Montanita

25 10 2010

15. – 18.10.2010

Nach dem Frühstück gehen wir nochmal über den Markt in Puerto Lopez, bevor wir den Bus nach Montanita nehmen. Anja hatte bereits gestern ihr Handy nicht gefunden und nachdem es heute beim packen nicht aufgetaucht ist, vermuten wir das es aus dem Zimmer geklaut wurde. Nun haben wir die wage Hoffnung, dass es auf dort direkt zum Verkauf angeboten wird. Nicht ganz unüblich in Südamerika und am ersten Stand sehen wir auch gleich einen Tisch voller verschiedener Armbanduhren, man kann sich seinen Teil denken…wir haben leider kein Glück.

Gegen 13.00 Uhr steigen wir in den Bus nach Montanita, in dem ausser uns fast nur Schulkinder mitfahren. Die 1 stündige Fahrt ist wie alle Fahrten hier ein absolutes Abenteuer. Leider gibt es wegen dem extremen Gewackel keine Möglichkeit dies in Bildern festzuhalten. Montanita gilt als das Surferparadies in Ecuador. Das Publikum dort besteht aus eben diesen, Backpackern und hängengebliebenen Hippies. Eine Atmosphäre, die mir schon bei meinem Thailand-Aufenthalt vor knapp 3 Jahren in verschiedenen Orten zugesagt hat, ein perfekter Ort zum chillen und mal „Urlaub vom Reisen“ zu machen.

Direkt bei unserer Ankunft heftet sich ein kleiner Junge an unsere Fersen, winkt mit einer Visitenkarte und bietet uns seine „Hilfe“ an. Im Reiseführer haben wir uns jedoch schon ein Hostel entdeckt, was mit 1 $ pro Nacht wirbt. Kann nicht sein denken wir, also schauen wir es uns an. Das Hostel macht einen guten Eindruck, aber plötzlich soll es 6 $ kosten. Auch billig, aber diese Masche Backpacker zu ködern ist bekannt und wir wollen das irgendwie nicht unterstützen. Gegenüber entdecken wir ein Hostel mit offenen Balkonen und Hängematten mit Meerblick. Wir handeln auf 5 $ runter, dann stellt André fest, dass es nur kaltes Wasser gibt. Na ja, hier ab und an üblich, aber warum sollen wir kalt duschen wenn es für den gleichen Preis warmes Wasser gibt?! Anja und Theresa bleiben in einem Restaurant, was gleichzeitig ein Kleiderladen ist, und essen Almuerza für 1,50 $, während wir mit unserem „Scout“ auf Zimmersuche gehen. Das nächste Hostel soll 10 $ kosten mit grossen, sauberen Zimmern und eigenem Bad mit warmen Wasser. Dazu scheint es recht sicher zu sein, da überall zusätzliche Gitter angebracht sind. Dabei gilt Montanita als vergleichsweise ungefährlich. Ich handele auf 7,50 $ runter, mehr geht nicht. Wir ziehen weiter, ich denke weiter weg vom Strand ist es günstiger. Wir werden von einer Frau angesprochen: „Habitaciones?“ Ich schaue mich um, sehe nur eine Baustelle. Interessehalber lassen wir uns das Zimmer zeigen. Über eine frisch zementierte Treppe geht es „in“ ein Haus im Rohbau – irgendwie müssen die Kosten ja schnellstmöglich gedeckt werden… Das Zimmer ist fertiggestellt und o.k. Momentan gibt es im ganzen Viertel keinen Strom, weshalb sie uns das Warmwasser nicht demonstrieren kann. Wir handeln von 7 auf 5 $ runter, stellen dann aber fest, dass das zweite Zimmer nur über ein zugemauertes Fenster verfügt, das muss dann doch nicht sein. Nebenan das nächste: Wir werden über Planken im Hof in den 1. Stock geführt. Ein modriger Raum mit kaum Licht erwartet uns, auch für 5 $ aber wir lehnen ab. Auf dem Rückweg entdecken wir noch ein von aussen recht ordentliches Hostel. Für das 4 Personen-Zimmer mit Gemeinschaftsbad handeln wir ebenfalls 5 $ aus, bisher ist das unser Favorit.

Zurück essen wir noch etwas, bezahlen unseren Helfer mit 10 Cent und einer Handvoll Gummibärchen, die er strahlend kaut. Eigentlich soll man weder das eine noch das andere machen, da die Kinder statt zur Schule zu gehen betteln und die Zahnreinigung hier auch meist ein Fremdwort ist. Aber irgendwie fühlen wir uns doch so besser. Ein kolumbianischer Schlepper zeigt uns noch ein anderes „Loch“ ohne Fenster. Wir schütteln ihn ab und suchen uns noch ein weiteres Vergleichshostel aus Anjas Reiseführer aus. Der offene Holzbau, auf dessen Balkonen auch teilweise Zelte aufgebaut sind, ist annehmbar. Dann sagt einer der Angestellten noch was von Cabañas, die wollen wir sehen. Wir laufen zum Ortseingang und dort stehen unter Palmen in einem schönen Garten mehrere recht neue Hütten mit eigenem Bad und natürlich Warmwasser. Wir handeln auf 5 $, passt!

Abends gehen wir nochmal ins „Chillers-Paradise“ Montanita. Auf der Strasse verkaufen Hippies, die hier vor Jahren hängen geblieben zu sein scheinen, selbstgemachten Schmuck. Die Stadt ist angelegt, wie man es sich typisch südamerikanisch vorstellt, aber das Ambiente hat natürlich auch seinen Preis und der liegt deutlich über dem was wir bisher gewohnt sind.

In unsere Cabaña erwartet uns noch eine Eidechse, schön wenn dies der einzige Mitbewohner bleiben würde… André schlägt unter dem vorhandenen Fliegennetz noch sein eigenes auf, was fast eine Stunde dauert. Jetzt merke ich auch was ich so alles nicht eingepackt habe, Insektenschutz wäre spätestens in der Amazonasregion sicher von Vorteil und einen Stromadapter oder ein Wörterbuch wären auch sinnvolle Investitionen gewesen, aber zum Glück hat der Rest fast alles dabei. Beim duschen hole ich mir dann noch einen Schlag an dem mit Strom heizenden Duschkopf, was eine Konstruktion!

Samstag gehen wir gegen mittag in die Stadt und treffen Michael und Arnd wieder, die wir in der Seilbahn zum Pinchincha kennengelernt haben. Auch hier ist die Welt ein Dorf. Wir setzen uns in eine Strandbar und bei einem Bier versuche ich etwas spanisch zu lernen, während im Hintergrund die Musik in Discolautstärke läuft. Auch so ein Faible hier: Wer nicht ständig demonstriert, dass er seine Boxen bis zum Maximum übersteuern kann, spielt nicht am Limit.

Abends trinken wir nach dem Essen noch zwei Cocktails. Michael und Arnd gesellen sich zu uns und wir ziehen dann in einer feuchtfröhlichen Sechserrunde in die nächste Disco. In dem Laden läuft hauptsächlich Musik aus den US-Charts, dabei hatte ich damit gerechnet in den nächsten Monaten nur Latinpop, Salsa und Merengue zu hören. Etwas störend ist die Gang an Nachwuchstaschendieben im Alter zwischen 10 und 15 Jahren, die sich am Eingang versammelt und uns beobachtet. Aber als wir weiterziehen ist alles an seinem Platz. Nächstes Ziel ist ein Rave irgendwo am Strand, wofür den ganzen Tag Flyer verteilt wurden. Auf dem Weg kommen wir an einer Art Strassenfest vorbei, dessen Aufbau ich schon mittags beobachtet hatte. Wir stehen am Eingang und werden vom dem Publikum in Abendgarderobe seltsam gemustert, bis wir das Schild über uns entdecken: Eine Hochzeit!

Nach ca. 1-2 km am Strand erreichen wir die Party, deren Grossteil wir nun darstellen…wir trinken ein Bier und bestaunen den riesigen Schwenkgrill, der als Lagerfeuer dient. Als wir gegen 3.00 Uhr den Heimweg antreten, hat sich der Strand noch gut gefüllt, da waren wir wohl deutlich zu früh dran.

Am nächsten morgen wache ich mit einem komischen Gefühl im Magen auf, das ich zunächst auf den Alkoholgenuss schiebe. André macht sich gerade fertig für seinen Surfkurs. Muss ich auch irgendwann unbedingt mal machen, aber 2 Tage halte ich für zu kurz, also spare ich das Geld lieber. Anja unterhält sich draussen und André meint „die gehen jetzt früstücken“. Als ich kurz später deren Bungalow offen stehen sehe, wundere ich mich etwas über den Leichtsin und als ich wieder Stimmen höre gehe ich rüber. Da sitzt ein angetrunkener Ecuadorianer und Anja meint hilfesuchend: „Der stand heute morgen im Garten mit seinem Bier in der Hand und seitdem werde ich ihn nicht mehr los.“ Theresa liegt noch im Bett. Sie und Anja haben auch Magenprobleme. Wir überlegen was wir alledrei gegessen oder getrunken haben und kommen auf die Cocktails, bzw. das Eis darin. Das war wahrscheinlich aus Leitungswasser…aber trotzdem komisch, da ich entgegen aller Empfehlungen bisher auch mit Leitungswasser Zähe putze.

Anja versucht ihren Begleiter loszuwerden, woraufhin er sich in die Hängematte vor der Hütte legt. Wir lernen folgendes: Neben Malaria, Dengue-Fieber und diversen Geschlechtskrankheiten, gibt es hier 3 Dinge die extrem anhänglich sein können: Hunde, Strassenkinder und südamerikanische Verehrer!

Nach einer Zeit in der Stadt, wo ich mich mit leichtem Essen begnüge, treffen wir André, der meint der Typ in der Hängematte hätte ihm gesagt wir seien hier. Sehr hartnäckig, jedoch übernimmt unser Vermieter die undankbare Aufgabe ihn nach Hause zu schicken. Abends beschliessen wir nach dem verlorenen Tag noch einen Nacht länger zu bleiben. Dazu verdächtigen wir André etwas in die Cocktails gemixt zu haben, da er als einziger gesund ist und so morgen seinen Surfkurs verlängern kann. Als wir ins Bett gehen haben wir wieder Besuch, eine Kakerlaken-Family, die sich einen harten Kampf liefert…

Den letzten Tag in Montanita verbringen wir am Strand. Anja schleppt eine Babykatze an, die wir fortan beaufsichtigen, während sich die Hunde-Gang unseren Liegeplatz als Austragungsort ihrer Revierkämpfe ausgesucht hat. Am späten Nachmittag als die Sonne nachlässt beschliesse ich joggen zu gehen. Als ich Montanita hinter mir gelassen habe ist der Strand nicht mehr so „aufgeräumt“. Neben allerlei Strandgut entdecke ich angespülte Kadaver von Igelfischen, Blaufusstölpeln und Wasserschildkröten mit einem Panzer von gut 50 cm Durchmesser, alles was das Meer nicht mehr braucht. Hinter einem eingestürzten Haus laufen Handtellergrosse Krebse umher, die ruck zuck verschwunden sind wenn man sich ihnen nähert. Nach einer Stunde (perfekte Trainingszeit:)) bin ich wieder zurück und wir starten unser Fotoshooting zum Motto: Hängematte.

Als wir um halb eins Richtung Cabaña gehen, lesen wir noch die Abfahrtszeiten für unseren Bus: 5.45 Uhr! Das wird eine kurze Nacht, ich jage noch ein paar Kakerlaken und packe direkt meinen Rucksack, um morgen nichts zu vergessen wenn wir weiter nach Guayanquil fahren.



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