Valparaiso

19 01 2011

28. – 30.12.2010, Tag 84 – 86

Da wir uns am Morgen auf nichts anderes einigen können, gehen wir runter zur Tankstelle an der Panamericana und fragen bei den Lasterfahrern. Nach kurzer Zeit haben die Mädels wie erwartet Erfolg und brausen davon. Hatte ich mal wieder recht denke ich mir und gehe die Alternativen am gegenüberliegenden Busbahnhof auschecken. Da heute aber kein Bus mehr frei ist bleibt uns gar nichts anderes übrig als per Anhalter in den Süden zu kommen. Grundsätzlich eignet sich Chile perfekt dafür, da es aufgrund seiner schmalen Form nur eine Autobahn hat, die Panamericana oder Ruta 5, die sich durch das ganze Land zieht und in deren Mitte Santiago als absolutes Zentrum liegt. Also steht abwechselnd einer von uns an der Strasse und der andere fragt bei den LKW-Fahrern an. Nach ca. 1,5 Std. als wir gerade versprechen zukünftig jeden Anhalter in Deutschland mitzunehmen, hält ein Beattle-Fahrer und erklärt uns, dass die Stelle ungünstig sei, da die meisten Fahrzeuge im angrenzenden Coquimbo erst beladen werden. Er bringt uns die 11 km zum Ausgang dieser Stadt und erzählt dabei, dass er früher selbst „mit dem Daumen“ wie er es schön beschreibt von Mexiko nach Feuerland getrampt ist. Hinter Coquimbo lässt er uns raus und meint die Stelle sei besser. Leider stehen wir wieder an einer Anhöhe ohne Haltemöglichkeit. Hinter uns ruft ein Mechaniker aus einer Werkstatt, der unsere Absicht wohl erahnt, dass wir weiter laufen sollen. Ich gehe kurz rüber und er erklärt, dass in 1 km eine Tankstelle kommt und wir dort einen Fahrer ansprechen sollen. Ich hätte dabei daran denken sollen, dass in Südamerika Entfernungen ähnlich wie Zeitangaben sind…

Wir wandern also an der Autobahn entlang, das Schild in der Hand und immer schön lächeln. Auf einmal ein Hupen, wir drehen uns erwartungsfroh um und sehen den LKW mit den Mädels vorbeifahren, jetzt die offene Ladefläche voll beladen. Na ja, immerhin haben wir auch schon 11 der, wie wir am Strassenschild ableiten ca. 350 km… Nachdem wir gut eine halbe Stunde bergauf gewandert sind, bin ich mir sicher, dass es mehr als 1 km zur Tankstelle ist. Das Problem ist hierbei nicht das wandern oder bergauf, sondern die Kombination mit meinem Gepäck, was sich (wie ich später erfahren werde) mittlerweile auf 35 kg beläuft. Nach fast einer Stunde erreichen wir die beschriebene Tankstelle und anhand der Kilometersteine weiss ich, dass es min. 3 km waren. Wir teilen uns wieder auf, ich klappere die rastenden Fahrer ab während Andre mit dem Schild an der Ausfahrt wartet. Nach einer guten weiteren Stunden spricht uns einer an und meint er könne uns an der Ausfahrt Richtung Valparaiso rauswerfen. Perfekt, hatte ich also unrecht, geht doch! Also laden wir die Rucksäcke hinten in den sonst leeren Anhänger und setzen uns auf die Schlafläche, da diesmal ein Beifahrer mit an Bord ist. Die Fahrt wird ziemlich rasant und unser Chauffeur hält wenig von der chilenischen Geschwindigkeitsbegrenzung für LKWs von 100 kmh. Die Berge runter mit Geschwindigkeiten von bis zu 130 kmh, wobei man das Gefühl hat der Hänger würde hinten ausscheren sind keine Seltenheit. Generell hat die Fahrt nicht mehr den Charme des ersten Trampens und da die beiden schon zu zweit sind werden Fragen an uns meist nach der erfolgten Antwort intensiv untereinander diskutiert. Wir beobachten derweil die „Strassenverkäufer“, die auf dem Standstreifen der Autobahn auf ihren Tischen alles anbieten was man sich vorstellen kann. Von Getränken über Besen bis zu frisch geschlachteten Schweinen, die wie Transparente in die Höhe gehalten werden ist alles dabei.

An einer Maustelle überholen wir den Laster mit den Mädels, was wollen wir mehr! Allerdings überholen sie uns wenig später wieder als wir mit unseren Begleitern beim Abendessen sitzen. Dabei fährt man nicht extra auf eine Raststätte raus, sondern parkt einfach auf dem Standstreifen und läuft über die Autobahn. Nach dem gemeinsamen Essen entwickelt sich ein angeregtes Gespräch und ich stelle wieder fest, dass in jedem Chilenen ein Fremdenführer zu stecken scheint. Gegen 23.00 Uhr ereichen wir die Aufahrt bei La Galera, wo wir rausgelassen werden. In den Ort sind es noch 4 km, also heisst es nochmal wandern. Im stockdunkeln geht es an der Landstrasse entlang, deren Seitenstreifen manchmal nicht breit genug ist, dass wir darauf laufen könnten. Als wir nach gut einer Stunde die Stadt erreichen suchen wir eigentlich ein Hostel für die Nacht, da unsere Fahrer meinten morgen würde man mit den Bussen unproblemtisch nach Valparaiso kommen. Plötzlich hupt ein Busfahrer neben uns der scheinbar unser Schild gesehen hat. Wir steigen ein und er bringt uns nach Quilota, wo wir umsteigen sollen. Er kann uns allerdings nicht sagen, ob der letzte Bus schon weg ist… Ein junger Chilene mit dem ich im Bus gesprochen habe bietet an das wir bei ihm übernachten und morgen den Bus nehmen können. Wir sind allerdings so kurz vorm Ziel und wollen unbedingt diese Etappe noch schaffen. Und tatsächlich kommt nach langem warten noch ein Bus. Unterwegs nicke ich ein und als André mich weckt haben wir gerade einen anderen Bus ausgebremst und wir sollen nochmal umsteigen. Damit durchqueren wir dann das hübsche Viña del Mar und erblicken dann von oben den Hafen von Valparaiso, in dem die vor Anker liegenden Schiffe alle beleuchtet sind. Ein toller Anblick nach so einem Tripp. Um 2.00 Uhr haben wir unser Ziel erreicht und Alexander, ein Chilene den wir gerade im Bus kennengelernt haben, bringt uns zu einem Hotel, vor dessen Tür gerade jemand mit einem Hochdruckreiniger die Strasse saubermacht. Für die Silvester-Nacht ist es durch den hier üblichen Zuschlag zu teuer, aber für heute ist es o.k. Morgen gehen wir dann auf Hostelsuche für Silvester in Valparaiso.

Als ich morgens aufwache fällt mir die Zeitbestimmung schwer, denn das Zimmer hat keine Fenster. Um kurz vor eins bekommen wir dann gerade noch so das letzte Frühstück. Das Hotel wirkt etwas wie ein Geisterhaus. Ein altes Gebäude mit knarrenden Böden, hohen Zimmer, innenliegenden Balkonen und einer Einrichtung (bis auf die Zimmer) die ebenso alt zu sein scheint wie das Gebäude. Ab und zu läuft der Hostelier oder eine der Angestellten verloren durch die Räume, aber das war es dann auch schon, sonst nur leere und stille. Als wir vor die Tür gehen ist es damit vorbei. Valparaiso oder Valpo, wie es die Chilenen nennen, ist eine muntere Hafenstadt und hat es mir sofort angetan. An uns vorbei fahren Busse im Stil der 50er Jahre und gegenüber fährt ein Accensor den Hang hinauf. Insgesamt verfügt Valpo über 11 dieser Aufzüge, die die unteren Teile der Stadt mit den oberhalb am hang liegenden verbinden und sowas wie das Wahrzeichen sind. Wir überqueren die Plaza, auf der gerade die Bühne für das Silvester-Konzert aufgebaut wird und kommen in den Bankenbezirk, dessen Häuser ein wenig an die Wall-Street in New York erinnern. Wir finden sogar ein Gebäude, dass in seiner Form wie ein Nachbau des Flatironbuildings wirkt.

Die Silvesterparty in Valparaiso ist die grösste des Landes und das Feuerwerk mit 25 Minuten Dauer nach Sydney und Rio de Janeiro angeblich das drittgrösste weltweit. Alles was ich bisher an Informationen erhalten habe deutet darauf hin, dass Valpo der Platz in Chile ist um in das neue Jahr zu feiern. Also brauchen wir dringend ein Hostel. Ich habe ein paar rausgesucht und wir klappern diese nun nacheinander ab. Bereits das erste Hostel, Casa Aventura, das leicht versteckt in einer Seitentreppe liegt, hat es uns angetan und hat auch noch 2 Betten zu einem akzeptablen Preis frei. Die Besitzer, ein deutsch-chilenisches Ehepaar, suchen uns weitere Hostels in der Nähe raus, wo noch Zimmer frei sein sollten. Also besichtigen wir mehrere Hostels am ganzen Hang, insgesamt werden es am Ende des Tages 16 sein. Dabei eröffnen sich immer neue Blickwinkel durch dië Gassen mit den hübschen bunten Häusern auf dem Cerro Concepcion. Nun wird mir auch klar, warum man die Stadt das kleine San Francisco nennt! Was die Unterkünfte angeht, ist von schönen familieren Herbergen, über das Luxuszimmer mit Ausblick auf das Feuerwerk, bis zur Designerwohnung eines Architekten, der gerade im Ausland weilt, ist alles dabei, aber auch alles deutlich über dem Preis, den wir als Maximun angesetzt haben. Der liegt mit 30.000 Peso (ca. 45 Euro) deutlich über dem was wir sonst ausgeben. Aber geschenkt gibt es an Silvester hier nichts. Da wir mehr als eine Nacht in Valpo bleiben wollen checken wir in die Casa Aventura ein, wo wir uns das Zimmer mit zwei deutschen Mädels teilen.

Als alles unter Dach und Fach ist suchen wir ausserhalb des Stadtzentrum nach einer günstigeren Unterkunft für unsere beiden Reisepartnerinnen. Dabei lernen wir die vielen Facetten der Stadt kennen. Nachdem wir die „Wall-Street“ passiert haben, kommen wir an einen Torbogen, den wir spontan „Arc de Triumph“, danach geht es durch eine Palmenpromenade, die etwas an Miami erinnert und vorbei an Plattenbauten (Ost-Deutschland ;)). Es ist fast so als habe man hier jeden Baustil einmal irgendwie kopieren wollen. Als wir den Mercado Central erreichen, der in einer Art Metall-Fachwerk-Gebäude untergebracht ist sind wir was den Verkehr und die Hektik angeht eindeutig in Südamerika, ein Treiben wie z.B. in Peru. Nach weiteren Hostels entdecken wir eine Art Studentenunterkunft. Das Zimmer ist preislich o.k. und ich beschreibe es mal als „Einfache Unterkunft ohne Fenster mit Gemeinschaftsbad und Familienanschluss“ ^^

In unserem Hostel sind mittlerweile die deutschen in der Überzahl und so ergeben sich beim Essen und beim anschliessenden Spieleabend eine super lustige Runde, die bis spät in der Nacht zusammensitzt. Das ist auch der Grund warum ich am nächsten Morgen das Frühstück verschlafe, aber hier wird (deutscher) Service gross geschrieben und ich bekomme sogar nochmal frisches Rührei gemacht! Nachdem Anja und Theresa geschrieben haben, dass sie das Zimmer nehmen gehen wir nochmal vor Ort um zu reservieren. Auf dem Rückweg kaufe ich mir noch eine Konfettikanone, die hier zur Standardaustattung für die Silvester-Party gehört. Als die beiden Mädels dann am späten Nachmittag plötzlich schon vor der Tür stehen begleiten wir sie noch in ihre Herberge und gehen anschliessend auf Anraten unseres Hosteliers schon für morgen einkaufen. Dem Tipp zu folgen war auf jeden Fall richtig, denn trotz 40 (!) geöffneter Kassen ist der Supermarkt proppevoll. Abends folgt eine zweite lustige Hostelrunde und so starten wir gut eingestimmt in Richtung Jahreswechsel.




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