Torres del Paine – Glacier Grey

16 02 2011

26./27.01.2011, Tag 113/114

Im Bus der uns kurz vor acht einsammelt treffen wir Eva und Hannes, der mit seinem Rucksack ein ähnliches Gewichtsproblem hat wie ich. Es geht raus aus Puerto Natales, vorbei an der Figur des Mylodon, ein Urzeittier von welchem Knochen- und Haarreste in der Nähe in einer Höhle gefunden wurde, welches auf einer Verkehrsinsel am Eingang zur Stadt steht. Der Nationalpark liegt ungefähr 180 km nördlich und gilt als der bekannteste und beliebteste Chiles, wahrscheinlich sogar Südamerikas. Jährlich strömen tausende von Trekking-Freunden in den Park, dessen Wahrzeichen die 3 Bergspitzen bilden, die gleichzeitig Namensgeber des Parks sind. Die “Türme des blauen Himmels”, so die Übersetzung  aus der Sprache der Mapuche-Indianer gehören zu den Andenausläufern und ragen mit fast 3.000 Metern Höhe aus der patagonischen Steppe. Das besondere ist zunächst schon die natürliche Färbung der verschiedenen Gesteinsarten und diese führt wiederum dazu, dass sich beim Sonneraufgang die Spitzen langsam rötlich färben und ein Bild erzeugen als würden sie leuchten. Dies soll eins der Highlights auf dieser Reise werden und ich kann nur beten, dass das Wetter mitspielt! Denn die Temperaturen liegen hier im patagonischen Sommer bei 1 – 11 Grad, was nicht so schlimm wäre. Jedoch machen die Winde oder besser gesagt Stürme, die im Schnitt mit 80 km/h über das Land fegen und der fast tägliche Regen das ganze etwas unangenehmer.

Nachdem wir an Bord der Evangelistas diverse Tipps erhalten haben, haben wir beschlossen nicht die übliche Tour zu gehen, sondern die Strecke quasi rückwärts zu laufen. Die Wanderstrecke im Torres del Paine nennt man das “W”, weil die Strecke die man in die Täler reinläuft auf der Karte aussieht wie eben dieser Buchstabe. Wer sich das jetzt nicht vorstellen kann, macht euch nichts draus, ich habe es auch erst vor Ort verstanden… Auf jeden Fall laufen die Tagestouristen, sowie die meisten, die die 5-tägige W-Route laufen direkt am Parkeingang los. Es gibt allerdings noch die Alternative mit einem Katamaran über den Lago Pehoé zu fahren und am hinteren Teil des Parks zu beginnen, wo man sonst am 5. Tag ankommt und mit dem Katamaran wieder zurückfährt. Das hat den Vorteil das man sich das Beste, den Besuch der Torres zum Sonnenaufgang, für den letzten Tag zum “Finale”, aufhebt. Zudem hat man so die Berge die Tage zuvor ständig im Blick, anstatt von ihnen weg zu laufen und die tolle Kulisse im Rücken zu haben. Deshalb lassen wir uns vom Bus, nachdem wir am Parkeingang registriert und den Eintritt entrichtet haben, direkt weiter zur Ablegestelle bringen. Dort treffen wir auf Anthony und sind somit komplett. Da der Katamaran erst in 45 Minuten ablegt wollen wir noch kurz zu einem Wasserfall, der angeblich 15 Minuten entfernt ist. Die Sonne strahlt und man kann kaum glauben, dass man in einer Gegend ist, die für ihr extremes Wetter bekannt ist. Die 15 sind dann eher 25 Minuten, aber der Blick auf den Wasserfall, die Berge im Hintergrund ist schon fantastisch.Als sich dann noch ein Regenbogen davor spannt ist die Kulisse perfekt. Wir rennen zurück, da es mit der Zeit langsam eng wird und als wir noch vielleicht 300 Meter vom Boot entfernt sind legt es ab. Das erste mal in Südamerika, dass ich ein Verkehrsmittel verpasse! Das Problem war allerdings nicht die Zeit, sondern die Personenzahl und so gibt es in einer Stunde eine zusätzliche Fahrt. Die Zwischenzeit nutzen wir zum Mittagessen, was gleich meinen Rucksack etwas leichter werden lässt.

Auf dem Katamaran suchen wir uns einen Platz auf dem Oberdeck und geniessen den ersten freien Blick auf die Torres und wie sie sich im türkisblauen Wasser des Sees spiegeln, Sensationell! Dann geht es nochmal vorbei an dem Wasserfall, vor dem eine eingestürzte Brücke im See liegt. Nach einer halben Stunde haben wir das Camp am Ende des Lago Pehoé erreicht. Als wir die Rucksäcke aus dem Unterdeck holen wollen sucht Hannes seinen vergeblich. Plötzlich sieht er beim Blick aus dem Fenster wie ein Mädel mit seinem Rucksack auf dem Rücken gerade vom Steg runter spaziert. Sein Rufen registriert sie nicht, aber die Parkranger bekommem es mit und halten sie in letzter Minute auf. Ihr Rucksack hat zwar die gleiche Farbe ist, vom Model und vor allem vom Gewicht deutlich unterschiedlich. Aber eine lustige Vorstellung wenn sie heute Abend den Rucksack geöffnet und nur Männerkleidung darin gefunden hätte^^

Nach diesem kleinen Zwischenfall gehen wir los. Ich merke jetzt schon das mein Rucksack deutlich zu schwer ist um mit ihm solche Strecken zu laufen, aber jetzt geht kein Weg mehr zurück. Die erste Strecke durch hohes Steppengras ist noch o.k., aber als es anfängt bergauf zu gehen muss ich ziemlich auf die Zähne beissen und das nach vielleicht 20 Minuten…ich ziehe den Bauchgurt noch fester und stelle damit das komplette Gewicht in die Hüfte. Das war auch der Grund warum ich meinen grossen Rucksack für diese Tour genommen habe, da im Rücken Carbonstäbe eingelassen sind, mit denen man das Gewicht auf dem Bauch-/Hüftgurt verlagert und so mit den normalen Schultertragegurten nur noch vertikal stabilisiert. Wir erreichen einen Aussichtspunkt und blicken auf eine Lagune. Die Natur um uns herum ist wirklich atemberaubend, Bäume, Gräser, Berge in sämtlichen Farben, dazu die Lagunen, da wird einem wirklich nicht zuviel versprochen. Wir sinieren schon darüber das die “Herr der Ringe” Filme auch gut und gerne hier hätten gedreht werden können. Der schmale Wanderpfad führt am Lago Grey entlang hinauf auf eine Landspitze, von welcher man den ersten Blick auf der Gletscher hat. Hinter uns ragen die Torres in den wolkenlosen Himmel, einfach klasse. Wir machen eine Pause und amüsieren uns über eine Gruppe Israelis, die mit ihren äusserst schlecht gepackten Rucksäcken vorbeimarschiert. Das ist deswegen so lustig, weil man fast alle Israelis eben an dieser Packweise erkennt, was verwunderlich ist, weil die meisten gerade ihren Militärdienst hinter sich haben und wissen sollten wie man einen Rucksack packt. Wir stellen fest das wir uns beeilen müssen, denn wenn die Zeitangaben im Plan stimmen sind wir ziemlich langsam, was wahrscheinlich an den zahlreichen “Fotopausen” liegt…ich denke 6 Kameras bei 4 Personen sagt alles 😉 Aber ich freue mich mit Leuten unterwegs zu sein, die nicht gernervt sind wenn ich schon wieder stehen bleibe um zu fotografieren^^

Nach 5 Stunden erreichen wir das Refugio, wo die Zeltplätze allerdings kostenpflichtig sind. Von den Schlafplätzen in der Hütte, die im ganzen Park die Preiskategorie eines Mittelklasse-Hotels haben, gar nicht erst zu reden. Daher machen wir uns auf zum nächsten Zeltplatz, der in 1 Stunde zu erreichen sein soll. Eine Gruppe, die uns entgegenkommt meint das Stück sei “wirklich anspruchsvol”, na herzlichen Gkückwunsch! Der Weg führt durch einen Wald, der von zahlreichen Bächen durchzogen ist. Wir füllen zum ersten mal die Flaschen auf und das kristallklare Wasser schmeckt wirklich vorzüglich. Das Campamento Los Guardas erreichen wir in der Dämmerung nach einer 15 km Wanderung in 7 Stunden. Das Camp verfügt nur über eine Toilettenhütte, deren Geruch bereits jegliches Annähern verhindert. Wir bauen die Zelte zwischen den Bäumen auf und ich gehe zum angrenzenden Bach um mich zu waschen. Dort steht gerade ein Israeli-Pärchen und er meint er habe noch etwas warmes Wasser für mich übrig gelassen. Da wir die beiden nun jeden Abend wiedertreffen, wird das unser Running-Gag. Anthony, unser Ami, ist auch schon da und schüttelt nur den Kopf. Ich dachte auch, dass ich nach der Dusche in den Bergen von Peru abgehärtet bin, aber so ein Bach direkt aus dem Gletscher ist schon nochmal eine andere Hausnummer. Anschliessend kommt mein Gaskocher, den ich mir bereits in Cusco (Peru), in der Annahme ich würde ihn unterwegs brauchen, gekauft habe zum ersten mal zum Einsatz und ich beweise, dass man alleine 400 Gramm Nudeln essen kann! Danach wird alles wasserdicht verpackt und ich stelle fest, dass ich mich im Zelt nicht komplett ausstrecken kann, da sonst meine Füsse die Zeltwand wegdrücken und so Wasser reinlaufen könnte. Das kann ja lustig werden die nächsten 4 Nächte…

Am nächsten Morgen machen wir uns nur mit Handgepäck auf zu einem Aussichtspunkt von dem aus man von oben auf den Gletscher blicken kann. Es geht durch den Wald, über einen Bach, ehe wir zu einer Schlucht kommen, die wir durchwandern und auf der anderen Seite mit einer dort angebrachten Leiter wieder hinaufklettern müssen. Als wir oben ankommen, lesen wir das Schild, das nur 1 Person jeweils die Leiter nutzen soll.zum Glück sind wir hier gerade zu viert hintereinander hoch! Wir erreichn den ersten Aussichtspunkt und blicken auf die blauen Zacken, die wie Stalagmiten in die Höhe ragen. Es ist schwer abzuschätzen wie weit sich der Glaciar Grey zwischen den Bergen entlang zieht, aber ich sage mal er ist ziemlich gross und lang 😉 Es fängt an zu regnen und wir beschliessen statt weiter zu dem zweiten Aussichtspunkt wieder zurück zu gehen, da wir die komplette Strecke von gestern noch zurücklaufen müssen. Die Zelte sind nun natürlich nass und wir hoffen früh genug am nächsten Camp zu sein, um sie noch vor dem Abend zu trocknen.

Nach ein paar Minuten hört es zum Glück auf zu regnen, es bleibt den ganzen Tag aber bewölkt und windig. Nachdem wir wieder recht langsam unterwegs sind, beschliessen Eva und ich mit den Zelten vorzulaufen, damit wir diese noch trocknen können. Als wir kurz vor dem Eingang zum Tal sind, welches am Lago Pehoé endet, entdecken wir plötzlich einen Kondor über uns. Es gab auf meiner Reiseroute einige Möglichkeiten die grössten Vögel der Erde zu beobachten, aber bisher hatte ich leider kein Glück, doch nun ist es soweit! Danach geht es den letzten extrem windigen Abschnitt durch das Tal und wir erreichen das Campamento Lago Pehoé, wo sich im Hintergrund die Torres erheben, um kurz nach sechs. Ein tolles Bild, mit den vielen Zelten, die überall verteilt auf dem Gelände stehen, wirkt es auf mich wie das Basiscamp unterhalb eines grossen Berges. Die Zelte trocknen in der Abendsonne schnell und da es bis weit nach 22.00 Uhr hell ist, haben wir auch genügend Zeit uns für die Nacht vorzubereiten. Der Zeltplatz kostet hier, jedoch bekommt man dafür warme Duschen und einen Unterstand in dem man kochen kann, was wegen des Winds sonst schwierig wäre. Ich baue mir aus Toast und Würstchen einen, ich nenne es “Completo für Arme”;) Danach geht es ziemlich schnell in die Schlafsäcke, 19 km in 10 Stunden waren dann doch ordentlich und morgen folgt der härteste Teil der Strecke…




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