Punta Arenas
21 02 201131.01. – 02.02.2011, Tag 118 – 120
Nachdem es mit unserer “Torres-Gruppe” so gut funktioniert hat, nehmen wir morgens gemeinsam den Bus um nach Punta Arenas am südlichsten Ende des amerikanischen Kontinents zu fahren. Die “Stadt der Weltenbummler”, wie man sie bezeichnet, liegt an der Magellanstrasse und galt lange Zeit mit ihren 120.000 Einwohnern als die südlichste Stadt der Welt, daher ein Muss für alle Südamerikareisende. Diesen Titel beansprucht nun allerdings das auf dem argentinischen Teil Feuerlands liegende Ushuaia (64.000 Einwohner) für sich, darüber wird wegen Grösse der Städte allerdings noch diskutiert und natürlich wollen sowohl Chilenen als auch Argentinier dieses Superlativ einheimsen. Am Busbahnhof bietet uns eine Frau ein ziemlich günstiges Hostel an. Wir folgen ihr und als wir das was hier wohl das “Rotlichtmilieu” darstellt durchqueren wird mir der günstige Preis klar. Eigentlich ist es auch gar kein Hostel, sondern eine Familie vermietet eines ihrer Zimmer. Wir fragen nach einer Wäscherei, da quasi meine letzte Garnitur am Körper trage. Die Dame des Hauses nennt uns eine Adresse und werden dabei gefragt, ob Hannes und ich nicht den Wandhalter für den neuen LCD-Fernseher anbringen können. Kurz später bietet Sie uns an für uns zu waschen, quasi als Tauschgeschäft. Sehr praktisch, denn in Chile sind die Wäschereien ziemlich teuer und ich habe einen Berg an Wäsche. Unsere Gegenleistung entpuppt sich allerdings als schwieriges Unterfangen, denn ausser Hammer und Schraubenzieher gibt es keinerlei Werkzeug. Darüber das man keinen Flatscreen an eine 2 cm dicke Holzwandwand nageln kann sind Hannes und ich uns einig. Dem ebenfalls anwesenden Handwerker, der scheinbar extra für diesen Job bestellt wurde, leuchtet das nicht ein und er muss erst seinen Chef fragen. Wir versuchen ihm dabei zu erklären, dass wir eine Bohrmaschiene oder zumindest eine Zange brauchen um die Löcher für die Dübel zu bohren bzw. Mit den Schrauben einzudrehen. Ein Ding der Unmöglichkeit, also vertagen wir das ganze auf mañana…
Wir gehen in die Stadt um eine Tour zur Pinguinkolonie auf der Isla Magdalena für den morgigen Tag zu buchen. Dann entscheiden Hannes und ich uns zudem übermorgen eine Kajaktour auf der Magellanstrasse zu machen. Damit ist meine Zeit, die mir hier zur Verfügung steht verplant. Eva beschliesst derweil schon morgen nach Ushuaia aufzubrechen und Theresa folgt ihr am nächsten Tag. Damit löst sich dann auch diese Gruppe langsam auf, aber wir geniessen noch den sonnigen Tag in Punta Arenas. Auf der Plaza, die von schönen, teilweise herrschaftlichen Häusern eingerahmt ist, steht eine Statue von Fernando de Magallanes, auf dessen Podest wiederum eine Indianerfigur sitzt. Wenn man den Fuss des Indianer küsst, so heisst es, wird man nach Patagonien zurückkommen – auf geht´s! Richtung Hafen finden sich die typischen Häuser einer Hafenstadt und in diesem hat gerade ein Kreuzfahrtschiff festgemacht. Ich gehe anschliessend meinen Bus buchen und versuche auch die weiteren Fahrten zu organisieren, da ich morgen in einer Woche in meinem Flugzeug nach Buenos Aires sitzen muss. Eigentlich etwas was ich überhaupt nicht mag, dieses lange vorrausplanen. Bisher wusste ich eigentlich nie wie lange ich tatsächlich irgendwo bleibe und habe die Orte erstmal auf mich wirken lassen, bevor ich entschieden habe wann ich weiterreise. In diesem Fall geht es leider nicht anders und so muss ich mich damit rumärgern, dass man von hier zwar eine Verbindung in Argentinien buchen kann, aber nicht die von Ushuaia wieder hoch auf´s Festland, obwohl diese über chilenisches Gebiet führt… Die fehlende Verbindung finde ich dann online und somit ist alles organisiert, damit ich wieder voll im Zeitplan bin.
Als wir das Internet-Café verlassen, treibt mich mein Hunger in den nächstbesten “Completo-Laden” der in den nächsten Tagen unser Stammlokal werden soll. Der kleine Imbiss ist so chaotisch eingerichtet, dass es schon fast wieder Stil hat: Vor der mit Teppich bezogenen Theke und einer rustikalen Holzverkleidung in Richtung Küche, deren Fenster durch Vorhänge mit Stockenten-Bildern zugehängt sind, steht eine Bak mit grünen Schalensitzen, die wahrscheinlich aus dem ehemaligen Mobiliars eines Busbahnhof stammt. In der Ecke steht völlig schief ein museumsreifer Ofen über dem eine Kuckucksuhr hängt. Die restlichen Wänder sind entweder mit Kitsch, oder 80er-Jahre Postern behängt. Zu der Einrichtung kommen die optischen und akkustischen Reize: Ein blinkender Licherschlauch und ein Fernseher mit Schneegestöber und lautem Rauschen werden von der noch lauteren, im Radio laufenden Folklore untermalt. Soweit die wichtigsten Details… Wir setzen uns auf die antiken Barhocker und geniessen den im Preis- Leistungsverhältnis kaum zu schlagenden Completo! Auf dem Rückweg begrüssen uns dann noch ein paar (trotz der Kälte) leicht bekleidete Damen, die vor den Nachtclubs warten…
Nachdem wir am nächsten Tag von der Isla Magdalena zurück sind (Bericht folgt), machen wir uns auf zum Friedhof der Stadt, der einer der schönsten des ganzen Kontinents sein soll. Und tatsächlich sind wir beeindruckt, zunächst von den langen, exakt geschnittenen Baumreihen, dann von den grossen und pompösen Grabstätten. Zu den Glanzzeiten der Stadt, in der die Schafszucht eine entscheidene Rolle spielte, haben hier Einwanderern aus Europa ihre Familiengruft errichtet: Wir spazieren eine zeitlang herum und sehen uns um. Anschliessend gehen wir zur Pferderennbahn, die allerdings seit langem nicht mehr in Betrieb ist, und ins Fussballstadion. Das hat auch nicht viel zu bieten, ausser einem Blick auf´s Wasser von der Tribüne aus. Auf dem Heimweg kommen wir noch am Aussichtspunkt vorbei, auf welchem Schilder mit den Entfernungen zu verschiedenen Orten weltweit angebracht sind. Der zu Offenbach nächstgelegene Ort ist das fränkische Erlangen, aus dem auch ein Teil meiner Familie stammt, mit 13.625 km. Verdammt weit weg von zu Hause 😉
Der nächste Tag beginnt mit der Kajaktour auf der Magellanstrasse (Bericht folgt ebenfalls). An meinem letzten Nachmittag in Chile gehe ich nochmal runter an den Hafen. Es ist windig, aber die Sonne strahlt und ich blicke auf´s Wasser in Richtung Feuerland. Eine tolle Zeit, vielleicht mit die Beste dieser Reise liegt nun fast hinter mir. Die 6 Wochen in diesem Land haben den tollen Eindruck, den ich seit meinem Aufenthalt hier im Jahr 2009 sowieso schon hatte, nochmal fett unterstrichen. Die Vielseitigkeit der Landschaft und die Herzlichkeit der Menschen hier sind einfach unübertroffen und so werde ich doch mit ein bisschen Wehmut die Ausreise antreten…Chile, nos vemos!