ist er ein super netter Kerl mit dem man stundenlang über irgendwelche Dinge sinieren kann, was wir dann auch tun. Eigentlich wollte er in 2 Monaten zurück nach Hause, aber da die Reise länger gedauert hat wie geplant, überlegt er bis Herbst in Südamerika zu bleiben und dann nach Südostasien weiterzuziehen. Morgen geht es aber erstmal weiter nach Buenos Aires, von wo aus er nach Ushuaia fliegt, demnach trennen sich unsere Wege wieder. Aber ich habe das Gefühl, dass ich ihn irgendwann zufällig mal wiedersehe…

Der zweite Tag in Colonia ist eher ruhig, ich kaufe ein Busticket für den nächsten Tag, besteige den Leuchtturm und lasse mich anschliessend an dessen Fuss nieder um meine weitere Reise zu planen, während die Sonne vom strahlend blauen Himmel herunterscheint. Wie ich es drehe und wende habe ich ein Zeitproblem…aber wann hat man schon genug Zeit?! Die Stadt gefällt mir aber wirklich gut und man hat tatsächlich das Gefühl sich in einem alten Schmugglerversteck zu befinden. Abends werde ich dann noch Zeuge eines südamerikansichen Männerurlaubs: Eine Riesengruppe schleppt tütenweise Lebensmittel herbei und beginnt in der Küche ein wahres Festmal zuzubereiten, überall wird geschnibbelt und gebraten und ich muss aufpassen, dass ich mit meinem Nudeltopf nicht im Weg stehe. Der erste Eindruck von Uruguay war nett, mal sehen was die Hauptstadt morgen für mich bereithält…auf nach Montevideo!




Buenos Aires II

2 03 2011

Centro – Puerto Madero – Recoleta – San Telmo

10. – 13.02.2011, Tag 128 – 131

B.A., so die Abkürzung für Buenos Aires ist eine Metropole wie sie im Buche steht. 12 Millionen Einwohner verteilt auf unzählige Stadtteile, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Im folgenden weiche ich mal etwas von meinem üblichen Stil mit den Tagesberichten ab, denn im Grossen und Ganzen ähneln sich die Tage. Aufgrund der knappen Kasse habe ich mich entschlossen in B.A. möglichst nur kostenlose Orte zu besichtigen. Das ist nicht weiter schwer, da die Stadtteile allesamt sehenswert sind und das Zentrum wahrscheinlich mehr fotogene Häuser, Plätze und Denkmäler aufzuweisen hat als halb Südamerika. Daher laufen die meisten Tage so ab, dass ich mir einen halben Tag die Stadt anschaue, dann „Mittagspause“ mache und die andere hälfte meine organisatorischen Dinge erledige oder andersherum. Aufgrund der Hitze und des ermüdenden Smogs fällt diese Pause auch gerne mal länger aus. Ich lerne im Hostel ein paar Leute kennen, hänge mit ihnen rum und Abends schaue ich mir ab und zu an was auf den Strassen und Plätzen so abgeht. Ich hatte gedacht nachdem die Reise bisher die Schwerpunkte „Kultur & Natur“ hatte, das jetzt „Strand & Party“ in den nächsten Wochen im Vordergrund stehen. Allerdings gibt es hier keinen Strand und das Thema Nachtleben muss ebenfalls vertagt werden, denn das ist hier nicht bezahlbar…ausser ich buche meinen Rückflug auf nächste Woche um 😉

Donnerstag nehme ich mir das Zentrum vor, da ich dort meine Fährverbindung nach Uruguay buchen muss. Dorthin komme ich mit der Metro, in welcher die Hitze nur so steht und was der Grund ist warum ich die nächsten Tage auf den Bus umsteige. Das luxuriöse Büro der Fährgesellschaft “Buquebus” lässt Rückschlüsse auf die Preise zu… Danach widme ich mich der Stadt und beginne am Teatro Colon, was eines der schönsten Gebäude sein soll und tatsächlich auch ist. Gegenüber befindet sich der Justizpalast, getrennt durch die Plaza Lavalle. In der Einkaufsstrasse erhöht sich die Anzahl der sowieso schon extrem vielen Fastfood-Filialen nochmal deutlich, ich glaube ich habe noch nie so viele McDonalds oder Burger-Kings in einer Strasse gesehen. Gut für mich, denn diese Läden sind immer meine Anlaufstelle wenn ich unterwegs mal ein WC brauche und nichts bezahlen möchte. Das Einkaufzentrum in dem es wahrscheinlich keinen Artikel gibt, den ich bezahlen könnte, hat tolle Deckenmalereien, die alleine einen Besuch wert sind. Als ich dann zur Plaza de Mayo komme, sowas wie das politische Zentrum (was man an den angebrachten Demo-Transparenten erkennt) erblicke ich schon von weitem die auffälligen Farben der Casa Rosada, der Präsidentenpalast. Daneben steht das klotzige Gebäude der Banco de la Nacion. Man liest immer wieder Buenos Aires wäre nach europäischen Vorbild erbaut, dem kann ich so aber nicht zustimmen, denn die riesigen Gebäude rufen in mir eher das Bild amerikanischer Metropolen hervor. Spätestens das Kongressgebäude, ein Nachbau des Capitols in Washington, zeigt was hier als Massstab genommen wurde. Es ist unheimlich zeitintensiv sich hier fortzubewegen, denn alle paar Meter wartet ein neues Fotomotiv. Die meisten Plätze und/oder Statuen sind mit einem Schild versehen, auf welchen der Link zur entsprechenden Facebook-Seite steht. Dieses Medium ist in Südamerika nochmal deutlich populärer als bei uns. Geht man in ein Internet-Café und lässt den Blick über die Bildschirme schweifen, sieht man auf mindestens 7 von 10 das blaue Logo. Hier kann man z.B. sogar Fan der “Buslinie 130” werden…

Bei meinem zweiten Rundgang durch das Zentrum am Freitag, steuere ich das Wahrzeichen Buenos Aires, den Obelisken, an. Dieses in seiner Erscheinung etwas umstrittene Bauwerk steht mitten auf der Avenida 9 de Julio, von der man behauptet mit 140 Metern die breiteste Strasse der Welt zu sein. Mit ihren meist 20 Spuren ist sie sicher auch nicht klein, aber wiederholt muss ich auf Bangkok verweisen wo solche Strassen ohne lästige Fussgängerinseln gebaut werden. Der Obelisk ist im Grunde genommen einfach nur ein Betonpfeiler, wie er auch unter jeder Brücke stehen könnte. Eigentlich sollte er kurz nach seiner Einweihung auch schon wieder abgerissen werden, aber mittlerweile schmückt er Postkarten und Reiseführer der Stadt. Was denken sich die Leute, die so ein Bauwerk planen oder in Auftrag geben… ich stelle mir einen Dialog vor dem Bau dieses “Kunstwerks” zwischen Stadtplaner und dem ausführeden Architekten vor: “Wir wollen auf der Avenida 9 de Julio ein Denkmal anlässlich des 400-jährigen Stadtjubiläums errichten und wuerden diesen Auftrag gerne an sie vergeben” – “Die Avenida 9 de Julio, ist das nicht die grösste Strasse des Landes?!” – “Ganz richtig, daher muss es etwas sein was wirklich aufällt, etwas grosses, das ins Auge sticht und von weitem bereits zu sehen ist.” – “Lassen Sie mich überlegen…was halten Sie von einem Betonpfeiler?” – “Ein Betonpfeiler?!” – “Ja, gerade, gross und in wunderschönem natürlichen Grau gehalten. Ein Symbol des in unserem Land verbreiteten Machochismus.” – “Das klingt vielversprechend, aber meinen Sie das die Bürger sich nicht daran stören wenn an solch exponierter Stelle plötzlich ein, mit Verlaub, einfacher Betonpfeiler steht…?” – “Das ist ja der Hintergedanke, die Öffentlichkeit wird den Sinn dieses Kunstwerks nicht verstehen, sich daran reiben und unsere Namen werden die Titelseiten schmücken!” – “Sie haben recht, das könnte meinen Bekanntheitsgrad deutlich erhöhen und eine Beförderung wäre mich sicher! Abgemacht, stellen wir einen Betonpfeiler mitten in Buenos Aires auf!”

Nachdem ich mir dieses “skandalöse” Wahrzeichen angesehen habe, vor welchem gerade ein Rettungsschwimmerhochsitz aufgbaut ist, werde ich von einem Althippie angesprochen. Was er genau will verstehe ich nicht, bin aufgrund seiner Alkoholfahne aber auch nicht darauf aus das Gespräch zu vertiefen. Er sieht das allerdings anders und schwafelt mich voll. Irgendwann verstehe ich dann, dass ich ihn nicht fotografieren soll. Was ich auch gar nicht habe, obwohl er in jedem Kuriositäten-Kabinett eine gute Nummer abgegeben hätte^^ Als ich ihn gerade abgeschüttelt zu haben scheine, dreht er sich nochmal rum und will Geld weil ich die argentinische Flagge fotografiert habe…wusste ich doch, dass ich iiiirgendwas falsch gemacht habe 😉 Weil wir gerade dabei sind möchte ich noch ein Wort über die Einwohner Buenos Aires, die sogenannten Portenos verlieren. Was zuerst auffällt sind die vielen Raucher, fast jeder Zweite hat eine Kippe im Mund. Allerdings kostet hier das Päckchen auch nur in etwa die Hälfte wie bei uns. Auf der anderen Seite habe ich noch in keiner anderen südamerikanischen Stadt soviele Leute Sport treiben sehen, fast an jeder Ecke kommt einem ein Jogger entgegen. Dann gibt es hier die höchste Anzahl an Psychotherapeuten weltweit, quasi eine Modeerscheinung. So wie den Beruf des Hundeausführers. Die laufen dann mit einem Rudel von 5 – 10 Hunden aus reichen Familien an der Leine durch die Gegend und lassen diese ihr Geschäft auf den Bürgersteigen erledigen, weshalb es in der ganzen Stadt von Tretminen nur so wimmelt. Also der Glanz und Glamour auf der einen Seite und das schmuddelige Verhalten auf der anderen. Dazu kommen noch die vielen Obdachlosen, die sich meist an den öffentlich Plätzen tummeln (wie mein Freund eben…) und dort ihren gesamten Hausstand zusammengetragen haben. Es kann auch schon mal vorkommen, dass einfach jemand auf der Bordsteinkante neben einer riesigen Strasse liegt und schläft. So gerne B.A. mit den europäischen oder amerikanischen Vorbildern mithalten möchte, hier kommt meiner Meinung nach doch das südamerikanische Bild durch, was auch Armut heist. Auch ist es immer wieder interessant manche Gäste im Hostel zu beobachten, den es scheint tatsächlich Menschen zu geben, die ihren Urlaub in Buenos Aires verbringen (meist Argentinier aus anderen Städten), ausser ihrem Zimmer und dem Aufenthaltsraum nichts gesehen haben. Davon haben wir zwei, die beide egal zu welcher Tageszeit ich zurück komme dort sitzen. Einer der beiden scheint auf die Nachtwächterin zu warten, die allerdings kein grosses Interesse an ihm zu haben scheint, sondern lieber chattet während er Nacht füur Nacht unsicher im Türrahmen steht.

Zurück in die Stadt, die ich mit der alten Metro nochmal durchkreuze um zum Puerto Madeiro zu kommen. Der Eingang zum ehemaligen Hafengelände ist schwer zu finden, dann eröffnet sich jedoch eine schöner Stadtteil in dem alte Backsteinbauten auf der einen, mit den modernen Hochhäusern auf der anderen Seite harmonieren. Die beiden Seiten verbindet eine hochmoderne Schwingbrücke, die Punte de la Mujer (Die Brücke der Frau) unter der gerade ein Gig-Einer durchgesteuert wird. Auf dem Rückweg komme ich noch am englischen Turm nahe des Parks San Martin vorbei und als ich die Strasse kreuzen will werde ich aus einem Bus heraus mit einem Apfel beworfen! Der trifft mich zwar nur an der Hand, aber ich bin mir nicht sicher, ob das auf mein äusseres Erscheinungsbild oder auf die leicht ablehnende Haltung der Argentinier gegenüber Touristen zurückzuführen ist… An der Touristen-Info im Park habe ich gesagt bekommen, dass bereits heute (am Freitag) ein Kartenschalter am Boca-Stadion geöffnet sei. Also gehe ich zur Bushaltestelle, wo mich erstmal eine Frau nach dem Weg fragt. Na, wer sieht hier aus wie ein Touri 😉 Gut getarnt also begebe ich mich also in das bereits bekannte Viertel, aber der Tipp stellt sich als Fehlinfo heraus. Ich nutze die Gelegenheit um herum zu fragen, wann am Sonntag der Kartenverkauf beginnt und wann das Stadion öffnet. Von 8 Personen, die im näheren Umfeld arbeiten bekomme ich 10 Antworten, welche alle unterschiedlich sind…

Samstags besuche ich den Stadtteil Recoleta mit seinem bekannten Friedhof, der mit dem in Punta Arenas um die Bezeichnung des schönsten Südamerikas konkurriert. Die Bauwerke hier sind noch grösser und imposanter und manche gleichen echten Denkmälern. Allerdings hat mir die Begrünung in Punta Arenas besser gefallen. Im Reiseführer steht, dass wenn man das Grab von Evita Peron sehen möchte einfach den Menschenmassen folgen soll. Und das funktioniert tatsächlich! Ich finde die Gruppe des Kreuzfahrtsschiffs “Hanseatic” vor, die sich zum fotografieren angestellt hat. Hinter mir meint eine Argentinierin “Die Deutsche-Invasion!” Bitte, wir fallen hier doch nicht ein, wenn dann tragen wir das lieber beim Fussball aus^^ Auf dem Rückweg mache ich noch einen kurzen Halt an der Floralis Generica, einer Art grosser Metallblume, neben der ein findiger Geschäftsmann Liegestühle vermietet, während ein Mädel aus einer Kühlbox Cola verkauft. Auf dem Weg zum Hostel komme ich an der “Plaza Aleman” vorbei, wo eine deutsche Fahne weht. Es gibt viele Plazas mit den Namen anderer Länder hier und dort steht dann immer eine Statue des jeweiligen Nationalhelden. Vielleicht ist ihnen kein passender Deutscher eingefallen, aber wie wäre es mit Andreas Brehme, der im WM-Finale 1990 das entscheidende Tor geschossen und damit die Karriere des berühmtesten Fussballers des Landes, Diego Maradonna, mehr oder weniger beendet hat?! Sein direkter Gegenspieler Guido Buchwald wäre natürlich auch eine gute Wahl. Oder aktuell Thomas Müller mit seinen 2 Toren im letzten Juli. Also, die Auswahl ist gross, vielleicht schreibe ich mal an den Bürgermeister^^ Am frühen Abend drehe ich nochmal eine Runde durch das fast schon überfüllte Palermo und esse noch ein Eis. Das ist etwas was die Argentinier wirklich gut können, denn in eine Mini-Waffel wird solange Eis rein- und obendrauf gestopft bis wirklich nichts mehr geht.

Sonntags wäre dann die Möglichkeit ins Stadion zu gehen, nur wie an Karten kommen…? Ich mache mich zum dritten mal auf in das berüchtigte La Boca und finde eine Schlange an der Mitgliederkasse vor, die allerdings noch nicht geöffnet ist. Vor dem Stadion finden sich unzählige Schwarzmarkthändler, die sind mein Ziel. Der Preis von ca. 25 Euro pro Ticket (ohne zu handeln) wäre o.k., nur weiss ich nicht ob es sich um Original-Karten handelt und ich dann vielleicht später an der elekronischen Einlasskontrolle hängen bleibe. Daher vergleiche ich mit “Expertenblick” die verschiedenen Angebote, deren Verkäufer mir allerdings alle exakt die gleichen Merkmale zeigen, womit sie beweisen wollen, dass es sich um ein Original-Ticket handelt. Eine schwere Entscheidung, aber irgendwie scheint mir keiner auch nur annähernd vertrauenswürdig. Daher verzichte ich auf das Spiel, was sich am Ende als richtige Entscheidung herausstellt, denn Boca verliert Abends den Saisonauftakt 1:4! Da wäre nichts mit unvergleichbarer Stimmung gewesen… Ich schaue mir auf dem Rückweg noch den Stadtteil San Telmo an, wo es auf dem Sonntagsmarkt so ziemlich alles zu kaufen gibt was irgendwie alt und antik wirkt. Das war dann Buenos Aires in “Kurzfassung”, eine sehenswerte Stadt, aber nach 6 Tagen bin ich aber froh morgen den Rio de la Plata zu überqueren und nach Uruguay zu reisen.