¿Qué tal? – ¡Muy bien!
31 12 2010Zwischenfazit 3 Monate
Am Nachmittag des 25.12.2010, genau zur Halbzeit meiner Reise, sitze ich am Fusse des Leuchtturms von La Serena und denke darüber nach, ob mir die Reise bisher das gebracht hat was ich mir erhofft habe und ob die Entscheidung meinen Lebensweg in Deutschland zu verändern richtig war. Der Zeitpunkt zum Jahresende ist bei mir üblicherweise der Moment wo ich meine „Jahresbilanz“ ziehe, passt von daher ganz gut und da ich ja schon des Öfteren hier meine Gedanken reingeschrieben habe, gibt es auch hier einen Einblick in die Welt eines „Mochileros“ (Rucksackreisenden).
Während ich über den Strand auf den Pazifik rausblicke fällt mir die Antwort aus die oben gestellte Frage nicht schwer: Eindeutig JA! Sie hat mir neben den unvergesslichen Momenten eine ganz entscheidende Sache gebracht: Freiheit! Und das war Ansporn und Sehnsucht zu meinem Aufbruch. Die Freiheit jeden Tag tun und lassen zu können was man möchte. Morgens meistens nicht genau zu wissen wo man Abends ist, wo man schläft, was man isst. Alles was man hat in seinem Rucksack zu tragen und nicht von gesellschaftlichen Verpflichtungen und materiellen Dingen abhängig zu sein. Ich habe einiges zurückgelassen, aber noch viel mehr gefunden…
Klar kann und wird es nicht ewig so weiter gehen und irgendwann kommt auch der Moment wo ich zurück muss, oder vielleicht auch will. Aber einmal diese Freiheit gelebt zu haben ist ein Gefühl, dass mir niemand mehr nehmen kann. Ich denke an all das was ich die letzten 3 Monate gesehen habe ist einfach nur krass! All die beeindruckenden Orte und Erlebnisse sind in meinem Gedächtnis gespeichert und ich werde mich ewig daran erinnern können. Die Masse derer ist jetzt schon so gross, dass ich sie so wahrscheinlich im Rahmen normaler Urlaube in den nächsten 10 Jahren nicht hätte erleben können. Mein „altes Leben“ war in den letzten Jahren nicht schlecht, ich würde sogar sagen die letzten beiden Jahren zählen mit zu den besten. Aber es war einfach Zeit nochmal was auszuprobieren, was zu verändern, bevor es vielleicht nicht mehr möglich gewesen wäre. Oft fiel das Wort „Ausstieg“ im Zusammenhang mit meinen Plänen. Es ist kein Ausstieg, sondern ein Einstieg – ins Leben!
Der „Käfig“ unserer Gesellschaft mit dem vorbestimmten, fast einheitlichen Lebensplan, dem wir versuchen zu folgen presst uns in ein Schema und lässt keinen Platz für Momente wie ich sie nun erleben darf. Ich musste da einfach raus um nicht nur zu wissen, sondern auch zu sehen, zu spüren, wie es in anderen Kulturen zugeht. Natürlich ist hier nicht alles besser, aber ich habe so viele Menschen gesehen, die deutlich weniger haben als wir, das beste daraus machen und damit glücklich sind. Bei uns ist das Streben nach dem was wir Wohlstand nennen so stark im Vordergrund, dass das eigentliche Leben manchmal auf der Strecke bleibt. Steige ich hier irgendwo in einen Bus sehe ich zumeist lachende Menschen und fröhliche Gesichter. Wie es bei uns aussieht wissen die meisten selbst. Ich denke vieles hier rührt irgendwie daher, dass der Südamerikaner fast immer in Gesellschaft ist. Überall ist man immer unter Leuten und morgens wird erstmal der Tisch auf die Strasse gestellt, so dass man mitten im Leben ist. Viele meiner Landsleute, die ich unterwegs getroffen habe, bestätigen mir den Eindruck das wir Deutsche dagegen wie „Stubenhocker“ wirken. Was schade ist, denn das echte Leben findet doch irgendwie draussen statt. Natürlich ist bei uns auch nicht alles schlecht. Das Ansehen was wir als Deutsche für unsere Perfektion weltweit geniessen und was uns unseren allgemeinen Wohlstand gebracht hat, ist wiederum ein Produkt unserer Gesellschaft und verdient sicher auch Anerkennung. Aber wir haben alle nur begrenzt Zeit, also sollten wir sie intensiv nutzen und versuchen wenigstens einmal im Leben eine Zeitlang das zu machen was uns glücklich macht.
Ich denke jeder hat seinen Platz irgendwo in der Welt und ich denke, dass meiner momentan nicht an einen Ort gebunden ist. Unterwegs, in Bewegung sein, das ist genau mein Ding. Dabei ist es allerdings kein Dauerurlaub, wie viele denken, sondern Reisen ist eine Art zu Leben. Es ist nicht alles Spass und auch nicht immer lustig. Es gibt Probleme, die es zu lösen gilt und es gibt einen Alltag. Reiseplanung, Verkehrsmittel und Unterkunft suchen, waschen, ständig ein- und auspacken, recherchieren und dokumentieren. Ein Tag pro Woche geht hochgerechnet für diese allgemeinen Dinge drauf, die ein „normaler“ Urlauber nicht hat. Hier unter anderen Travellern findet man viele Gleichgesinnte, die die Gedanken und den eingeschlagenen Weg teilen, was vieles einfacher macht. Ich habe jetzt noch 3 Monate Zeit, aber die vergehen wahrscheinlich auch wie im Flug… Ich weiss noch nicht wie es danach weitergeht, aber ist das nicht das geilste?! Das Leben als Überraschung. Ich freu mich darauf wie ein Kind an Weihnachten auf´s Geschenke auspacken. Für mich geht es nicht besser, ich denke diese Situation nennt man Glück!
Aber gerade jetzt an Weihnachten bzw. zum Jahresende ist auch der Moment um Danke zu sagen. Zuerst natürlich meinen Eltern, meinem Bruder, meiner Schwester, meiner Familie, die mich, auch wenn sie meine Pläne vielleicht nicht immer hundertprozentig teilen oder nachvollziehen konnten, doch immer unterstützt haben. Und gerade hier auf diesem Kontinent sieht man täglich, dass „La Familia“ das wichtigste im Leben ist.
Ein grosser Dank auch an meinen Freund und Geschäftspartner Seyar. Seitdem du vor zwei Jahren („Black & White Powerparty-Wochen“) mich nicht aus meiner Lethargie geweckt und angetrieben hast was auf die Beine zu stellen, ging es eigentlich nur noch bergauf. Deine Begeisterung für meine Reisepläne hat mich angetrieben das ganze zu fokusieren. Mit dem Leuchtturm-Projekt und deinem uneingeschränkten Glauben an meine Fähigkeiten unsere Pläne Realität werden zu lassen, haben wir ein Stück weit gezeigt das vieles möglich ist, wenn man wirklich will. Denn „wer will findet Wege, wer nicht will findet Ausreden“. Muchas Gracias mi Amigo Negro!
Danke auch an meine ehemaligen Kollegen bei der Stadt Offenbach, die mir nach einer gesundheitlich und beruflich problematischen Phase ermöglicht haben wieder Fuss zu fassen und ich so einiges ins rechte Licht rücken konnte. Nicht vergessen möchte ich auch meine Schoppen8er-Truppe: Mit euch habe ich im letzten Jahr unheimlich viel Spass gehabt und ich hoffe es gibt eine Fortsetzung 2011! Darüberhinaus natürlich auch meine langjährigen Weggefährten der Berjeler Fans Fussballmannschaft und meine “Dipl.-Verwaltungswirte der Herzen”, die mir gezeigt haben, dass man auch ohne mich was auf die Beine stellen kann. Aber es sind natürlich noch viele andere denen mein Dank gilt, alle die mich unterstützt haben im vergangenen Jahr, sei es im Hinblick auf die Reise, bei meinem Umzug oder bei dem Leuchtturm-Projekt. Dazu nicht zuletzt die “Fans” dieses Blogs. Die vielen Zuschriften und die Begeisterung mit denen mein Projekt geteilt wird haben mir die wenigen Zweifel, die es noch gegeben haben mag, genommen.
Euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr, mögen all Eure Wünsche und Träume in Erfüllung gehen!
Ihr lest von mir 🙂
wow, das hast du wirklich toll geschrieben 😀
ich wäre jetzt so gerne auch wieder in chile!!!
Dem gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen außer: auch wir danken Dir, dass wir
diese Reise durch Deine Berichte und Fotos miterleben können und viel Neues
dazulernen. Genaugenommen hast Du ja die jetzt kommende Etappe vor 30 Jahren schon mal mitgemacht. Wir wünschen Dir auch alles Gute zum Neuen Jahr
vor allem noch viele schöne Erlebnisse und Eindrücke auf Deiner weiteren Reise.
Komm gesund wieder nach Hause!
Deine Eltern Ruth und Rainer