Rio – „El viaje va a final“
18 03 201117./18.03.2011, Tag 163/164
Wie bereits beschrieben verzichte ich auf die wenigen Stunden Schlaf, welche in einem Hostel möglich gewesen wären und erreiche gegen 0.30 Uhr den Flughafen, der wie ausgestorben wirkt. Gegner von Flughafen-Schläfern haben hier Sitze mit Armlehnen aufgestellt, so dass hinlegen nicht möglich ist. Auch im Sitzen schlafen ist mangels Kopfstützen Fehlanzeige und so beschäftige ich mich mit diversen Dingen bis ich um 4.00 Uhr zum Check-In kann. Dummerweise hat der Flug einen Zwischenstopp in Curitiba und so gibt es nur je knapp 1 Stunde Schlaf. Am Flughafen setze ich mich in das Shuttle das nach Ipanema fährt, von wo aus ich den Lokalbus zu Maryams Appartement in Jardim Botanico nehmen kann. Die Fahrt dauert dann nochmal gut 2,5 Stunden, wobei ich immer wieder einnicke und mich beim aufwachen orientieren muss wo wie gerade sein könnten. 31 Stunden nachdem ich in Asuncion aufgebrochen bin erreiche ich mein Ziel und obwohl es der vorletzte Tag ist und ich noch einiges an Programm auf dem Zettel habe brauch ich nun erstmal eine Mütze Schlaf. Als ich wieder aufwache ist später Nachmittag und nicht mehr viel möglich. Abends habe ich Maryam und ihre Eltern zum Essen eingeladen. Was habe ich nicht überlegt wie der letzte Abend in Südamerika sein könnte, was für eine große Party oder welche Aktion ich mir wohl einfallen lassen könnte. Aber die aktuellen Geschehnisse wecken keinerlei Partygedanken bei mir und wie wir so im Restaurant sitzen wird mir bewusst, das dieser Abend genau typisch für Südamerika und diese Reise ist. Ein nettes Beisammensein mit interessanten Gesprächen und viel gutem Essen 😉
Freitag, 18. März 2011: Der letzte Tag auf diesem Kontinent. Abschließen möchte ich die Reise mit einem echten Highlight, dem Besuch der Christus-Statue, welche auf dem 710 Meter hohen Cocorvado über der Stadt thront. Ich sehe durch die Fensterläden ein paar Sonnenstrahlen. Bereits gestern war es nur leicht bewölkt und heute Nacht war die Sicht klar. Ich öffne das Fenster und sehe einen blauen wolkenlosen Himmel, Bingo! Mit dem Bus geht es zur Station der Zahnradbahn, mittlerweile ist es kurz vor zwölf. Gegen drei sollte ich zurück sein, da ich noch packen muss und um fünf zum Flughafen aufbrechen will. Ich kaufe ein Ticket und blicke entsetzt auf die Fahrtzeit: 14.00 Uhr. Bei 20 Minuten Fahrt würde dies bedeuten, dass ich mich oben gerade mal 20 Minuten aufhalten kann. Eine andere Lösung muss her, also versuche ich die Dame am Einlass zu überzeugen, ohne Erfolg…aber aufgeben ist ja nicht mein Ding. Wenn die Bahn unten ankommt steigen zunächst die Passagiere aus, dann fährt sie etwa 30 Meter weiter hoch wo die neuen Passagiere warten. Der Ausstiegsbereich ist frei zugänglich und um in den Einstiegsbereich zu gelangen braucht man nur an einer kleinen Mauer vorbei. Zwei englische Mädels haben die gleiche Idee und während gerade eine Ladung Passagiere einsteigt beraten wird ob es möglich ist. In der Bahn gibt es nur Sitzplätze, also würde es auffallen wenn plötzlich mehr Leute drin wären, daher wollen wir die nächste Bahn abwarten und versuchen reinzuschlüpfen während die ersten Passagiere den Kontrolleuren die Sicht versperren. Einer dieser Kontrolleuer entdeckt uns und fragt was wir dort machen, Fotos natürlich, wozu habe ich sonst die Kamera um den Hals^^
Der Junge ist nett und die englischen Mädels verstehen es ihn einzuwickeln. Ihr Charme gemischt mit meiner Abflugsstory scheint ihn weichzukochen und er will es irgendwie „organisieren“. Als die nächste Bahn ankommt stehen wir hoffnungsvoll am Eingangsbereich, aber erstmal nichts. Alle Passagiere sind bereits drinnen und von unserem Helfer keine Spur. Wir sind nervös, dann plötzlich taucht er auf und zeigt der Dame am Tor an, dass sie uns durchlassen soll. Geschafft! Das ist zum Abschluss nochmal echtes Südamerika: Jeder ist ein bisschen korrupt und geht nicht gibt’s nicht! Oben (auf der überfüllten Plattform) angekommen strahlt die Sonne und vor mir breitet sich diese herrliche Stadt aus. Im Süden die Lagoa mit dem Botanischen Garten, getrennt vom Meer durch die Stadtteile Leblon und Ipanema mit ihren Stränden. Dann der langgezogene Sandstreifen der Copacabana und dahinter der Zuckerhut. Auf der anderen Seite sieht man die lange Brücke nach Niteroi, die Bucht von Botafogo, das Stadtzentrum und Richtung Norden das große Rund des Maracana. Man erkennt die vielen Hügel und Berge die sich mitten in der Stadt erheben und ihr ein grünes Gesicht verleihen. Vor der Küste liegen zahlreiche Inseln, einfach eine wunderschöne Stadt auf die „Cristo Redentor“ (Christus der Erlöser) hinabblickt. Die 38 Meter hohe Statue, welche zum 100 jährigen Unabhängigkeitstag gebaut, allerdings erst zehn Jahre später 1931 fertiggestellt wurde ist eins der neuen 7 Weltwunder. Im 8 Meter hohen Sockel ist eine Kapelle für 150 Personen beherbergt. Die Spannweite der Arme beträgt 28 Meter, das Gesamtgewicht der Statue 1145 Tonnen. Somit ist sie die drittgrößte Christus-Statue weltweit, sicher aber die bekannteste. Das ist nun das Ende dieser Reise. Ich sehe hinunter auf Rio und der Anblick begeistert mich auf’s neue. Ein schöner Abschluss mit einem Wetter wie man sich es toller nicht hätte wünschen können. Brasilien reißt den bisher durchwachsenen Eindruck nochmal raus und verabschiedet sich mit einem Ausrufezeichen von mir 🙂
Zurück nehme ich ein Taxi, da es mit dem Bus zu lange dauern würde. Maryam meint zu mir wir sollten früher los, da durch den Besuch von US-Präsident Obama am morgigen Tag einige Straßen gesperrt sein könnten. Leichter gesagt als getan, denn ich habe noch nichts gepackt. Mit so wenig System wie nie verstaue ich alles im Rucksack, worin ich erstaunlich viel Platz habe. Das liegt aber auch möglicherweise daran, dass ich einige Dinge wie meine alten Turnschuhe nun hier entsorgt habe. Wir fahren mit dem Auto durch den stockenden Verkehr raus auf die Stadtautobahn. Dann rote Bremsleuchten vor uns, Stau! Das ist wieder so etwas was man nicht mit denen bei uns vergleichen kann, denn es geht einfach nichts mehr. Die Uhr tickt runter während wir uns alle paar Minuten um wenige Meter fortbewegen. Mein Flieger geht um 20.00 Uhr. Bis 18.15 Uhr bin ich noch locker, eine Viertelstunde später steigt die Anspannung und ich behaupte ohne es zu Wissen, dass der Check-In bis eine Stunden vor Abflug geöffnet ist. Nochmal 10 Minuten stehen, dann löst sich der Stau auf, ohne das man eine Ursache erkennen kann. Wir geben Gas und um kurz vor sieben erreichen wir den Flughafen. Der Check-In endet tatsächlich 60 Minuten vor Abflug, das wäre ein Spaß gewesen… Mein Gepäck hat „nur“ 23 kg obwohl 32 erlaubt gewesen wären. Das war mir nicht bewusst und deshalb schleppe ich nochmal 10 kg im Handgepäck rum. Um 19.20 Uhr erhalte ich meinen Ausreisestempel und als der Flieger um 20.40 Uhr in die Luft geht ist mein Aufenthalt in Südamerika beendet. Ich bin ein wenig fassungslos darüber wie schnell es vorbei ging, denn fast alle Erlebnisse, auch die der ersten Tagen sind einfach noch so präsent. Doch nun geht der Blick nach vorne und während ich einschlafe nimmt der Flieger Kurs auf Europa.