Ende…!?!

13 04 2011

Rückblick, Reisefazit & Ausblick

Es wäre zwar auch kein schlechtes Ende gewesen diesen Blog mit dem Bericht vom Flughafen zu schließen, aber meine Idee während der Reise war es ein, sagen wir mal „Fazit“ zu schreiben, um Erwartungen und Wirklichkeit nochmal gegenüber zustellen und einen Ausblick darauf zu geben wie es nun weiter geht. 6 Monate ist es nun her seitdem ich aufgebrochen bin einen fremden Kontinent zu durchreisen und zu erleben, meinen Traum von Südamerika, dem Kontinent der Superlative, zu leben…

"Aufbruch", Deutschland (Sept. 2010)

"Aufbruch", Deutschland (Sept. 2010)

Acht Länder waren es in 165 Tagen, mit 14 Grenzübertritten. Am längsten war ich in Chile (41 Tage), gefolgt von Peru (41), Ecuador (20), Brasilien (20), Argentinien (15), Bolivien (14), Uruguay (10) und Paraguay (4). 108 Orte habe ich besucht, wofür ich 68 Reisen unternehmen musste. Größtenteils mit dem Bus (42), aber auch in Kleinbussen oder privat Transporten (13), mit dem Flugzeug (4), als Schiffsreise (4), per Zug (3) oder als Tramper mit dem LKW (2). Die längste Tour war dabei die Strecke Asuncion-Ciudad del Este-Foz de Iguacu-Rio de Janeiro mit knapp 32 Stunden. Geschlafen habe ich in 48 verschiedenen Hostels (121 Nächte), bei Freunden (18), in Bussen (9), im Zelt (8) oder auf dem Schiff (3). Das billigste Hostel hatte ich dabei am Titicacasee/Bolivien für umgerechnet 2,50 € die Nacht, am längsten geblieben bin ich in Santiago de Chile (9 Tage). Ich stand auf dem Äquator, war am Pazifik und Atlantik, auf sechs Inseln und einigen Bergen (genau kann man das nicht sagen, da man in den Anden ständig irgendwo oben ist^^), der höchste der Chacaltaya (5435 m) in Bolivien. Ich habe die großen Metropolen des Kontinents gesehen, deren Namen wie ein Lied den Lippen gehen wie ich finde: Quito, Lima, La Paz, Santiago, Buenos Aires, Montevideo, Asuncion, Rio de Janeiro. Von Walen in Ecuador, über Affen, Piranhas und Schlangen im Dschungel Perus bis zu Seelöwen, Pinguinen und Delfinen im chilenischen Patagonien und auf Feuerland (um nur einige zu nennen), habe ich die Tierwelt in ihrem ursprünglichen Lebensraum erleben dürfen. Dokumentiert in weit mehr als 10.000 Fotos…

Volcan Cotopaxi, Ecuador (Okt. 2010)

Volcan Cotopaxi, Ecuador (Okt. 2010)

Ich bin auf der Panamericana getrampt, habe abgelegene Orte aufgesucht, die kaum ein Tourist je zu Gesicht bekommt, bin in der Hängematte auf dem Amazonas gefahren, habe den Karneval in Rio erlebt, die mystische Faszination Machu Picchus, habe die surreale Landschaft im Süden Boliviens gesehen, die unvergleichbare wilde Schönheit Patagoniens und war „am Ende der Welt“, Feuerland. Ich hatte unheimliches Glück mit dem Wetter (was auf so einer Reise extrem wichtig ist), quasi immer wie bestellt. Die Reiseroute und auch der Zeitraum waren nahezu perfekt, so dass ich es bis auf ein paar Kleinigkeiten genauso wieder machen würde. Doch das wichtigste sind die Menschen, die ich unterwegs kennengelernt habe. Die vielen Backpacker, Mochileros, Traveller, Langzeitreisenden oder wie man sie sonst auch nennen mag. Diejenigen mit denen mich irgendetwas verbindet und Freundschaften entstanden sind, die sicher über diese Reise hinaus bestand haben werden. Und nicht zu vergessen, die „Locals“ wie wir Traveller sie gerne nennen, die Menschen, die mir Einblick in ihr Leben gewährt und gezeigt haben, warum dieser Kontinent für seine Gastfreundschaft so berühmt ist. Gerade als Deutscher kann man feststellen welche Anerkennung und Bewunderung unser Land in anderen Erdteilen noch erfährt. Deutschland steht für Qualität, Zuverlässigkeit und Perfektionismus, und auch oder vielleicht gerade deshalb weil die Menschen es selbst nur selten umsetzen können, würde ich behaupten Südamerika „liebt“ Deutschland. Es ist ein Kontinent das trotz aller Probleme immer ein Lächeln übrig hat, ich habe noch nie in meinem Leben so viele lachende Menschen gesehen! Das alles hat diese tollen Erlebnisse erst so fantastisch gemacht.

Aber ich möchte hier nicht nur Statistiken präsentieren und das Erlebte nochmal herunterbeten, sondern versuchen zu reflektieren was die Idee war und was nun die Wirklichkeit ist. Das Schreiben hat mir während der Reise ziemlich viel gegeben und sehr viel Freude bereitet. Eines meiner Lieblingszitate stammt aus dem Buch „Into the Wild“ in dem der Verfasser nach seinem Ausstieg aus der Gesellschaft in der Einsamkeit Alaskas irgendwann zu der Einsicht kommt: „Glück ist nur echt wenn man es teilt“. Das war etwas was ich vor der Reise nicht abschätzen konnte: Wie soll ich all diese tollen Erlebnisse jemals verarbeiten, wenn es niemanden gibt mit dem ich darüber reden, davon schwärmen kann?! Doch nach den ersten Wochen und den tollen Feedbacks, die ich erhalten habe wurde dieser Blog quasi zum Selbstläufer und ich habe mein Glück teilen können, mit meinen Reisepartnern aber auch mit euch! Es ist einfach schön hier in der Heimat auf Dinge angesprochen zu werden, die man erlebt und beschrieben hat und die von euch gelesen und so auch ein stückweit miterlebt wurden.

Amazonas, Peru (Nov. 2010)

Amazonas, Peru (Nov. 2010)

Seit etwas mehr als 3 Wochen bin ich nun wieder zu Hause, habe (fast) alle meine Freunde wiedergesehen, der Main-Turm steht und auf dem Wasser war ich auch schon wieder^^ Derzeit lebe ich noch in meinem ehemaligen Kinderzimmer, aber ich genieße den Luxus eines eigenen Raums, wenn auch wie in der letzten Zeit mit „Gemeinschaftsbad“ 😉 Ich musste mich erst mal wieder daran gewöhnen an einem Zebrastreifen die Straße zu überqueren ohne an gehupt zu werden, sauberes Geschirr zu benutzen oder das Toilettenpapier nicht mehr in stinkenden Mülleimern entsorgen zu müssen. Auch nicht ständig ein- und auszupacken und den ganzen Tag seine Wertsachen zu kontrollieren ist ein angenehmer Nebeneffekt, aber das ist natürlich nicht das auf was es ankommt. Ich habe die Erfahrungen, die ich gesucht habe, gefunden, meine Sehnsucht und das Fernweh für einen Moment gestillt. Mein Ziel die Sprache zu lernen konnte ich besser als erwartet in die Tat umsetzen und so bleibt auf jeden Fall auch ein Stück Bildung bei dieser Geschichte. Mein Blick auf die Dinge hier hat sich definitiv verändert, die Wertigkeiten haben sich verschoben und ich messe den unwichtigen Dingen mit denen wir uns im Alltag gerne belasten nun noch weniger Wert zu. Es ringt mir nur ein müdes Lächeln ab wenn ich beobachte, wie sich hier manch einer über Dinge aufregt, die es nicht einmal Wert sind Beachtung zu finden und welche Zeit dafür verschwendet wird. Ich möchte jetzt nicht so tun als sei ich bekehrt und geläutert, aber es ist schön eine Plattform zu haben, wo man ungeschminkt seinen Gedanken freien Lauf lassen kann und dabei manchmal sogar Gleichgesinnte findet. Ich bin nicht so Realitätsfern, das ich erwartet hätte irgendwas damit zu bewegen, wenn ich durch die Weltgeschichte reise. Aber was ich den E-Mails usw. entnehmen konnte, habe ich bei einigen doch irgendwie zum Nachdenken angeregt und das ist schon deutlich mehr als ich je in Erwägung gezogen habe. Vielleicht wollte ich ein Zeichen setzen, dass man sich nicht einfach dem Fluss hingeben muss durch den man hier durch das Leben getragen wird, sondern das es jederzeit möglich ist auszubrechen und einfach das zu machen was man möchte, Träume Realität werden lassen. Anfang letzten Jahres habe ich einen Begrüßungstext in mein Handy eingegeben, der mich jeden Tag daran erinnert hat was ich vor habe: „2010 –  Träume verwirklichen“. Jetzt steht dort „2011: Erledigt!“ Ich kann jedem nur wünschen und dazu ermutigen die eigenen Träume in die Tat umzusetzen, denn alles ist machbar. Dabei muss es sich nicht um eine Reise handeln, sondern auch ganz einfache Dinge, für die man sich einfach Zeit nehmen sollte. Dinge die uns, wenn auch vielleicht nur für einen Moment, das Gefühl von einem selbstbestimmten Leben geben, dem Gefühl von Freiheit. Ich möchte hier meinen Freund Gustav zitieren, der dies als „individuelle Freiheit“ beschreibt, dem gibt es nichts hinzuzufügen. Von hier aus einen Gruß in die Ferne und alles Gute für deine Träume. Unsere „philosophischen Schriftwechsel“ haben in meinem Buch auf jeden Fall ein Kapitel verdient!

Machu Picchu, Peru (Nov. 2010)

Machu Picchu, Peru (Nov. 2010)

Die Rückkehr in die Heimat war irgendwie seltsam. Ich saß zu Hause und es kam mir vor als sei ich gerade erst letzte Woche hier gewesen, ganz komisch und nicht wirklich zu erklären. Diese halbe Jahr, all diese fantastischen Erlebnisse waren auf einmal ganz weit weg, wie so eine Art Parallelwelt. Das alles ist zwar passiert, aber da niemand von hier dabei war ist es einfach nicht so präsent. Du erzählst ein bisschen was, aber dann geht man auch schon wieder zum alltäglichen über (nur der Jetlag macht mir immer noch zu schaffen…). Aber so fühle ich  mich im Nachhinein bestätigt diesen Blog geschrieben zu haben, denn ansonsten hätte ich nie nur ansatzweise von dieser Reise berichten können. Hier ist halt alles so wie immer, da sich erwartungsgemäß nicht allzu viel verändert hat. Genauso wie sich bei mir nicht viel getan hätte, wenn ich das halbe Jahr hier gewesen wäre. Man lebt den Alltag und der hält nicht allzu viele Überraschungen bereit. Von daher ist es nicht allzu schwer sich wieder einzugliedern – wenn man will. Das ist der Scheideweg an dem ich mich jetzt befinde, versuche ich “komplett zurückzukehren“ in mein altes Leben oder versuche ich den gerade eingeschlagenen Weg noch ein Stück weiter zu gehen. Die Rückkehr ist einfach, meine Umgebung hier ist fast die gleiche wie vor der Reise. Ein neuer Job, eine Wohnung und schon ist alles wie vor knapp 7 Monaten. Aber will ich das?! Mein “altes Leben“ war alles andere als schlecht, aber wenn man mal über den Tellerrand geschaut und den Duft der Freiheit gespürt hat verblasst so ziemlich alles daneben. Ich hatte in den letzten, sagen wir mal 5 Jahren, viele Hochs und Tiefs, einige sehr tiefe Tiefs während denen dann aber die Idee zu dieser Reise gewachsen ist, die den bisherigen Höhepunkt meines Leben darstellt. Ich hatte sowas vermutet und mich selber unter Druck gesetzt, dies vor meinem 30. Geburtstag zu verwirklichen, oder ansonsten bleiben zu lassen.

Laguna Colorada, Bolivien (Dez. 2010)

Laguna Colorada, Bolivien (Dez. 2010)

Mit diesen Erfahrungen ist die Alternative also weit reizvoller, aber damit entferne ich mich umso weiter von der ersten Variante. Ich merke jetzt schon wie schwer es ist sich tatsächlich wieder zu 100 % zu integrieren. Oberflächlich geht es sicher, aber irgendwas fehlt. Vielleicht sind es die Gespräche, die ich mit den vielen tollen Menschen, die ich unterwegs kennengelernt habe, teilweise nächtelang geführt habe. Leute mit ähnlichen Idealen, Lebenseinstellungen und Ideen mit denen es eine wahre Freude war sich auszutauschen. Ohne uns wirklich zu kennen konnte man den anderen sofort verstehen und sich in die Gedanken und Gefühle hineinversetzen. Das soll jetzt nicht heißen, dass hier alles schlecht und unbefriedigend ist. Ich bin unheimlich gerne mit meinen Leuten zusammen und genieße die Zeit. Aber es ist schwierig alles raus zulassen was einem so auf der Seele brennt, das funktioniert nur bei ganz wenigen. Es fällt schwer das zu sagen was ich wirklich denke, denn meine Gesellschaftskritik kann ganz schnell als Kritik am Lebensstil meines Gegenübers ausgelegt werden, aber das ist es nicht. Jeder muss seinen eigenen individuellen Weg zum Glück finden. Für den einen ist das Familie, Haus und/oder berufliche Karriere, für den anderen das Leben ohne jegliche Bindungen, da er sich sonst eingeengt fühlt. Alles kann richtig sein und gerade deswegen ist es zwischen diesen “Gruppen“ schwierig sich auszutauschen, da oft keine Toleranz für „das andere“ vorhanden ist. Nichts desto trotz ist es wichtig diese Menschen um mich zu haben, denn es gibt eine ganz wichtige Sache die wir miteinander teilen: Erinnerungen. Erinnerungen an all die tollen Dinge, die wir in den gemeinsamen Jahren erlebt haben und die ich genauso wenig missen möchte wie diese Reise. Ich versuche viele Menschen in meine Gegenwart einzubauen, merke aber gleichzeitig, dass wenn neue Menschen in mein Leben treten, andere in den Hintergrund rücken und irgendwann vielleicht ganz verschwinden…das ist das Leben. Aber ich habe gelernt loszulassen, den Moment zu genießen und anschließend nicht nachzutrauen, sondern mich zu freuen, dass es diesen Moment gegeben hat. Losgelassen habe ich auch die materiellen Dinge, die unser Leben bestimmen. Schon vor der Reise habe ich geschrieben, das Besitz auch oft belastet und ich kann jetzt sagen, das ich nie so zufrieden war, wie in diesem Moment wo ich alles was ich zum Leben brauche auf meinem Rücken tragen konnte. Das Ende dieser Reise war natürlich nicht so wie ich es mir vorgestellt habe, aber vielleicht auch mein Schicksal, denn ich erinnere mich in meinem Leben an keine tolle Zeit mit einem “Happy-End“. Auf jeden Höhenflug folgt irgendwie ein Fall und es heißt dann immer wieder aufzustehen und den nächsten Berg zu bezwingen…

Torres del Paine, Chile (Jan. 2011)

Torres del Paine, Chile (Jan. 2011)

Die am meisten gestellte Frage in diesen Tagen ist sicher: „Und, wie geht’s jetzt weiter?“ Ich antworte dann meistens darauf: „Keine Ahnung…“ Denn ist das wichtig? Warum immer planen? Warum wissen was morgen passiert? Ich habe schon mal von dem Leben als Überraschung geschrieben und genau das lebe und genieße ich jetzt nun für einen Augenblick. Erst mal nicht festlegen, denn in der jetzigen Situation mit den frischen Eindrücken im Gedächtnis, kann es gar keine Entscheidung für eine totale Rückkehr geben. Ich kenne mich nun mittlerweile selbst ein wenig und ich weiß das am Ende sowieso wieder eine Bauchentscheidung stehen wird. Denn genauso ist es zu dieser Situation gekommen. Viele Traveller planen ihre Reise jahrelang, bereiten sich detailiert darauf vor und sind auf viele Situationen sicher besser eingestellt als ich es war. Anfang 2010 habe ich angefangen diese Idee zu forcieren, etwa im Mai wurde es konkret und Ende Juni habe ich gesagt ich mach das jetzt einfach. Genauso war es mit meinem Arbeitsplatz. Nach der Ablehnung meines Antrags auf Freistellung vom Dienst hätte jeder normale Mensch sich mit der Entscheidung schwer getan seinen Beamtenstatus zu beenden. Ich dachte mir damals, o.k. dann ist es halt vorbei. Im Endeffekt aber die richtige Entscheidung, denn die Vorstellung wieder täglich 9 Stunden im Büro zu sitzen ist für mich zumindest derzeit unvorstellbar. Mein Leuchtturm (auch so eine Bauchentscheidung…) ist momentan die perfekte Lösung. Ich mache etwas was mir Spaß macht, bin draußen, habe gut gelaunte Menschen um mich, ich denke das ist eine ziemlich angenehme Arbeitsatmosphäre. Ich habe unterwegs versucht eine Antwort darauf zu finden, warum die Menschen so fröhlich sind. Es hört sich sicher banal an, aber ein bisschen spielt sicher das Wetter eine Rolle. Stellt euch vor wir hätten 300 Sonnentage im Jahr, ein Traum! Man kann fast immer im Freien sein, da wo das Leben spielt. Mir geht es zumindest so, denn wenn ich draußen sein kann steigt meine Laune rapide. Klar kann es nicht ewig so weiter gehen, aber ich genieße genau diesen Moment. Oft fällt auch die Frage nach der Altersabsicherung. Das ist so ein Thema von dem wir Deutschen fast schon besessen scheinen. Rentenversicherung, private Vorsorge und wenn es geht noch Immobilien. Natürlich ist es sinnvoll schon früh darüber nachzudenken, aber es kann auch nicht Sinn und Zweck sein ein ganzes Leben zu schuften für etwas wovon ich nicht weiß ob, und wenn ja wie lange ich es erlebe. Wenn ich daran denke, dass ich mindestens noch 38 Jahre arbeiten muss, um nach unserem System in Ruhestand gehen zu können…eine verdammt lange Zeit. Und wie ich in meinen Beweggründen schon geschrieben habe, stelle ich mir aufgrund dieses langen Zeitraum schon die Frage ob, unter anderem aufgrund der demografischen Entwicklung, das deutsche Rentensystem 2049 vielleicht gar nicht mehr existiert?! Ich spare mir weitere Ausführungen zu den Alternativen oder gesundheitlichen Risiken, aufgrund derer es vielleicht nicht zu der Situation kommt, möchte damit aber nur nochmal zum Ausdruck bringen, dass ich lieber jetzt mein Leben voll und ganz auskoste und deswegen bewusst nichts in dieser Richtung plane. Denn wenn es irgendwann zum Problem werden sollte werde ich auch dafür eine Lösung finden. Dies ist ein weiteres Ergebnis dieser Reise: Absolut kein Mangel an Selbstvertrauen!

Patagonien, Chile (Jan. 2011)

Patagonien, Chile (Jan. 2011)

Beim Lesen denkt vielleicht der ein oder andere jetzt bin ich langsam völlig übergeschnappt…ich denke ich lebe sicher in “einer anderen Welt“. Es ist eine Welt derer, die etwas anders machen wollen. Oft höre ich den Begriff “Träumer“, wenn ich mal etwas mehr raus lasse von dem was mir durch den Kopf geht. Das sind sympathische Menschen, denn es ist schön Träume zu haben, aber ich zähle mich nicht dazu. Träumer verbringen ihr Leben damit irgendetwas hinterherzujagen was nicht im Rahmen des Möglichen ist und stehen oft am Ende mit leeren Händen da, wenn auch dafür glücklich… Für meinen Teil denke ich, dass ich mir eine vernünftige Basis geschaffen habe. Ich habe einen Schulabschluss, eine Ausbildung, einen abgeschlossenen Studiengang, insgesamt 11 Jahre Berufserfahrung, habe mit eigenem Konzept ein kleines Unternehmen aufgebaut und so denke ich zumindest auch im Kreise meiner Freunde einiges im gesellschaftlichen Bereich auf die Beine gestellt. Das ist nicht der Stoff aus dem Träumer sind. Vielleicht zähle ich sogar zu den absoluten Realisten, denn ich habe begriffen das ich nur dieses eine Leben habe und die Zeit die einem bleibt verdammt kurz ist. Deswegen möchte ich sie nutzen, so intensiv wie es nur geht. Ich brauche mich nirgendwo zu verstecken, denn ich habe lange genug gezeigt, dass ich auch in dieser Gesellschaft (über-) leben kann. Und ich habe es geschafft mich in die glückliche Situation zu bringen in der ich nicht nur davon abhängig bin was ich kann, sondern entscheiden kann was ich will.

Beagle-Canal, Feuerland (Feb. 2011)

Beagle-Canal, Feuerland (Feb. 2011)

Zurück zu dem Punkt wie es weiter geht: Mit Fortsetzungen ist es immer so eine Sache. Vergleicht man es mit Filmen so gibt es doch wenige 2. Teile die mit ihren Vorgängern konkurrieren können. Das ist mir klar und so birgt es natürlich ein großes Risiko diese intensive Erfahrung des Reisens, die ich in den letzten 6 Monaten erleben durfte nicht mehr toppen zu können und am Ende mit einer Enttäuschung da zu stehen. Die großen Highlights Südamerikas, meine persönlichen Höhepunkte auf dieser Erde habe ich fast alle gesehen: Machu Picchu, den Amazonas, Patagonien oder Feuerland um nur ein paar zu nennen. Es wird schwer weitere ähnlich bewegende Momente zu erleben. Aber aufhören, wo es eigentlich gerade erst begonnen hat kann ich irgendwie auch nicht. Ich habe den Grundstein gelegt ein Leben zu führen von dem ich immer geträumt habe und zumindest für ein paar Jahre scheint es möglich… Ich merke das kribbeln, den Drang neue Pläne zu schmieden und gleichzeitig die Unruhe die aufbricht, sobald ich daran denke mich hier wieder “niederzulassen“. Ich bin sicher nicht der Auswanderertyp, denn meine Heimat ist hier, Offenbach, Bürgel. Aber dieses Nomadentum, einfach durch die Gegend zu ziehen, unterwegs zu sein, das ist aktuell mein Ding. Der Zeitraum eines halben Jahres ist dabei völlig ausreichend, denn irgendwann ist es auch gar nicht mehr möglich all die Eindrücke und Erlebnisse zu verarbeiten. Das ist dann der Moment wo man spürt es ist Zeit wieder nach Hause zu kommen…

"Rückkehr" (März 2011)

"Rückkehr", Deutschland (März 2011)

Abschließend kann ich nur wiederholen, dass es eine unglaubliche Zeit war, die alles andere in den Schatten gestellt hat. Ich habe meine Grenzen gesucht, gefunden und oft auch überschritten. Ich habe “meine Geschichte“ ein bisschen so geschrieben, wie sie mir selbst gefällt. Diese Geschichte, die nun immer mit meinem Namen verbunden sein wird. Und ich finde das Schlagwort “mit dem Rucksack durch Südamerika“ irgendwie cool! Ich werde diese Zeit unheimlich vermissen. Jeder einzelne Moment hat mir endlich dieses Freiheitsgefühl gegeben nach dem ich so lange gesucht hatte. Das fehlt mir denke ich am meisten und wenn ich nun hier so sitze befürchte ich, ich bin raus…

Ich wollte gerne mit einem Zitat schließen, aber das wirklich passende habe ich nicht gefunden. Mein Favorit war der Text von Erinnerung, der Abschluss-Song bei jedem Onkelz-Konzert, der auch auf dieses Ende gut passen würde. Doch ich zitiere mich selbst^^ mit einem Satz, den ich unterwegs immer wieder gesagt habe. Denn egal wie es kommt, ich habe eins auf dieser Reise gelernt: Alles ist möglich! Und damit möchte ich hier auch schließen:

America del Sur 2010/2011 – Todo es posible!

Salar de Uyuni, Bolivien (Dez. 2010)

Salar de Uyuni, Bolivien (Dez. 2010)



Alemania

23 03 2011

19.03.2011, Tag 165

Um 4.00 Uhr gehen im Flieger die Lichter an und das Frühstück wird serviert. Etwas zeitig, aber in Europa ist es nun auch schon acht. Die Zeit bis zur Landung verbringe ich damit meinem brasilianischen Sitznachbar zu überzeugen, dass er seinen nächsten Urlaub statt in Buenos Aires lieber in Bolivien verbringen soll 🙂

In Madrid habe ich dann nochmal 5 Stunden Aufenthalt ehe mein Anschlussflug nach Frankfurt geht. Also drücke ich mich etwas auf dem weitläufigen Flughafen rum, fahre vom einen Terminal ins andere und versuche den Verkäufer im Duty-Free-Shop zu belehren, dass Pisco nicht nur das Nationalgetränk Perus, sondern auch Chiles ist. Kurz vor dem Boarden sitzt eine Schulklasse neben mir, die gerade von einem Austausch zurückkommt. Sie diskutieren ihre Pläne, wohin ins Ausland sie nach dem Abitur gehen wollen. Australien, Neuseeland und die USA stehen hoch im Kurs, aber ein Mädel will auch nach Südamerika, herumreisen und arbeiten. Zum ersten könnte ich ihr jetzt einiges erzählen, das zweite wird (meiner Erfahrung nach) wohl nicht funktionieren…aber ist doch schön wenn man Träume hat!

Meiner endet dann um 18.50 Uhr deutsche Zeit, als der Flieger in Frankfurt aufsetzt. Fast auf die Minute genau 165 Tage nachdem ich das Land verlassen habe betrete ich wieder deutschen Boden. Ich hole meinen Rucksack vom Gepäckband und schultere ihn zum letzten Mal. Ein wehmütiger Moment, war er in den letzten 6 Monaten doch fast sowas wie meine Wohnung. Alles was ich besessen und unterwegs gebraucht habe befand sich darin und für mich war es ein glückliches Gefühl alles was man hat bei sich tragen zu können. Befreit von all den Dingen um die man sich im normalen Leben sonst irgendwo kümmern muss. Die Glastür schiebt sich zur Seite und ich erblicke meine Familie und meine Freunde, die mir einen (Sekt-) Empfang bereiten. Ich freue mich alle wieder zu sehen, auch wenn es natürlich schöner gewesen wäre zu einem anderen Anlass zurückzukehren. Wir fahren über die Autobahn, in die Heimat, Offenbach. Über dem Flughafen steigt ein Flieger auf, Richtung Süden und ich kann mich noch genau an meinen Abflug erinnern, die Spannung, Vorfreude, der Weg ins Ungewisse. 6 Monate einfach nur Reisen, andere Länder sehen, fantastische Orte zu besuchen, neue Menschen kennenlernen, Abenteuer erleben, einen kompletten Kontinent zu überqueren das war die Idee und nun liegt dies alles schon hinter mir. Solche Dinge schießen mir durch den Kopf, aber jetzt beginnt erstmal das “Abenteuer“ Rückkehr und es gilt die Frage zu beantworten wie stark das Fernweh ist…aber egal wie die Antwort lautet,

America del Sur, nos vemos!



Adios y muchas Gracias!

18 03 2011

Hola mis Amigos,

nach knapp 6 tollen Monaten geht die Reise, mein Traum, das Südamerika-Abenteuer nun, leider etwas früher als geplant, zu Ende. Ich möchte mich bei allen Lesern und “Fans“ dieses Blogs für die vielen netten E-Mails, Kommentare und alle anderen Feedbacks bedanken. Durch euch habe ich mich immer wieder angetrieben gefühlt das Erlebte festzuhalten und mir damit selbst ein Werk an Erinnerungen geschaffen, das ich sicher noch oft lesen werde, daher muchas GRACIAS!

Cocorvado / Rio de Janeiro

Corcovado / Rio de Janeiro

Morgen (Sa. 19.03.) um 18.30 Uhr betrete ich wieder deutschen Boden und erleide wahrscheinlich einen Kultur- und vor allem einen Kälteschock 😉

Ein letzter Gruss aus Rio de Janeiro

Roland



Rio – „El viaje va a final“

18 03 2011

17./18.03.2011, Tag 163/164

Wie bereits beschrieben verzichte ich auf die wenigen Stunden Schlaf, welche in einem Hostel möglich gewesen wären und erreiche gegen 0.30 Uhr den Flughafen, der wie ausgestorben wirkt. Gegner von Flughafen-Schläfern haben hier Sitze mit Armlehnen aufgestellt, so dass hinlegen nicht möglich ist. Auch im Sitzen schlafen ist mangels Kopfstützen Fehlanzeige und so beschäftige ich mich mit diversen Dingen bis ich um 4.00 Uhr zum Check-In kann. Dummerweise hat der Flug einen Zwischenstopp in Curitiba und so gibt es nur je knapp 1 Stunde Schlaf. Am Flughafen setze ich mich in das Shuttle das nach Ipanema fährt, von wo aus ich den Lokalbus zu Maryams Appartement in Jardim Botanico nehmen kann. Die Fahrt dauert dann nochmal gut 2,5 Stunden, wobei ich immer wieder einnicke und mich beim aufwachen orientieren muss wo wie gerade sein könnten. 31 Stunden nachdem ich in Asuncion aufgebrochen bin erreiche ich mein Ziel und obwohl es der vorletzte Tag ist und ich noch einiges an Programm auf dem Zettel habe brauch ich nun erstmal eine Mütze Schlaf. Als ich wieder aufwache ist später Nachmittag und nicht mehr viel möglich. Abends habe ich Maryam und ihre Eltern zum Essen eingeladen. Was habe ich nicht überlegt wie der letzte Abend in Südamerika sein könnte, was für eine große Party oder welche Aktion ich mir wohl einfallen lassen könnte. Aber die aktuellen Geschehnisse wecken keinerlei Partygedanken bei mir und wie wir so im Restaurant sitzen wird mir bewusst, das dieser Abend genau typisch für Südamerika und diese Reise ist. Ein nettes Beisammensein mit interessanten Gesprächen und viel gutem Essen 😉

Freitag, 18. März 2011: Der letzte Tag auf diesem Kontinent. Abschließen möchte ich die Reise mit einem echten Highlight, dem Besuch der Christus-Statue, welche auf dem 710 Meter hohen Cocorvado über der Stadt thront. Ich sehe durch die Fensterläden ein paar Sonnenstrahlen. Bereits gestern war es nur leicht bewölkt und heute Nacht war die Sicht klar. Ich öffne das Fenster und sehe einen blauen wolkenlosen Himmel, Bingo! Mit dem Bus geht es zur Station der Zahnradbahn, mittlerweile ist es kurz vor zwölf. Gegen drei sollte ich zurück sein, da ich noch packen muss und um fünf zum Flughafen aufbrechen will. Ich kaufe ein Ticket und blicke entsetzt auf die Fahrtzeit: 14.00 Uhr. Bei 20 Minuten Fahrt würde dies bedeuten, dass ich mich oben gerade mal 20 Minuten aufhalten kann. Eine andere Lösung muss her, also versuche ich die Dame am Einlass zu überzeugen, ohne Erfolg…aber aufgeben ist ja nicht mein Ding. Wenn die Bahn unten ankommt steigen zunächst die Passagiere aus, dann fährt sie etwa 30 Meter weiter hoch wo die neuen Passagiere warten. Der Ausstiegsbereich ist frei zugänglich und um in den Einstiegsbereich zu gelangen braucht man nur an einer kleinen Mauer vorbei. Zwei englische Mädels haben die gleiche Idee und während gerade eine Ladung Passagiere einsteigt beraten wird ob es möglich ist. In der Bahn gibt es nur Sitzplätze, also würde es auffallen wenn plötzlich mehr Leute drin wären, daher wollen wir die nächste Bahn abwarten und versuchen reinzuschlüpfen während die ersten Passagiere den Kontrolleuren die Sicht versperren. Einer dieser Kontrolleuer entdeckt uns und fragt was wir dort machen, Fotos natürlich, wozu habe ich sonst die Kamera um den Hals^^

Der Junge ist nett und die englischen Mädels verstehen es ihn einzuwickeln. Ihr Charme gemischt mit meiner Abflugsstory scheint ihn weichzukochen und er will es irgendwie „organisieren“. Als die nächste Bahn ankommt stehen wir hoffnungsvoll am Eingangsbereich, aber erstmal nichts. Alle Passagiere sind bereits drinnen und von unserem Helfer keine Spur. Wir sind nervös, dann plötzlich taucht er auf und zeigt der Dame am Tor an, dass sie uns durchlassen soll. Geschafft! Das ist zum Abschluss nochmal echtes Südamerika: Jeder ist ein bisschen korrupt und geht nicht gibt’s nicht! Oben (auf der überfüllten Plattform) angekommen strahlt die Sonne und vor mir breitet sich diese herrliche Stadt aus. Im Süden die Lagoa mit dem Botanischen Garten, getrennt vom Meer durch die Stadtteile Leblon und Ipanema mit ihren Stränden. Dann der langgezogene Sandstreifen der Copacabana und dahinter der Zuckerhut. Auf der anderen Seite sieht man die lange Brücke nach Niteroi, die Bucht von Botafogo, das Stadtzentrum und Richtung Norden das große Rund des Maracana. Man erkennt die vielen Hügel und Berge die sich mitten in der Stadt erheben und ihr ein grünes Gesicht verleihen. Vor der Küste liegen zahlreiche Inseln, einfach eine wunderschöne Stadt auf die „Cristo Redentor“ (Christus der Erlöser)  hinabblickt. Die 38 Meter hohe Statue, welche zum 100 jährigen Unabhängigkeitstag gebaut, allerdings erst zehn Jahre später 1931 fertiggestellt wurde ist eins der neuen 7 Weltwunder. Im 8 Meter hohen Sockel ist eine Kapelle für 150 Personen beherbergt. Die Spannweite der Arme beträgt 28 Meter, das Gesamtgewicht der Statue 1145 Tonnen. Somit ist sie die drittgrößte Christus-Statue weltweit, sicher aber die bekannteste. Das ist nun das Ende dieser Reise. Ich sehe hinunter auf Rio und der Anblick begeistert mich auf’s neue. Ein schöner Abschluss mit einem Wetter wie man sich es toller nicht hätte wünschen können. Brasilien reißt den bisher durchwachsenen Eindruck nochmal raus und verabschiedet sich mit einem Ausrufezeichen von mir 🙂

Zurück nehme ich ein Taxi, da es mit dem Bus zu lange dauern würde. Maryam meint zu mir wir sollten früher los, da durch den Besuch von US-Präsident Obama am morgigen Tag einige Straßen gesperrt sein könnten. Leichter gesagt als getan, denn ich habe noch nichts gepackt. Mit so wenig System wie nie verstaue ich alles im Rucksack, worin ich erstaunlich viel Platz habe. Das liegt aber auch möglicherweise daran, dass ich einige Dinge wie meine alten Turnschuhe nun hier entsorgt habe. Wir fahren mit dem Auto durch den stockenden Verkehr raus auf die Stadtautobahn. Dann rote Bremsleuchten vor uns, Stau! Das ist wieder so etwas was man nicht mit denen bei uns vergleichen kann, denn es geht einfach nichts mehr. Die Uhr tickt runter während wir uns alle paar Minuten um wenige Meter fortbewegen. Mein Flieger geht um 20.00 Uhr. Bis 18.15 Uhr bin ich noch locker, eine Viertelstunde später steigt die Anspannung und ich behaupte ohne es zu Wissen, dass der Check-In bis eine Stunden vor Abflug geöffnet ist. Nochmal 10 Minuten stehen, dann löst sich der Stau auf, ohne das man eine Ursache erkennen kann. Wir geben Gas und um kurz vor sieben erreichen wir den Flughafen. Der Check-In endet tatsächlich 60 Minuten vor Abflug, das wäre ein Spaß gewesen… Mein Gepäck hat „nur“ 23 kg obwohl 32 erlaubt gewesen wären. Das war mir nicht bewusst und deshalb schleppe ich nochmal 10 kg im Handgepäck rum. Um 19.20 Uhr erhalte ich meinen Ausreisestempel und als der Flieger um 20.40 Uhr in die Luft geht ist mein Aufenthalt in Südamerika beendet. Ich bin ein wenig fassungslos darüber wie schnell es vorbei ging, denn fast alle Erlebnisse, auch die der ersten Tagen sind einfach noch so präsent. Doch nun geht der Blick nach vorne und während ich einschlafe nimmt der Flieger Kurs auf Europa.



Itaipu

18 03 2011

16.03.2011, Tag 162

Die letzte Strecke dieser Reise wird noch einmal eine Mammut-Etappe. Da mein Flieger zurück nach Rio morgen um 6.00 Uhr geht, der erste Bus aber erst um 5.30 Uhr die halbstündige Fahrt an den Flughafen antritt und ich so gegen 4.00 Uhr mit einem Taxi fahren müsste, habe ich beschlossen auf ein Hostel zu verzichten und so die Kosten für Übernachtung und Taxi einzusparen und auf dem Flughafen zu übernachten. Damit bin ich dann knappe 30 Stunden unterwegs bis ich in Rio ankomme. Einen Bus um von Asuncion nach Ciudad del Este zu fahren habe ich auch diesmal nicht reserviert, aber es funktioniert wie gewohnt und um kurz nach acht steige ich in ein diesmal “etwas“ neueres Model als auf dem Hinweg. Der Abstecher nach Paraguay hat sich auf jeden Fall gelohnt, ein sehr interessantes Land, wo man noch die Möglichkeit hat sich “Abseits der ausgetretenen Pfade“ wie man so schön sagt, zu bewegen.

Die frühe Abfahrtszeit hat einen Grund, denn ich möchte die Besichtigung des Itaipu-Staudamms, nach dem 3-Schluchten-Damm der grösste weltweit, nachholen. Die Fahrt dauert statt der angekündigten 5 mal wieder 6 Stunden und so scheidet die Variante mit dem Bus zum Besucherzentrum des Damms zu fahren aus. Ich hatte aber sowieso darauf spekuliert ein Taxi zu nehmen, da ich bei der Hitze ungern in einem Linienbus steigen möchte, wenn die nächste Dusche frühestens morgen um die Mittagszeit möglich ist. Der erste Taxifahrer besteht darauf, dass ich in US-Dollar bezahle, woraufhin ich im zu erklären versuche, dass ich kein Amerikaner bin und keine Lust habe Wechselgebühren zu zahlen, wenn ich Geld in der Landeswährung einstecken habe, was ich vor dem Grenzübertritt noch loswerden möchte. Auf der anderen Strassenseite ist es einfacher und sein Kollege bietet an für umgerechnet ca. 13 Euro mich zum Staudamm zu fahren, dort 1,5 Std. zu warten bis die Tour fertig ist und mich dann an die Grenze zu fahren, vamos!

Mein Fahrer wirkt ganz in Ordnung, aber ich schreibe mir trotzdem sein Kennzeichen auf, als ich meinen Rucksack im Kofferraum lasse. Zu Beginn der Tour, die komplett kostenlos ist, wird ein Film über den Bau und alles was mit dem Damm zusammenhängt gezeigt. Ich setze mich in den nur mässig gefüllten Kinosaal und plötzlich sitzt mein Fahrer neben mir. O.K., jetzt muss ich mir wenigstens keine Gedanken mehr machen, das meine schmutzigen Klamotten auf irgendeinem Stand kurz vor dem Grenzposten landen, aber hatte wie gesagt bei ihm sowieso ein gutes Gefühl.

Das Wasserkraftwerk, ein gemeinsames Projekt von Paraguay und Brasilien wurde zwischen 1975 und 1983 gebaut und bis 1991 auf 18 Einheiten erweitert. Die Stromerzeugung von 75 Billionen kWh pro Jahr deckt 78 % des Stromverbrauchs Paraguays und 26 % von Brasilien ab. Das Wasserbecken hat eine Fläche von 1350 Quadratkilometern, bei einer durchschnittlichen Breite von 7 km und einer Normal-Höhe von 220 m. Um die Grösse dieses Bauwerks und dessen Leistungsvermögen zu erfassen hier ein paar Vergleichswerte: Für Bau und Montage wurden 1.200.000 Zeichnungen gefertigt, was übereinandergelegt einem Gebäude mit 50 Stockwerken entspricht. Das Ausgrabungsvolumen entspricht mit 60.100.000 Kubikmetern das 8,5 fache des Eurotunnels und würde ausreichen um eine Lastwagenschlange von 128.000 km zu bilden, was eine dreifache Erdumrundung bedeutet. Alle 4 Tage wurde soviel Beton produziert, wie man für den Bau eines Stadions in grösse des Maracanas benötigt, am Ende wären es 210 Stadien gewesen. Der Eisen- und Stahlverbrauch würde für 380 Eifeltürme ausreichen. Als die Anzahl der Bauarbeiter den Höhepunkt erreichte, wurden in den Kantinen 1.400.000 Essen pro Monat ausgegeben, was ca. 3.000 kg Reis pro Mittagessen bedeutet. Vielleicht denkt der ein oder andere der mit mir in der Schule war, seit wann passt der denn bei Vorträgen so gut auf? Hat er nicht, aber es gibt dort eine Infobroschüre, und zwar in deutsch 🙂

Anschliessend geht es mit dem Bus zum Rande des Damms, von wo aus man sich über die gigantische Grösse und die Wassermassen, die dort durchfliessen ein Bild machen kann. Wie “weisse Türme“ schiessen das Wasser an der Stelle, wo es zurück in den Fluss gespült wird in die Höhe und bildet zusammen mit dem erscheinenden Regenbogen ein fantastisches Motiv. Wir fahren einmal unterhalb des Dammes entlang, wo man einen Blick auf die Turbinen hat und anschliessend oberhalb mit Blick auf das riesige Wasserbecken.

Ich lasse mich wie vereinbart an der Grenze absetzen und nachdem ich meine letzten Guarani zum Mittagessen ausgegeben habe, hole ich mir meine Aus- und Einreisestempel und fahre mit dem Bus nach Foz de Iguazu. Abends treffe ich mich noch mit Theresa, Steffi und André, die gerade auch zufällig in der Stadt sind und so wird die Wartezeit etwas kurzweiliger. Schön, dass wir hier nochmal (fast) alle zusammenkommen, denn in den ersten Monaten dieser Reise haben wir schon verdammt viel zusammen erlebt. Ich bin nun der erste für den das Abenteuer zu Ende geht und als ich kurz vor Mitternacht Richtung Flughafen aufbreche heisst es Abschied nehmen…




Asuncion

18 03 2011

14./15.03.2011, Tag 160/161

Am nächsten Nachmittag starte ich bei strahlend blauem Himmel, Sonnenschein und knapp 30 Grad zu einem Rundgang durch die Stadt. Paraguay zählt zu einem der sichersten Reiseziele Südamerikas, wird aber trotzdem meist links liegen gelassen. Die einzelnen Touristen, die mir heute über den Weg laufen sind ausschliesslich Leute die in meinem Hostel wohnen. Ich komme vorbei an der Kathedrale und am Universitätsgebäude. Davor begrenzt eine halbhohe Mauer die weitläufige Plaza Constitucion und es scheint mir als beginne davor der Fluss. Als ich näher komme und herunter blicke entdecke ich jedoch eine Ansammlung von Blech- und Holzhütten, die in der Uferböschung stehen, die enstanden ist als der Fluss sich wohl zurückgezogen hat. Ein paar Meter weiter steht die “Cabildo“, das ehemalige Regierungsgebäude, ganz in rosa gehalten. Arm und reich scheinen ganz eng beeinander zu liegen, denn vor dem von Soldaten bewachten Neubau der “Casa Legislativo“ erstreckt sich nur durch einen Grünstreifen getrennt das nächste Armenviertel. Nach einem Stopp am prunkvollen „Palacio Lopez“ wo gerade zahlreiche Männer mit der Grünpflege beschäftigt sind, gehe ich über die kaputten Bürgersteige ich weiter zum Hafen, wo ein allgemeiner Trubel herrscht. Zurück im Zentrum besichtige ich an der Plaza de los Heroes das “Panteon de los Heroes“, wo man auf Gedenktafeln den Helden des Landes gedenkt. Auch ein Sarg eines bedeutenden Generals und mehrere Urnen sind hier ausgestellt. Paraguay ist stolz auf seine Helden und überall findet man Hinweise darauf, das es als erstes Land Südamerikas 1811 seine Unabhängigkeit von Spanien erklärt hat.

An der Plaza Uruguaya erwartet mich wieder ein ernüchterndes Bild: Über den ganzen Platz verteilt sind Behausungen aus Plastiksäcken errichtet und deren Bewohnern sitzen oder liegen daneben. Was einem sonst nur auffällt wenn man wirklich danach sucht bekommt man hier ungeschönt und in harter Realität präsentiert. Am Ende der Plaza liegt der alte Bahnhof “Estacion Ferrocarril“ von wo aus die erste Eisenbahnstrecke Südamerikas in den Süden nach Encarnacion führte. Hinter dem Gebäude stehen auf den Resten der ehemaligen Gleise noch verschiedene Wagen und Loks herum. Dazwischen entdecke ich eine Frau mit 3 Kindern, die im Müll scheinbar nach etwas essbaren sucht. Nach einem Stopp im Hostel mache ich mich auf zum Markt, der etwas ausserhalb des Zentrums liegt. Unterwegs fallen mir die alten bunten Busse auf, sowie unzählige Gebäude aus der Kolonialzeit, die mit dem Verfall zu kämpfen haben. Auf dem Mercado findet man Stände mit gefälschten Klamotten, aber auch Lebensmittel und was man sonst für den Alltag so braucht. Als ich mich durch das Labyrinth an Ständen gekämpft habe mache ich mich auf den Rückweg. Ich bekomme hier das was ich gesucht habe. Paraguay ist absolut authentisch. Hier wird nichts “geschminkt“ oder für Besucher aufgehübscht, sondern man findet sich im realen Leben der Menschen wieder, so wie das sein soll wenn man ein fremdes Land bereist.

Mit meiner Bettnachbarin Elli und ihrer Freundin gehe ich zum Supermarkt, wo an der Kasse auf einem Bildschirm ein Film zum Verhalten im Brandfall läuft. Das hat einen Hintergrund, denn 2006 brach in einem Supermarkt hier in Asuncion ein Feuer aus, woraufhin der Inhaber das Gebäude gegen Plünderer “absichern“ liess und so fast 1000 Menschen verbrannten. Die Mädels, die beide um die 20 sind führen im Laufe des Abends eine unterhaltsame Diskussion, in der es darum geht ihre Rückflüge zu stornieren und in Südamerika zu bleiben. Elli hat keine Lust auf die Aufnahmeprüfung an ihrer Uni, die am Tag nach der Rückkeher ansteht und ihre Freundin hat einen 36-jährigen verheirateten Chilenen kennengelernt, der sie zum bleiben überreden will. Irgendwann fragen sie mich dann auch nach meiner Meinung und ich versuche zu vermitteln, dass trotz aller Begeisterung für Südamerika das Studium nun Priorität besitzen sollte. Denn die “Qualifizierung“ als Weltenbummler ist mit der deutschen Gesellschaft irgendwie nicht kompatibel…aber wie glaubhaft ist jemand der seinen Beamtenstatus wegschmeisst um 6 Monate nach Südamerika zu reisen?! “Kopfentscheidungen“ stellen einfach nicht zufrieden, also entscheidet doch einfach aus dem Bauch heraus. Es gibt keine falschen Entscheidungen, sondern maximal welche aus denen man gelernt hat. Während aus dem 14 ein 18 Personen Schlafsaal wird, erörtert die nun grösser gewordene Runde nun wie es wohl ist heimzukehren nach so einer Reise. Wie waren die 6 Monate? Wie fühlt es sich nun an, das alles vorbei ist? Eine Antwort kann ich in meiner Situation nicht geben, aber ich merke wie sich das Blatt gedreht hat. War ich vor ein paar Monaten noch derjenige der mit grossen Ohren zugehört hat wenn andere Geschichten erzählt haben und beeindruckt war das man nur durch das Reisen eine Sprache lernen kann, gebe ich nun allerlei Tipps und übersetze zwischendrin noch für Pauolo, einen Argentinier, der hier die spanischsprachige Minderheit stellt. Die “Ausbildungszeit“ ist nun vorüber 🙂

Der nächste Tag unterstreicht nochmal wie weit weg ich vom Tourismus bin. Zwei sonst im Handumdrehen zu erledigende Dinge stellen sich hier als echte Herausforderung heraus: Eine Postkarte kaufen und verschicken und einen Aufnäher für meinen Rucksack zu bekommen. Nachdem ersteres irgendwann klappt, fahre ich auf der Suche nach einem Paraguay-Banner durch die halbe Stadt zu einem Einkaufszentrum, wo ich wieder zurück ins Zentrum geschickt werde… Ich kaufe an den Strassenständen noch ein paar der günstigen Handwerksarbeiten und verstaue diese anschliessend in meinem Rucksack, denn morgen geht es schon wieder zurück nach Brasilien, mit einem Zwischenstopp am Staudamm Itaipu.




¡Hola Paraguay!

18 03 2011

13.03.2011, Tag 159

Morgens mache ich mich auf den Weg zur „Puente de la Amistad“, welche über den Rio Paraná führt, der wiederum die Grenze zwischen Brasilien und Paraguay bildet. Mein eigentlicher Reiseplan sah vor, neben der brasilianischen auch noch die argentinische Seite der Wasserfälle zu besichtigen und anschliessend für etwa 10 Tage durch Paraguay zu reisen. Allerdings bleiben mir nun nur noch 3 Tage und so entscheide ich mich gegen einen zweiten Besuch des beeindruckenden Naturwunders und nehme Kurs auf Asuncion, die Hauptstadt Paraguays. In diesem touristisch recht unerschlossenen Land wollte ich eigentlich zuerst in den Süden, in die Stadt Encarnacion reisen, um von dort aus die Jesuitenruinen von Trinidad (UNESCO Weltkulturerbe) zu besichtigen und ggf. noch in den „Chaco“ hinausfahren, wo sich einige deutsche Mennoitensiedlungen befinden. Das begründet auch warum als Sprachen in meinem Reiseführer neben den Amtssprachen Spanisch und Guarani, auch Hochdeutsch und Plattdeutsch aufgelistet sind. Aus diesem Plan wird aufgrund der traurigen Umstände nun nichts, ich möchte aber unbedingt noch ein wenig in dieses Land “hineinschnuppern“, da es neben Bolivien zu den ursprünglichsten, allerdings auch zu den ärmsten Ländern Südamerikas zählt. Nach dem teilweise schon übertriebenen Tourismus und den hohen Preisen in Argentinien und Brasilien sehne ich mich nochmal nach so einem Erlebnis und die günstigen Lebenshaltungskosten sind natürlich auch verlockend.

Der Bus der nach Ciudad del Este über die „Freunschaftsbrücke“ fährt hält eigentlich nicht an der Grenze, da man in den Nachbarländern wohl keinen Einreisestempel braucht. Also muss ich dem (etwas begriffsstutzigen) Busfahrer irgendwie klar machen, dass ich aussteigen muss um mir meinen Pass abstempeln zu lassen. Obwohl ich diesen in der Hand halte und ihm den Einreisestempel zeige schaut er mich an wie ein Auto… Irgendwann macht es zum Glück dann doch „Klick“ und er gibt mir ein Ticket für den nächsten Bus. Die Grenzbrücke gilt nämlich als gefährlich, da es dort häufig zu Überfällen kommen soll. Also nehme ich den Bus, da ich zudem wenig Lust habe in der sengenden Sonne die Strecke zu laufen. Es sind aber so viele zu Fuss unterwegs, das ich mir schwer vorstellen kann, dass hier jemand einen Überfall verübt. Zudem bietet die Brücke auch wenig geeignete Stellen. Ich vermute, dass dieses Gerücht durch die Taxifahrer gestreut wurde, die sich eine goldene Nase damit verdienen Fahrgäste zu überhöhten Preisen über die Brücke zu befördern. Drüben angekommen bekomme ich dann meinen Einreistempel nach Paraguay, das 8. und letzte Land auf dieser Reise.

Ciudad del Este, die „Stadt des Ostens“ wird allgemein als „Marktplatz Südamerikas“ beschrieben. Hier gibt es alles, wirklich alles zu kaufen! Hinter einem Wald an Werbetafeln herrscht ein absolutes Chaos, das mich ein wenig an die Deutsch-Tschechien Grenzstädte erinnert. Genau wie dort unsere Landsleute hinpilgern um günstig gefälschte Waren zu erstehen, ist dies hier das Ziel der Brasilianer, die Kistenweise Waren über die Grenze transportieren. Es gibt allerdings nicht nur Strassenstände, sondern auch Hochglanz-Shoppingcenter mit allerlei technischen Geräten. Eigentlich wollte ich hier heute noch den Itaipu-Staudamm besichtigen, bevor ich nach Asuncion aufbreche, doch da wir Sonntag haben bin ich zu spät. Als ich mich unzähliger Taxifahrer entledigt und mich über den Stadtplan mit chinesischer Übersetzung gewundert habe, warte ich auf den Bus. Ein Mädel mit deutschen Pass in der Hand steigt aus einem Taxi und blickt suchend umher, scheinbar auf dem Weg zur Einreisestelle. Ich zeige ihr den Weg und als sie aus dem Gebäude kommt und mein Bus immer noch nicht da ist, läd sie mich ein mit ihr und ihrer Freundin aus Asuncion mitzufahren. Im Taxi switchen wir auf spanisch um und ich stelle beruhigt fest, dass alles noch da ist. Da ich in 3 Tagen bereits wieder hier sein muss, wäre es sicher sinnvoll gewesen sich vorher um einen Bus zu kümmern. Die letzten Monate war das auch das üblich Vorgehen, doch da ich Paraguay mit Ländern wie Ecuador, Peru und Bolivien vergleiche und wir dort so gut wie nie reserviert haben, baue ich auch hier auf die Flexibilität. Und tatsächlich, wir haben das Terminal kaum betreten finden wir den ersten Bus, der in 5 Minuten abfährt. Wir handeln noch etwas runter (das geht hier endlich wieder!) und für 45.000 Guarani (ca. 7 Euro) steigen wir in eine Kiste, die wahrscheinlich vor 20 Jahren in Brasilien ausrangiert wurde. Keine Klimaanlage, kein Fernseher, die Fenster klemmen und die viel zu engen Sitze sind duchgessesen…ich weiss nicht warum, aber hier gefällt es mir auf Anhieb!

Als wir losfahren erblicke ich neben dem Terminal Menschen, die unter Plastikplanen am Strassenrand hausen… Von Frieda, die ein Jahr in Asuncion gelebt und in einem Kindergarten gearbeitet hat, bekomme ich einige nützliche Tipps für das Land. Ihre Freundin Louisana trinkt derweil Maté, der im Vergleich zu Argentinien und Uruguay hier allerdings kalt getrunken wird. Beim ersten Halt wo die Verkäufer an und in den Bus stürmen kaufe ich mir eine “Chifa“ ein Gebäck, was es hier an jeder Strassenecke zu kaufen gibt, fast sowas wie die Nationalspeise. Draussen fliegen Ansammlungen von kleinen Hütten vorbei, Rinder mit grossen geschwungenen Hörnern grasen auf dem Grünstreifen und auf der roten Staubpiste, die parallel zur Strasse verläuft fahren Motorradfahrer ohne Helm entlang. Hier bin ich tatsächlich zurück in Südamerika!

Als Frieda auf halber Strecke aussteigt, wo sie eine Freundin besuchen will, bin ich der einzige Ausländer im Bus, der sich langsam füllt. Und damit ist nicht gemeint, dass es keine Sitzplätze mehr gibt, auf der 350 km langen Strecke wird so lange alles eingeladen was am Strassenrand winkt, bis der komplette Mittelgang mit stehenden Personen überfüllt ist. Die scheinen diesen Zustand gewohnt zu sein und es macht ihnen nichts aus bis zu 3 Stunden dort zu stehen und den Kopf auf den Oberarm gelegt zu schlafen! Die Händler scheinen davon ebenfalls unbeeindruckt und drängen sich weiterhin an jeden Halt mitsamt ihrer Riesenkörbe durch den überfüllten Bus, endlich wieder was los auf so einer Busreise! Wenn ich zurückdenke wie lange mir 6 Stunden zu Beginn der Reise vorgekommen sind und nun ist es eigentlich gar nichts mehr. Ich brauche auch wenig zur Beschäftigung, sondern sehe einfach aus dem Fenster, das ist besser als jedes Fernseh-Programm. Als wir ankommen zeigt mit Louisana noch die Haltestelle für den lokalen Bus, die südamerikanische Gastfreundschaft ist also auch zurück. In Asuncion, der Hauptstadt Paraguays mit 2 Millionen Einwohnern gibt es 1 (!) Hostel. Das steuere ich an und es macht auch sofort einen sympathischen Eindruck. Nach Paraguay verirren sich nur echte Abenteurer und das scheinen vor allem deutsche zu sein, denn im 14 Personen Schlafsaal, der wohl ehemals eine Garage war, stellen wir mehr als die Hälfte. Bei milden Temperaturen gehe ich nochmal kurz durch die Stadt und entdecke einen Burger King beim dem das XXL-Menü knapp 3 Euro kostet, ich glaube mir gefällt Asuncion!



Iguaçu

16 03 2011

11./12.03.2011, Tag 157/158

Da ich die Strecke nach Iguaçu nicht mit dem Bus (24 Stunden) zurücklegen möchte, habe ich einen Flug gebucht, der sogar noch billiger war als die Busreise. Ursula fährt mich gegen mittag zum Flughafen von Rio und erzählt mir dabei, dass der ehemalige Fussballstar Romario nun Abgeordneter ist. Wir sehen auch einige rote Flecken an den Hügeln jenseits der Strasse, die von den Erdrutschen vor knapp 2 Monaten zeugen, bei denen es etwa 200 Tote gab. Der Billigflieger “Gol“ hebt für Südamerikanische Verhältnisse untypisch sogar zu früh ab. Ich habe einen Fensterplatz und kann, nachdem wir die Wolken die immer noch über Rio hängen hinter uns gelassen haben, den Ausblick auf die Strände und später den Regenwald geniessen. Eine nicht enden wollende grüne Fläche, die ab und an von Flüssen durchzogen ist. Vom Flughafen fahre ich mit dem Bus nach Foz de Iguaçu, der Stadt die Ausgangspunkt für die Touren zu den berümten Wasserfällen ist. Busfahren ist in Brasilien immer so eine Sache, denn hier kassiert nicht der Fahrer sondern ein Schaffner, der neben einem für Rucksackreisende nahezu unüberwindbaren Drehkreuz sitzt und kein Erbarmen zeigt wenn man dieses nicht passieren, sondern auf einem der davor befindlichen Plätze sitzen möchte, für wen die auch immer bereit gehalten werden… Nachdem ich ein Hostel gefunden habe gehe ich durch die Stadt, wobei mir der hohe Anteil arabischer Läden auffällt. Sogar Döner gibt es hier. Ansonsten hat Foz aber rein gar nichts zu bieten, es gibt noch nicht mal eine Plaza.

Als ich am Abend zum Schreiben ins Internet-Café gehe lese ich dann die Nachricht vom Tod meiner Oma, was erstmal alle Pläne für die letzten 2 Wochen zu Staub werden lässt, denn in dem Moment ist klar, ich fliege so schnell es geht nach Hause. Am nächsten Morgen buchen wir meinen Rückflug um eine Woche nach vor, so dass die Reise nun am 19. März beendet sein wird. Die Umbuchung des Flugs von Iguaçu nach Rio, die ich anschliessend am Flughafen vornehme kostet dann nochmal fast genauso viel wie der eigentliche Flug. Das ist aber nur sekundär und eigentlich ist mir der Zeitpunkt in einer Woche auch zu spät, da die Motivation der Reise nun weg ist. Aber was soll man mit so einer Situation machen?! Hier bleibt mir nicht viel mehr als Ablenkung und deswegen beschliesse ich nach einigen Tagen auch diesen Blog fortzusetzen, da es in den letzten Monaten immer eine gute Sache war hier das rauszulassen was einem so auf der Seele liegt.

Die “Cataratas do Iguaçu“ liegen ca. 30 km ausserhalb der Stadt, die am Dreiländereck mit Argentinien und Paraguay liegt. Man kann die Wasserfälle sowohl von der brasilianischen als auch von der argentinischen Seite besuchen und da ich gerade in Brasilien bin und mich eine Einreise ins ungeliebte Argentinien nicht wirklich reizt schaue ich mir diese Seite an. Vom Eingang in der Nationalpark, in welchem sich die Fälle befinden, geht es mit einem Doppeldeckerbus nach englischem Vorbild (warum auch immer) zu den Aussichtspunkten . Beim Aussteigen hört man schon das Rauschen der 278 Wasserfälle, die aus 80 Metern in die Tiefe stürzen. Noch ein paar Stufen durch den Wald und dann eröffnet sich vor mir der erste Panorama-Blick, ein echter “Wow-Effekt“, dieses Wunderwerk der Natur. Ein Japaner bittet mich Fotos von ihm zu schiessen und drängt mich dann anschliessend fast dazu auch mich zu fotografieren. Das wiederholt sich dann an den verschiedenen Aussichtspunkten, die entlang des „Trilha de Cataratas“, dem malerischen Wanderweg zu den Wasserfällen liegen, immer wieder. Ich versuche dabei den Touristenhorden aus dem Weg zu gehen, die in Busladungen herangekarrt werden. Gegenüber liegt die argentinische Seite, wo, ich bin geneigt zu sagen typischerweise, ein Betonklotz mitten in den Urwald gestellt wurde. Immer wieder entdecke ich Tiere im Gebüsch oder bunte Schmetterlinge landen auf meiner Hand. Auf einmal entdecke ich etwas zwischen den Beinen der anderen Besucher durchhuschen: Ein Ameisenbär! Dieser scheint sich an den Menschenmassen wenig zu stören, im Gegenteil, denn er ist auf Nachrungssuche. Plötzlich merke ich ein ziehen an meiner Tasche und entdecke ein kleineres Familienmitglied, das versucht meine Essensvorräte zu plündern. Da füttern von Wildtieren verboten ist, muss ich es leider vereiteln und entferne mich mitsamt der Tasche. Meine halbvolle Dose lasse ich stehen, woraufhin er sich daran zu schaffen macht und sie umkippt, Danke! Irgendwann hat sich das ganze Rudel versammelt und ist auf Futtersuche. Dabei wird sogar “Männchen“ gemacht um sich etwas zu erbetteln, aber ich muss leider hart bleiben.

Etwas weiter hinten entdecke ich dann die Metallplattformen, über die man hinein zur „Garganta do Diablo (“Teufelsrachen“) gehen kann, wo sich der Rio Iguaçu in 12 Fällen am breitesten in die Tiefe stürzt. An deren Beginn kommen mir etliche klatschnasse Leute entgegen, weshalb ich den Regenponcho, welchen ich noch vom Carnaval habe, um die Tasche und die Kamera wickele. Als erstes erblicke ich einen Regenbogen, quasi ein Synomym für tolle Erlebnisse auf dieser Reise. Und nach ein paar Metern bin ich komplett nass und das ohrenbetäubende Rauschen des Wassers lässt keinerlei Kommunikation mit potentiellen Fotografen zu. Riesiges Wassermassen, die wie Nebelschwaden wirken, steigen auf und man kann nur erahnen wo sich das Ende dieses Naturwunders befindet. Nachdem ich nass genug bin gehe ich zurück und trockne meine Kamera, die es zum Glück gut überstanden hat. Von hier aus kann man mit einem Aufzug auf eine Aussichtsplattform fahren, um das Spektakel von oben zu bewundern, was ich dann auch mache. Nach einer kleinen Pause kehre ich in der Abenddämmerung dann nochmal an diese Stelle zurück um die veränderten Lichtverhältnisse zu bewundern. Dann geht es zurück. Ein trotz der augenblicklichen Umstände toller Tag an einem der grössten Naturwunder dieser Welt. Morgen geht es dann weiter auf einen kurzen Abstecher nach Paraguay.




Rio – Centro & Maracana

16 03 2011

10.03.2011, Tag 156

Der voerst letzte Tag in Rio beginnt mit einem Rundgang durch das Zentrum, genauer gesagt den Stadtteil “Saara“, abgeleitet von dem Wort Sahara, da hier vormals viele arabische Einwanderer lebten und arbeiteten. Auf der Busfahrt erfahre ich von Ursula verschiedene Geschichten über die Stadt. Zum Beispiel müssen die Anwohner der früheren Hafenpromenade in Botafogo eine “Piratensteuer“ zahlen. Dies betrifft etwa 4.000 Personen, was zu wenig ist um das Gesetz, dass diese Steuer festsetzt durch eine Volksabstimmung ausser Kraft zu setzen. Wizigerweise liegen diese Gebäude nun gar nicht mehr am Wasser, sondern teilweise bis zu 1 km davon entfernt. Dies ist dadurch begründet, dass man im Zentrum Rios einen Berg abgetragen hat um einen Frischluftkanal zu schaffen, da das Klima in den Sommermonaten dort unerträglich war und die reiche Bevölkerung regelmässig aufs Land geflüchtet ist. Das dort entfernte Material wurde in der Bucht von Botafogo zur Landgewinnung aufgeschüttet. Dort sieht man nun noch die ehemalige Kaimauer, sowie das Ende des Wasserkanals, der im Stadtteil Santa Teresa beginnt unter über ein Viadukt im Stadtteil Lapa Frischwasser zum betanken der Schiffe in den Hafen gebracht hat.

In den von alten Gebäuden gesäumten Gassen von Saara gibt es so ziemlich alles zu kaufen, was man braucht. Über der Strasse weht noch die Karnevalsdeko, die von der grossen Partys der letzten Tage zeugt. Zunächst führt uns der Weg in die Bibliothek, in deren fast ausschliesslich aus Original-Teilen bestehenden Lesesaal es tausende historischer Bücher zu bewundern gibt. Nach einer kurzen Pause im ebenfalls historischen “Café Colon“ besuchen wir noch eine Ausstellung im Gebäude der Banco de Brasil. Dort sind die Werke des niederländischen Künstlers Maurits Cornelis Escher zu sehen, der für seine Perspektivzeichnungen bekannt ist.

Danach verabschiede ich mich, denn ich habe noch einen anderen Programmpunkt und der heisst Maracana. Das Fussballstadion liegt im Nordteil der Stadt, in den man als Tourist sonst eigentlich nicht kommt, da sich alle Highlights Rios im südlichen Teil befinden. Nachdem ich mich aller Wertsachen entledigt habe nehme ich die Metro und begebe mich in den nicht ganz ungefährlichen Teil der Stadt. In der Gegend rund um das Stadion befinden sich zahlreiche Favelas, die Armenviertel Rios. Neben seiner sportlichen Bedeutung gibt es noch einen weiteren Grund warum das Maracana bei mir so deutlich im Gedächtnis ist und dazu möchte ich die Lieblingsgeschichte meines Vaters erzählen: Auf der Südamerika-Reise meiner Eltern 1980/81 wurde auch in Rio Station gemacht. Für einen echten Fussballfan natürlich ein Muss eins der grössten und bekanntesten Stadien der Welt zu besichtigen. Das Erlebnis einer Stadionbesichtigung war an diesem Tag doch leider nicht zu realisieren, dafür geschah etwas anderes. Ein Jogger nähert sich und zückt in unmittelbarer Entfernung eine Waffe und fordert meine Eltern auf ihm alle Wertsachen auszuhändigen. Meine Mutter hält ihm die Tasche entgegen, in der sich neben Bargeld, Pässe, Flugtickets und der Schlüssel zum Apartement befindet. Der Ganove greift zu, doch mein Vater ebenso und reisst im die Tasche wieder aus der Hand. Wie er ihm in diesem Moment ohne ein Wort portugiesisch oder spanisch klar gemacht hat, dass er ihm nur das Geld aushändigen will weiss ich nicht, aber er gibt ihm lediglich das Bargeld und der Jogger packt die Waffe wieder ein und zieht von dannen. So, nah war ich also davon entfernt als Halbwaise aufzuwachsen… Zum Glück ist diese Geschichte gut ausgegangen und kann nun immer wieder zum besten gegeben werden.

Das Stadion befindet sich gerade im Umbau für die Fussballweltmeisterschaft 2014, sowie die Olympischen Spiele 2016. Um zum Eingangsbereich zu kommen muss ich das Stadion einmal umrunden und ich muss sagen, obwohl ich viele zwielichtige Gegenden auf dieser Reise gesehen habe, ist es hier wirklich ungemütlich. Vom Museum aus kann man durch eine Glasscheibe einen letzten Blick in das Stadion werfen in dem ehemals 220.000 Menschen Platz gefunden haben. Zuletzt war die Kapazität jedoch auf 100.000 Zuschauer beschränkt und nach den Umbauarbeiten wird es ein Fassungsvermögen von “nur noch“ 80.000 Personen haben. Trotz dessen, dass ich quasi nur noch die Ruine vorfinde ist es toll nochmal an solch einer historischen Stätte gewesen zu sein. Und damit war ich in (bzw. einmal nur an) jedem Stadion dieses Kontinents auf dem ein WM-Enspiel ausgetragen wurde: Santiago de Chile (1962), Buenos Aires (1978), Montevideo (1930) und nun Rio de Janeiro (1950). Dem fussballerischen Auftrag auf dieser Reise ist damit nun auch genüge getan. Im Museum finden sich Fussabdrücke brasilianischer Ballzauberer, aber auch anderer internationaler Fussballgrössen, u.a. Franz Beckenbauer. Das Mädel, dass hier eine Art Guide spielt hat allerdings noch nie von ihm gehört, so dass ich ihr Fussballfachwissen erweitere, damit sie bei dem nächsten Besucher damit protzen kann. Ich probiere dann auch mal ein paar Füsse aus und stelle fest, dass mir dabei die von Pelé am besten passen…war aber auch nicht anders zu erwarten 😉 Im Ausgang kann man dann noch Fotos mit einer Nachbildung des WM-Pokals machen und ich möchte hiermit schon mal zeigen wie ich Philipp Lahm (oder wer immer dann Kapitän sein wird) im Sommer 2014 sehen möchte.

Abends packe ich dann nach langem mal wieder meinen Rucksack, da ich morgen weiter zu den Wasserfällen von Iguazu fliege um von dort weiter nach Paraguay zu reise. Endlich wieder ein leichter Rucksack! Trotz des mässigen Wetters bleibt die Erinnerung an eine tolle Zeit in Rio, was meinen durchwachsenen Gesamteindruck von Brasilien doch herausgerissen hat. Die Stadt hat wirklich etwas bezauberndes und es gibt so viele Dinge zu sehen und zu erleben, dass die Zeit dafür viel zu knapp war. Vielen Dank auf diesem Weg auch an meine Gastgeber, die mich herzlich aufgenommen haben und alles getan haben um mir eine tolle Zeit zu bereiten, was auch funktioniert hat. Doch jetzt geht es zur letzten Etappe dieser Reise, auf zu den grössten Wasserfällen der Welt.





Rio – Copacabana & Zuckerhut

16 03 2011

08./09.03.2011, Tag 154/155

Der eigentliche Plan war es heute mit der Seilbahn auf den Zuckerhut zu fahren, aber es regnet mal wieder…also fahren wir ins Zentrum, was allerdings einer Geisterstadt gleicht, da irgendwo in Rio natürlich immer noch Carnaval gefeiert wird. Wir kommen an die Kathedrale , wo vor 15 Jahren eine Gruppe von Strassenkindern erschossen wurden, weil sie in der nahegelegenen Ladengalerie gehaust und regelmässige Diebstähle in den Läden verübt haben. Erst verstehe ich 50 Jahre und bin schon entsetzt, aber das war das Jahr 1996, also 15 Jahre, in dem hier eine öffentliche Hinrichtung stattgefunden hat! Das ist auch Brasilien…

Wir fahren zu einem Markt, der in einer Art Kolloseum untergebracht ist wofür man wiederum Eintritt zahlen muss…Rio ist auch leider kein Shopping-Paradies und selbst die dort angebotenen gefälschten Waren sind unheimlich teuer. Nachdem ich mal wieder das Problem der Geldbeschaffung hatte, gehen wir da sich das Wetter etwas gebessert hat an den wahrscheinlich bekanntesten Strand der Welt: Die Copacabana! Dazu hat man jetzt wahrscheinlich allerlei Bilder im Kopf, aber auch hier muss ich gerade für meine männlichen Leser einige Träume platzen lassen, denn nur mit minimalen Stoff bekleidete Strandschönheiten muss man hier wirklich suchen. Ansonsten versprüht der Ort aber trotzdem eine gewisse Schönheit, trotz der Hochhausfront im Rücken. Abends treffe ich mich nochmal mit Theresa, Steffi und einem Brasilianer (dessen Name ich mal wieder vergessen habe…). Unser Ziel ist einer der Clubs, was aber an den Eintrittspreisen scheitert, die zwischen 60 und 100 US-$ schwanken. Wir landen in einem Irish-Pub und selbst da müssen wir noch Eintritt zahlen! Vielleicht für die Klimaanlage, denn die läuft hier wieder auf Hochtouren… Auf dem Rückweg entdecke ich dann das in den besseren Vierteln die Strassenschilder beleuchtet sind. Als ich kurz später ein paar Obdachlose am Strassenrand liegen sehe stelle ich mir dann die Frage, ob man für die Kosten jedes einzelne Strassenschild auszutauschen und eine Stromleitung dorthin zu legen in dieser Stadt nicht besser hätte investieren können. Ich will jetzt nicht alles schlecht reden, denn grundsätzlich ist Rio eine wunderschöne Stadt, aber diese Gegensätze machen mich wie so oft nachdenklich.

Am nächsten Tag steht dann das nächste Highlight auf dem Plan, der “Pao de Azucar“, auf deutsch “Zuckerhut“. Da laut Lonely Planet die Aussicht am späten Nachmittag am besten ist steige ich erst gegen fünf in die Seilbahn, die man aus dem James Bond Film “Moonraker“ kennt. Die erste Seilbahn wurde 1912 eingeweiht und konnte 16 Personen befördern. Das aktuelle Nachfolgermodell fasst bis zu 65 Personen und fährt alle 3 Minuten. Der erste Stopp ist auf dem “Morco de Urca“, dem kleinen Berg der zwischen der Stadt und dem Zuckerhut liegt. Dort nimmt man eine zweite Gondel hinauf zum 395 m hohen Monolit. Diese Strecke wurde auch schon von einem Seiltänzer und einem Motorradfahrer (aus Deutschland) überwunden. Oben angekommen ist es gerade bewölkt und es wird langsam dunkel. Ich bin doch etwas spät dran und als mich dann noch ein Peruaner in ein längeres Gespräch über sein Land verwickelt ist es fast dunkel bis ich die ersten Fotos schiesse. Das ist das verhängnisvolle wenn ich meine Tasche mit den Länderaufnähern dabei habe, man kann sicher sein, dass mich irgendjemand darauf anspricht, denn die Südamerikaner sind begeistert vom Reisen, wenn selbst sie es nur meist in ihrem eigenen oder dem Nachbarland tun. Aber ich finde solche Unterhaltungen auch interessant und kann so auch mal wieder ein bisschen Spanisch üben, denn ich habe doch etwas Angst es langsam wieder zu vergessen.

Aber auch oder gerade bei Nacht ist der Blick auf die beleuchtete Copacabana und den Rest der Stadt beeindruckend. Leider zieht immer wieder einen Wolke durch und macht das Sichfenster zu. Aber es reicht um die traumhafte Lage dieser Stadt zwischen den zahlreichen Bergen zu erfassen. Der Mond wird sichtbar und plötzlich färbt sich eine der Wolken lila und man erkennt eine Form. Nach kurzem überlegen wird mir klar, dass es die Christus-Statue auf dem Cocorvado ist, die mit ausgebreiteten Armen aus dem Nebel zu kommen scheint. Ein Bild das mir tagelang im Kopf bleiben wird… Es beginnt zu regnen, besser gesagt zu schütten und ich dränge mich in die Seilbahn, wo man während der Fahrt einfach nichts sieht. In der Zwischenstation sitzt alles fest, da der Weg auf die andere Seite des Berges nicht ohne Schirm zu meistern ist. Ich gehe derweil in das dort befindliche Museum und bestaune die Geschichte vom Bau dieser Anlage. Irgendwann lässt der Regen nach und ich fahre runter. Mit den Bus komme ich zu einer riesigen Mall, wo ich Maryam und Haleh treffe und wir mit einem befreundeten Pärchen Pizza essen gehen. Morgen ist mein vorerst letzter Tag in Rio und da steht ein weiteres Highlight an, das Stadion Maracana.