Colonia del Sacramento
2 03 201114./15.02.2011, Tag 132/133
Der Check-In im Terminal des Fährunternehmens Buquebus gleicht dem eines Flughafens. Direkt hinter dem Sicherheitscheck bekomme ich meinen Ausreisestempel für Argentinien und dahinter den Einreisestempel für Uruguay, Bienvenido! Das ich die Fähre betrete merke ich im ersten Moment gar nicht, da das Schiffsinnere so weitläufig ist. Vom grossen Eingangsbereich gelangt man im unteren Stock zum Duty-Free-Shop und den Spielautomaten. Im ersten Stock, den man über eine breite Treppe erreicht kommt man im Bug zu den Schlafsesseln der 1. Klasse, sowie den normalen Sitzen für die Touristenklasse. Oberhalb des Aussendecks auf dem sich nochmal eine Bar befindet gibt es die “Special-Class” von wo aus man einen unversperrten Blick auf dem Rio de la Plata geniessen kann. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen betrachte ich die Skyline von Buenos Aires wie sie sich erst vor uns erhebt und dann am Horizont immer kleiner wird. Zum ersten mal überquere ich eine Grenze mit dem Schiff, immer mal was neues 😉 Mehr kann ich von der Überfahrt nicht berichten, da ich mich in einer der Sessel setze und einschlafe.
Als ich wieder wach werde sieht man Uruguay schon vor uns liegen, in Form des historischen Städtchens Colonia de Sacramento, vor welchem ein Leuchtturm auf einer Insel steht. Die Stadt (mit noch einem Leuchtturm) macht auf den ersten Blick einen netten Eindruck und ich bin froh wieder an einen etwas ruhigeren Flecken zu kommen. Der alltägliche Trubel in Buenos Aires, der Verkehr und der damit verbundene Lärm und Smog machen einen auf die Dauer doch etwas mürbe… Zurückblickend muss ich sagen, dass Argentinien das erste Land war was mich auf dieser Reise enttäuscht hat. Normalerweise hatte ich bei jeder Ausreise etwas Wehmut, hier aber nicht. Dieser bis ins extremste ausgeprägte Tourismus, der keinerlei Platz für das authentische in diesem Land mehr lässt ist mir einfach zu viel. Ich habe zwar viele nette Leute kennengelernt, aber generell kann ich das was mir in den anderen Ländern über die Argentinier gesagt wurde schon teilen. Aber es war klar, dass es irgendwann auf dieser Reise auch mal eine Enttäuschung geben muss. Nun freue ich mich auf die nächste Etappe und die heisst Uruguay!
Als wir von Bord gehen und ich meinen Fuss auf uruguayischen (was ein Wort…) Boden setze und hoch in die Stadt laufe ist die Umgebung allerdings erstmal nicht soo schön wie ich sie mir erhofft habe. Das ändert sich schlagartig als ich Richtung Altstadt abbiege, wo ich direkt ein einfaches aber für hiesige Verhältnisse günstiges Hostel finde. Als ich mich in die Altstadt begebe erwartet mich auch ein stark touristisch geprägtes Bild, allerdings mit einem ganz anderen eigenen Stil. Der ehemalige “Schmugglerhafen” wurde hübsch hergerichtet und versprüht sofort eine historische Atmosphäre. Ich mache einen kleinen Rundgang, komme an etlichen alten Gebäuden vorbei, der Mauer der ehemaligen Festung und dem Stadttor. Dann gehe ich zum Leuchtturm, wo es allerdings gerade recht voll ist, weshalb ich die Besichtigung auf morgen verschiebe. Plötzlich denke ich mir: Den Kerl da drüben kennst du doch, und erkenne Christian, den Rumänen mit dem wir die tollen Tage im Cotopaxi-Nationalpark in Ecuador verbracht haben. Ich gehe rüber und es folgt eine herzliche Begrüssung als würden sich zwei Freunde nach langer Zeit wiedersehen. Aber so ist das hier, zu den wenigen Leute die man etwas besser kennenlernt baut man ziemlich schnell eine enge Bindung auf, da man meist auch irgendwas tolles zusammen erlebt hat. Und wenn man sich dann irgendwo wiedertrifft ist die Freude umso grösser. War ich vor ein paar Tagen bei meinem Wiedersehen mit Bernie und Kerstin überrascht, so war es doch möglich, da wir einander entgegen gereist sind. Christian hingegen, den ich zuvor in Lima schon einmal wiedergetroffen habe, ist quer durch Bolivien und Paraguay gereist, während ich im Süden war. Nun trifft man sich in Uruguay, ich finde diese Zufälle wirklich faszinierend, denn eine Minute später und wir wären aneinander vorbeigelaufen. So fragt er nach meinem Hostel, da er und sein russicher Reisepartner gerade auf der Suche sind und wir verabreden uns für den Abend.
Ich habe Hunger und nachdem ich in Argentinien (aufgrund des Preises) nichts typisches gegessen habe, probiere ich in Uruguay gleich die erste Spezialität: Chivitos! Das Gericht bekommt man eigentlich “auf die Hand”, aber ich habe gelesen, dass wenn man es auf dem Teller ordert der Ober diesen randvoll macht, und das stimmt. Die Pommes werden von einem grossen Fleischstück überdeckt, was mich alleine schon satt machen könnte. Aber wenn ich in Zeiten meiner Finanznot mir schon den Luxus des Essengehens leiste, dann wird der Teller auch leer gegessen. Auf dem Rückweg entdecke ich in den kleinen Gassen eine ganze Reihe von historischen Fahrzeugen, die bei uns im Museum oder zumindest in Besitz eines Liebhabers wären. Hier scheinen sie noch im täglichen Gebrauch zu sein. Ein sympathisches Plätzchen. Zurück im Hostel ist Christian mit dem Russen (der in Canada lebt und dessen Name ich vergessen habe) gerade beim Einchecken. Am Abend setzen wir uns in den Hof und tauschen allerlei Geschichten aus. Christian ist so ein Typ dem man dabei auch stundenlang zuhören kann und sein Begleiter, der ein perfektes Englisch spricht und mit einer Kolumbianerin liiert ist, hat auch einige interesante Dinge beizusteuern. Christian hatte bereits in Ecuador davon erzählt wie er in Mittelamerika von einer bewaffneten Bande überfallen wurde. Damals hatte er angekündigt das im dies nicht nochmal passiert, dass er wehrlos seine Wertsachen aushändigt. Da schlägt dann doch der Osteuropäer in ihm durch, wie ich finde. Aus diesem Grund zeigt er uns seine Taschenlampe in die ein Elektroschocker integriert ist. Gekauft in Paraguay, genauso wie seinen Teleskop-Schlagstock, den er meist hinten in der Hose trägt. Ich hoffe für ihn das es keine Gelegenheit gibt in der er eines der beiden verwenden muss, denn ich bin mir nicht sicher, ob das dann gut für ihn ausgeht. Aber ansonsten ist er ein super netter Kerl mit dem man stundenlang über irgendwelche Dinge sinieren kann, was wir dann auch tun. Eigentlich wollte er in 2 Monaten zurück nach Hause, aber da die Reise länger gedauert hat wie geplant, überlegt er bis Herbst in Südamerika zu bleiben und dann nach Südostasien weiterzuziehen. Morgen geht es aber erstmal weiter nach Buenos Aires, von wo aus er nach Ushuaia fliegt, demnach trennen sich unsere Wege wieder. Aber ich habe das Gefühl, dass ich ihn irgendwann zufällig mal wiedersehe…
Der zweite Tag in Colonia ist eher ruhig, ich kaufe ein Busticket für den nächsten Tag, besteige den Leuchtturm und lasse mich anschliessend an dessen Fuss nieder um meine weitere Reise zu planen, während die Sonne vom strahlend blauen Himmel herunterscheint. Wie ich es drehe und wende habe ich ein Zeitproblem…aber wann hat man schon genug Zeit?! Die Stadt gefällt mir aber wirklich gut und man hat tatsächlich das Gefühl sich in einem alten Schmugglerversteck zu befinden. Abends werde ich dann noch Zeuge eines südamerikansichen Männerurlaubs: Eine Riesengruppe schleppt tütenweise Lebensmittel herbei und beginnt in der Küche ein wahres Festmal zuzubereiten, überall wird geschnibbelt und gebraten und ich muss aufpassen, dass ich mit meinem Nudeltopf nicht im Weg stehe. Der erste Eindruck von Uruguay war nett, mal sehen was die Hauptstadt morgen für mich bereithält…auf nach Montevideo!
Sehr schöner Bericht… und fein berichtet…!
Nur weiter so…
Liebe Grüße,
Walter
Sag mal was haben die für Hühner, das Spiegelei ist so groß wie das Stück Fleisch !
LG
Harald