Patagonia
27 02 201106.02.2011, Tag 124
Meinen Wecker, der seit 4.00 Uhr klingelt, höre ich erst 20 Minuten später…jetzt heisst es beeilen , denn eigentlich soll ich in 10 Minuten bereits an der Abfahrtsstelle im Hafen sein. Daher kann ich leider keine Rücksicht auf die Schlafenden im Raum nehmen und mache mir an diesem Tag keine neuen Freunde…aber so ist das halt in Schlafsälen. Und auch wenn ich bisher immer versucht habe leise zu sein, wenn andere im Raum schlafen, so bin ich doch schon selbst oft genug Opfer von Rücksichtsloseren Bettnachbarn geworden. Um 4.45 Uhr sind wir an der Haltestelle und stellen fest, dass Evas Bus zwar die gleiche Abfahrtszeit hat, aber ich mit einer anderen Busgesellschaft fahre, die noch nicht da oder schon weg ist…?! Ich frage eine Holländerin, die ebenfalls dort wartet und zwar schon seit halb. O.K., weg sein wird der Bus dann noch nicht und um 5.10 Uhr fährt er dann auch endlich vor. Dann verlasse ich Ushuaia, eines der Hauptreiseziele meiner Reise, und fahre Richtung Norden nach genau 4 Monaten in denen ich immer weiter in den Süden gereist bin!
In Tollhuin, das sich wegen seiner zentralen Lage das „Herz Feuerlands“ nennt machen wir eine Frühstückspause und in Rio Grande müssen wir wieder umsteigen, diesmal in einen Doppeldecker. Im Bordfernseher läuft „Karate Kid“, zum dritten oder vielleicht auch fünften mal in der letzten Zeit… Wir füllen die Formulare für die Grenze aus, während draussen Felder mit Schaafherden vorbeiziehen. Da die Stelle wo wir mit der Fähre die Magellanstrasse zurück aufs Festland überqueren auf chilenischen Staatsgebiet liegt, müssen wir aus Argentinien aus und nach Chile einreisen und drüben dann das gleiche nochmal umgekehrt. Bedeutet für mich aber auch 4 zusätzliche Stempel im Pass und nach Chile reise ich ja immer wieder gerne 🙂 Allerdings ist die Einreise nach Chile wie in diesem Blog bereits beschrieben nicht ganz einfach und diesmal missfällt dem Grenzbeamten mein Salami-Brötchen, womit ich möglicherweise den Rinderwahnsinn nach Chile einschleppen könnte… Er fordert mich auf es wegzuschmeissen, aber obwohl ich gerade gut gefrühstückt habe, stelle ich mich in den Abfertigungsraum und drücke mir es vor Ort rein. Mein Käsebrötchen darf ich behalten…
Wir fahren weiter nach Punta Delgado, wo die Fähre ablegt. Diese Überfahrt ist auch wieder der Grund warum ich mir eine 14-stündige Odysee bei Tag antue, denn Nachts kommt man hier nicht rüber. Wir müssen aus dem Bus aussteigen und zu Fuss auf die Fähre gehen. Vom Land aus sehe ich schon den ersten Delfin und nun beginnt das letzte Kapitel „Chile“. Wir haben kaum abgelegt da kommen schon die ersten „Mini-Orcas“ angeschossen und schwimmen neben dem Boot her. Durch das kristallklare Wasser kann man sie schon von weitem deutlich erkennen und so bekomme ich nach dem ersten Delfin-Bild auf der Hinfahrt nun eine ganze Serie an Schnappschüssen und habe sogar Zeit ein Video zu drehen. Wie oft ich das versucht habe,habe ich ja schon erwähnt und nun weiss ich gar nicht welchen ich zuerst fotografieren soll. Es muss eine ganze Gruppe sein, die uns da begleitet und sie zeigen ihre schönsten Sprünge, einfach Wahnsinn! Es ist so stürmisch das mir die Ohren schmerzen, aber was macht das schon in so einem Moment. Chile scheint seinen letzten Trumpf auszuspielen, nach dem Motto: „Hey, was willst du in einem anderen Land, bleib doch hier, wir hatten doch so eine tolle Zeit zusammen!“ Ich kann dem nichts hinzufügen, Chile war einfach nur ein Traum!
Drüben angekommen durchqueren wir den Nationalpark Pali Aike und ich meine zu der Holländerin, das ich nun alle für Patagonien typischen Tiere gesehen habe bis auf den Vogelstrauss. Und in Chile bleibt mir scheinbar kein Wunsch unerfüllt, kurz vor der Grenze steht dann tatsächlich ein solcher Vogel, und weil es noch nicht genug ist bekomme ich noch ein paar Guanakos dazu. Was ein geiles Land! Und dann, um 16.15 Uhr muss ich das Kapitel schliessen, doch jetzt ist dieser Part der Reise wirklich perfekt! Nach Argentinien reisen wir wieder ein ohne den Bus zu verlassen. Mein Anschlussbus nach El Calafate geht um 20.30 Uhr, es gibt aber noch einen früheren um 18.00 Uhr, den ich allerdings nicht direkt gebucht habe, da mir klar war, das man die angegebene Ankunftszeit um 17.30 Uhr mit 4 Grenzposten und der Fähre schlecht kalkulieren kann. Als wir Rio Gallegos, der Ort in dem ich umsteigen muss, erreichen ist es kurz vor sechs. Ich renne ins Terminal und suche den Schalter um vielleicht das Ticket in eines für den früheren Bus zu tauschen. Das wird zu einem echten Härtetest, denn während der Bus draussen am losfahren zu sein scheint, werde ich zu drei verschiedenen Schaltern meiner Busgesellschaft geschickt… Als es dann doch noch klappt und mein Rucksack eingeladen ist entdecke ich Eva im Warteraum, die dann ebenfalls noch schnell ihr Ticket tauscht. Im Bus sitze ich neben einem Schweizer, der gestern ein Foto von mir im Nationalpark gemacht hat, man trifft immer wieder die gleichen Leute!
Wir fahren durch die patagonische Steppe und es passiert wenig. Plötzlich wird der Bus langsamer und ich sehe vor uns ein Auto, das auf dem Dach liegt. Eine Person liegt auf dem Boden, in Decken eingehüllt, auf der Strasse erkennt man eine lange Bremsspur. Das Auto ist ziemlich platt, das Dach fast bis auf die Türen eingedrückt. Ein Wunder, das dort überhaupt jemand rausgekommen ist. Warum dieser Unfall passiert ist, und wie es den Insassen geht erfahren wir nicht, aber es rüttelt einen zumindest wieder ein bisschen wach, das wir uns doch noch in der Realität befinden. Soviel Spass wir auch meistens haben, neben uns leben Menschen ihr Leben, ihren Alltag, mit Freud und Leid…
Patagonien schenkt uns dann nochmal einen tollen Sonnenuntergang während wir ein weites Tal durchqueren. Auf der einen Seite sieht man die Sonne am Horizont verschwinden, auf der anderen färbt sich der Himmel lila. Als wir El Calafate erreichen wirkt es bereits auf den ersten Blick wie einer dieser argentinischen Touristenorte. Ich weiss nicht was man sich hier denkt oder warum man sämtliche Attraktionen mit einem gleichen Muster überzieht, für mich einfach nur langweilig. Gerade mit dem argentinischen Patagonien verbindet man doch Gauchos auf Pferden, die Rinder jagen, aber nichts… Eigentlich würde unser Hostel uns abholen, doch die rechnen mit unserer Ankunft mit dem späteren Bus, also laufen wir. Im Hostel buchen wir noch einen Bus, denn morgen wollen wir zum Perito Moreno Gletscher.