Buenos Aires II

2 03 2011

Centro – Puerto Madero – Recoleta – San Telmo

10. – 13.02.2011, Tag 128 – 131

B.A., so die Abkürzung für Buenos Aires ist eine Metropole wie sie im Buche steht. 12 Millionen Einwohner verteilt auf unzählige Stadtteile, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Im folgenden weiche ich mal etwas von meinem üblichen Stil mit den Tagesberichten ab, denn im Grossen und Ganzen ähneln sich die Tage. Aufgrund der knappen Kasse habe ich mich entschlossen in B.A. möglichst nur kostenlose Orte zu besichtigen. Das ist nicht weiter schwer, da die Stadtteile allesamt sehenswert sind und das Zentrum wahrscheinlich mehr fotogene Häuser, Plätze und Denkmäler aufzuweisen hat als halb Südamerika. Daher laufen die meisten Tage so ab, dass ich mir einen halben Tag die Stadt anschaue, dann „Mittagspause“ mache und die andere hälfte meine organisatorischen Dinge erledige oder andersherum. Aufgrund der Hitze und des ermüdenden Smogs fällt diese Pause auch gerne mal länger aus. Ich lerne im Hostel ein paar Leute kennen, hänge mit ihnen rum und Abends schaue ich mir ab und zu an was auf den Strassen und Plätzen so abgeht. Ich hatte gedacht nachdem die Reise bisher die Schwerpunkte „Kultur & Natur“ hatte, das jetzt „Strand & Party“ in den nächsten Wochen im Vordergrund stehen. Allerdings gibt es hier keinen Strand und das Thema Nachtleben muss ebenfalls vertagt werden, denn das ist hier nicht bezahlbar…ausser ich buche meinen Rückflug auf nächste Woche um 😉

Donnerstag nehme ich mir das Zentrum vor, da ich dort meine Fährverbindung nach Uruguay buchen muss. Dorthin komme ich mit der Metro, in welcher die Hitze nur so steht und was der Grund ist warum ich die nächsten Tage auf den Bus umsteige. Das luxuriöse Büro der Fährgesellschaft “Buquebus” lässt Rückschlüsse auf die Preise zu… Danach widme ich mich der Stadt und beginne am Teatro Colon, was eines der schönsten Gebäude sein soll und tatsächlich auch ist. Gegenüber befindet sich der Justizpalast, getrennt durch die Plaza Lavalle. In der Einkaufsstrasse erhöht sich die Anzahl der sowieso schon extrem vielen Fastfood-Filialen nochmal deutlich, ich glaube ich habe noch nie so viele McDonalds oder Burger-Kings in einer Strasse gesehen. Gut für mich, denn diese Läden sind immer meine Anlaufstelle wenn ich unterwegs mal ein WC brauche und nichts bezahlen möchte. Das Einkaufzentrum in dem es wahrscheinlich keinen Artikel gibt, den ich bezahlen könnte, hat tolle Deckenmalereien, die alleine einen Besuch wert sind. Als ich dann zur Plaza de Mayo komme, sowas wie das politische Zentrum (was man an den angebrachten Demo-Transparenten erkennt) erblicke ich schon von weitem die auffälligen Farben der Casa Rosada, der Präsidentenpalast. Daneben steht das klotzige Gebäude der Banco de la Nacion. Man liest immer wieder Buenos Aires wäre nach europäischen Vorbild erbaut, dem kann ich so aber nicht zustimmen, denn die riesigen Gebäude rufen in mir eher das Bild amerikanischer Metropolen hervor. Spätestens das Kongressgebäude, ein Nachbau des Capitols in Washington, zeigt was hier als Massstab genommen wurde. Es ist unheimlich zeitintensiv sich hier fortzubewegen, denn alle paar Meter wartet ein neues Fotomotiv. Die meisten Plätze und/oder Statuen sind mit einem Schild versehen, auf welchen der Link zur entsprechenden Facebook-Seite steht. Dieses Medium ist in Südamerika nochmal deutlich populärer als bei uns. Geht man in ein Internet-Café und lässt den Blick über die Bildschirme schweifen, sieht man auf mindestens 7 von 10 das blaue Logo. Hier kann man z.B. sogar Fan der “Buslinie 130” werden…

Bei meinem zweiten Rundgang durch das Zentrum am Freitag, steuere ich das Wahrzeichen Buenos Aires, den Obelisken, an. Dieses in seiner Erscheinung etwas umstrittene Bauwerk steht mitten auf der Avenida 9 de Julio, von der man behauptet mit 140 Metern die breiteste Strasse der Welt zu sein. Mit ihren meist 20 Spuren ist sie sicher auch nicht klein, aber wiederholt muss ich auf Bangkok verweisen wo solche Strassen ohne lästige Fussgängerinseln gebaut werden. Der Obelisk ist im Grunde genommen einfach nur ein Betonpfeiler, wie er auch unter jeder Brücke stehen könnte. Eigentlich sollte er kurz nach seiner Einweihung auch schon wieder abgerissen werden, aber mittlerweile schmückt er Postkarten und Reiseführer der Stadt. Was denken sich die Leute, die so ein Bauwerk planen oder in Auftrag geben… ich stelle mir einen Dialog vor dem Bau dieses “Kunstwerks” zwischen Stadtplaner und dem ausführeden Architekten vor: “Wir wollen auf der Avenida 9 de Julio ein Denkmal anlässlich des 400-jährigen Stadtjubiläums errichten und wuerden diesen Auftrag gerne an sie vergeben” – “Die Avenida 9 de Julio, ist das nicht die grösste Strasse des Landes?!” – “Ganz richtig, daher muss es etwas sein was wirklich aufällt, etwas grosses, das ins Auge sticht und von weitem bereits zu sehen ist.” – “Lassen Sie mich überlegen…was halten Sie von einem Betonpfeiler?” – “Ein Betonpfeiler?!” – “Ja, gerade, gross und in wunderschönem natürlichen Grau gehalten. Ein Symbol des in unserem Land verbreiteten Machochismus.” – “Das klingt vielversprechend, aber meinen Sie das die Bürger sich nicht daran stören wenn an solch exponierter Stelle plötzlich ein, mit Verlaub, einfacher Betonpfeiler steht…?” – “Das ist ja der Hintergedanke, die Öffentlichkeit wird den Sinn dieses Kunstwerks nicht verstehen, sich daran reiben und unsere Namen werden die Titelseiten schmücken!” – “Sie haben recht, das könnte meinen Bekanntheitsgrad deutlich erhöhen und eine Beförderung wäre mich sicher! Abgemacht, stellen wir einen Betonpfeiler mitten in Buenos Aires auf!”

Nachdem ich mir dieses “skandalöse” Wahrzeichen angesehen habe, vor welchem gerade ein Rettungsschwimmerhochsitz aufgbaut ist, werde ich von einem Althippie angesprochen. Was er genau will verstehe ich nicht, bin aufgrund seiner Alkoholfahne aber auch nicht darauf aus das Gespräch zu vertiefen. Er sieht das allerdings anders und schwafelt mich voll. Irgendwann verstehe ich dann, dass ich ihn nicht fotografieren soll. Was ich auch gar nicht habe, obwohl er in jedem Kuriositäten-Kabinett eine gute Nummer abgegeben hätte^^ Als ich ihn gerade abgeschüttelt zu haben scheine, dreht er sich nochmal rum und will Geld weil ich die argentinische Flagge fotografiert habe…wusste ich doch, dass ich iiiirgendwas falsch gemacht habe 😉 Weil wir gerade dabei sind möchte ich noch ein Wort über die Einwohner Buenos Aires, die sogenannten Portenos verlieren. Was zuerst auffällt sind die vielen Raucher, fast jeder Zweite hat eine Kippe im Mund. Allerdings kostet hier das Päckchen auch nur in etwa die Hälfte wie bei uns. Auf der anderen Seite habe ich noch in keiner anderen südamerikanischen Stadt soviele Leute Sport treiben sehen, fast an jeder Ecke kommt einem ein Jogger entgegen. Dann gibt es hier die höchste Anzahl an Psychotherapeuten weltweit, quasi eine Modeerscheinung. So wie den Beruf des Hundeausführers. Die laufen dann mit einem Rudel von 5 – 10 Hunden aus reichen Familien an der Leine durch die Gegend und lassen diese ihr Geschäft auf den Bürgersteigen erledigen, weshalb es in der ganzen Stadt von Tretminen nur so wimmelt. Also der Glanz und Glamour auf der einen Seite und das schmuddelige Verhalten auf der anderen. Dazu kommen noch die vielen Obdachlosen, die sich meist an den öffentlich Plätzen tummeln (wie mein Freund eben…) und dort ihren gesamten Hausstand zusammengetragen haben. Es kann auch schon mal vorkommen, dass einfach jemand auf der Bordsteinkante neben einer riesigen Strasse liegt und schläft. So gerne B.A. mit den europäischen oder amerikanischen Vorbildern mithalten möchte, hier kommt meiner Meinung nach doch das südamerikanische Bild durch, was auch Armut heist. Auch ist es immer wieder interessant manche Gäste im Hostel zu beobachten, den es scheint tatsächlich Menschen zu geben, die ihren Urlaub in Buenos Aires verbringen (meist Argentinier aus anderen Städten), ausser ihrem Zimmer und dem Aufenthaltsraum nichts gesehen haben. Davon haben wir zwei, die beide egal zu welcher Tageszeit ich zurück komme dort sitzen. Einer der beiden scheint auf die Nachtwächterin zu warten, die allerdings kein grosses Interesse an ihm zu haben scheint, sondern lieber chattet während er Nacht füur Nacht unsicher im Türrahmen steht.

Zurück in die Stadt, die ich mit der alten Metro nochmal durchkreuze um zum Puerto Madeiro zu kommen. Der Eingang zum ehemaligen Hafengelände ist schwer zu finden, dann eröffnet sich jedoch eine schöner Stadtteil in dem alte Backsteinbauten auf der einen, mit den modernen Hochhäusern auf der anderen Seite harmonieren. Die beiden Seiten verbindet eine hochmoderne Schwingbrücke, die Punte de la Mujer (Die Brücke der Frau) unter der gerade ein Gig-Einer durchgesteuert wird. Auf dem Rückweg komme ich noch am englischen Turm nahe des Parks San Martin vorbei und als ich die Strasse kreuzen will werde ich aus einem Bus heraus mit einem Apfel beworfen! Der trifft mich zwar nur an der Hand, aber ich bin mir nicht sicher, ob das auf mein äusseres Erscheinungsbild oder auf die leicht ablehnende Haltung der Argentinier gegenüber Touristen zurückzuführen ist… An der Touristen-Info im Park habe ich gesagt bekommen, dass bereits heute (am Freitag) ein Kartenschalter am Boca-Stadion geöffnet sei. Also gehe ich zur Bushaltestelle, wo mich erstmal eine Frau nach dem Weg fragt. Na, wer sieht hier aus wie ein Touri 😉 Gut getarnt also begebe ich mich also in das bereits bekannte Viertel, aber der Tipp stellt sich als Fehlinfo heraus. Ich nutze die Gelegenheit um herum zu fragen, wann am Sonntag der Kartenverkauf beginnt und wann das Stadion öffnet. Von 8 Personen, die im näheren Umfeld arbeiten bekomme ich 10 Antworten, welche alle unterschiedlich sind…

Samstags besuche ich den Stadtteil Recoleta mit seinem bekannten Friedhof, der mit dem in Punta Arenas um die Bezeichnung des schönsten Südamerikas konkurriert. Die Bauwerke hier sind noch grösser und imposanter und manche gleichen echten Denkmälern. Allerdings hat mir die Begrünung in Punta Arenas besser gefallen. Im Reiseführer steht, dass wenn man das Grab von Evita Peron sehen möchte einfach den Menschenmassen folgen soll. Und das funktioniert tatsächlich! Ich finde die Gruppe des Kreuzfahrtsschiffs “Hanseatic” vor, die sich zum fotografieren angestellt hat. Hinter mir meint eine Argentinierin “Die Deutsche-Invasion!” Bitte, wir fallen hier doch nicht ein, wenn dann tragen wir das lieber beim Fussball aus^^ Auf dem Rückweg mache ich noch einen kurzen Halt an der Floralis Generica, einer Art grosser Metallblume, neben der ein findiger Geschäftsmann Liegestühle vermietet, während ein Mädel aus einer Kühlbox Cola verkauft. Auf dem Weg zum Hostel komme ich an der “Plaza Aleman” vorbei, wo eine deutsche Fahne weht. Es gibt viele Plazas mit den Namen anderer Länder hier und dort steht dann immer eine Statue des jeweiligen Nationalhelden. Vielleicht ist ihnen kein passender Deutscher eingefallen, aber wie wäre es mit Andreas Brehme, der im WM-Finale 1990 das entscheidende Tor geschossen und damit die Karriere des berühmtesten Fussballers des Landes, Diego Maradonna, mehr oder weniger beendet hat?! Sein direkter Gegenspieler Guido Buchwald wäre natürlich auch eine gute Wahl. Oder aktuell Thomas Müller mit seinen 2 Toren im letzten Juli. Also, die Auswahl ist gross, vielleicht schreibe ich mal an den Bürgermeister^^ Am frühen Abend drehe ich nochmal eine Runde durch das fast schon überfüllte Palermo und esse noch ein Eis. Das ist etwas was die Argentinier wirklich gut können, denn in eine Mini-Waffel wird solange Eis rein- und obendrauf gestopft bis wirklich nichts mehr geht.

Sonntags wäre dann die Möglichkeit ins Stadion zu gehen, nur wie an Karten kommen…? Ich mache mich zum dritten mal auf in das berüchtigte La Boca und finde eine Schlange an der Mitgliederkasse vor, die allerdings noch nicht geöffnet ist. Vor dem Stadion finden sich unzählige Schwarzmarkthändler, die sind mein Ziel. Der Preis von ca. 25 Euro pro Ticket (ohne zu handeln) wäre o.k., nur weiss ich nicht ob es sich um Original-Karten handelt und ich dann vielleicht später an der elekronischen Einlasskontrolle hängen bleibe. Daher vergleiche ich mit “Expertenblick” die verschiedenen Angebote, deren Verkäufer mir allerdings alle exakt die gleichen Merkmale zeigen, womit sie beweisen wollen, dass es sich um ein Original-Ticket handelt. Eine schwere Entscheidung, aber irgendwie scheint mir keiner auch nur annähernd vertrauenswürdig. Daher verzichte ich auf das Spiel, was sich am Ende als richtige Entscheidung herausstellt, denn Boca verliert Abends den Saisonauftakt 1:4! Da wäre nichts mit unvergleichbarer Stimmung gewesen… Ich schaue mir auf dem Rückweg noch den Stadtteil San Telmo an, wo es auf dem Sonntagsmarkt so ziemlich alles zu kaufen gibt was irgendwie alt und antik wirkt. Das war dann Buenos Aires in “Kurzfassung”, eine sehenswerte Stadt, aber nach 6 Tagen bin ich aber froh morgen den Rio de la Plata zu überqueren und nach Uruguay zu reisen.



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